LVwG-850603/2/HW

Linz, 19.08.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Wiesinger aufgrund des Vorlageantrages wegen der Beschwerdevorent­scheidung vom 9. März 2016 der Österreichischen Ärztekammer über die Beschwerde vom 2. Februar 2016 von Dr. K P, x, O, gegen den Bescheid der Österreichischen Ärztekammer vom 30. Dezember 2015, GZ: 2015/09/493, betreffend die Anrechnung ausländischer Ausbildungszeiten gemäß § 14 ÄrzteG

 

den

B E S C H L U S S

gefasst:

 

 

 

I.          Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

 

II.         Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Antrag vom 19. Juni 2015 begehrt der Beschwerdeführer (in der Folge kurz „Bf“) die Anrechnung von im Antrag angeführten ausländischen Ausbil­dungszeiten gemäß § 14 ÄrzteG als Ausbildung zum Facharzt für Orthopädie und Traumatologie.

 

I.2. Mit Bescheid vom 30. Dezember 2015, GZ: 2015/09/493, wird von der belangten Behörde eine im Spruch dieses Bescheides näher bezeichnete im Ausland absolvierte Ausbildung gemäß § 14 ÄrzteG angerechnet. Der Bescheid weist unter anderem folgenden Wortlaut auf:

 

BESCHEID

 

Die Österreichische Ärztekammer rechnet gemäß § 14 Abs 1 Z 2 Ärztegesetz 1998 i. d. F. BGBl I 56/2015 die im Ausland absolvierte Ausbildung in folgendem Ausmaß an:

 

Zum Facharzt für Orthopädie und Traumatologie

 

gemäß § 27 Abs. 4 Ärztinnen-/Ärzte-Ausbildungsordnung BGBl II Nr. 147/2015

 

Unfallchirurgie

12 Monate

01.10.2007-30.09.2008

S-spital T, Z, C Kliniken

S

Unfallchirurgie

10 Monate

01.03.2010-31.12.2010

 

Spital A, Abteilung Chirurgie

 

-„-

10 Monate

01.11.2011-31.08.2012

Stadtspital W, Z, C Klinik

 

Orthopädie und Orthopädische Chirurgie

06 Monate

01.01.2014-30.06.2014 (Fellowship)

C G A, Orthopaedic and Sport Surgery

F

 

 

BEGRÜNDUNG“

 

I.3. Mit Eingabe vom 2. Februar 2016, bei der belangten Behörde eingelangt am 5. Februar 2016, erklärt der Bf, „hiermit Einspruch“ gegen den Bescheid vom 30. Dezember 2015, GZ: 2015/09/493, zu erheben.

 

I.4. Die belangte Behörde erlässt daraufhin eine Beschwerdevorentscheidung, welche unter anderem folgenden Inhalt aufweist:

 

„BESCHWERDEVORENTSCHEIDUNG

 

Gemäß § 14 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 82/2015 wird die von DR. K P eingebrachte Beschwerde vom 02.02.2016 gegen den Bescheid der Österreichischen Ärztekammer AZ 2015/09/493 vom 30.12.2015 über die Anrechnung ausländischer Ausbildungszeiten gem. § 14 ÄrzteG, BGBl I Nr. 9/2016 ohne Vorlage an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch nachste­hende Beschwerdevorentscheidung wie folgt erledigt:

 

SPRUCH

 

Die Beschwerde wird abgewiesen.

 

Der Bescheid der Österreichischen Ärztekammer AZ 2015/09/493 vom 30.12.2015, mit dem die Anrechnung ausländischer Ausbildungszeiten für die Ausbildung zum Facharzt für Orthopädie und Traumatologie vorgenommen wurde, wird vollinhaltlich bestätigt.

 

BEGRÜNDUNG“

 

I.5. Mit Eingabe vom 23. März 2016 erklärt der Bf neuerlich, Einspruch gegen den Bescheid vom 30. Dezember 2015 bzw. die abgelehnte Beschwerde vom 2. Februar 2016 zu erheben.

 

I.6. Mit Eingabe vom 5. Mai 2016 stellt der Bf einen Antrag „auf Vorlage an das Landesverwaltungsgericht“ und führt darin unter anderem Folgendes aus: „Ich bekämpfe oben erwähnten Bescheid nur hinsichtlich der Anrechnung der Ausbil­dungszeit im K C H in M.“

 

I.7. Mit Schreiben vom 18. Mai 2016 wurde die Beschwerde samt Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt.

 

 

II. Der unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang bzw. der unter Punkt I. festge­stellte Sachverhalt ergeben sich widerspruchsfrei aus den im Akt aufliegenden Unterlagen, wobei der Inhalt der Bescheide und Eingaben jeweils auf Basis der entsprechenden Schriftstücke festgestellt werden konnte. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt und war auch nicht erforderlich, zumal bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass die Beschwerde zurückzu­weisen ist und zudem eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache auch nicht erwarten lässt (vgl. § 24 VwGVG).

 

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

III.1. Bei der Anrechnung von Ausbildungszeiten gemäß § 14 ÄrzteG, soweit diese verschiedene Zeiträume an verschiedenen Ausbildungsstätten betreffen, handelt es sich um trennbare Absprüche (vgl. etwa auch VwGH 14.12.1994, 94/12/0141, zur Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten, welche verschie­dene Zeiträume betreffen, oder VwGH 15.10.2003, 2000/08/0020, zur Trenn­barkeit der auf bestimmte Zeiträume abstellenden Absprüche über die Versiche­rungspflicht).

 

III.2. In der Eingabe vom 5. Mai 2016 erklärte der Bf, den „Bescheid nur hinsichtlich der Anrechnung der Ausbildungszeit im K C H in M“ zu bekämpfen. Da es sich bei dieser Eingabe nicht um die Beschwerde handelt, ist diese Erklärung des Bf dahingehend zu verstehen, dass die Beschwerde des Bf „nur“ gegen die Nichtanrechnung von Ausbildungszeiten an der Ausbildungsstätte im K C H in M aufrechterhalten bzw. im Übrigen zurückgezogen wird. Im vorliegenden Fall wurde von der belangten Behörde jedoch noch nicht über die beantragte Anrechnung von Zeiten ausländischer ärztlicher Ausbildung gemäß § 14 ÄrzteG an der Ausbildungsstätte im K C H in M im Zeitraum 1. September 2009 bis 28. Februar 2010 abgesprochen:

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Spruch eines Bescheides nach seinem äußeren Erscheinungsbild, also objektiv auszu­legen. Für die Bedeutung einer spruchmäßigen Aussage ist weder maßgeblich, wie sie die Behörde verstanden wissen wollte, noch wie sie der Empfänger verstand (siehe etwa VwGH 20.09.2012, 2011/07/0149). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird die Auslegung eines unklaren Spruches nach der Begründung des Bescheides zwar für zulässig erachtet, jedoch kommt eine derartige Auslegung nur in Fällen in Betracht, in denen der Spruch für sich allein Zweifel an seinem Inhalt offen lässt (VwGH 28.01.2004, 2000/12/0311). Eine Umdeutung oder auch Ausweitung eines klar gefassten Spruches kommt hingegen nicht in Betracht (VwGH 29.09.2015, 2013/05/0164).

 

Im vorliegenden Fall wird im Spruch des Bescheides vom 30. Dezember 2015, GZ: 2015/09/493, die Anrechnung gemäß § 14 ÄrzteG von nach Ort und Zeit­raum näher bezeichneten Ausbildungen ausdrücklich ausgesprochen. Ein aus­drücklicher negativer Abspruch dahingehend, dass im Übrigen der Antrag auf Anrechnung ausländischer Ausbildungszeiten abgewiesen werden würde bzw. hinsichtlich bestimmter Ausbildungszeiten keine Anrechnung nach § 14 ÄrzteG erfolgen würde, erfolgt im Spruch des Bescheides vom 30. Dezember 2015 hingegen nicht. Es wird im Spruch des Bescheides auf den Antrag des Bf vom 19. Juni 2015 auch nicht Bezug genommen. Die Ausbildungsstätte im K C H in M bzw. der Zeitraum 1. September 2009 bis 28. Februar 2010 findet im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides auch keinerlei Erwähnung. Dieser Spruch ist daher nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich dahingehend zu verstehen, dass ein negativer Abspruch im Sinne einer teilweisen Abweisung des Antrages auf Anrechnung ausländischer Ausbildungszeiten gemäß § 14 ÄrzteG hinsichtlich der Ausbildungsstätte im K C H in M im Zeitraum 1. September 2009 bis 28. Februar 2010 nicht erfolgt.

 

Daran ändert auch die Begründung des Bescheides vom 30. Dezember 2015 nichts: Die Auslegung eines Spruches nach der Begründung kommt nur in Fällen in Betracht, in denen der Spruch für sich allein Zweifel an seinem Inhalt offen lässt (VwGH 28.01.2004, 2000/12/0311). In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof etwa zu einem Fall (VwGH 18.03.1994, 93/12/0093), in dem ein Fahrtkostenzuschuss ab 1. Juli 1988 begehrt, jedoch das Bestehen eines solchen Anspruches (von vor diesem Zeitpunkt gelegenen Zeiträumen abgese­hen) erst beginnend mit 1. Jänner 1992 festgesellt wurde, ausgeführt, dass der Grundsatz, dass die Begründung eines Bescheides nur zur Auslegung eines un­klaren Spruches herangezogen werden darf, bewirkt, dass ein Spruch, mit dem für in der Vergangenheit liegende Zeiträume Leistungen zugesprochen werden, für andere Zeiträume selbst dann keinen negativen Abspruch enthält, wenn in der Begründung ausdrücklich darauf eingegangen wird. Ähnlich der Entscheidung VwGH 18.03.1994, 93/12/0093, wurde auch im verfahrensgegenständlichen Bescheid im Spruch nur für bestimmte Ausbildungszeiten eine Anrechnung aus­gesprochen, sodass eine Deutung des Spruches dahingehend, dass die Anrech­nung weiterer Ausbildungszeiten damit verneint werden sollte, nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich nicht in Betracht kommt. In diesem Sinne wurde auch vom Verwaltungsgerichtshof in der Entscheidung vom 14. Dezember 1994, 94/12/0141, zur Anrechnung von Ruhegenussvordienst­zeiten ausgeführt, dass ein „Bescheid, mit dem verschiedene Zeiträume teils unbedingt, teils bedingt als Ruhegenußvordienstzeiten angerechnet wurden, [...] nicht dahin (umgedeutet) gedeutet werden [kann], daß die Anrechnung weiterer Zeiträume damit verneint werden sollte, weil der maßgebliche Spruch dieses Bescheides für eine derartige Auslegung (mangels eines eindeutigen negativen Abspruches) keine Handhabe bietet und die Anrechnung von Ruhegenußvor­dienstzeiten, soweit sie verschiedene Zeiträume betrifft, eine Trennung nach mehreren Punkten [...] zuläßt“. Zusammenfassend kann daher festgehalten werden, dass im vorliegenden Fall ein negativer Abspruch im Sinne einer teilwei­sen Abweisung des Antrages auf Anrechnung ausländischer Ausbildungszeiten gemäß § 14 ÄrzteG hinsichtlich der Ausbildungsstätte im K C H in M im Zeitraum 1. September 2009 bis 28. Februar 2010 nicht erfolgt ist. Dieses Ergebnis steht im Übrigen auch mit dem Wortlaut des Spruches der Beschwerdevorentscheidung im Einklang, wird doch auch darin zwar ausdrücklich ausgeführt, dass mit dem „Bescheid der Österreichischen Ärztekammer AZ 2015/09/493 vom 30.12.2015“ eine „Anrechnung ausländischer Ausbildungszeiten für die Ausbildung zum Fach­arzt für Orthopädie und Traumatologie vorgenommen wurde“, hingegen ist von einer teilweisen Abweisung des Antrages auf Anrechnung ausländischer Ausbil­dungszeiten gemäß § 14 ÄrzteG bzw. einer Nichtanrechnung von Ausbildungs­zeiten auch im Spruch der Beschwerdevorentscheidung keine Rede. Im Übrigen wurde in der Beschwerdevorentscheidung lediglich ausgesprochen, dass die Beschwerde abgewiesen und der Bescheid der Österreichischen Ärztekammer vom 30. Dezember 2015 vollinhaltlich bestätigt wird.

 

III.3.     Der äußerste Rahmen für die Prüfbefugnis des Verwaltungsgerichtes ist die „Sache“ des bekämpften Bescheides (VwGH 09.09.2015, Ra 2015/04/0012). Eine Beschwerde, deren Beschwerdebegehren (wie hier die begehrte Anrechnung von bestimmten bisher nicht angerechneten Ausbildungszeiten) außerhalb der „Sache“ des erstinstanzlichen Verfahrens liegt (wie hier die Ausbildungszeiten im K C H in M im Zeitraum 1. September 2009 bis 28. Februar 2010), ist ohne wei­teres Verfahren zurückzuweisen (vgl. 28.01.2004, 99/12/0120 [zur Berufung]; 2011/23/0525, 21.02.2013 [zur Beschwerde an den VwGH]: Ist daher über ein Recht [noch] nicht abgesprochen, fehlt es an der Möglichkeit, diesbezüglich durch den Bescheid in Rechten verletzt zu sein). Die gegenständliche Beschwerde des Bf ist daher zurückzuweisen.

 

III.4.     Obiter sei noch Folgendes angemerkt:

 

-       Ausgehend von der in diesem Beschluss dargelegten Rechtsansicht ist der Antrag des Bf auf Anrechnung von Zeiten ausländischer ärztlicher Aus- oder Weiterbildung gemäß § 14 ÄrzteG teilweise unerledigt, sodass diesbezüglich von der belangten Behörde noch eine Entscheidung betreffend die auslän­dischen Ausbildungszeiten im K C H in M im Zeitraum 1. September 2009 bis 28. Februar 2010 zu erlassen sein wird.

-       Der Bf bringt in seiner Eingabe vom 5. Mai 2016 betreffend die Ausbildungs­zeiten im K C H in M unter anderem vor, dass er bei Eingriffen in seiner Aus­bildungsfunktion assistiert hätte und Kenntnisse bzw. Fertigkeiten vermittelt worden wären. Zweckmäßigerweise könnte der Bf sein diesbezügliches Vor­bringen konkretisieren, also etwa insbesondere jene Eingriffe der belangten Behörde bekannt geben, bei welchen er in seiner Ausbildungsfunktion assis­tiert hat, und diesbezüglich allfällige Nachweise vorlegen.

-       Die belangte Behörde könnte in diesem Fall die ergänzenden Angaben bzw. Nachweise des Bf bei ihrer Entscheidung berücksichtigen.

 

 

IV. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die entscheidungswesentliche Frage der Auslegung des Spruches des angefoch­tenen Bescheides erfolgte im Einklang mit den Grundsätzen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. diesbezüglich vor allem die im Erkenntnis zitierten Entscheidungen) aufgrund der konkreten Formulierung im vorliegenden Fall und es stellt eine solche einzelfallbezogene Auslegung im allgemeinen keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar (vgl. etwa VwGH 04.02.2016, Ra 2015/16/0140).

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichts­hof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwal­tungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwer­de bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Wiesinger