LVwG-601454/17/Zo LVwG-650667/12/Zo

Linz, 05.09.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter          Mag. Gottfried Zöbl über die Beschwerden des E M, geb. 1966, vertreten durch W & Partner Rechtsanwälte GmbH, x, vom 30.6.2016 gegen

1. Punkt 1 des Straferkenntnisses des Landespolizeidirektors von Oberösterreich, PK Steyr, vom 1.6.2016, GZ VStV/916300449942/2016, wegen einer Übertretung der StVO, (LVwG-601454)

sowie 2. den Bescheid des Landespolizeidirektors von Oberösterreich, PK Steyr, vom 31.5.2016, GZ FE 57/2016, NSch 43/2016 wegen Entziehung der Lenkberechtigung und begleitender Maßnahmen (LVwG-650667)

nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25.8.2016,

 

zu Recht  e r k a n n t :

 

I.          Die Beschwerde gegen das Straferkenntnis wird im Schuldspruch abgewiesen.

 

II.       Bezüglich der Strafhöhe wird der Beschwerde teilweise stattgegeben und die Geldstrafe auf 1.500 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstraffe auf 15 Tage herabgesetzt.

 

III.      Die behördlichen Verfahrenskosten reduzieren sich auf 150 Euro, für das Beschwerdeverfahren sind keine Kosten zu bezahlen.

 

IV.     Die Beschwerde gegen den Führerscheinentzugsbescheid wird abgewiesen und dieser vollinhaltlich bestätigt.

 

V.      Gegen diese Entscheidungen sind keine ordentlichen Revisionen an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.


 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Zu I. und II.:

1. Die Landespolizeidirektion Oberösterreich, PK Steyr (im Folgenden: belangte Behörde), hat dem Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) in Punkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses vorgeworfen, dass er am 14.3.2016 um 19:00 Uhr das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen x in 4400 Steyr, Leopold-Werndl-Straße x, unmittelbar neben der rückwärtigen Einfahrt S H in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe, da der Alkoholgehalt der Atemluft zumindest 0,61 mg/l betragen habe.

Mit den Punkten 2 und 3 dieses Straferkenntnisses wurde der Bf rechtskräftig wegen Übertretungen des § 4 StVO im Zusammenhang mit dieser Fahrt bestraft.

 

2. Die belangte Behörde hat dem Bf mit dem ebenfalls angefochtenen Führerscheinentzugsbescheid wegen dieses Vorfalles die Lenkberechtigung für die Klassen AM und B für die Dauer von 9 Monaten, gerechnet ab Bescheidzustellung, entzogen. Der Bf wurde aufgefordert, seinen Führerschein unverzüglich abzuliefern und es wurde eine Nachschulung angeordnet. Weiters wurde ihm eine allfällige ausländische Lenkberechtigung entzogen und einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung aberkennt.

 

Diese Bescheide begründete die belangte Behörde zusammengefasst damit, dass der Bf einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht, die Unfallstelle verlassen und dem Geschädigten seine Identität nicht nachgewiesen habe. Ein Alkotest um 21.21 Uhr habe einen Atemluftalkoholgehalt von 0,88 mg/l ergeben, den vom Bf behaupteten Nachtrunk erachtete die Behörde nur im Umfang von   ½ Liter Wein für glaubwürdig. Daraus ergebe sich für den Lenkzeitpunkt eine Alkoholisierung von mindestens 0,61 mg/l.

 

3.     In den dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerden machte der Bf zusammengefasst geltend, dass er nach dem Unfall die Fahrzeuge fotografiert und im nahegelegenen S H Zettel und Stift besorgt habe, um seine Kontaktdaten am Fahrzeug zu hinterlegen. Als er den S H wieder verlassen hatte, sei das andere Fahrzeug jedoch bereits weg gewesen. Er habe im S H Alkohol konsumiert. Anschließend habe er sich in „R `s Bar“ wegen dieses Vorfalles betrunken. Er habe insgesamt ca. 12 Gespritzte, also über 1 Liter Wein, und 2 Schnäpse konsumiert, die von der Behörde angenommenen 500 ml Wein seien zu wenig.

 

Auch dem Zeugen M, welchen er direkt nach dem Unfall um Zettel und Stift gefragt hatte, sei keine Alkoholisierung aufgefallen. Hätte er zu diesem Zeitpunkt über 1,2 Promille gehabt, so wäre dem Zeugen dies sicher aufgefallen. Wäre er zum Unfallzeitpunkt tatsächlich betrunken gewesen, so hätte er leicht nach Hause oder an einen anderen Ort fahren können, an dem er nicht auffindbar gewesen wäre. Dies hatte er aber nie beabsichtigt und er hatte auch nichts zu befürchten, weil er zum Unfallzeitpunkt nicht alkoholisiert gewesen sei.

 

3.1.    Die belangte Behörde hat die Beschwerden dem Landesverwaltungsgericht mit Vorlageschreiben vom 7.7.2016 unter Anschluss der Verwaltungsakte zur Entscheidung vorgelegt, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu fällen. Daraus ergibt sich dessen Zuständigkeit, wobei es durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter entscheidet (§ 2 VwGVG).

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25.8.2016. An dieser haben der Bf sowie ein Vertreter der belangten Behörde teilgenommen. Die Zeugen J, M und R wurden zum Sachverhalt befragt, die schriftliche Stellungnahme vom 23.7.2016 des Zeugen K sowie die Niederschrift über seine Aussage vor der belangten Behörde wurden mit Zustimmung des Bf verlesen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentlich Sachverhalt:

 

Der Bf war zur Vorfallszeit im Besitz einer Lenkberechtigung für die Klassen AM und B. Diese war ihm zuletzt vom 13.4. bis 13.5.2015 wegen einer Übertretung des § 99 Abs. 1b StVO entzogen wurden. Im Jahr 2011 scheint über ihn eine Übertretung des § 14 Abs. 8 FSG auf und bereits im Jahr 2007 war ihm die Lenkberechtigung wegen einer Übertretung des § 99 Abs. 1b StVO für einen Monat entzogen worden.

 

Er lenkte am 14.3.2016 um ca. 19:00 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen       x in Steyr, Leopold-Werndl-Straße x unmittelbar neben der rückwärtigen Einfahrt S H. Da in diesem Bereich kein Parkplatz frei war, wendete er, wobei er gegen den dort abgestellten PKW mit dem Kennzeichen x stieß. Dabei wurde dieses Fahrzeug im linken hinteren Bereich beschädigt (Stoßstange und Scheinwerferglas). Der Bf stellte sein Fahrzeug in der Nähe ab und fotografierte in weiterer Folge den beschädigten PKW. Er ging in das in unmittelbarer Nähe befindliche Lokal „S H“ und besorgte sich dort Zettel und Stift, um am Fahrzeug eine Benachrichtigung anzubringen. Im Lokal konsumierte er Alkohol. Als er den Zettel am beschädigten Fahrzeug anbringen wollte, war dieses bereits entfernt worden. Er ging wieder in den S H und teilte dies dem Kellner mit. In weiterer Folge ging er in das Lokal „R`s Bar“ und konsumierte dort weitere alkoholische Getränke.

 

Um ca. 21.00 Uhr nahmen Polizeibeamte mit ihm Kontakt auf und konfrontierten ihn mit dem Vorfall. Da diese bei ihm Alkoholisierungsmerkmale wahrnahmen, wurde er zu einem Alkotest mit dem Alkomat Dräger 7110 MKIIIA, Nr. ARDK 0071, aufgefordert. Der Alkotest um 21.21 Uhr ergab einen Atemluftalkoholgehalt der Atemluft von 0,88 mg/l.

 

4.2.      Bezüglich des behaupteten Nachtrunkes weichen die Angaben des Bf und der Zeugen stark voneinander ab:

 

Der Bf gab bereits bei seiner polizeilichen Befragung zur Vorfallszeit an, dass er nach dem Unfall ca. 11 große „Sommerspritzer“ (⅛l Weißwein aufgespritzt auf ½l) sowie 2 Schnaps getrunken habe. Diese Angaben hielt er im Wesentlichen im gesamten Verfahren aufrecht, wobei er sie insofern konkretisierte, als er im „S H“ 3 oder 4 große „Sommerspritzer“ und in „R`s Bar“ 8 „Sommerspritzer“ sowie 2 kleine Schnäpse getrunken habe. Vor dem Unfall habe er keinerlei alkoholische Getränke konsumiert.

 

Der Zeuge M (Kellner im Lokal „S H“) hatte der Polizei gegenüber angegeben, dass der Bf einen kleinen „Sommerspritzer“ (1/16 l Wein aufgespritzt auf ¼ l) getrunken habe. Bei seiner Einvernahme vor der belangten Behörde am 6.5.2016 gab er an, dass der Bf 2 – höchstens 3 Gespritzte getrunken habe, es seien eher 2 gewesen. Der Bf habe sich nicht lange im Lokal aufgehalten, ca. 30 Minuten. Eine Alkoholisierung des Bf sei ihm nicht aufgefallen. Bei der mündlichen Verhandlung bestätigte er, dass der Bf 2 oder 3 Gespritzte (⅛ l Wein aufgespritzt auf ¼ l) getrunken habe. Die Polizei sei noch am selben Abend ins Lokal gekommen und habe ihn wegen des Bf befragt. Er habe den Polizisten gesagt, dass er ihm nicht betrunken vorgekommen sei und er ihm 2 Gespritzte serviert habe.

 

Der Zeuge R gab an, dass der Bf vor dem Unfall im Sportbuffet in G Kaffee getrunken habe, sonst habe er nichts konsumiert. Er sei ihm nicht alkoholisiert vorgekommen.

 

Der Zeuge J gab an, dass er an diesem Abend in „R`s Bar“ gewesen sei. Er habe gesehen, dass der Bf einen Gespritzten getrunken habe, er glaube, dass es ein Viertelliter gewesen sei, sei sich diesbezüglich aber nicht sicher. Er habe dann das Lokal verlassen und wisse nicht, ob bzw. wie viele weitere Getränke der Bf konsumiert habe. Er habe sich etwa eine dreiviertel Stunde gemeinsam mit dem Bf im Lokal befunden.

 

Der Zeuge K (Betreiber des Lokals „R`s Bar“ hatte am Vorfallstag der Polizei gegenüber angegeben, dass der Bf zwischen ca. 19.30 Uhr bis ca. 21.00 Uhr 2 große „Sommerspritzer“ mit je ⅛l Wein getrunken habe. Bei seiner Einvernahme durch die belangte Behörde am 28.4.2016 gab er an, dass der Bf zwischen ½ 8 Uhr und ¾ 8 Uhr ins Lokal gekommen sei und auf ihn bereits alkoholisiert gewirkt habe. Der Bf habe bis ¾ 9 Uhr 2 – maximal 3 Sommerspritzer (⅛ l Wein aufgespritzt auf ½ l) konsumiert. Nach der Ladung zur mündlichen Verhandlung teilte dieser Zeuge mit, dass er sich am Verhandlungstag im Ausland befindet. Er bestätigte schriftlich nochmals die bei der Polizei protokollierte Aussage. Diese Stellungnahme sowie die Aussage vor der belangten Behörde wurden mit Zustimmung des Bf in der Verhandlung verlesen.

 

4.3. Zu diesen unterschiedlichen Angaben hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in freier Beweiswürdigung folgendes erwogen:

 

Der Bf hat den Nachtrunk den einschreitenden Polizeibeamten gegenüber unverzüglich erwähnt, was für dessen Glaubwürdigkeit spricht. Allerdings sind die angegebenen Mengen nur sehr schwer nachvollziehbar: Nach den Angaben des Bf habe dieser 11 große „Sommerspritzer“, also insgesamt 5,5 Liter Flüssigkeit, sowie zusätzlich zwei Schnäpse in ca. zwei Stunden getrunken. Einen Grund für diese ungewöhnlich große Flüssigkeitsmenge konnte der Bf nicht angeben. Die Behauptung, dass er sich wegen eines eher geringen Parkschadens „angetrunken“ habe, wirkt wenig überzeugend.

 

Die Kellner der beiden Lokale haben im Gegensatz zum Bf keinen Grund, bezüglich des Nachtrunkes unrichtige Angaben zu machen. Der Zeuge M hatte ursprünglich angegeben, dass der Bf einen kleinen „Sommerspritzer“ getrunken habe, dies im Lauf des Verfahrens aber dahin abgeändert, dass er ihm zwei (höchstens drei) ¼ l Gespritzte serviert habe. Im Hinblick auf die Angaben „es waren eher zwei“ bzw. „er habe ihm zwei Gespritzte serviert“ ist davon auszugehen, dass es sich um zwei Getränke gehandelt hat. Zu Gunsten des Bf wird davon ausgegangen, dass es sich um „normale“ Gespritzte mit ⅛ l Wein gehandelt hat.

 

Der Zeuge K hatte ursprünglich zwei große „Sommerspritzer“ erwähnt, im Lauf des Verfahrens hat er diese Angabe auf zwei bis maximal drei „Sommerspritzer“ geändert. Auch hier wird zu Gunsten des Bf angenommen, dass es sich um drei solche Getränke mit je ⅛ l Wein gehandelt hat.

 

Auffällig ist auch, dass keiner der Zeugen die vom Bf angeblich konsumierten zwei Schnäpse erwähnt hat. Die Zeugen hätten aber keinen Grund, dies zu verschweigen. Auch der vom Bf zu seiner Entlastung beigebrachte Zeuge R erwähnte diese Getränke nicht. Dieser Zeuge, welcher ca. eine ¾ Stunde gemeinsam mit dem Bf im Lokal „R`s Bar“ war, erwähnte auch nur einen „Sommerspritzer“. Auch das spricht klar gegen die vom Bf behauptete große Menge, weil dies ja bedeuten würde, dass der Bf die restlichen sechs oder sieben derartigen Getränke in weniger als einer Stunde getrunken haben müsste.

 

Der Umstand, dass weder der Zeuge J noch der Zeuge M beim Bf eine Alkoholisierung festgestellt haben, ist nicht relevant, weil es auf den Eindruck von Laien diesbezüglich nicht ankommt. Es ist keineswegs ungewöhnlich, dass ein Alkoholisierungsgrad von knapp über 1,2 Promille für Laien nicht ohne weiteres zu erkennen ist.

 

Zusammengefasst ist als erwiesen anzusehen, dass der Bf nach dem Lenken des PKW alkoholische Getränke in Form von gespritztem Wein konsumiert hat, wobei auch bei großzügiger Anwendung des Grundsatzes „in dubio pro reo“ von einem maximalen Nachtrunk von ⅝ l Wein auszugehen ist.

 

4.4.    Die belangte Behörde hat ein amtsärztliches Gutachten zur Berechnung des Alkoholisierungsgrades des Bf zum Tatzeitpunkt unter Berücksichtigung eines Nachtrunkes von ⅜ l Wein eingeholt. Dieses entspricht dem Stand der Wissenschaft (Berechnung nach Wermuth/Fous). ⅜ l Wein entsprechen 36 Gramm Alkohol, sodass sich unter Berücksichtigung von Größe und Gewicht des Bf sowie der fehlenden Nahrungsaufnahme eine Alkoholkonzentration von 0,252 mg/l ergibt. Dieser Wert ist vom Messergebnis abzuziehen, der zwischen Lenkzeitpunkt und Alkoholmessung stattgefundene Alkoholabbau von mindestens 0,155mg/l ist hingegen zum Rechenergebnis zu addieren. Damit ergibt sich bei einem Nachtrunk von ⅜ l Wein eine Mindestalkoholisierung zum Lenkzeitpunkt von 0,783 mg/l.

 

Die Behörde selbst hat eine weitere Berechnung mit einem Nachtrunk von ½ l Wein durchgeführt, wobei sie jedoch offenbar irrtümlich davon ausgegangen ist, dass diese Menge Wein 60 Gramm Alkohol enthält. Richtigerweise entsprechen 500 ml Wein mit 12 Volumsprozent jedoch 48 Gramm Alkohol (500ml x 12% ergeben 60 ml, diese multipliziert mit dem spezifischen Gewicht von Alkohol von 0,8 ergeben 48 Gramm).

 

Aufgrund der oa. Beweiswürdigung ist zu Gunsten des Bf davon auszugehen, dass die Nachtrunkmenge maximal ⅝ l Wein betragen hat. Dies entspricht 60 Gramm Alkohol. Die Berechnung nach Wermuth/Fous ergibt für diese Nachtrunkmenge eine Alkoholkonzentration von 0,42 mg/l, welche vom Messergebnis von 0,88 mg/l abzuziehen ist. Zu dem so erhaltenen Zwischenergebnis von 0,46 mg/l ist wiederum der zwischen Lenkzeitpunkt und Alkoholmessung stattgefundene Alkoholabbau von mindestens 0,155mg/l zu addieren. Daraus ergibt sich eine Alkoholisierung des Bf zum Lenkzeitpunkt von mindestens 0,615 mg Alkohol pro Liter Atemluft.

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 5 Abs. 1 StVO 1960 darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen, wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

 

5.2.    Wie sich aus den Ausführungen zur Beweiswürdigung ergibt, hat der Bf zur Unfallzeit den angeführten PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Alkoholgehalt der Atemluft von mindestens 0,615 mg/l) gelenkt. Er hat damit die ihm in Punkt 1 des Straferkenntnisses vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht begangen. Das Verfahren hat keine Hinweise ergeben, welche das Verschulden des Bf ausschließen würden, weshalb gemäß § 5 Abs.2 VStG zumindest von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.

 

5.2.1. Gemäß § 99 Abs.1a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 1.200 Euro bis 4.400 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 10 Tagen bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes
1,2 g/l oder mehr, aber weniger als 1,6 g/l oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr aber weniger als 0,8 mg/l beträgt.

 

5.2.2. Der Bf weist eine einschlägige Vormerkung wegen eines Alkoholdeliktes aus dem Jahr 2015 auf. Diese bildet einen erheblichen Straferschwerungsgrund. Es scheinen drei weitere geringfügige noch nicht getilgte verkehrsrechtliche Vormerkungen aus den Jahren 2011 und 2012 auf, welche jedoch keinen Erschwerungsgrund bilden. Weitere Straferschwerungs- oder Milderungsgründe liegen nicht vor.

 

Der Bf verfügt lediglich über Arbeitslosengeld in Höhe von 745 Euro bei keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten. Unter Berücksichtigung dieser Umstände erscheint eine Herabsetzung der von der Behörde verhängten Strafe angemessen. Die nunmehr herabgesetzte Strafe erscheint sowohl aus general- als auch spezialpräventiven Überlegungen erforderlich, um den Bf von weiteren ähnlichen Übertretungen abzuhalten.

 

Zu III.:

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten ist in § 64 VStG und in § 52 VwGVG begründet.

 

Zu IV.:

6.1.      Gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen. [...]

 

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 FSG bildet die Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung der Lenkberechtigung.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 FSG gilt eine Person dann als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihres Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder durch einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

 

Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat gemäß § 7 Abs. 3 Z 1 FSG insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz – SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist.

 

Gemäß § 7 Abs. 4 FSG sind für die Wertung der in Abs. 1 genannten und in    Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

§ 24 Abs. 3 FSG lautet:

„Bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung kann die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a eine Nachschulung anzuordnen:

1.   wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) erfolgt,

2.   wegen einer zweiten in § 7 Abs. 3 Z 4 genannten Übertretung innerhalb von zwei Jahren oder

3.   wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 oder 1a StVO.

Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a und sofern es sich nicht um einen Probeführerscheinbesitzer handelt, bei der erstmaligen Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO ein Verkehrscoaching zur Bewusstmachung der besonderen Gefahren des Lenkens von Kraftfahrzeugen unter Alkoholeinfluss oder Suchtgiftbeeinträchtigung und dessen Folgen, bei Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO jedoch eine Nachschulung anzuordnen. Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht oder wurde die Mitarbeit bei Absolvierung der begleitenden Maßnahme unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.“ [...]

 

Wird beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1b StVO innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung eines Deliktes gemäß § 99 Abs. 1a StVO begangen, so ist gemäß § 26 Abs. 2 Z 7 FSG die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens sechs Monaten zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. Sind für die Person, der die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit zu entziehen ist, zum Zeitpunkt der Entziehung im Vormerksystem Delikte vorgemerkt, so ist für jede dieser im Zeitpunkt der Entziehung bereits eingetragenen Vormerkungen die Entziehungsdauer um zwei Wochen zu verlängern; davon ausgenommen sind Entziehungen aufgrund des § 7 Abs.3 Z14 und 15.

 

6.2.      Der Bf hat nach dem Ergebnis der o.a. Beweiswürdigung einen PKW mit einem Atemluftalkoholgehalt von 0,615 mg/l gelenkt und damit eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 Z. 1 FSG begangen. Die Mindestentzugsdauer für die erstmalige Begehung eines solchen Deliktes beträgt gemäß § 26 Abs. 2 Z.4 FSG vier Monate. Im Rahmen der Wertung dieses Deliktes ist zum Nachteil des Bf jedoch weiter zu berücksichtigen, dass er bei dieser Fahrt einen Verkehrsunfall verschuldet hat, indem er gegen ein abgestelltes Fahrzeug gestoßen ist. Die Gefährlichkeit des Lenkens eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand hat sich dadurch deutlich erwiesen. Zu seinen Gunsten kann berücksichtigt werden, dass nur geringer Sachschaden entstanden ist. Zu seinem Nachteil schlägt jedoch wiederum aus, dass er nach dem Verkehrsunfall dem Geschädigten seine Identität nicht nachgewiesen und den Unfall auch nicht der Polizei gemeldet hat.

 

Wesentlich für die Bemessung der Entzugsdauer ist auch, dass es sich nicht um das erste Alkoholdelikt des Bf handelt. Im April 2015 hatte der Bf ebenfalls ein Alkoholdelikt gemäß § 99 Abs. 1b StVO begangen, weshalb ihm die Lenkberechtigung für die Dauer von einem Monat entzogen worden war. Dies hat ihn nicht davon abgehalten, bereits zehn Monate nach Wiederausfolgung des Führerscheines neuerlich alkoholisiert einen PKW zu lenken. Diese Deliktskombination ist in dieser Reihenfolge bei den Sonderfällen der Entziehung in § 26 Abs. 2 FSG zwar nicht geregelt, für die gleichen Delikte in der umgekehrten Reihenfolge sieht § 26 Abs. 2 Z.7 FSG jedoch eine Mindestentzugsdauer von sechs Monaten vor.

 

Bereits im Jahr 2007 war dem Bf die Lenkberechtigung wegen eines Alkoholdeliktes für ein Monat entzogen worden. Es handelt sich daher um das dritte derartige Delikt. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes sowie des verschuldeten Unfalles samt Fahrerflucht bedarf es offensichtlich eines längeren Zeitraumes, bis der Bf seine Verkehrszuverlässigkeit wieder erlangt. Der Einschätzung der Behörde, dass eine Entziehung von neun Monaten, gerechnet ab Bescheidzustellung (3.6.2016), erforderlich ist, kann nicht entgegengetreten werden. Dies entspricht einer Verkehrsunzuverlässigkeit von ca. 11 ½ Monaten ab dem Vorfall.

 

Die Absolvierung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker ist gemäß § 24 Abs. 3 FSG verpflichtend vorzuschreiben. Dass die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung dieser Anordnungen endet, ergibt sich ebenfalls aus dieser Bestimmung. Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde erfolgte zu Recht. Angesichts der Verkehrsunzuverlässigkeit des Bf ist es geboten, diesen mit sofortiger Wirkung von der Teilnahme am Straßenverkehr als Lenker von führerscheinpflichtigen Fahrzeugen auszuschließen (z. B. VwGH 20. Februar 1990, 89/11/0252).

 

Zu V.   Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist gegen beide Entscheidungen unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weichen die gegenständlichen Entscheidungen von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts-hofes zu § 5 StVO bzw. zu den Bestimmungen betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Beweiswürdigung wurde nach einem umfangreichen Ermittlungsverfahren samt mündlicher Verhandlung getroffen. Es handelt sich dabei nicht um Rechtsfragen, jedenfalls nicht um solche von grundsätzlicher Bedeutung.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Erkenntnisse besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung von Beschwerden beim Verfassungsgerichtshof und/oder von außerordentlichen Revisionen beim Verwaltungsgerichtshof. Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof sind unmittelbar bei diesem einzubringen, Revisionen an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung von Beschwerden bzw. Revisionen müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für jede Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s

 

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

Mag.  Gottfried  Z ö b l