LVwG-000103/2/Wei

Linz, 30.08.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des H R, geb. x 1945, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 15. April 2015, Zl. SanRB96-14-2014-Zm, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 90 Abs 1 Z 1 iVm § 5 Abs 1 Z 1 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz – LMSVG

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 VwGVG  wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs 1 Z 1 VStG iVm § 38 VwGVG eingestellt.

 

II.      Der Beschwerdeführer hat weder einen Kostenbeitrag zum Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde (§ 66 Abs 1 VStG) noch einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Oö. Landesverwaltungsgericht (§ 52 Abs 9 VwGVG) zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Mit dem bezeichneten Straferkenntnis der belangten Behörde wurde über den Beschwerdeführer (Bf) wie folgt abgesprochen:

 

Straferkenntnis

 

Sie haben als zuständiger „Wildmeister" und kundiges Organ (Ki-54) der Genossenschaftsjagd G folgende 2 Stk. Rehwild untersucht, im Protokollbuch keine Beanstandung eingetragen und die Einträge unterschriftlich bestätigt. Die gegenständlichen Wild-Stücke sind nach den Bestätigungen im Protokollbuch, Wildbretanhänger und Bescheinigung, an einen Wildbrethändler verkauft worden, obwohl Ihnen bewusst war, dass es sich bei beiden Stücken um Unfallwild gehandelt hat.

 

a)      lebend nach Verkehrsunfall am 19.9.2013 aufgefundenes Rehkitz weibl., 6kg Gewicht am 20.9.2013 untersucht

b)      lebend nach Verkehrsunfall am 22.9.2013 aufgefundenes Rehkitz weibl., 7,5kg Gewicht am 23.9.2013 untersucht

 

Somit haben Sie als Beitragstäter zu verantworten, dass die Jagdgesellschaft G, Wildbret als Lebensmittel in Verkehr gebracht hat, welches nicht auf Verhaltensstörungen des Wildes vor dem Erlegen beobachtet werden konnte. Somit war es als nicht sicher und als für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet anzusehen.

Sie haben damit der Jagdgesellschaft G die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert.

 

Dies, obwohl eine Verwaltungsübertretung begeht, wer Lebensmittel, die für den menschlichen Verzehr ungeeignet sind, in Verkehr bringt.

 

 

Dies stellt eine Verwaltungsübertretung nach:

 

§ 90 Abs. 1 Ziffer 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Ziffer 1 und § 11 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz und in Verbindung mit Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und § 5 Lebensmittelhygiene-Direktvermarktungsverordnung in der gültigen Fassung, dar.

 

...“

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung verhängte die belangte Behörde über den Beschwerdeführer „gemäß § 90 Abs. 1 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz BGBl. I Nr. 13/2006 in der gültigen Fassung“ eine Geldstrafe in Höhe von 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 18 Stunden). Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde ein Betrag von 30 Euro (10% der Geldstrafe) vorgeschrieben.

 

 

I.2. Zur Begründung des Straferkenntnisses führt die belangte Behörde aus:

 

Begründung:

 

Mit Anzeige des Bezirkspolizeikommando Kirchdorf/Krems, Polizeiinspektion G, vom 27.1.2014 wird der Behörde mitgeteilt, dass durch die Jagdgesellschaft G (Jxx), Rehe, die von Kfz angefahren wurden, als normale Abschussrehe eingetragen und an den Wildhändler verkauft wurden.

Im Zuge der polizeilichen Einvernahme am 10.12.2013 geben Sie zum gegenständlichen Sachverhalt keine Angaben an.

Der polizeilichen Anzeige ist auch die gegenständliche Protokollbuchseite beigeheftet, der zu entnehmen ist, dass bei den gegenständlichen Protokollbuch-Einträgen Nr. 266 und 274 bei Beanstandung Jäger „KB" eingetragen ist und dass bei Abnehmer-Verwertung „W" für Wildbrethändler (Wildbearbeitungsbetrieb) angekreuzt ist um den weiteren Weg des Stückes zu beschreiben.

 

Nach der Aufforderung zur Rechtfertigung SanRB96-14-2014-Zm vom 4.4.2014 erscheinen Sie zum vorgegebenen Termin am 9.5.2014 an der Behörde und bringen mündlich Folgendes zu Ihrer Entlastung vor:

„Zu den beiden Stücken, die in der polizeilichen Anzeige unter den Namen G  und H als Personen aufgeführt sind, die den Eintrag „keine Bedenken'1 im Protokollbuch verzeichnet haben, möchte ich sagen, dass es sehr wohl möglich ist, dass ich im Gespräch mit G und H den Eintrag „keine Bedenken" bestätigt habe, obwohl mir bewusst war, dass es sich um Unfallstücke handelt.

Die anderen drei Stücke wurden von den Auffindern mit „keine Bedenken" eingetragen, ohne dass ich gewusst habe, dass es Unfallstücke sind. Somit auch das am 22.09.2013 aufgefundene tote Rehkitz.

Es war Gang und Gebe, dass lebend aufgefundene Unfallstücke mit „keine Bedenken" eingetragen werden, und nach meiner Untersuchung als kundiges Organ an den Wildbretthändler weiterverkauft wurden.

Einer Vermarktung eines tot aufgefundenen Unfallstückes würde ich keinesfalls zustimmen.

Ich bin seit 1995 kundiges Organ. Seit der damaligen Schulung habe ich in diese Richtung keine

weiteren Schulungen/Seminare besucht. 2013 habe ich an der Schulung für das neue

Protokollbuch teilgenommen, die Herr Dr. S abgehalten hat.

Herr Dr. S hat in seiner Schulung für das neue Protokollbuch mitgeteilt, dass auch

Unfallwild verwendet werden darf, wenn es lebend aufgefunden wurde und mit einem

Fangschuss von seinem Leiden erlöst wurde. Als Begründung führte er an, dass ein gezielter

Fangschuss oftmals wesentlich „sauberer" ist, als ein „schlechter" Schuss.

Ich überlege, meine Funktion als kundiges Organ aufzugeben, da mir speziell die zurzeit

laufenden gerichtlichen und behördlichen Verfahren zu schaffen machen.

Die Kühlkammer der Jagdgesellschaft G befindet sich bei meinem landwirtschaftlichen

Anwesen. Wenn ein anderes kundiges Organ für die Jagdgesellschaft G tätig würde,

müsste sich der Jagdleiter überlegen, ob die Kühlkammer bei mir weiter bestehen würde.

Zurzeit und in Zukunft werden keine Unfallstücke, bzw. Fallwildstücke mehr in Verkehr gebracht

und auch nicht in der Kühlkammer gelagert.

Ich ersuche die Behörde um Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens oder um eine möglichst geringe Strafe. "

 

Als Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfäliige Sorgepflichten geben Sie bei der Einvernahme folgendes an:

Einkommen in der Höhe von ca. 625,- Euro, Vermögen: keines, Sorgepflichten: keine

 

Als Zeuge bestätigt Dr. H S, dass er für die Abteilung Ernährungssicherheit und Veterinärwesen im Frühling 2013 einen Vortrag bzgl. des neu eingeführten Protokollbuches gehalten hat. Weiters führt er unter anderem wie folgt aus:

„ Keinesfalls habe ich in der Informationsveranstaltung jedoch gesagt, dass dies Tiere von vorn herein unter „KB" (Keine Bedenken) eingetragen werden können, da dies von Fall zu Fall unterschiedlich zu beurteilen ist. Gegebenenfalls ist die Angelegenheit zur Beurteilung dem amtlichen Tierarzt weiter zu leiten."

 

 

Auf Grundlage des erhobenen Sachverhaltes hat die Behörde Folgendes erwogen:

 

Gemäß § 90 Abs. 1 Ziffer 1 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 50.000,00 Euro zu bestrafen, wer Lebensmittel, die für den menschlichen Verzehr ungeeignet sind, in Verkehr bringt.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 Ziffer 1 leg.cit. ist es verboten, Lebensmittel, die nicht sicher gemäß Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 sind, in Verkehr zu bringen.

 

Gemäß Artikel 14 Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 28 Jänner 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit, gelten Lebensmittel gemäß Abs. 2 leg.cit. als nicht sicher, wenn davon auszugehen ist, dass sie für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet sind und dürfen diese Lebensmittel gemäß Abs. 1 leg.cit. nicht in Verkehr gebracht werden.

 

Gemäß Anhang III Abschnitt IV Kapitel II Ziffer 2. Verordnung (EG) Nr.853/2004 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 29.4.2004 mit spezifischen Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs, muss die kundige Person den Wildkörper und alle ausgenommenen Eingeweide auf Merkmale hin untersuchen,, die darauf schließen lassen, dass das Fleisch gesundheitlich bedenklich sein könnte.

 

Gemäß Ziffer 4. lit. a leg.cit. muss die kundige Person dem Wildkörper eine mit einer Nummer versehene Erklärung beigeben, in der bescheinigt wird, wenn bei der Untersuchung gemäß Nummer 2. keine auffälligen Merkmale festgestellt, vor dem Erlegen keine Verhaltensstörungen beobachtet und kein Verdacht auf Umweltkontamination besteht.

 

 

Sie haben trotz Wissen bzgl. Unfall-Rehwild ihre Angaben, bzw. keine Beanstandung durch Sie als kundige Person, bestätigt, obwohl vor dem Erlegen keine Beurteilung etwaiger Verhaltensstörungen durchgeführt werden konnte.

 

Nach dem Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens kann der im Spruch dargestellte Sachverhalt als erwiesen angesehen werden. Dies gilt insbesondere auf Grund der Tatsache, da die Verwaltungsübertretungen grundsätzlich nicht bestritten wird.

 

Die Behörde stellt fest, dass die gegenständlichen Rehwild-Unfallstücke in Zeitlicher Abfolge bei den Unfällen getötet wurden, danach von den Jägern G (19.9.) bzw. H (22.9.) im Protokollbuch mit „KB" für keine Beanstandung eingetragen, dann von Ihnen als „kundiges Organ" beschaut und mit der Kennzeichnung „W" für Wildbrethändler im Protokollbuch vermerkt und anschließend als Lebensmittel in Verkehr gebracht wurden. Ihnen war dabei bewusst, dass es sich bei diesen beiden Stücken um Unfallwild gehandelt hat.

 

Sie müssen sich im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren nach Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz somit vorwerfen lassen, dass Sie einen wesentlichen Beitrag zur In-Verkehr-Bringung von Lebensmitteln, die für den menschlichen Verzehr ungeeignet waren, geleistet haben.

 

Hinsichtlich der Strafbemessung wurde auf Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse Rücksicht genommen. Weiters ist unter Berücksichtigung der zitierten Strafbestimmung davon auszugehen, dass sich die aus dem Spruch ersichtliche verhängte Strafe im unteren Bereich des genannten Strafrahmens bewegt.

 

Als Milderungsgrund war zu berücksichtigen, dass Sie bislang strafrechtlich unbescholten sind

und Sie die Verwaltungsübertretungen grundsätzlich nicht bestreiten.

Ihre Argumentation, wonach Sie gehandelt haben, wie es Gang und Gebe war, kann nicht

strafmindernd anerkannt werden, da Sie sich in Ihrer Funktionen als kundiges Organ für die

Jagdgesellschaft G und als Jagdgesellschafter, somit Lebensmittelproduzent offenbar zu

wenig um gesetzliche Reglungen bzw. Neuregelungen bezüglich Wildbrethygiene gekümmert

haben.

Erschwerend war kein Umstand zu werten.

 

Eine Anwendung des § 45 VStG und damit verbunden ein Absehen von der Strafe konnte nicht in Betracht gezogen werden, da bei Ihnen nach dem festgestellten Sachverhalt nicht von einer Geringfügigkeit der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und Ihres Verschuldens, ausgegangen werden kann.

 

 

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.“

 

 

II. Gegen dieses Straferkenntnis wendet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, die dem Gericht von der belangten Behörde am 17. Juni 2015 mit dem Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt wurde.

 

Zur Begründung führt die Beschwerde aus:

 

 

„Beschwerde gegen den Bescheid SanRB96-14-2014-Zm

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

ich, H R, erhebe hiermit innerhalb offener Frist Beschwerde gegen den Bescheid SanRB96-14-2014-Zm der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 15. April 2015, Geschäftszeichen SanRB 96-14-2014, welcher mir am 17. April 2015 zugestellt wurde, und begründe diese Bescheidbeschwerde wie folgt:

 

Wie ich bereits in meiner Einvernahme vor der Behörde am 04.04.2014 angegeben habe war es in der Vergangenheit üblich, lebend nach einem Verkehrsunfall aufgefundene und durch Fangschuss oder durch Knicken erlöste Rehe an den Wildbrethändler zu vermarkten. Das wurde jedoch nur dann gemacht, wenn das Stück Unfallwild beim Auffinden ein „gesundes Verhalten" gezeigt hat und wenn das Wildbret und auch die inneren Organe in einem einwandfreien Zustand waren. Ich habe in meiner gesamten Laufbahn als Wildmeister niemals Wildfleisch in den Verkehr gebracht, welches erkennbare Anzeichen einer Krankheit hatte oder durch einen Verkehrsunfall erheblich zerstört und/oder verschmutzt worden war.

Seit dem Jagdjahr 2013/2014 ist ein neues Protokollbuch zu führen, welches bei mir, wo sich auch die Wildkammer befindet, aufliegt. Im Jahr 2013 wurde von Herrn Dr. S eine Schulung für das neue Protokollbuch abgehalten, an welcher unter anderem auch ich teilgenommen habe. Herr Dr. S hat bei dieser Schulung unter anderem gesagt, dass ein Stück Unfallwild, wenn es durch einen sauberen Fangschuss erlöst wird, oft besser ist, als ein durch einen schlechten Schuss in freier Wildbahn erlegtes Stück.

Weiters hat Herr Dr. S in dieser Schulung zum neuen Protokollbuch folgende Meinung vertreten:

„Ein lebend angetroffenes Unfallreh, welches durch weidgerechtes Knicken oder durch einen Schuss getötet wird, ist nicht von vornherein untauglich für das ln-Verkehr-Bringen, weil eine Lebenduntersuchung durchgeführt wurde und die Verhaltensstörungen, wie z.B. Lahmheit durch Fraktur oder Schockzustand (flache Atmung, vorstehende weite Augen) eindeutig von Verhaltensstörungen unterschieden werden können, die den Verdacht einer Krankheit nahelegen. Es ist auch in der „normalen" Schlachttier- und Fleischuntersuchung die „Krankschlachtung" eines verletzten Tieres möglich. Keinesfalls dürfen Unfallrehe jedoch von vornherein unter „KB" (Keine Bedenken) ins Protokollbuch eingetragen werden, da dies von Fall zu Fall unterschiedlich zu beurteilen ist Gegebenenfalls ist die Angelegenheit zur Beurteilung dem amtlichen Tierarzt weiterzuleiten."

Nach dem Kurs war für mich jedenfalls klar, dass Unfallrehe, welche lebend angetroffen werden und ein „normales Verhalten" zeigen weiterhin verwertet werden dürfen, sofern bei der Beschau keine Krankheit entdeckt wird und sofern das Wildbret durch den Unfall nicht übermäßig durch Hämatome in Mitleidenschaft gezogen worden ist.

Dass diese Stücke im Protokollbuch mit „U" zu kennzeichnen sind, ist mir offenbar entgangen, bzw. habe ich diesem Umstand nicht die notwendige Bedeutung beigemessen.

Ich habe somit nicht wissentlich untaugliche Lebensmittel in Verkehr gebracht, sondern lediglich die beiden Jäger G und H aufgrund eines Irrtums nicht angewiesen, die beiden Stücke unter „U" (anstatt „KB") im Protokollbuch zu vermerken.

Da durch mein Verhalten niemand zu Schaden gekommen ist, beantrage ich daher, die Behörde möge den Spruch des angefochtenen Bescheides dahingehend abändern, dass das Verfahren gegen mich wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 90 Abs. 1 Ziffer 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 1

 

Ziffer 1 und § 11 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz und in Verbindung mit Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und § 5 Lebensmittelhygiene- Direktvermarktungsverordnung in der gültigen Fassung, mangels Verschuldens meinerseits eingestellt oder jedenfalls gemäß § 45 Verwaltungsstrafgesetz von der Verhängung einer Strafe gegen mich abgesehen wird, da bei mir von einer Geringfügigkeit der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und meines Verschuldens ausgegangen werden kann.

 

 

Mit freundlichen Grüßen,

 

Mit freundlichen Grüßen,

(eh Unterschrift)

H R“

 

 

III. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die vorgelegte Beschwerde und den gegenständlichen Verfahrensakt der belangten Behörde. Daraus ergibt sich für das Gericht der folgende unstrittige S a c h v e r h a l t :

 

Mit dem Abschluss–Bericht der Landespolizeidirektion Oberösterreich, PI G, vom 27.01.2014, GZ. B6/8347/2013-Hör, an die Staatsanwaltschaft Steyr über Ermittlungen gegen sieben Mitglieder der Jagdgesellschaft G wegen des Verdachts der Beweismittelfälschung und des Betrugs wurde im Wesentlichen angezeigt, dass in der Jagdgesellschaft G falsche Eintragungen im Protokollbuch gemacht wurden, weil Unfallrehe als normaler Abschuss eingetragen und an Wildhändler verkauft wurden. Die Staatsanwaltschaft hat das Ermittlungsverfahren gegen alle von der Polizei angezeigten Personen gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt, weil kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung bestehe (vgl Benachrichtigung vom 3.03.2014 zu  Zl. 13 BAZ 69/14k).

 

Die Anzeige über die Falscheintragungen wurde von W S, einem ehemaligen „Ausgeher“ (Inhaber eines Jagderlaubnisscheines) im Gebiet der Jagdgesellschaft (Revier des Gesellschafters K G), dem der „Ausgangsschein“ (Jagderlaubnisschein nach § 35 Abs 2 Oö. Jagdgesetz) vom Jagdleiter im August 2013 entzogen wurde, in Begleitung von Herrn G P, einem in einer Sitzung der Jagdgesellschaft G Anfang Dezember 2013 ausgeschlossenen Gesellschafter, der im Oktober 2014 verstorben ist, erstattet.

 

Nach dem Inhalt der Beschwerde in Verbindung mit der Aktenlage ist der dem Schuldspruch zugrundeliegende Sachverhalt unbestritten. Der Bf hat aber ergänzend auf seine Teilnahme an einer Schulung für das seit dem Jagdjahr 2013/2014 zu führende Protokollbuch und die dabei geäußerte Fachmeinung des vortragenden Amtstierarztes (ATA) Dr. S hingewiesen. Danach dürfen im Ergebnis lebend angetroffenen Unfallrehe verwertet werden, wenn sie - abgesehen von den Unfallfolgen - keine abnormales Verhalten gezeigt haben und auch die Wildbeschau keinen Verdacht einer Krankheit nahelegt.

 

Den Angaben des Bf über seine Erinnerungen an diese Schulung treffen im Wesentlichen zu. Die belangte Behörde hat den ATA Dr. H S dazu am 18. Juni 2014 als Zeugen einvernommen. Er bestätigte, dass er für die Abteilung Ernährungssicherheit und Veterinärwesen (ESV) im Frühling 2013 einen Vortrag bzgl. des neu eingeführten Protokollbuches gehalten hatte. Über Vorhalt der Angaben der Beschuldigten bzw Teilnehmer an der Schulung betreffend die vom Zeuge ATA Dr. S geäußerte Meinung zu Unfallrehen erklärte dieser:

 

„Dabei habe ich den Teilnehmern nach Anfrage unter anderem gesagt, dass ein lebend angetroffenes Unfallreh, welches durch waidgerechtes Knicken oder durch einen Schuss getötet wird, nicht von vorn herein untauglich für das In-Verkehr-Bringen ist, weil eine Lebenduntersuchung durchgeführt wurde und die Verhaltensstörungen, wie zB. Lahmheit durch Fraktur oder Schockzustand (flache Atmung, vorstehende weite Augen etc) eindeutig von Verhaltensstörungen unterschieden werden können, die den Verdacht einer Krankheit nahelegen. Es ist auch in der normalen Schlachttier- und Fleischuntersuchung die „Krankschlachtung" eines verletzten Tieres möglich.

 

Keinesfalls habe ich in der Informationsveranstaltung jedoch gesagt, dass dies Tiere von vorn herein unter „KB" (Keine Bedenken) eingetragen werden können, da dies von Fall zu Fall unterschiedlich zu beurteilen ist. Gegebenenfalls ist die Angelegenheit zur Beurteilung dem amtlichen Tierarzt weiter zu leiten. "

 

Bei den Verkehrsunfällen im gegenständlichen Beschwerdeverfahren am 19. (vgl Aussage K G) und 22. September 2013 (vgl Aussage K H) wurden die Unfallrehe (Rehkitze) noch lebend vorgefunden, von den Jägern weidgerecht getötet und für unbedenklich eingestuft. Die Wildkörper wurden in weiterer Folge zum Bf gebracht, der als Wildmeister die Wildbeschau ohne Beanstandungen durchführte und ins Protokollbuch eintrug. Der Bf wusste von den Unfällen und der weidgerechten Tötung durch Jäger (Kehlschnitt). Im Protokollbuch wurden die Unfallrehe wie normale Abschussrehe vom jeweiligen Jäger mit „KB“ (keine Bedenken) eingetragen. Die Verwertung erfolgte nach der Wildbeschau für die Jagdgesellschaft durch Verkauf der Wildkörper an einen Wildbrethändler.

 

Aus der im Akt einliegenden „Legende – Abkürzungen“ zum Protokollbuch ergibt sich für „KB“ die Angabe „keine Beanstandungen (keine Verhaltensstörungen, keine auffälligen oder abweichenden Merkmale, kein Verdacht auf Umweltkontamination)“ und für „U“ die Angabe „Unfallwild/keine Lebenduntersuchung“.

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat rechtlich erwogen:

 

IV.1. Gemäß § 90 Abs 1 Z 1 LMSVG (BGBl I Nr. 13/2006, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 67/2014) begeht eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, und ist nach dem letzten Halbsatz mit Geldstrafe bis zu 50.000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 100.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen,

 

wer Lebensmittel, die für den menschlichen Verzehr ungeeignet oder mit irreführenden oder krankheitsbezogenen Angaben versehen sind, oder in irreführender oder krankheitsbezogener Aufmachung, in Verkehr bringt.

 

Bei vorsätzlichen Verstößen gegen Z 1 und 2, die in Kenntnis der Rechtwidrigkeit des Handelns begangen werden, ist, sofern die Folgen der Übertretung nicht unbedeutend sind, eine Geldstrafe in der Höhe von zumindest 700 Euro, bei Wiederholung von 4000 Euro, festzusetzen. Die Ersatzfreiheitsstrafe ist bis zu sechs Wochen festzusetzen.

 

Zum Begriff Inverkehrbringen verweist die Begriffsbestimmung des § 3 Z 9 LMSVG grundsätzlich auf den Art 3 Z 8 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 verweist. Nach dem Art 3 Z 8 der EG-BasisVO, das ist die Verordnung (EG) 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 (ABl 2020 L 31 idF ABl 2003 L 245 und ABl 2006 L 100), bezeichnet der Ausdruck "Inverkehrbringen" das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jede andere Form der Weitergabe, gleichgültig ob unentgeltlich oder nicht, sowie den Verkauf, den Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst.

 

Das Inverkehrbringen von Wildkörper durch Jäger mittels Verkauf an einen Wilbrethändler erfüllt grundsätzlich den Begriff nach dem Art 3 Z 8 der EG-BasisVO erfüllt.

 

Gemäß Art 1 Abs 3 lit e) sind vom Geltungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 betreffend spezifische Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs ausgenommen:

 

„Jäger, die kleine Mengen von Wild oder Wildfleisch direkt an den Endverbraucher oder an örtliche Einzelhandelsunternehmen zur direkten Abgabe an den Endverbraucher abgeben.“

 

Für diese direkte Abgabe durch Jäger sind die Vorschriften der auf Grund des § 11 LMSVG erlassenen Lebensmittelhygiene-Direktvermarktungsverordnung (BGBl II Nr. 108/2006 idF BGBl II Nr. 3/2007 und II Nr. 210/2010) zu beachten.

 

Gemäß § 53 Abs 5 LMSVG ist Wild aus freier Wildbahn oder Wildfleisch - unbeschadet des Absatz 3 (= Ausnahme für Eigenbedarf) – von der (amtlichen) Untersuchungspflicht ausgenommen, wenn es für die direkte Abgabe gemäß Art 1 Abs 3 lit e) der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 verwendet wird. Diese Tierkörper sind von Jägern gemäß § 27 Abs 3 LMSVG (kundige Personen = gemäß Anhang III Abschnitt IV der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 ausgebildete Jäger) zu untersuchen.

 

Nach § 5 Abs 1 Z 1 LMSVG ist es verboten, Lebensmittel, die nicht sicher gemäß Art 14 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 sind, dh. gesundheitsschädlich oder für den menschlichen Verzehr ungeeignet sind, in Verkehr zu bringen (vgl Art 14 Abs 2 leg.cit.).

 

Nach der Begriffsbestimmung des § 5 Abs 5 Z 2 LMSVG sind Lebensmittel für den menschlichen Verzehr ungeeignet, wenn die bestimmungsgemäße Verwendbarkeit nicht gewährleistet ist. Diese Begriffsbestimmung ist an den Begriff der Verdorbenheit im § 8 lit b LMG 1975 angelehnt. Das Merkmal kann nur so verstanden werden, dass die bestimmungsgemäße Verwendbarkeit ausgeschlossen sein muss, weil die Fälle der wesentlichen Verminderung der bestimmungsgemäßen Verwendbarkeit dem Begriff „wertgemindert“ (§ 5 Abs 5 Z 4 LMSVG) zuzuordnen sind (vgl Blass ua, LMR3, § 5 LMSVG Rz 20).

 

Art 14 Abs 5 der Verordnung (EG) 178/2002 [sog. EG-BasisVO] gibt folgenden Hinweis zur Auslegung:

 

„Bei der Entscheidung der Frage, ob ein Lebensmittel für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet ist, ist zu berücksichtigen, ob das Lebensmittel infolge einer durch Fremdstoffe oder auf andere Weise bewirkten Kontamination, durch Fäulnis, Verderb oder Zersetzung ausgehend von dem beabsichtigten Verwendungszweck nicht für den Verzehr durch den Menschen inakzeptabel geworden ist.“

 

Nach der zu Art 14 Abs 5 EG-BasisVO bei Natterer, Lebensmittelrecht [2008] Rz 47 unter Berufung auf führende deutsche Kommentarliteratur vertretenen Ansicht sind Lebensmittel zum Verzehr ungeeignet, die bei ihrer Gewinnung, Herstellung oder späteren Behandlung durch natürliche oder willkürliche Einflüsse derart nachteiligen Veränderungen ihrer äußeren oder inneren Beschaffenheit, ihres Aussehens, ihrs Geruchs oder Geschmacks ausgesetzt sind, dass ihr Verzehr nach allgemeiner Auffassung ausgeschlossen ist. Dieser plausiblen Auffassung schließt sich der erkennende Richter an.

 

IV. 2. Dem Spruch kann zusammengefasst der Vorwurf entnommen werden, der Bf habe als Wildmeister und kundiges Organ wegen der ohne Beanstandung durchgeführten Wildbeschau an den ihm bekannten Unfallrehen als Beitragstäter zu verantworten, dass die Jagdgesellschaft G unsichere Lebensmittel in Verkehr gebracht habe und so dieser Gesellschaft die Begehung einer Verwaltungsübertretung (nämlich § 90 Abs 1 Z 1 iVm § 5 Abs 1 Z 1 LMSVG) erleichtert.

 

Dieser Vorwurf kann aus den folgenden rechtlichen Gründen nicht aufrecht-erhalten werden:

 

IV.2.1. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (vgl etwa VwGH 29.09.1993, Zl. 92/03/0001; VwGH 24.10.1990, Zl. 90/03/0182; VwGH 30.10.1984, Zl. 83/07/0379 = VwSlg 11567 A/1984) sind landesgesetzlich eingerichtete Jagdgesellschaften als Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GesbR) nach den §§ 1175 ff ABGB anzusehen, denen die Rechtspersönlichkeit (und damit Parteifähigkeit) grundsätzlich fehlt, sofern sich nicht aus besonderen Rechtsvorschriften anderes ergibt und der Jagdgesellschaft gewisse Rechte und Pflichten zugewiesen werden, in deren Rahmen sie als eine teilrechtsfähige Person in einem kleinen Bereich anzusehen ist (vgl auch W. Pesendorfer/H. Rechberger, Das Oberösterreichische Jagdrecht2 [1994], Anm 1 zu § 21 Oö. JagdG). Dies ist nach dem Oö. Jagdgesetz bspw hinsichtlich der Pachtfähigkeit und in Wildschadensangelegenheiten der Fall. Das gegenständlich relevante LMSVG enthält keine Regelungen, mit denen einer Jagdgesellschaft Rechte und Pflichten eingeräumt und damit eine Teilrechtsfähigkeit geschaffen wird.

 

Die Regelung des § 9 VStG über die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit gilt nur für juristische Personen und eingetragenen Personengesellschaften, nicht für ein Gesellschaft bürgerlichen Rechts ohne Rechtspersönlichkeit (Rechtsfähigkeit), bei der die einzelnen Gesellschafter berechtigt und verpflichtet und auch verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich sind (vgl mwN Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguny, VStG-Kommentar, Rz 10 zu § 9 (Stand 1.7.2013, rdb.at).

 

Mangels Rechtspersönlichkeit der Jagdgesellschaft kann diese als solche auch keine Handlungen oder Unterlassungen vorgenommen haben. Die Anlastung der belangten Behörde, die Jagdgesellschaft G habe unsichere Lebensmittel in Verkehr gebracht und damit sinngemäß wie eine juristische Person gehandelt, ist zivilrechtlich verfehlt und findet auch keine gesetzliche Grundlage im § 9 VStG. Der Bf kann demnach auch keinen Beitrag zu einer Übertretung des LMSVG durch die Jagdgesellschaft als solcher, sondern nur zu einer Übertretung durch einzelne Gesellschafter geleistet haben.

 

Der Spruch betreffend eine Beteiligung des Bf an einer – auch nur ganz allgemein angeführten - Übertretung der Jagdgesellschaft ist rechtlich nicht möglich. Die belangte Behörde hätte - ausgehend von der strafrechtlichen Verantwortlichkeit eines jeden Jagdgesellschafters für sein eigenes verbotenes Tun - konkret feststellen und ausführen müssen, durch welche Handlungen einzelner Mitglieder der Jagdgesellschaft das Inverkehrbringen unmittelbar erfolgt ist und dass der Bf dazu vorsätzlich einen Beitrag iSd § 7 VStG geleistet hat. Anstiftung und Beihilfe sind nämlich nur strafbar, wenn der unmittelbare Täter das Tatbild hergestellt hat. Im Spruch ist nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs nicht nur der Vorwurf der vorsätzlichen Beteiligung (Anstiftung oder Beihilfe), sondern auch die Tat des unmittelbaren Täters in einer den Anforderungen des § 44a Z 1 VStG entsprechenden Weise zu konkretisieren (vgl zum Ganzen mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004], 1272,  Anm 5 und 6 und E 1 ff zu § 7 VStG).

 

IV.2.2. Außerdem kann der erkennende Richter des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich auch die Rechtsansicht der belangten Behörde zum Begriff des nicht sicheren Lebensmittels, das für den menschlichen Verzehr ungeeignet ist (Art 14 Abs 2 lit b) EG-BasisVO bzw § 5 Abs 1 Z 1 LMSVG), nicht teilen.

 

Wie aus der oben dargestellten Begriffsbildung (vgl IV.1.) ersichtlich, geht es nicht um eine – wegen Nichtbeachtung von vorgeschriebenen Verfahren bzw Vorgangsweisen - nur theoretisch mögliche, sondern um tatsächlich vorhandene nachteilige Veränderungen des Lebensmittels in seiner Beschaffenheit, im Aussehen, Geruch oder Geschmack, dass der Verzehr nach allgemeiner Auffassung ausgeschlossen ist.

 

Die Feststellung einer solchen tatsächlichen nachteiligen Veränderung ist aus der Aktenlage nicht möglich und wurde auch von der belangte Behörde nicht getroffen. Im Gegenteil wird man von der Unbedenklichkeit des gegenständlichen Wildfleisches ausgehen können, wurden doch keinerlei Anzeichen für Krankheiten bei der Wildbeschau gefunden und war der Zustand der Unfallrehe nach den Angaben der die Tierkörper dem Bf überbringenden Jäger unbedenklich. Die unterlassene Protokollierung mit „U“ für Unfall, mag sie auch irreführend und im Ergebnis falsch sein, vermag daran nichts ändern.

 

Der von der belangten Behörde aus dem Umstand, dass Unfallwild vom Jäger nicht wie normales Abschusswild vor dem Erlegen bzw der Tötung auf Verhaltensstörungen beobachtet habe werden können, gezogene Schluss auf ein unsicheres Lebensmittel iSd § 5 Abs 1 Z 1 LMSVG ist nicht zulässig. Selbst die Unterlassung der vorgeschriebenen Wildbeschau, mag sie auch nach der Lebensmittelhygiene-Direktvermarktungsverordnung eine Vermarktung schlechthin rechtswidrig machen, bedeutet nicht notwendig, dass das Lebensmittel kontaminiert und für den menschlichen Verzehr ungeeignet gewesen wäre (vgl das Erk LVwG-000102/2/Wei vom 29.08.2016).

 

Denn die von der Behörde angesprochene Unsicherheit beruht nicht auf festgestellten Fakten über die Beschaffenheit, das Aussehen, den Geruch oder Geschmack des Lebensmittels, sondern bloß auf der theoretischen Überlegung das die Beobachtung einer Verhaltensstörung durch den Jäger bei einem lebend angetroffenen Unfallreh nicht oder nicht adäquat möglich gewesen sei. Darüber kann man auch anderer Meinung sein, wie die Aussage des ATA Dr. S beweist. Wie immer man darüber denkt, der Schluss auf ein kontaminiertes Wildfleisch bzw ein nachteilig verändertes Lebensmittel ist eine unbewiesene Unterstellung.

 

Die Bestimmungen der Lebensmittelhygiene-Direktvermarktungsverordnung BGBl Nr. 108/2006 idF BGBl II Nr. 3/2007 und Nr. 210/2012 (vgl § 5 Z 3: „... und vor dem Erlegen keine Verhaltensstörungen beobachtet ...“ ) für die direkte Abgabe an den Endverbraucher wollen schon potentielle bzw abstrakte Gefahren bekämpfen und schreiben daher zur Vermeidung einer Abgabe von potentiell für den menschlichen Verzehr ungeeignetem Wildfleisch durch den Jäger ein bestimmtes Verfahren (Vorgangsweise) vor. Ein Zuwiderhandeln gegen diese Vorschriften der Direktvermarktungsverordung ist gemäß § 90 Abs 3 Z 2 LMSVG für sich allein strafbar, unabhängig davon, ob das Wildfleisch tatsächlich in Ordnung und unbedenklich war. Hingegen wird beim Verbot des Inverkehrbringens eines unsicheren Lebensmittels nach § 5 Abs 1 Z 1 LMSVG der tatsächlich eingetretene Umstand einer nachteiligen Veränderung des Lebensmittels für die Strafbarkeit gemäß § 90 Abs 1 Z 1 LMSVG vorausgesetzt. Schon dieses wesentliche Tatbestandsmerkmal kann im vorliegenden Fall nach der Aktenlage wegen der insofern fehlenden Tatsachengrundlage nicht als erfüllt betrachtet werden.

 

IV.2.3. Selbst wenn das Tatbild der angelasteten Übertretung vorläge, hätte sich der Bf zu seiner Entschuldigung mit Erfolg auf die kompetente Auskunft des von der zuständigen Abteilung ESV des Amtes der Oö. Landesregierung bestellten Vortragenden ATA Dr. S berufen. Bekanntlich hatte dieser anlässlich der Schulung zum Protokollbuch die fachlich fundierte Ansicht vertreten, dass man bei lebend angetroffenem Unfallwild, das weidgerecht getötet wird (durch Knicken oder Fangschuss), unfallbedingte (zB. Lahmheit infolge Fraktur oder Schockzustand) und sonstige Verhaltensstörungen, die den Verdacht einer Krankheit nahelegen, häufig noch unterscheiden könne, und deshalb ein Inverkehrbringen nicht von vornherein ausgeschlossen sei. Die Verwertung von lebend aufgefundenem Unfallwild war schon in der Vergangenheit unter der Voraussetzung des weidgerechten Tötens und des einwandfreien Zustandes des Wildbrets und der inneren Organe möglich (vgl Beschwerdedarstellung und auch das E-Mailschreiben des BJM H S vom 28.03.2014 auf Anfrage der belangten Behörde).

 

Der Bf konnte daher entsprechend seiner Verantwortung mit gutem Grund davon ausgehen, dass Unfallrehe, die ein „normales“ Verhalten zeigten und deren Körper durch den Unfall nicht erheblich zerstört oder verschmutzt wurde, verwertet werden dürfen, wenn auch bei der Wildbeschau keine Anzeichen von Krankheiten festgestellt werden können. Die bekannt gewordenen Umstände (Aussagen der Jäger G und H) in den angelasteten Fällen boten keinen Anlass für Zweifel an der Unbedenklichkeit des Wildfleisches, weshalb der Bf nicht schon im Bewusstsein des Vorliegens von Unfallwild (so aber anscheinend die Ansicht der belangten Behörde) von einer Wildbeschau und der Ausstellung eines Wildbretanhängers absehen hätte müssen. Zumindest war dies für den Bf subjektiv nicht erkennbar, hatte doch auch der ATA Dr. S unter den oben genannten Voraussetzungen, die jedenfalls vorzuliegen schienen, eine Verwertung des Fleisches von Unfallrehen durch Inverkehrbringen für zulässig erachtet.

 

Der beim Beitragstäter gemäß § 7 VStG erforderliche Vorsatz, einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung zu erleichtern, kann beim Bf nicht angenommen werden. Es fehlte ihm schon das Bewusstsein, dass er durch die an sich rechtmäßige Wildbeschau die Verwaltungsübertretung eines anderen durch Inverkehrbringen unsicherer Lebensmittel fördern bzw erleichtern könnte. Von einem Vorsatz des Bf betreffend das Vorliegen von für den menschlichen Verzehr ungeeignetem Wild kann nämlich keine Rede sein. Insofern mangelte es auch nach der Schulung durch den ATA Dr. S schon an der Wissenskomponente des Vorsatzes (vgl die schlüssige und unwiderlegte Verantwortung des Bf). Dass im Protokollbuch unter der Rubrik „Beanstandungen Jäger“ nur „KB“ und nicht auch „U“ eingetragen wurde, ist zwar nicht völlig korrekt, aber auch nicht ganz falsch, weil die Jäger tatsächlich keine Bedenken hinsichtlich der weidmännisch getöteten und aufgebrochenen Unfallrehe anzumelden hatten. Der fehlende Vermerk „U“ war für den Bf als Wildmeister und kundige Person der Jagdgesellschaft G nicht weiter von Bedeutung, weil er dieser Kennzeichnung offenbar nicht die notwendige Bedeutung beimaß (vgl Beschwerde, Seite 2).

 

Angemerkt sei an dieser Stelle, dass die Legende im Protokollbuch zur Abkürzung „U“ Unfallwild/keine Lebenduntersuchung insofern irreführend erscheint, als man meinen könnte, dass „U“ nur für tot aufgefundenes Unfallwild ohne mögliche Lebenduntersuchung steht und bei noch lebend untersuchtem Unfallwild mit weidmännischem Töten nicht deklariert werden müsse. Bestärkt wird dies noch durch den nachfolgenden Hinweis: U und F (Fallwild) dürfen nicht in die Wildkammer gelangen, also nicht vermarktet werden.

 

 

V. Im Ergebnis hat die belangte Behörde aus den dargelegten Gründen einen rechtlich unzutreffenden Vorwurf erhoben und auch keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Der Begriff des unsicheren Lebensmittels im § 5 Abs 1 Z 1 LMSVG wurde ohne Rücksicht auf fehlende Fakten in Bezug auf tatsächliche nachteilige Eigenschaften des Unfallwildes im Sinne einer abstrakten Gefährdungshaftung extensiv verstanden, was der zitierten Begriffsbestimmung sowie dem Hinweis zur Auslegung im Art 14 Abs 5 der Verordnung (EG) 178/2002 eindeutig widerspricht, weil diese Bestimmungen tatsächlich festgestellte nachteilige Veränderungen des Lebensmittels voraussetzen. Auch die Anlastung der Beitragstäterschaft entsprach nicht den nach ständiger Judikatur gegebenen Spruchanforderungen iSd § 44a Z 1 VStG und war weder aus rechtlicher noch aus tatsächlicher Sicht auf Grund der Faktenlage möglich. Eine taugliche Verfolgungshandlung ist nicht aktenkundig, weshalb nach Ablauf der Jahresfrist des § 31 Abs 2 VStG auch längst Verfolgungsverjährung eingetreten ist.

 

Der Beschwerde war daher stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG iVm § 38 VwGVG mangels einer strafbaren Verwaltungsübertretung des Bf einzustellen.

 

Bei diesem Ergebnis entfällt sowohl die Verpflichtung zur Leistung eines Beitrags zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens (§ 66 Abs 1 VStG) als auch zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 52 Abs 9 VwGVG).

 

 

 

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs. Diese Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof  beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. W e i ß