LVwG-601466/2/FP

Linz, 09.08.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Pohl über die Beschwerde von G M, vertreten durch N und T, Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oö., Polizeikommissariat Steyr, Berggasse 2, 4400 Steyr vom 28. April 2016, GZ. VStV/916300549685/2016, wegen einer Übertretung des KFG,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG  wird der Beschwerde Folge gegeben, das bekämpfte Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungs-strafverfahren gem. § 45 Abs 1 Z 1 VStG  eingestellt.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 8 und 9 VwGVG hat der Beschwerdeführer keine Beiträge zu den Kosten der Verfahren zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Straferkenntnis vom 28. April 2016 warf die belangte Behörde dem Beschwerdeführer Nachstehendes vor:

  

„1. Sie haben als Verantwortliche(r) der Firma M KG in S, diese ist Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen x, nicht dafür gesorgt, dass das Kraftfahrzeug unbeschadet allfälliger Ausnahme-genehmigungen oder -bewilligungen den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes 1967 und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht, weshalb bei der am 29.03.2016 um 13:45 Uhr in Losenstein, B 115 Str.km 42,35, Fahrtrichtung Weyer, Höhe Parkplatz durchgeführten Fahrzeugkontrolle festgestellt wurde, dass die für die verkehrs- und betriebssichere Verwendung des angeführten Fahrzeuges maßgebenden Teile nicht den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprachen, obwohl Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssen, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Es wurde festgestellt, dass die linke Hecktür mehrfach durchgerostet war «08» «09» «10»

 

Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§103 Abs. 1Ziffer 1 KFG i.V.m. §4 Abs.2 KFG 

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

 

Geldstrafe von

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

Freiheitsstrafe von

Gemäß

€ 100,00

2 Tage(n) 2 Stunde(n) 0 Minute(n)

 

 

§134Abs. 1 KFG

 

 

Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

 

Vorhaft:

 

Ferner hat der Beschuldigte gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:

€ 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens 10 Euro für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet).

 

€        als Ersatz der Barauslagen für

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

€110,00

 

 

 

[...]

 

Begründung

 

Das Straferkenntnis stützt sich auf die Anzeige vom 31.03.2016. Im Zuge der Überprüfung am 29.03.2016, in der Gemeinde Losenstein, B115 bei km 42.350, Fahrtrichtung Weyer, Höhe Parkplatz, wurde der Mangel an Ort und Stelle von einem Mitarbeiter des Amtes der Oberösterreichsichen Landesregierung festgestellt.

 

In Ihrem Einspruch vom 13.04.2016 haben Sie angegeben, dass sich der Rostschaden nur an der Türfüllung befunden hat und kein sicherheitsrelevantes Risiko bestand. Sie würden (Lt. Aussage des KFZ Betriebes) jederzeit das „Pickerl" bekommen. Sie seien nicht bereit für einen Schönheitsfehler Strafe zu zahlen.

 

Lt. Teiluntersuchung gem. § 58 KFG 1967 ist die linke hintere Tür mehrfach durchgerostet und ist auch für den Lenker und den Zulassungsbesitzer erkennbar. Dabei handelt es sich um einen schweren Mangel.

 

§ 4 Abs. 2 KFG lautet: Kraftfahrzeuge und Anhänger müssen so gebaut und ausgerüstet sein, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Sie müssen so gebaut und ausgerüstet sein, dass der Lenker, beförderte Personen und andere Straßenbenützer bei Verkehrsunfällen möglichst geschützt sind. Sie dürfen innen und außen keine vermeidbaren vorspringenden Teile, Kanten oder zusätzlichen Vorrichtungen aufweisen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche  Verletzungen entarten lassen.

 

§ 103 Abs. 1 KFG lautet: Der Zulassungsbesitzer hat dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung - unbeschadet anfälliger Ausnahmegenehmigungen oder -bewilligungen - den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht.

 

Da die technischen Mängel von einem Amtssachverständigen des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung, Abt. Verkehr im Zuge einer besonderen technischen Verkehrskontrolle festgestellt wurden und der Mangel im Verantwortungsbereich des Zulassungsbesitzers liegt und für den Lenker erkennbar war, war der Sachverhalt als erwiesen anzusehen und spruchgemäß zu entscheiden.

 

Grundlage für die Bemessung der Strafe ist grundsätzlich das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (§ 19 Abs. 1 VStG) Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, insofern sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen (§ 19 Abs. 2 VStG)

 

Aufgrund Ihrer bisherigen verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit wurde der Strafbetrag auf das nunmehr festgesetzte Ausmaß reduziert.

 

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Bf am 25. Mai 2016 rechtzeitig Beschwerde und führte aus wie folgt:

 

„I.         Der Beschwerdeführer ist Gewerbeinhaber der Firma M KG in S. Diese ist Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen x. Bei diesem Fahrzeug wurde bei einer am 29.3.2016 durchgeführten Fahrzeugkontrolle Durchrostungen an der linken Hecktüre festgestellt. Mit Straferkenntnis der LPD , PK Steyr zu GZ VStV/916300549685/2016, datiert vom 28.4.2016, zugestellt am 30.4.2016 wurde dem Beschwerdeführer eine Strafe in Höhe von € 100,00, zuzüglich € 10,00 Kostenbeitrag wegen Verletzung der Rechtsvorschriften gemäß § 103 Abs 1 Z 1 KFG iVm § 4 Abs 2 KFG verhängt.

 

II.         Gegen das oben genannte Straferkenntnis erhebt der Beschwerdeführer durch seine bevollmächtigten Vertreter binnen offener Frist Beschwerde und stellt die Anträge:

 

Das Landesverwaltungsgericht möge

1.         gemäß § 15 VwGVG den angefochtenen Bescheid aufheben und das Verfahren einstellen in eventu

2.         die verhängte Strafe mildern bzw. mit einer Ermahnung vorgehen.

3.         Gemäß § 44 Abs 1 VwGVG eine mündliche Verhandlung durchführen und Abs 4 der belangten Behörde die Kosten dieses Verfahrens auferlegen.

 

III.         Die Anträge werden im Einzelnen wie folgt begründet:

 

1. Einerseits ging die belangte Behörde nur unzureichend auf die Rechtfertigung des Beschwerdeführers ein, indem diese zwar wiedergegeben wurde, jedoch keine Begründung gegeben wurde, weshalb die in der Rechtfertigung angeführten Fakten nicht zum Tragen kämen. Es liegt daher ein erheblicher Verfahrensmangel vor.

2.         Das gegenständliche Fahrzeug war am 29.3.2016 mit einem gültigen Gutachten gemäß § 57a KFG versehen. Es waren am gegenständlichen keinerlei für den Laien erkennbare Durchrostungen vorhanden. Richtig ist, dass eine Roststelle vorhanden war, die jedoch für den Laien lediglich als Schönheitsfehler erkennbar war, keinesfalls als Durchrostung. Auch nach Rückfrage bei der KFZ Werkstätte, die die § 57a Begutachtung abgegeben hatte, erhielt der Beschwerdeführer die Auskunft, dass es sich nicht um eine Durchrostung handelte, sondern um einen nicht die Verkehrs- und Betriebssicherheit einschränkenden (leichten) Mangel.

 

Es liegt hier offenbar eine Bewertungsfrage vor, die, je nach angewendetem Beurteilungsrahmen ausfallen bzw. ausgelegt werden kann. Es kann jedoch dem Beschwerdeführer als KFZ-technischen Laien nicht vorgeworfen werden, dass er gegebenenfalls falsch über die Relevanz des Mangels für die Frage der Verkehrs- und Betriebssicherheit entscheidet, wenn darüber schon zwischen Fachleuten keine Einigkeit besteht.

 

Offenkundig sicherheitsrelevant war der Mangel am 29.3.2016 jedenfalls nicht, weshalb die Strafe zu Unrecht verhängt wird.

 

Beweis:            PV

namhaft zu machender Vertreter der § 57a KFG-Prüfstelle als SV-Zeuge

 

Es wird daher beantragt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und das Verfahren einzustellen bzw. von einer Bestrafung abzusehen.

 

3.         Aufgrund des geringen Verschuldensgrades sollte auch für den Fall, dass ein Tatvorwurf als gegeben erachtet wird, mit einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden. Eine Ermahnung würde aufgrund der speziellen Fallkonstellation, insbesondere aufgrund der Tatsache, dass der Beschwerdeführer sich grundsätzlich auf die erfolgte     § 57a KFG Überprüfung verlassen darf, ansonsten seine Fahrzeuge, die täglich im Schulbusverkehr im Einsatz sind, anstandslos in Stand hält und auch bei der Vielzahl an Fahrzeugen, die im Verkehr sind, in Ausnahmefällen derartige Grenzfälle eines beanstandungswürdigen Mangels auch bei einem hohen Sorgfaltsgrad vorkommen können, jedenfalls ausreichen, um den Beschwerdeführer davon abzuhalten, derartige Verstöße in Zukunft zu begehen. Der Mangel wurde vom Beschwerdeführer auch umgehend behoben. Der Vorfall an sich ist jedenfalls als Warnung geeignet, einen noch höheren Sorgfaltsgrad bei der Überprüfung der Fahrzeuge künftig an den Tag zu legen. Dies auch ohne Bestrafung.

[...]“

 

I.3. Mit Schreiben vom 12. Juli 2016 legte die belangte Behörde dem Landesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt zur Entscheidung vor, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu fällen.

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich entscheidet durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter (§ 2 VwGVG).

 

 

II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsstrafakt. Zumal bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, entfällt eine öffentliche mündliche Verhandlung (§ 44 Abs 2 VwGVG).

 

II.2. Nachstehender entscheidungswesentlicher S A C H V E R H A L T  steht fest:

 

Der Beschwerdeführer ist Komplementär der im Firmenbuch zu x des Landesgerichtes Steyr protokollierten M KG (idF „Gesellschaft“) mit der Adresse S. (Firmenbuch)

Diese ist Halterin eines PKW M S mit dem Kennzeichen x. (Anzeige)

Am 29. März 2016 lenkte ein Arbeitnehmer der Gesellschaft das genannte Fahrzeug in der Gemeinde Losenstein auf der B115 bei Straßenkilometer 42,350 Richtung Weyer. Er geriet in eine Verkehrskontrolle. Im Rahmen einer Teiluntersuchung nach § 58 KFG wurde von einem anwesenden Sachverständigen des Amtes der Oö. Landesregierung festgestellt, dass das Fahrzeug im Bereich der linken hinteren Türe Roststellen aufwies. Der Sachverständige stufte die Roststellen als Durchrostungen und als schweren Mangel ein. (Teiluntersuchungsbefund, Gutachten vom 4. Juli 2016).

 

Der dem Bf in der Strafverfügung vorgeworfene Spruch lautet:

 

„Der/die Verantwortliche der Firma M KG in S, diese ist Zulassungsbesitzerin des angeführten KFZ hat nicht dafür Sorge getragen, dass der Zustand des Lastkraftwagen den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht. Das Fahrzeug wurde zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort von P B gelenkt, wobei festgestellt wurde, dass die für die verkehrs- und betriebssichere Verwendung des angeführten Fahrzeuges maßgebenden Teile nicht den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprachen, obwohl Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssen, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Es wurde festgestellt, dass die linke Hecktür mehrfach durchgerostet war..“

(Strafverfügung)

 

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses lautet:

 

„1. Sie haben als Verantwortliche(r) der Firma M KG in S, diese ist Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen x, nicht dafür gesorgt, dass das Kraftfahrzeug unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder -bewilligungen den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes 1967 und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht, weshalb bei der am 29.03.2016 um 13:45 Uhr in Losenstein, B 115 Str.km 42,35, Fahrtrichtung Weyer, Höhe Parkplatz durchgeführten Fahrzeugkontrolle festgestellt wurde, dass die für die verkehrs- und betriebssichere Verwendung des angeführten Fahrzeuges maßgebenden Teile nicht den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprachen, obwohl Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssen, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Es wurde festgestellt, dass die linke Hecktür mehrfach durchgerostet war «08» «09»  «10»“

(Straferkenntnis)

 

II.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem vorliegenden Verfahrensakt, insbesondere den in Klammern angegebenen Beweismitteln.

Insbesondere ergeben sich aus den in Klammern genannten Behördenakten der Wortlaut der dem Bf gemachten Vorwürfe, insbesondere aber, dass aus diesen nicht ableitbar ist, ob sich das dem Bf vorgeworfene Fehlverhalten (§ 103 Abs 1 Z1 KFG) auf eine im § 4 Abs 2 KFG genannte Personengruppe (Lenker und/oder beförderte Personen und/oder Straßenbenützer) beziehen soll bzw. von welcher Gefährdungslage (Gefahren, Beschädigungen, Erschütterungen, Lärm, Rauch, Geruch, Luftverunreinigungen, Beschmutzungen) die belangte Behörde ausgeht. Tatsächlich erscheint es, als gehe die belangte Behörde davon aus, dass der Mangel alleine eine Bestrafung nach den herangezogenen Bestimmungen rechtfertigt.

 

III. Rechtliche Beurteilung

 

III.1. Wesentliche zugrundeliegende Bestimmungen:

 

a)   § 4 Abs 2 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG, BGBl. Nr. 267/1967 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 73/2015) lautet:

 

II. ABSCHNITT

Bauart und Ausrüstung der Kraftfahrzeuge und Anhänger

§ 4. Allgemeines

[...]

(2) Kraftfahrzeuge und Anhänger müssen so gebaut und ausgerüstet sein, daß durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Sie müssen so gebaut und ausgerüstet sein, daß der Lenker, beförderte Personen und andere Straßenbenützer bei Verkehrsunfällen möglichst geschützt sind. Sie dürfen innen und außen keine vermeidbaren vorspringenden Teile, Kanten oder zusätzlichen Vorrichtungen aufweisen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen. Unvermeidbare vorspringende Teile, Kanten oder zusätzliche Vorrichtungen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen, müssen durch geeignete Schutzvorrichtungen entsprechend abgedeckt oder, wenn dies nicht ohne schwere Beeinträchtigung der Verwendbarkeit des Fahrzeuges im Rahmen seiner Zweckbestimmung durchführbar ist, entsprechend gekennzeichnet sein.

[...]

 

b)   § 103 Abs 1 Z1 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG, BGBl. Nr. 267/1967 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 40/2016) lautet:

 

§ 103. Pflichten des Zulassungsbesitzers eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers

(1) Der Zulassungsbesitzer

      1. hat dafür zu sorgen, daß das Fahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung – unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder ‑bewilligungen – den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht;

[...]

 

III.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

III.2.1. Vorwurf:

 

Vorliegend steht außer Zweifel und konnte dies vom Verwaltungsgericht aufgrund des Akteninhaltes, insbesondere aufgrund eines nach Einlangen der Beschwerde der Behörde zugegangenen Gutachtens des Amtes der Oö. Landesregierung (und dem Bf nicht zukam), welches deutliche Fotos enthält, bedenkenlos festgestellt werden, dass das ggst. Fahrzeug im Bereich der linken Hecktüre diverse Roststellen aufwies.

 

Es steht auch fest, dass der Sachverständige die ggst. Roststellen in seinem Teilgutachten gem. § 58 KFG (wohl insgesamt) als schweren Mangel eingestuft hat.

 

Dies hat die belangte Behörde zum Anlass genommen, dem Bf einen auf §§ 103 Abs 1 iVm § 4 Abs 2 KFG gestützten Vorwurf zu machen.

 

Sie hat sich dabei des oben dargestellten Spruchs bedient, der im Wesentlichen unkonkretisiert den komplexen und viele unterschiedliche Tatbestandsvarianten enthaltenden Normtext wiedergibt. Zudem hat sie diesen um den Satz „Es wurde festgestellt, dass die linke Hecktür mehrfach durchgerostet war «08» «09»  «10»“ ergänzt.

 

Gem. § 103 Abs 1 Z1 KFG hat der Zulassungsbesitzer dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug den Vorschriften des KFG entspricht.

Als Vorschrift, der das KFZ zu entsprechen hat, zieht die belangte Behörde § 4 Abs 2 KFG heran, der allgemeine Ausrüstungsvorschriften zum Inhalt hat und im Ergebnis vorschreibt, dass Fahrzeuge so ausgerüstet sein müssen, dass von ihnen für in der Bestimmung genannte, bestimmte Personengruppen (Lenker, beförderte Personen, andere Straßenbenützer) und Sachen (Straße) keine in der Bestimmung dargestellte Gefahren ausgehen bzw. generell bestimmte nachteilige Umwelteinflüsse vermieden werden (Lärm, Rauch, Erschütterungen, Luftverunreinigungen etc.). 

 

Erst bei Eintreten dieser bestimmten Gefahrenlage für Personen oder Sachen bzw. die Umwelt kann somit ein Verstoß im Sinne der genannten Bestimmungen vorliegen. Die belangte Behörde übersieht dies und wirft dem Bf lediglich den Umstand vor, dass sein Fahrzeug Durchrostungen aufwies. In Verkennung der Rechtslage geht sie offensichtlich davon aus, dass alleine das Vorliegen eines schweren Mangels nach der Prüf- und Begutachtungsstellenverordnung ausreicht.  Dies ist nicht der Fall.

Es ergibt sich, dass die belangte Behörde dem Bf keinen strafbaren Tatbestand vorgeworfen hat.

Der Umstand, dass die Hecktüre Durchrostungen aufwies, alleine, stellt keinen nach dem Gesetz strafbaren Tatbestand dar. Vielmehr kann ein solcher nur unter der Voraussetzung vorliegen, dass Umstände wie die oben genannten hinzutreten. Sie müssen festgestellt und dem Bf im Spruch vorgeworfen werden.

Dies hat im vorliegenden Verfahren nicht stattgefunden.

 

Eine (die Verfolgungsverjährung nach § 31 VStG unterbrechende) Verfolgungshandlung nach § 32 Abs 2 VStG ist auf sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschriften iSd § 44a Z 2 VStG zu beziehen; (VwGH 21. Oktober 2014, Ra 2014/03/0006).

 

„Die Umschreibung der Tat hat – bereits im Spruch und nicht erst in der Bescheidbegründung (VwSlg 17.326 A/2007; VwGH 1. 7. 2010, 2008/09/0149) – so präzise zu sein, dass der Beschuldigte seine Verteidigungsrechte wahren kann und er nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt ist (zB VwSlg 11.894 A/1985; VwGH 12. 3. 2010, 2010/17/0017; 17. 4. 2012, 2010/04/0057), sie muss mithin die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens erforderlich sind, ermöglichen (vgl VwGH 20. 7. 1988, 86/01/0258; 31. 1. 2000, 97/10/0139; s auch VwGH 6. 11. 2012, 2012/09/0066 [AuslBG]) und sie darf keinen Zweifel daran bestehen lassen, wofür der Täter bestraft worden ist (VwGH 23. 4. 2008, 2005/03/0243). Andererseits dürfen bei der Angabe der als erwiesen angenommenen Tat auch keine Verhaltensweisen mitumfasst werden, die nicht der verletzten Verwaltungsvorschrift iSd § 44 a Z 2 unterliegen (vgl VwGH 24. 4. 2008, 2007/07/0124).

(vgl. Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 44 a Rz 2).“

 

Die Tat ist dabei so eindeutig zu umschreiben, dass kein Zweifel besteht, wofür der Täter zur Verantwortung gezogen wird. Diesen Anforderungen ist dann entsprochen, wenn die Tat dem Täter in so konkreter Umschreibung vorgeworfen wird, dass dieser in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Beschuldigte rechtlich davor geschützt ist, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (VwGH 25.02.2003, 2001/10/0257).

 

Im Hinblick auf einen mit dem vorliegenden vergleichbaren Sachverhalt hat der Verwaltungsgerichtshof, etwa in seiner Entscheidung vom 12. Dezember 1986, 86/18/0176 ausgesprochen, dass ein Verstoß gegen das Konkretisierungsgebot des § 44 a lit a VStG 1950 durch den Tatvorwurf vorliegt, dass "die rechte Schlussleuchte und der linke Rückstrahler des Anhängers nicht in Ordnung waren", weil damit nicht zum Ausdruck kommt, inwiefern diese Teile des vom Beschuldigten verwendeten Anhängers nicht den einschlägigen Bestimmungen entsprochen haben sollen.

 

In seiner Entscheidung vom 12. Dezember 1986, 86/18/0176, hat der VwGH ausgeführt, dass die Anlastung im Spruch eines Straferkenntnisses, ein Lkw und Anhänger entsprächen insofern nicht den gesetzlichen Vorschriften, als "bei sechs Rädern insgesamt 13 Tragbolzen über die Radmuttern hinausstanden, drei Radmuttern ... fehlten" entspricht nicht dem Konkretisierungsgebot des § 44 a lit a VStG 1950, weil dadurch die Zuordnung des Tatverhaltens zur zitierten Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, nicht in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird. (Hinweis auf E VS 13.6.1984, 82/03/0265, VwSlg 11466 A/1984) Es ist nämlich nicht zu erkennen, inwiefern der Beschuldigte einen der mehreren Tatbestände des § 4 Abs 2 KFG 1967 einerseits hinsichtlich der herausragenden Tragbolzen und andererseits in Bezug auf die fehlenden Radmuttern verwirklicht haben soll.

 

Wesentlich für einen Verstoß gegen die genannten Bestimmungen ist, dass ein Kraftfahrzeug so gebaut und ausgerüstet sein muss, dass durch seinen sachgemäßen Betrieb weder

1.   Gefahren für die im Normtext genannten Personengruppen, noch

2.   Beschädigungen der Straße,

3.   schädliche Erschütterungen, übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen entstehen bzw.

4.   die im Normtext genannten Personengruppen bei Verkehrsunfällen möglichst geschützt sind und die Fahrzeuge

5.   innen und außen keine vermeidbaren vorspringenden Teile, Kanten oder zusätzliche Vorrichtungen aufweisen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen      

 

Nur bei Vorliegen derartiger Umstände, kann es zu einem Verstoß gem § 103 Abs 1 iVm § 4 Abs 2 KFG kommen.

 

Der Vorwurf, dass Durchrostungen vorhanden sind, lässt für sich alleine keinen Verstoß im Sinne dieser Bestimmung erkennen, zumal eine Durchrostung nur dann zu einer Bestrafung nach § 103 Abs 1 Z1 KFG führen kann, wenn ein oder mehrere der hier dargestellten Tatbestandsmerkmale betroffen sind und im Spruch vorgeworfen werden.

 

Eine Roststelle bzw. Durchrostung kann daher vorliegend etwa dann zu einer Bestrafung nach den genannten Bestimmungen führen, wenn sie beispielsweise zu einer Schwächung tragender Teile am Fahrzeug führt und dadurch Gefahren für Personen (Unfallgefahr, Gefahr des Verlierens von Teilen etc.) oder Verunreinigungen hervorrufen kann.

 

Solche Umstände sind aber iSd obigen Ausführungen festzustellen und dem Betroffenen vorzuwerfen.

 

Einen derartigen Vorwurf hat die belangte Behörde (und auch nicht die die Strafverfügung erlassende Behörde) dem Bf im Zuge des Verfahrens nicht gemacht. Auch die Begründung des Straferkenntnisses lässt nicht auf einen solchen schließen.

Die belangte Behörde hat in keiner Weise konkretisiert inwieweit die Mängel Gefährdungspotential iSd § 4 Abs 2 KFG haben. Dem gesamten Akt lässt sich kein Hinweis darauf entnehmen, dass ein Gefährdungspotential iSd § 4 Abs 2 KFG vorliegt.

 

Insofern wurde dem Bf bislang kein Vorwurf gemacht, der auf einen nach § 103 Abs 1 Z1 iVm § 4 Abs 2 KFG strafbaren Tatbestand hindeuten würde.

 

Alleine der Umstand, dass ein Mangel ein schwerer iSd Prüf- und Begutachtungsstellenverordnung sein mag, vermag ohne Hinzutreten der genannten Umstände eine Bestrafung noch nicht zu rechtfertigen. Vielmehr bedeutet dies vordergründig lediglich, dass das betroffene KFZ eine Begutachtungsplakette nach § 57a KFG nicht mehr erhalten kann und die Mängel bei der nächsten in Betracht kommenden Werkstätte behoben werden müssen (vgl. § 10 Abs 2 Z3 Prüf- und Begutachtungsstellenverordnung).

 

 

III.2.2. Sache des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und Korrigierbarkeit durch das LVwG:

 

In seinem Erkenntnis vom 31. Juli 2014, Ro 2014/02/0099, hat der Verwaltungsgerichtshof wie folgt ausgesprochen: „Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war die Berufungsbehörde in Verwaltungsstrafsachen berechtigt, die als erwiesen angenommene Tat – unter Beachtung der durch das Verbot der reformatio in peius (§ 51 Abs 6 VStG, vgl nun § 42 VwGVG) gezogenen Grenzen – einer anderen rechtlichen Subsumtion, etwa der Unterstellung unter eine andere Strafnorm, zu unterziehen (vgl das hg Erkenntnis vom 18. Oktober 2007, Zl 2006/09/0031). Im Hinblick auf die den Verwaltungsgerichten übertragene Pflicht, in Verwaltungsstrafsachen über Beschwerden meritorisch zu entscheiden (Art 130 Abs 4 erster Satz B-VG und § 50 VwGVG), kann für das Beschwerdeverfahren gegen Straferkenntnisse der Verwaltungsbehörden vor den Verwaltungsgerichten nichts anderes gelten.“

 

In seinem Erkenntnis vom 13. Oktober 2013, 2009/06/0189, sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, dass "‘Sache‘ des Berufungsverfahrens [...] die Angelegenheit [ist], die Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterinstanz war; die den Entscheidungsspielraum der Berufungsbehörde begrenzende Sache iSd (gemäß § 24 VStG im Strafverfahren anwendbaren) § 66 Abs. 4 AVG ist also nicht etwa jene, welche in erster Instanz in Verhandlung war, sondern ausschließlich die, die durch den (Spruch des) erstinstanzlichen Bescheid(es) begrenzt ist (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, S 1265 unter E 111f zu § 66 AVG wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Gegenstand des Verfahrens vor der belangten Behörde war somit nur die im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides genannte Tat.“

 

"Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem VwG ist - ungeachtet des durch § 27 VwGVG 2014 vorgegebenen Prüfumfangs - jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat (VwGH v. 16. November 2015, Ra 2015/12/0026).

 

Eine Befugnis des VwG zur Ausdehnung des Gegenstandes des Verfahrens über die Sache des Verwaltungsstrafverfahrens im Sinn des § 50 VwGVG 2014 hinaus, wurde durch die Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012 nicht geschaffen (Hinweis E vom 5. November 2014, Ra 2014/09/0018, mwN zur Rechtslage vor Schaffung der VwG; der VwGH hat darin festgehalten, es sei kein Anhaltspunkt dafür zu erkennen, dass von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH zum Berufungsverfahren in Verwaltungsstrafsachen abzugehen wäre). So würde etwa eine Ausdehnung des Tatzeitraums erst im Beschwerdeverfahren in Verwaltungsstrafsachen vor dem VwG eine unzulässige Erweiterung des Tatvorwurfs und der Sache des Beschwerdeverfahrens im Sinn des § 50 VwGVG 2014 darstellen (vgl. VwGH v. 16. März 2016, Ro 2014/04/0072). Nichts anderes kann im Hinblick auf die Ausdehnung der Tathandlung (Tatbestandselemente) selbst gelten.

 

Eine Verfolgungshandlung hat sich nach § 32 Abs. 2 VStG auf eine bestimmte physische Person als Beschuldigten, ferner auf eine bestimmte Tatzeit, den ausreichend zu konkretisierenden Tatort und sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschriften im Sinn des § 44a Z 2 VStG zu beziehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Juni 2014, Zl. 2013/08/0096, mwN). (VwGH 16. Februar 2016; Ra 2016/08/0025)

 

Zumal die belangte Behörde dem Bf bislang nur vorgeworfen hat, dass die Hecktür seines PKW mehrfach durchrostet war und er deshalb nicht dafür gesorgt habe, dass das KFZ den Vorschriften des KFG entsprochen habe, ihm jedoch nicht angelastet hat inwieweit dadurch in Schutzgüter des § 4 Abs 2 KFG eingegriffen wurde, und es deshalb an der ausreichenden Tatumschreibung fehlt, würde das Verwaltungsgericht durch eine erstmalige diesbezügliche Anlastung (die aufgrund des vorliegenden Aktes ohnehin nicht denkbar ist, weil sich das erforderliche Gefahrenpotential aus dem gesamten Akt nicht ableiten lässt) den Gegenstand des Verfahrens ausdehnen (Erweiterung des Vorwurfs), gegen das Verbot der reformatio in peius verstoßen und seine Zuständigkeit überschreiten.

 

Eine Korrektur wäre nur dann denkbar, wenn die belangte Behörde im Rahmen des Verfahrens eine dem § 32 Abs 2 VStG entsprechende, die Verfolgungsverjährung unterbrechende, Verfolgungshandlung gesetzt hätte.

Dies ist nicht geschehen. 

 

III.3. Gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG hat die Behörde (und das Verwaltungsgericht)  von einer Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn dem Beschuldigten die zur Last gelegte Tat [...] keine Verwaltungsübertretung bildet. Mangels Anlastung eines strafbaren Verhaltens durch die belangte Behörde war das ggst. Straferkenntnis deshalb aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren zur Einstellung zu bringen.

 

III.4. Bei diesem Ergebnis, waren dem Bf gem § 52 Abs 9 VwGVG keine Verfahrenskostenbeiträge aufzuerlegen.

 

III.5. Ergänzend darf festgehalten werden, dass § 44a Z 1 VStG es nach der Judikatur des VwGH erfordert, dass, wird ein Täter als verantwortliches Organ einer juristischen Person bestraft, im Spruch des Straferkenntnisses die Art der Organfunktion, derzufolge der Täter zur Vertretung nach Außen berufen ist, eindeutig angeführt wird (korrigierbarer Spruchmangel; vgl. VwGH 26. Jänner 2012, 2010/07/0011, 8. September 2011, 2011/03/0130).

Die belangte Behörde hätte die tatsächliche Funktion des Bf (Komplementär, unbeschränkt haftender Gesellschafter, vgl. VwGH v. 22. März 2012, 2012/07/0018) in den Spruch aufzunehmen gehabt. Die Bezeichnung „als Verantwortliche(r)“ reicht insofern nicht hin.

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Verwaltungsgericht hat sich auf die verfügbare Judikatur des VwGH gestützt und ist diese der rechtlichen Beurteilung zu entnehmen.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

P o h l