LVwG-650524/9/Zo/CG

Linz, 29.08.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter         Mag. Gottfried Zöbl über den Vorlageantrag der Frau M E gegen die Beschwerdevorentscheidung der Bezirkshauptfrau des Bezirkes Rohrbach vom 29.10.2015, Zl: VerkR10-119-2015, wegen Abweisung von Anträgen zur Bewilligung von Werbungen,

 

zu Recht  e r k a n n t :

 

 

 

I.          Der Vorlageantrag wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

 

 

II.         Gegen dieses Erkenntnis ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

 

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit Bescheid vom 30.7.2015, Zl: VerkR10-119-2015 den Antrag der Frau E auf Bewilligung zur Anbringung von Hinweistafeln mit dem Schriftzug „P“ auf bereits bestehenden Tafelträgern im Bereich der Landshaager Landesstraße x bei Strkm. x - südliche Ortszufahrt und bei Strkm. 7,630 – nördliche Ortszufahrt sowie auf der x bei Strkm. 24,990 – Allerstorfer Straße – auf dem Gemeindegebiet der Marktgemeinde Sankt M abgewiesen.

Die dagegen rechtzeitig eingebrachte Beschwerde hat die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach mit der nunmehr bekämpften Beschwerdevorentscheidung abgewiesen.

 

Diese Entscheidung begründete die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach zusammengefasst damit, dass sich das von der Beschwerdeführerin betriebene Lokal im Zentrum des Ortes S M im M  befinde und dieser Ort mittels Wegweiser ausreichend beschildert sei. Alle Verkehrsteilnehmer könnten davon ausgehen, dass sich im Ortszentrum eines Ortes ein Gastronomiebetrieb befindet; ein spezifisches Interesse der Verkehrsteilnehmer daran, dass sich im Ortszentrum von S M i.M. ein Gastronomiebetrieb einer bestimmten Spezialrichtung, konkret eine Pizzeria, befinde, sei nicht gegeben. Die beantragten Standorte befinden sich auf Verkehrsflächen, nicht jedoch auf Grundstücken mit Baulandwidmung. Der Umstand, dass vor mehreren Jahrzehnten entsprechende Hinweistafeln für andere Gastronomiebetriebe genehmigt worden seien, ändere nichts daran, dass die Voraussetzungen für die Bewilligung der gegenständlichen Werbungen nicht gegeben seien.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde sowie im Vorlageantrag machte die Beschwerdeführerin zusammengefasst geltend, dass sich an den gegenständlichen Standorten genehmigte Hinweiszeichen für das Gasthaus „Z B“ befinden, obwohl dieses bereits seit über einem Jahr geschlossen und lediglich sporadisch an Sonntagvormittagen geöffnet sei. Ihr Lokal sei ebenfalls am Marktplatz von M gelegen, habe jedoch 6 Tage geöffnet. Es sei nicht ersichtlich, weshalb die Behörde offenbar ein Interesse der Verkehrsteilnehmer darin gesehen habe, dass sich im Ortszentrum das Lokal „Z B“ befinde, während für ihre Pizzeria, welche für die große Interessentengruppe der italienischen Küche relevant wäre, ein derartiges Interesse offenbar verneint werde.

 

Sollte die Behörde davon ausgehen, dass auch für das Lokal „Z B“ kein erhebliches Interesse der Straßenbenützer gegeben sei, so müsste sie die Entfernung dieser Werbung anordnen. Auch andere Gasthäuser im Bezirk Rohrbach würden über entsprechende Bewilligungen für derartige Werbungen verfügen, in den Nachbarbezirken seien ebenfalls ähnliche Werbungen genehmigt worden.

 

Durch die Genehmigung von Hinweistafeln mit dem Schriftzug „P“ könne an diesen Standorten keine Beeinträchtigung des Straßenverkehrs und der Verkehrssicherheit erwartet werden, weil an diesen Stellen bereits andere von der Behörde bewilligte Hinweistafeln  aufgestellt seien. Die Behörde habe nicht erläutert, weshalb in den Nachbarbezirken Urfahr-Umgebung und Eferding derartige Hinweistafeln offenbar in größerer Zahl bewilligt wurden, dies aber im Bezirk Rohrbach nicht möglich sein solle. Im Bezirk Rohrbach gebe es lediglich 6 Lokale mit italienischer Küche und es bestehe sehr wohl ein dringliches Interesse einer großen Zahl von Verkehrsteilnehmern nach Hinweisen auf Gastronomiebetriebe, weil die wenigsten Verkehrsteilnehmer bereits vor Fahrtantritt die Essenseinnahme zeitlich und örtlich genau planen würden. Nach Meinung der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach sollte die große Interessentengruppe der italienischen Küche offenbar von jeder Ortsumfahrung in das Ortszentrum abzweigen, um die jeweiligen Ortschaften nach entsprechenden Gastronomiebetrieben zu durchsuchen. Dies sei jedoch keinesfalls zweckmäßig oder wünschenswert. Es würden sie immer wieder Gäste auf Fehlfahrten wegen der fehlenden Hinweistafeln ansprechen.

 

3.       Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat den Verwaltungsakt mit Schreiben vom 16.11.2015 dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich  vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich, welches durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter entscheidet.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 2.3.2016. An dieser haben die Beschwerdeführerin sowie ein Vertreter der belangten Behörde teilgenommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Die Beschwerdeführerin betreibt am Standort St. M, x eine Pizzeria mit der Bezeichnung „I“. Diese ist 6 Tage in der Woche geöffnet. Sie beantragte am 31.3.2015 die Genehmigung von Hinweistafeln mit dem Schriftzug „P“ an den im Spruch des behördlichen Bescheides genannten Standorten. An diesen Standorten befinden sich bereits Tafelträger, jeweils mit Hinweistafeln zu dem ebenfalls im Ortszentrum von M befindlichen Gasthaus „Z B“. Alle 3 Standorte befinden sich unmittelbar neben Landesstraßen, die gegenständlichen Grundstücke sind als Verkehrsflächen gewidmet.

 

Entsprechend dem unwidersprochenen Vorbringen der Behörde bzw. der Beschwerdeführerin gibt es im Bezirk Rohrbach 128 Gastronomiebetriebe, davon 6 Pizzerien. Sowohl den Parteien als auch dem Gericht ist bekannt, dass es sich bei der Marktgemeinde M i.M. um einen größeren Ort (ca. 3.600 Einwohner) im oberen Mühlviertel in einer grundsätzlich ländlichen Gegend handelt.

 

5. Darüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 84 Abs.2 StVO sind außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten (von diesem Verbot sind die Hinweiszeichen „Pannenhilfe“, „Verkehrsfunk“ sowie „Tankstelle“ gemäß § 84 Abs.1 StVO ausgenommen). Dies gilt jedoch nicht für die Nutzung zu Werbezecken gemäß   § 82 Abs.3 lit.f.

 

Gemäß § 84 Abs.3 StVO hat die Behörde Ausnahmen von dem in Abs.2 enthaltenen Verbot zu bewilligen, wenn die Werbungen und Ankündigungen

1.) einem dringlichen Bedürfnis der Straßenbenützer dienen oder

2.) für diese immerhin von erheblichem Interesse sind oder

3.) in einem Gebiet errichtet werden sollen, das nach den Rausordnungsgesetzen

bzw. Bauordnungen der Länder als Bauland gewidmet ist,

und von dem Vorhaben eine Beeinträchtigung des Straßenverkehrs und der Verkehrssicherheit – insbesondere unter Berücksichtigung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit – nicht zu erwarten ist. Für eine solche Ausnahmebewilligung gelten die Bestimmungen des § 82 Abs.5 letzter Satz sinngemäß.

 

5.2. Da die beantragten Ankündigungen nicht auf Grundstücken errichtet werden sollen, welche nach den raumordnungsrechtlichen Bestimmungen als Bauland gewidmet sind ( § 84 Abs. 3 Z.3), ist zu prüfen, ob diese Ankündigungen entweder einem dringlichen Bedürfnis der Straßenbenützer dienen (§84 Abs. 3 Z.1) oder für diese immerhin von erheblichem Interesse sind (§84 Abs. 3 Z.2). Dabei ist es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht erforderlich, dass die Ankündigung im Interesse sämtlicher Straßenbenützer liegt, die Ausnahmebewilligung nach Absatz 3 ist aber dann nicht zu erteilen, wenn die Ankündigung lediglich die speziellen Bedürfnisse einzelner Straßenbenützer anspricht (VwGH 25.02.2004, 2001/03/0339; 12.09.2006, 2006/02/0160 ua.). Ein erhebliches Interesse der Straßenbenützer liegt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, wenn die Werbung oder Ankündigung in typischen und nicht nur vereinzelt auftretenden Einzelfällen wichtige Hinweise für Straßenbenützer gibt (VwGH 12.10.1972, 955/71).

 

Für die Beurteilung des gegenständlichen Falles kommt es daher darauf an, ob der Hinweis darauf, dass sich im Ortszentrum von M i.M. eine Pizzeria befindet, für eine nicht bloß geringe Zahl von Straßenbenützern ein wichtiger Hinweis ist. Für den durchschnittlichen Straßenbenützer besteht durchaus ein Interesse daran, dass er erfährt, wo er mit einem Gastronomiebetrieb rechnen kann, weil es aus verschiedenen Gründen zweckmäßig sein kann, die Fahrt für eine Pause zu unterbrechen (kürzere Pause zur Erhaltung der Fahrtauglichkeit aber auch längere Unterbrechungen zwecks Getränke- oder Nahrungsaufnahme usw.). Es kann aber der Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Ansicht vertritt, dass jeder vernünftige Straßenbenützer ohnedies davon ausgehen kann, dass sich zumindest in allen größeren Orten (und damit auch in M i.M.) ein Gastronomiebetrieb befindet, welcher auch Speisen anbietet. Ein erhebliches Interesse der Straßenbenützer, dass auf diesen allgemein bekannten Umstand durch Ankündigungen extra hingewiesen wird, besteht daher nicht.

 

Im gegenständlichen Fall ist weiter zu berücksichtigen, dass es sich beim Lokal der Beschwerdeführerin nicht um einen allgemeinen Gastronomiebetrieb sondern um eine Pizzeria handelt. Es ist davon auszugehen, dass ein durchaus großer Teil der Bevölkerung zumindest gelegentlich gezielt ein derartiges Lokal aufsucht, um italienische Speisen zu sich zu nehmen. Diese Personen werden jedoch ohnedies nicht auf das Geradewohl Durchzugsstraßen abfahren und nach Hinweistafeln betreffend eine Pizzeria Ausschau halten, sondern sich vorher entsprechend nach derartigen Lokalen informieren. Es besteht in vielen Fällen wohl ein Interesse der Straßenbenützer, zu erfahren, wo sie eine entsprechende Pause einlegen und Getränke bzw. Nahrung zu sich nehmen können (für Gastronomiebetriebe innerhalb von Ortszentren ist dafür jedoch kein Hinweis erforderlich - sh. oben). Ein konkretes Interesse an einem bestimmten Speiseangebot bzw. einer bestimmten Küchenrichtung geht jedoch über dieses allgemeine Interesse der Straßenbenützer hinaus. Jene Verkehrsteilnehmer, welche konkret ein Lokal mit einem bestimmten Speisenangebot aufsuchen möchten, werden sich typischerweise vorher über das Vorhandensein eines derartigen Lokales informieren.

 

Zusammengefasst besteht nach Ansicht des zuständigen Richters kein erhebliches Interesse einer nicht bloß ganz geringen Anzahl von Straßenbenützern an der Information, dass sich gerade im Ortszentrum von M i.M. eine Pizzeria befindet. Umso weniger kann daher von einem dringlichen Bedürfnis der Straßenbenützer ausgegangen werden. Es liegen daher die in § 84 Abs.3 Z.1 bis 3 StVO alternativ geforderten Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nicht vor. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat den Antrag der Beschwerdeführerin daher zu Recht abgewiesen. Hinzuweisen ist darauf, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Erteilung von Ausnahmen vom grundsätzlichen Werbeverbot außerhalb von Ortsgebieten ein eher strenger Maßstab anzulegen ist (VwGH 25.02.2004, 2001/03/0339 mwH.).

 

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach andere Behörden bzw. auch die belangte Behörde in der Vergangenheit bei anderen Gastronomiebetrieben die Frage des „erheblichen Interesses der Straßenbenützer“ anders beurteilt hätten, ändert nichts an der gegenständlichen Entscheidung. Auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Beschwerdeführerin mit dem Hinweis auf eine Vielzahl von anderen bestehenden Werbungen für sich keine Rechte ableiten (VwGH 24.02.2006, 2005/02/0282).

 

 

Zu II.

 

Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist zulässig, da der Gesetzgeber mit BGBl. I Nr. 123/2015 auf Grundstücken mit Baulandwidmung die Genehmigung von Werbungen und Ankündigungen wesentlich erleichtert hat. Auf diesen Grundstücken ist die Bewilligung auch zu erteilen, wenn überhaupt kein Interesse der Straßenbenützer an der Werbung oder Ankündigung besteht, sofern keine Beeinträchtigung des Straßenverkehrs und der Verkehrssicherheit zu erwarten ist. Es ist daher unklar, ob der VwGH für sonstige Grundstücke seine bisherige Rechtsprechung, wonach für die Genehmigung von Ausnahmebewilligungen vom grundsätzlichen Werbeverbot (insbesondere hinsichtlich des „erheblichen Interesses der Straßenbenützer“) ein strenger Maßstab anzulegen ist, aufrecht erhalten wird.

 

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

Mag.  Gottfried  Z ö b l