LVwG-000105/2/Wei

Linz, 31.08.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des K S, geb. x 1952, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 15. April 2015, Zlen. SanRB96-19-2014-Zm, wegen des Ausspruches über die Strafe betreffend eine Verwaltungsübertretung nach dem § 90 Abs 1 Z 1 iVm § 5 Abs 1 Z 1 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz – LMSVG

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, der Strafausspruch aufgehoben und von der Verhängung einer Strafe gemäß § 45 Abs 1 Z 4 VStG iVm § 38 VwGVG abgesehen. Dem Bf wird aber unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eine Ermahnung erteilt.

 

II.      Der Beschwerdeführer hat weder einen Kostenbeitrag zum Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde (§ 66 Abs 1 VStG) noch einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Oö. Landesverwaltungsgericht (§ 52 Abs 9 VwGVG) zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Mit dem bezeichneten Straferkenntnis der belangten Behörde wurde über den Beschwerdeführer (Bf) wie folgt abgesprochen:

 

Straferkenntnis

 

Am 22.9.2013 wurde im genossenschaftlichen Jagdgebiet G ein Rehkitz weibl. 9kg Gewicht nach einem Verkehrsunfall bereits verendet aufgefunden, anschließend von Ihrem Schwiegersohn von der Unfallstelle entfernt, bei Ihnen zu Hause von Ihrem Sohn (J S) aufgebrochen und in die ehemaligen Milchkammer gehängt

Sie haben als Gesellschafter der Genossenschaftsjagd G dieses Rehwild später begutachtet und als Jäger(Erleger/Auffinder) mit dem Eintrag „kB" für "keine Beanstandungen" im Kontrollbuch vermerkt.

 

Somit haben Sie als Beitragstäter zu verantworten, dass die Jagdgesellschaft G, Wildbret als Lebensmittel in Verkehr gebracht hat, welches nicht auf Verhaltensstörungen bzw. auffällige oder abweichende Merkmale des Wildes vor dem Erlegen beobachtet werden konnte. Somit war es als nicht sicher und als für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet anzusehen. Sie haben damit der Jagdgesellschaft G die Begehung einer Verwaltungsübertretung

erleichtert.

 

Dies, obwohl eine Verwaltungsübertretung begeht, wer Lebensmittel, die für den menschlichen Verzehr ungeeignet sind, in Verkehr bringt.

 

 

Dies stellt eine Verwaltungsübertretung nach § 90 Abs. 1 Ziffer 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Ziffer 1 und § 11 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz und in Verbindung mit Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und Ziffer 2. und 4. Anhang III Abschnitt IV Kapitel II Verordnung (EG) Nr.853/2004 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 29.4.2004 mit spezifischen Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs, je in der gültigen Fassung, dar.

 

...“

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung verhängte die belangte Behörde über den Beschwerdeführer „gemäß § 90 Abs. 1 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz BGBl. I Nr. 13/2006 in der gültigen Fassung“ eine Geldstrafe in Höhe von 900 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 54 Stunden). Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde ein Betrag von 90 Euro (10% der Geldstrafe) vorgeschrieben.

 

I.2. Zur Begründung des Straferkenntnisses führt die belangte Behörde aus:

 

 

 

Begründung:

 

Mit Anzeige des Bezirkspolizeikommando Kirchdorf/Krems, Polizeiinspektion G, vom 27.1.2014 wird der Behörde mitgeteilt, dass durch die Jagdgesellschaft G (Jxx), Rehe, die von Kfz angefahren wurden, als normale Abschussrehe eingetragen und an den Wildhändler verkauft wurden.

 

Im Zuge der polizeilichen Einvernahme am 31.12.2013 geben Sie zum gegenständlichen Sachverhalt unter Anderem an, dass Sie 1970 die Jagdprüfung absolviert haben, seither die Jagd ausüben, 1982 in G Jagdgesellschafter wurden und dass Sie inzwischen Jagdhüter und Kassier sind. Weiters geben Sie Folgendes an:

„Zu meinem Eintrag in das Protokollbuch am 22.9.2013 gebe ich an, dass das verunfallte Geiskitz von meinem Schwiegersohn von der Unfallstelle entfernt wurde weil ich nicht zuhause war. Verständigt wurden wir bzw. meine Frau von unserem Nachbarn R H gegen 7:00 Uhr. das Wild war bereits verendet und bei mir zuhause von meinem Sohn (J S) aufgebrochen und in die ehemalige Milchkammer gehängt. Gegen 9:00 Uhr kam ich selbst heim und begutachtete das Stück Wild. Das Geiskitz hatte einen Leberriss und war sonst in Ordnung bzw frisch. Der Schweiß im Bauchraum war beim aufbrechen noch flüssig. Deshalb brachte ich das Reh auch sofort in die Kühlkammer beim Wildmeister R H. Dort füllte ich das Protokollbuch aus und trug aufgrund des ordnungsgemäßen Zustandes des Rehes in der Rubrik (Beanstandung Jäger) auch KB = keine Bedenken ein. Ich bin mir keiner Schuld bewusst, da das Reh in einem ordnungsgemäßen Zustand war Eine spezielle Schulung über das Führen des Buches habe ich nie erhalten. Dieses Buch gibt es erst seit dem Jagdjahr 2013/14. Ansonsten kann ich dazu keine Angaben machen"

Nach der Aufforderung zur Rechtfertigung SanRB96-19-2014-Zm vom 9.4.2014 bringen Sie bei Ihrer Einvernahme am 8.5.2014 an der Behörde folgende Rechtfertigung ein:

„Ich gebe hier meine Rechtfertigung bzw. Stellungnahme in Papierform (Schreiben vom 28.4.2014) ab.

Weiters füge ich an, dass ich immer schon Unfallstücke und Fallwildstücke, wenn sie nach meiner Begutachtung noch dafür geeignet waren, mit „keine Bedenken" im Protokollbuch eingetragen habe. Ich vertrete allerdings die Ansicht: Was ich selber nicht essen will, gebe ich auch nicht weiter.

Ich bestätige, dass das ggst. Rehwildstück beim Auffinden nach dem Unfall bereits verendet war.

Ich bin seit 1982 in der Jagdgesellschaft G als Gesellschafter und seit 1960 grundsätzlich in der Jagd tätig.

Ich ersuche die Behörde um Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens bzw. um eine möglichst geringe Strafe."

 

 Schriftliche Stellungnahme:

 

Seit mehr als 50 Jahren befasse ich mich mit der Jagd und bin seit 42 Jahren Jäger. Die Jagdhüterprüfung absolvierte ich 1982 und bin seither auch Jagdschutzorgan in der Genossenschaftsjagd G-Ich bin jetzt 62 Jahre alt und habe mich immer bemüht, weder mit meinen Mitmenschen, noch mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten, was mir bis dato auch gelungen ist. Demzufolge ist es auch mir ein Anliegen, die vorliegende Anschuldigung als "Beitragstäter" aufzuklären.

 

Ich weiß, dass Unwissenheit nicht vor Strafe schützt und hoffe, dass Sie mich über mein oder meine Vergehen aufklären werden. Dennoch möchte ich mir nicht unterstellen lassen, dass ich in meinen 42 Jagdjahren nicht gelernt bzw. verlernt habe, was "in Ordnung" oder "nicht in Ordnung" ist. Damit will ich sagen, dass ich als gewissenhafter Bürger und Jäger in diesen vier Jahrzehnten keine Gesetzestexte Punkto Wildbrethygiene wie wir sie jetzt haben benötigte, um nur hochwertiges gesundes Wild, bestimmt für den Verzehr durch Menschen, in Verkehr zu bringen gebraucht habe.

 

Einer persönlichen Verteidigung mit dienlichen Beweismitteln, kann ich leider nicht gerecht werden. Mein Beweismittel ist mein persönliches Gewissen, wenn ich auch sehr gut weiß, dass dies nicht der Parameter ist, an denen sich eine Rechtsentscheidung orientiert

Dennoch muss ich mich rechtfertigen und lasse hiermit mein Gefühl und meinen Hausverstand sprechen, die mir sagen, dass das mir vorgeworfene Vergehen nur deshalb ein Vergehen ist, weil wir in einer bürokratisierten Wegwerfgesellschaft leben, in der die nötige Wertschätzung von Lebensmittel offensichtlich nicht mehr möglich ist.

 

Bezüglich des "Tatherganges" wurde ich am 31.12.2013 nachmittags bei der Polizeidienststelle G einvernommen. Das Protokoll dieser Einvernahme liegt laut telefonischer Mitteilung von Herrn Z in ihrer Dienststelle auf. Dieses Telefonat mit Herrn Z erfolgte vormittags, sofort nach Erhalt Ihrer Anschuldigung am 10.04.2014. Dem Protokoll dieser Einvernahme habe ich vorerst schriftlich nichts mehr hinzuzufügen.

 

 

Auf Grundlage des erhobenen Sachverhaltes hat die Behörde Folgendes erwogen:

 

Gemäß § 90 Abs. 1 Ziffer 1 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 50.000,00 Euro zu bestrafen, wer Lebensmittel, die für den menschlichen Verzehr ungeeignet sind, in Verkehr bringt.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 Ziffer 1 leg.cit. ist es verboten, Lebensmittel, die nicht sicher gemäß Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 sind, in Verkehr zu bringen.

 

Gemäß Artikel 14 Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 28 Jänner 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit, gelten Lebensmitte! gemäß Abs. 2 leg.cit. als nicht sicher, wenn davon auszugehen ist, dass sie für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet sind und dürfen diese Lebensmittel gemäß Abs. 1 leg.cit. nicht in Verkehr gebracht werden.

 

Gemäß Anhang III Abschnitt iV Kapitel II Ziffer 2. Verordnung (EG) Nr.853/2004 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 29.4.2004 mit spezifischen Hygienevorschhften für Lebensmittel tierischen Ursprungs, muss die kundige Person den Wildkörper und alle ausgenommenen Eingeweide auf Merkmale hin untersuchen, die darauf schließen lassen, dass das Fleisch gesundheitlich bedenklich sein könnte.

 

Gemäß Ziffer 4. lit. a leg.cit. muss die kundige Person dem Wildkörper eine mit einer Nummer versehene Erklärung beigeben, in der bescheinigt wird, wenn bei der Untersuchung gemäß Nummer 2. keine auffälligen Merkmale festgestellt, vor dem Erlegen keine Verhaltensstörungen beobachtet und kein Verdacht auf Umweltkontamination besteht.

 

 

Nach dem Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens kann der im Spruch dargestellte Sachverhalt als erwiesen angesehen werden. Dies insbesondere, da Sie die Verwaltungsübertretungen grundsätzlich nicht bestreiten.

Die Behörde stellt fest, dass das gegenständliche Rehwild-Unfallstück in Zeitlicher Abfolge beim Unfall am 22.9.2013 getötet wurde, von Ihrem Schwiegersohn von der Unfallstelle entfernt, von Ihrem Sohn aufgebrochen und in die ehemalige Milchkammer gehängt, von Ihnen begutachtet bzw im Protokollbuch mit „kB" für keine Beanstandung eingetragen, dann vom „kundigen Organ" Herrn H R beschaut und mit der Kennzeichnung „W" für Wildbrethändler im Protokollbuch vermerkt, als Lebensmittel in Verkehr gebracht wurde.

 

Im Protokollbuch ist „kB" laut Legende, für keine Beanstandung (keine Verhaltensstörungen, keine auffälligen oder abweichenden Merkmale, kein Verdacht auf Umweltkontamination) einzutragen.

 

Bedenken und somit eine Beanstandung (wie in der Legende zum Protokollbuch beschrieben) bzgl. Eignung des Tieres als Lebensmittel sind erstmalig bei der Beobachtung des Wildes im gesunden Zustand des Tieres durch den Jäger/Erleger festzustellen. Falls (durch eine Verunfallung) eine Beobachtung im gesunden Zustand des Wildes nicht möglich ist, können diese Bedenken, bzw. Beanstandungen (wie in der Legende zum Protokollbuch beschrieben) somit nicht ausgeschlossen werden.

 

Nach der Verunfallung und Verendung des gegenständlichen Rehkitzes kann eine Verhaltensstörung bzw. auffällige oder abweichende Merkmale vor dem Unfall nicht ausgeschlossen werden.

Der Eintrag im Protokollbuch wurde trotzdem in einer Form getätigt, der als Grundlage für die weitere Beschau durch das kundige Organ bestätigt, dass das Rehwild vor dem Erlegen keine Verhaltensstörungen und keine auffälligen oder abweichenden Merkmale, kein Verdacht auf Umweltkontamination erkennen ließ.

 

Durch diese Bestätigung (Eintrag „kB") im Protokollbuch wurde der erste irreführende Schritt zum Inverkehrbringen des Lebensmittels getätigt und es in weiterer Folge nach der Untersuchung durch das kundige Organ und nach dem Eintrag „W" (Wildbrethändler), als Lebensmittel über den Wildbrethändler in Verkehr gebracht.

 

Sie haben, obwohl Sie wussten, dass es sich um ein verendetes Unfall-Stück handelt, im Protokollbuch „kB" eingetragen, obwohl weder Sie, noch Ihr Sohn, noch Ihr Schwiegersohn, vor dem Unfall eine Beurteilung etwaiger Verhaltensstörungen bzw. auffälliger oder abweichender Merkmale durchführen konnten.

 

Sie führen in Ihrer Rechtfertigung sinngemäß an, dass Sie sich bei der Jagdausübung auf Ihr Wissen und Gewissen verlassen. Hingegen benötigten Sie in 42 Jagdjahren keine Gesetzestexte Punkto Wildbrethygiene wie wir sie jetzt haben, um nur hochwertiges gesundes Wild, bestimmt für den Verzehr durch Menschen, in Verkehr zu bringen. Hierzu wird bemerkt, dass ein Regelwerk (Lebensmitteisicherheits- u. Verbraucherschutzgesetz) für die geregelte Sicherheit vom Produkt Lebensmittel steht um die Sicherheit von Lebensmittel, die nach der Inverkehrbringung durch den Produzenten, von anderen Menschen nach dem Erwerb eines geprüften Lebensmittels, konsumiert werden, zu gewährleisten.

 

Sie müssen sich im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren nach Lebensmittelsicherheits­und Verbraucherschutzgesetz somit vorwerfen lassen, dass Sie in Ihrer Funktion als Gesellschafter der Jagdgesellschaft G, Lebensmittel, die nicht sicher und somit für den menschlichen Verzehr ungeeignet waren, in Verkehr gebracht haben.

 

Hinsichtlich der Strafbemessung wurde auf Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse Rücksicht genommen. Weiters ist unter Berücksichtigung der zitierten Strafbestimmung davon auszugehen, dass sich die aus dem Spruch ersichtliche verhängte Strafe im unteren Bereich des genannten Strafrahmens bewegt.

 

Als Milderungsgrund war zu berücksichtigen, dass Sie bislang strafrechtlich unbescholten sind und Sie die Verwaltungsübertretungen grundsätzlich nicht bestreiten und dass Sie die Verwaltungsübertretung offensichtlich aus Unwissenheit begangen haben.

 

Erschwerend war zu werten, dass Sie sich, wie Sie in Ihrer Rechtfertigung sinngemäß angeben, weniger für gesetzliche Regelungen interessieren als Sie sich auf Ihr Wissen und Gewissen verlassen. Ebenso war erschwerend zu werten, dass das gegenständliche Rehkitz bereits verendet aufgefunden wurde und dennoch einer Inverkehrbringung zugeführt wurde.

 

Eine Anwendung des § 45 VStG und damit verbunden ein Absehen von der Strafe konnte nicht in Betracht gezogen werden, da bei Ihnen nach dem festgestellten Sachverhalt nicht von einer Geringfügigkeit der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und Ihres Verschuldens, ausgegangen werden kann.

 

 

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.“

 

 

II. Gegen dieses Straferkenntnis wendet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, die dem Gericht von der belangten Behörde am 17. Juni 2015 mit dem Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt wurde.

 

Die Beschwerde wendet sich nur gegen den Strafausspruch und die Strafbemessung und beantragt ein Absehen von Strafe oder eine Strafminderung. Zur Begründung führt die Beschwerde aus:

 

„Beschwerde gegen den Bescheid SanRB96-19-2014-Zm

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

 

ich, K S, erhebe hiermit innerhalb offener Frist Beschwerde gegen den Bescheid SanRB96-19-2014-Zm der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 15. April 2015, Geschäftszeichen SanRB 96-19-2014, welcher mir am 17. April 2015 zugestellt wurde, und begründe diese Bescheidbeschwerde wie folgt:

 

Am 22.09.2013 wurde von meinem Schwiegersohn ein durch einen Verkehrsunfall getötetes Rehkitz von der Unfallstelle entfernt. Anschließend hat mein Sohn dieses Rehkitz aufgebrochen und in die ehemalige Milchkammer gehängt. Später habe ich dieses Rehkitz begutachtet und als Jäger (Erleger/Auffinder) mit dem Eintrag „KB" für „keine Beanstandungen" im Kontrollbuch vermerkt. Insoweit ist der von der Behörde im angefochtenen Bescheid festgestellte Sachverhalt korrekt, und mir ist bewusst, dass ich durch diese Handlung eine Verwaltungsübertretung gemäß § 90 Abs. 1 Ziffer 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Ziffer 1 und § 11 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz und in Verbindung mit Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und Ziffer 2. und 4. Anhang III Abschnitt IV Kapitel II Verordnung (EG) Nr. 853/2004 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 29.4.2004 mit spezifischen Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs, je in der gültigen Fassung, begangen habe.

 

Ich beantrage jedoch, die Behörde möge den Spruch des angefochtenen Bescheides dahingehend abändern, dass gemäß § 45 Verwaltungsstrafgesetz von der Verhängung einer Strafe gegen mich abgesehen wird, da bei mir von einer Geringfügigkeit der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und meines Verschuldens ausgegangen werden kann, oder jedenfalls die Höhe der Strafe verringern.

 

Der von der Behörde als erschwerend bewertete Punkt, dass ich mich „weniger für gesetzliche Regelungen interessiere als ich mich auf mein Wissen und Gewissen verlasse", beruht offensichtlich auf einer von mir missverständlich formulierten Passage in meiner schriftlichen Rechtfertigung. Da ich das Rehkitz, obwohl es bereits durch den Verkehrsunfall verendet war, aufgrund der von mir durchgeführten Untersuchung bedenkenlos selbst verzehrt hätte, war ich der Überzeugung, dass es aus diesem Grund auch in Verkehr gebracht werden könne. Mir ist bewusst, dass ich mich besser über die aktuelle Gesetzeslage hätte informieren müssen, und ich will keinesfalls meine persönlichen Einschätzungen oder Bewertungen über das Gesetz stellen. Es tut mir Leid, falls ich bei der Behörde diesen Eindruck erweckt haben sollte.

 

Der zweite als erschwerend herangezogene Punkt, dass nämlich das gegenständliche Rehkitz bereits verendet aufgefunden wurde und dennoch einer Inverkehrbringung zugeführt wurde, kann keinesfalls als erschwerend bewertet werden. Dies deshalb, weil die genannten Paragraphen des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes bereits die Inverkehrbringung eines verendeten Rehkitzes unter Strafe stellen. Es kann daher die Tatsache, dass das Rehkitz bereits verendet war, nicht nochmals als Erschwerungsgrund herangezogen werden.

Darüber hinaus hat die Behörde hinsichtlich der Strafbemessung auch auf meine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse nicht ausreichend Rücksicht genommen bzw. ist möglicherweise von falschen Voraussetzungen ausgegangen. Ich verfüge über eine Pension von € 977,34 pro Monat und über ein Pachtentgelt von € 1500 pro Jahr aus der Verpachtung meiner Landwirtschaft. Daraus ergibt sich ein monatliches Einkommen von € 1102,34. Die verhängte Strafe in der Höhe von € 990,00 trifft mich daher übermäßig hart und ich ersuche daher die Behörde schon aus diesem Grund, die Höhe der Strafe herabzusetzen.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Mit freundlichen Grüßen

eh. Unterschrift

„K S“

 

 

III. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die vorgelegte Beschwerde und den gegenständlichen Verfahrensakt der belangten Behörde. Daraus ergibt sich für das Gericht im Wesentlichen der folgende unbestrittene Sa c h v e r h a l t :

 

III.1. Mit dem Abschluss–Bericht der Landespolizeidirektion Oberösterreich, PI G, vom 27.01.2014, GZ. B6/8347/2013-Hör, an die Staatsanwaltschaft Steyr über Ermittlungen gegen sieben Mitglieder der Jagdgesellschaft G wegen des Verdachts der Beweismittelfälschung und des Betrugs wurde im Wesentlichen angezeigt, dass in der Jagdgesellschaft G falsche Eintragungen im Protokollbuch gemacht wurden, weil Unfallrehe als normaler Abschuss eingetragen und an Wildhändler verkauft wurden. Die Staatsanwaltschaft hat das Ermittlungsverfahren gegen alle von der Polizei angezeigten Personen gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt, weil kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung bestehe (vgl Benachrichtigung vom 3.03.2014 zu  Zl. 13 BAZ 69/14k).

 

Die Anzeige über die Falscheintragungen wurde von W S, einem ehemaligen „Ausgeher“ (Inhaber eines Jagderlaubnisscheines) im Gebiet der Jagdgesellschaft (Revier des Gesellschafters K G), dem der „Ausgangsschein“ (Jagderlaubnisschein nach § 35 Abs 2 Oö. Jagdgesetz) vom Jagdleiter im August 2013 entzogen wurde, in Begleitung von Herrn G P, einem in einer Sitzung der Jagdgesellschaft G Anfang Dezember 2013 ausgeschlossenen Gesellschafter, der im Oktober 2014 verstorben ist, erstattet.

 

 

Der Bf absolvierte 1970 die Jagdprüfung und 1982 die Jagdhüterprüfung. Seither ist er Gesellschafter der Jagdgesellschaft G und Jagdschutzorgan in der Genossenschaftsjagd G. Seit mehr als 42 Jahren ist er Jäger.

 

Den von der belangten Behörde im Spruch angeführten Sachverhalt hat der Bf, nicht bestritten. Nach seinen Angaben bei der polizeilichen Ersteinvernahme wurde seine Frau am 22. September 2013 gegen 07:00 Uhr telefonisch von einem Verkehrsunfall im Jagdgebiet mit einem Reh verständigt. Weil der Bf nicht zu Hause war, entfernte der Schwiegersohn des Bf ein weibliches Rehkitz von 9kg, das nach dem Verkehrsunfall schon verendet war, von der Unfallstelle. Das Wild wurde vom Sohn des Bf zu Hause aufgebrochen und in die ehemalige Milchkammer gehängt. Als der Bf nach Hause kam, begutachtete er das Stück. Das Rehkitz hatte einen Leberriss und war sonst in Ordnung und noch frisch gewesen. Der Schweiß im Bauchraum sei beim Aufbrechen noch flüssig gewesen. Der Bf brachte das Stück dann sofort in die Kühlkammer zum Wildmeister R und trug auf Grund des ordnungsgemäßen Zustandes ins Protokollbuch (Eintrag Nr. 272) in der Spalte „Beanstandungen Jäger“ „kB“ für „keine Bedenken“ ein. Die Untersuchung durch die kundige Person H R ergab keine Beanstandungen, weshalb „W“ für die Abnahme durch den Wildbrethändler vermerkt ist. Wegen des ordnungsgemäßen Zustandes des Unfallrehs war sich der Bf keiner Schuld bewusst. Eine Schulung zur Führung des Protokollbuches hatte er nicht erhalten.

 

Vor der Behörde erklärte der Bf, er habe Unfallwild, das nach seiner Begutachtung noch geeignet war, immer mit „kB“ ins Protokollbuch eingetragen.

Er habe immer vertreten, was er selber nicht essen will, gebe er auch nicht weiter. Im Übrigen übergab er eine im Straferkenntnis wiedergegebene schriftliche Rechtfertigung, in der er seine lange Erfahrung als Jäger von mehr als 42 Jahren betonend darauf hinweist gelernt zu haben, was in Ordnung sei und was nicht. Er habe in vier Jahrzehnten keine Gesetzestexte benötigt, um nur hochwertiges gesundes Wild für den Verzehr durch Menschen in Verkehr zu bringen. Er könne nur auf sein Gewissen verweisen, wenn er auch wisse, dass dies nicht der Parameter für eine Rechtsentscheidung sei. Sein Gefühl und Hausverstand sagten ihm, dass das vorgeworfene Vergehen nur deshalb eines sei, weil wir in einer bürokratisierten Wegwerfgesellschaft lebten, in der Lebensmittel nicht mehr die nötige Wertschätzung zukäme. Im Übrigen verwies er zum Tathergang auf seine Einvernahme durch die Polizeidienststelle G.

 

Aus der im Akt einliegenden „Legende – Abkürzungen“ zum Protokollbuch ergibt sich für „KB“ die Angabe „keine Beanstandungen (keine Verhaltensstörungen, keine auffälligen oder abweichenden Merkmale, kein Verdacht auf Umweltkontamination)“ und für „U“ die Angabe „Unfallwild/keine Lebenduntersuchung“.

 

III.2. Dem Bf war nicht bewusst, dass die Kennzeichnung von Unfallrehen, welche in der Folge in die Wildkammer kommen, mit „U“ (Unfallwild) erfolgen müsse. Er war über die Führung des Protokollbuches nicht ausreichend aufgeklärt worden. Wie auch die belangte Behörde bei der Strafzumessung feststellt, hat er offensichtlich aus Unwissenheit gehandelt.

 

Da das Rehkitz nach dem Verkehrsunfall verendet aufgefunden wurde konnten jedenfalls keinerlei Verhaltensstörungen beobachtet werden.

 

Die belangte Behörde vertritt ohne Bezugnahme auf eine Sachverständigenmeinung die Ansicht, dass vor dem Unfall vorhandene Verhaltensstörungen „bzw auffällige oder abweichende Merkmale“ nicht ausgeschlossen werden können, weil durch den Unfall eine Beobachtung des Wildes im gesunden Zustand nicht möglich war.

 

Zu diesem Thema ist ergänzend auf die Fachmeinung des Amtstierarztes (ATA) Dr. S hinzuweisen, die er als Vortragender anlässlich einer Schulung im Frühjahr 2013 für das seit dem Jagdjahr 2013/2014 zu führende Protokollbuch bekannt gab. Danach dürfen im Ergebnis lebend angetroffenen Unfallrehe verwertet werden, wenn eine Lebenduntersuchung noch möglich war und sie - abgesehen von den Unfallfolgen - keine abnormales Verhalten gezeigt haben und auch die Wildbeschau keinen Verdacht einer Krankheit nahelegt.

 

Die belangte Behörde hat den ATA Dr. H S dazu am 18. Juni 2014 als Zeugen einvernommen. Er bestätigte, dass er für die Abteilung Ernährungssicherheit und Veterinärwesen (ESV) im Frühling 2013 einen Vortrag bzgl. des neu eingeführten Protokollbuches gehalten hatte. Über Vorhalt der Angaben von Teilnehmern an der Schulung betreffend die vom ATA Dr. S geäußerte Meinung zu Unfallrehen erklärte dieser als Zeuge:

 

„Dabei habe ich den Teilnehmern nach Anfrage unter anderem gesagt, dass ein lebend angetroffenes Unfallreh, welches durch waidgerechtes Knicken oder durch einen Schuss getötet wird, nicht von vorn herein untauglich für das In-Verkehr-Bringen ist, weil eine Lebenduntersuchung durchgeführt wurde und die Verhaltensstörungen, wie zB. Lahmheit durch Fraktur oder Schockzustand (flache Atmung, vorstehende weite Augen etc) eindeutig von Verhaltensstörungen unterschieden werden können, die den Verdacht einer Krankheit nahelegen. Es ist auch in der normalen Schlachttier- und Fleischuntersuchung die „Krankschlachtung" eines verletzten Tieres möglich.

 

Keinesfalls habe ich in der Informationsveranstaltung jedoch gesagt, dass dies Tiere von vorn herein unter „KB" (Keine Bedenken) eingetragen werden können, da dies von Fall zu Fall unterschiedlich zu beurteilen ist. Gegebenenfalls ist die Angelegenheit zur Beurteilung dem amtlichen Tierarzt weiter zu leiten. "

 

Im Parallelverfahren LVwG-000104 berichtete A P, am 28. Februar 2005 den Wildbeschaukurs beim ATA Dr. S im Schloss Hohenbrunn besucht zu haben. Zum Thema Inverkehrbringen von Unfallrehen habe auch Dr. S die Ansicht vertreten, dass bei lebend angetroffenen Wildtieren eine Lebenduntersuchung durchgeführt werden könne, weshalb Unfallrehe nicht grundsätzlich als untauglich für den menschlichen Verzehr eingestuft werden können. Auch bei verletzten Wildtieren seien Einflüsse von Krankheiten oder Umweltkontaminationen eindeutig erkennbar.

 

III.3. Im Rahmen der Beweiswürdigung geht der erkennende Richter davon aus, dass sich der Bf völlig wahrheitsgemäß verantwortete, insbesondere dabei auch Angaben machte, die ihm nicht zum Vorteil gereichen. Die Darstellung seines Standpunktes im Verfahren und in der Beschwerde erscheint besonders glaubhaft und wurde von der belangten Behörde auch nicht in Frage gestellt. Der Bf sieht nunmehr auch ein, dass er sich besser informieren hätte müssen.

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat rechtlich erwogen:

 

IV.1. Gemäß § 90 Abs 1 Z 1 LMSVG (BGBl I Nr. 13/2006, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 67/2014) begeht eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, und ist nach dem letzten Halbsatz mit Geldstrafe bis zu 50.000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 100.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen,

 

wer Lebensmittel, die für den menschlichen Verzehr ungeeignet oder mit irreführenden oder krankheitsbezogenen Angaben versehen sind, oder in irreführender oder krankheitsbezogener Aufmachung, in Verkehr bringt.

 

Bei vorsätzlichen Verstößen gegen Z 1 und 2, die in Kenntnis der Rechtwidrigkeit des Handelns begangen werden, ist, sofern die Folgen der Übertretung nicht unbedeutend sind, eine Geldstrafe in der Höhe von zumindest 700 Euro, bei Wiederholung von 4000 Euro, festzusetzen. Die Ersatzfreiheitsstrafe ist bis zu sechs Wochen festzusetzen.

 

Zum Begriff Inverkehrbringen verweist die Begriffsbestimmung des § 3 Z 9 LMSVG grundsätzlich auf den Art 3 Z 8 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 verweist. Nach dem Art 3 Z 8 der EG-BasisVO, das ist die Verordnung (EG) 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 (ABl 2020 L 31 idF ABl 2003 L 245 und ABl 2006 L 100), bezeichnet der Ausdruck "Inverkehrbringen" das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jede andere Form der Weitergabe, gleichgültig ob unentgeltlich oder nicht, sowie den Verkauf, den Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst.

 

Das Inverkehrbringen von Wildkörper durch Jäger mittels Verkauf an einen Wilbrethändler erfüllt grundsätzlich den Begriff nach dem Art 3 Z 8 der EG-BasisVO erfüllt.

 

Nach § 5 Abs 1 Z 1 LMSVG ist es verboten, Lebensmittel, die nicht sicher gemäß Art 14 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 sind, dh. gesundheitsschädlich oder für den menschlichen Verzehr ungeeignet sind, in Verkehr zu bringen (vgl Art 14 Abs 2 leg.cit.).

 

Nach der Begriffsbestimmung des § 5 Abs 5 Z 2 LMSVG sind Lebensmittel für den menschlichen Verzehr ungeeignet, wenn die bestimmungsgemäße Verwendbarkeit nicht gewährleistet ist. Diese Begriffsbestimmung ist an den Begriff der Verdorbenheit im § 8 lit b LMG 1975 angelehnt. Das Merkmal kann nur so verstanden werden, dass die bestimmungsgemäße Verwendbarkeit ausgeschlossen sein muss, weil die Fälle der wesentlichen Verminderung der bestimmungsgemäßen Verwendbarkeit dem Begriff „wertgemindert“ (§ 5 Abs 5 Z 4 LMSVG) zuzuordnen sind (vgl Blass ua, LMR3, § 5 LMSVG Rz 20).

 

Art 14 Abs 5 der Verordnung (EG) 178/2002 [sog. EG-BasisVO] gibt folgenden Hinweis zur Auslegung:

 

„Bei der Entscheidung der Frage, ob ein Lebensmittel für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet ist, ist zu berücksichtigen, ob das Lebensmittel infolge einer durch Fremdstoffe oder auf andere Weise bewirkten Kontamination, durch Fäulnis, Verderb oder Zersetzung ausgehend von dem beabsichtigten Verwendungszweck nicht für den Verzehr durch den Menschen inakzeptabel geworden ist.“

 

Nach der zu Art 14 Abs 5 EG-BasisVO bei Natterer, Lebensmittelrecht [2008] Rz 47 unter Berufung auf führende deutsche Kommentarliteratur vertretenen Ansicht sind Lebensmittel zum Verzehr ungeeignet, die bei ihrer Gewinnung, Herstellung oder späteren Behandlung durch natürliche oder willkürliche Einflüsse derart nachteiligen Veränderungen ihrer äußeren oder inneren Beschaffenheit, ihres Aussehens, ihrs Geruchs oder Geschmacks ausgesetzt sind, dass ihr Verzehr nach allgemeiner Auffassung ausgeschlossen ist. Dieser plausiblen Auffassung schließt sich der erkennende Richter an.

 

IV.2. Gemäß § 53 Abs 5 LMSVG ist Wild aus freier Wildbahn oder Wildfleisch - unbeschadet des Absatz 3 (= Ausnahme für Eigenbedarf) – von der (amtlichen) Untersuchungspflicht ausgenommen, wenn es für die direkte Abgabe gemäß Art 1 Abs 3 lit e) der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 verwendet wird. Diese Tierkörper sind von Jägern gemäß § 27 Abs 3 LMSVG (kundige Personen = gemäß Anhang III Abschnitt IV der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 ausgebildete Jäger) zu untersuchen.

 

Gemäß Art 1 Abs 3 lit e) sind vom Geltungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 betreffend spezifische Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs ausgenommen:

 

„Jäger, die kleine Mengen von Wild oder Wildfleisch direkt an den Endverbraucher oder an örtliche Einzelhandelsunternehmen zur direkten Abgabe an den Endverbraucher abgeben.“

 

Für diese direkte Abgabe durch Jäger sind die Vorschriften der auf Grund des § 11 LMSVG erlassenen Lebensmittelhygiene-Direktvermarktungsverordnung (BGBl II Nr. 108/2006 idF BGBl II Nr. 3/2007 und II Nr. 210/2010) zu beachten.

 

Gemäß § 90 Abs 3 Z 2 LMSVG (BGBl I Nr. 13/2006, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 67/2014) begeht eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, und ist nach dem letzten Halbsatz mit Geldstrafe bis zu 50.000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 100.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen,

 

wer den Bestimmungen einer auf Grund der §§ 6, 7 Abs 1, 9 Abs 2, 10 Abs 7 oder 8, der §§ 11, 12, 13, 14, 19, 20, 34, 47 Abs 2, 53 Abs 7 oder 57 Abs 1, erlassenen Verordnung zuwiderhandelt.

 

 

Die auf Grundlage der Verordnungsermächtigung des § 11 Z 3 LMSVG (Direktvermarktung von Wild) erlassene Verordnung des Gesundheitsministers enthält folgende relevante Hygienevorschriften für die direkte Abgabe kleiner Mengen von Wild oder Wildfleisch durch den Jäger:

 

 

„Auf Grund des § 11 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes - LMSVG, BGBl. I Nr. 13/2006, geändert durch das Bundesgesetz, BGBL I Nr. 151/2005, wird im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft verordnet:

 

 

Geltungsbereich

§ 1. Diese Verordnung regelt die Hygieneanforderungen bei der direkten Abgabe kleiner Mengen bestimmter Lebensmittel an den Endverbraucher oder an örtliche Einzelhandelsunternehmen, die diese direkt an den Endverbraucher abgeben.

 

[...]

 

Frei lebendes Großwild

§ 5. Werden Tierkörper von Großwild direkt vom Jäger frisch, nicht tiefgekühlt, nicht gehäutet und im Ganzen gemäß § 1 abgegeben, sind zusätzlich zu den Bestimmungen des § 2 Z 1 und 2 folgende Vorschriften einzuhalten:

 

1. Nach dem Erlegen des frei lebenden Großwilds müssen Mägen und Gedärme so bald wie möglich entfernt werden; erforderlichenfalls müssen die Tiere entblutet werden. Es müssen insbesondere Vorkehrungen getroffen werden, um das Auslaufen von Magen und Darminhalt während des Ausnehmens zu verhindern. Dabei hat der Jäger auf Merkmale zu achten, die darauf schließen lassen, dass das Fleisch gesundheitlich bedenklich sein könnte.

2. Eine kundige Person gemäß § 27 Abs. 3 LMSVG muss die Wildkörper und alle ausgenommenen Eingeweide (außer Magen und Darm) auf Merkmale hin untersuchen, die darauf schließen lassen, dass das Fleisch gesundheitlich bedenklich sein könnte. Alle für Trichinose anfälligen Arten sind einer Trichinenuntersuchung nach einer in der Verordnung (EG) Nr. 2075/2005 mit spezifischen Vorschriften für die amtlichen Fleischuntersuchungen auf Trichinen, ABl. Nr. L 338/2005 vom 22. Dezember 2005, angeführten Methode zu unterziehen, wobei die Befristung gemäß Art. 16 der genannten Verordnung nicht anzuwenden ist. Die Untersuchung muss so bald wie möglich nach dem Erlegen stattfinden. Die Vermarktung darf erst erfolgen, wenn diese Untersuchung den Nachweis erbracht hat, dass das Fleisch keine Merkmale aufweist, die darauf schließen lassen, dass es gesundheitlich bedenklich sein könnte. Steht keine kundige Person zur Verfügung, muss die Untersuchung von einem amtlichen Tierarzt durchgeführt werden.

3. Werden bei der Untersuchung gemäß Z2 keine auffälligen Merkmale im Sinne des Anhangs I, Abschnitt IV, Kapitel VIII der Verordnung (EG) Nr. 854/2004 mit besonderen Verfahrensvorschriften für die amtliche Überwachung von zum menschlichen Verzehr bestimmten Erzeugnissen tierischen Ursprungs, ABl. Nr. L 139 vom 30. April 2004, berichtigt durch ABl. Nr. L 226 vom 25. Juni 2004 und geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 882/2004, ABl. Nr. L 165 vom 30. April 2004, berichtigt durch ABL Nr. L 191 vom 28. Mai 2004, festgestellt, und vor dem Erlegen keine Verhaltensstörungen beobachtet und besteht kein Verdacht auf Umweltkontamination, so muss die kundige Person dem Wildkörper eine mit einer Nummer versehene Erklärung beigeben, in der dies bescheinigt wird. In dieser Bescheinigung müssen auch das Datum, der Zeitpunkt und der Ort des Erlegens vom Jäger aufgeführt werden. Diese Bescheinigung ist in Form eines Anhängers am Tierkörper anzubringen. Die kundige Person hat über die gemäß Z 2 durchgeführten Untersuchungen Aufzeichnungen zu führen und dem Landeshauptmann nach dessen Anweisungen Bericht zu erstatten.

4. Werden bei der Untersuchung gemäß Z 2 abweichende Merkmale von der kundigen Person festgestellt, so muss die kundige Person, die die Untersuchung vorgenommen hat, dem zuständigen amtlichen Tierarzt mitteilen, welche auffälligen Merkmale, welche Verhaltensstörungen oder welcher Verdacht auf Umweltkontamination sie bewogen hatten, keine Bescheinigung gemäß Z 3 auszustellen, sofern der Tierkörper nicht unschädlich beseitigt wird.

5. Die Wildkörper insgesamt müssen nach dem Erlegen innerhalb einer angemessenen Zeitspanne auf nicht mehr als + 7 °C abgekühlt werden, zum menschlichen Verzehr vorgesehene Eingeweide auf nicht mehr als + 3 °C. Soweit es die klimatischen Verhältnisse erlauben, ist eine aktive Kühlung nicht erforderlich.

6. Tierkörper dürfen nicht übereinander liegend gelagert oder so transportiert werden, dass sie hygienisch beeinträchtigt werden.

7. Die Vermarktung hat längstens binnen 7 Tagen nach dem Erlegen zu erfolgen.

 

[...]

 

Zerlegtes Wild und Wildfleisch

§ 7. Wird zerlegtes Wildfleisch direkt vom Jäger gemäß § 1 vermarktet, sind zusätzlich zu den Bestimmungen der §§ 5 und 6 folgende Vorschriften einzuhalten:

1. Das Entbluten, Enthäuten oder Rupfen, Ausnehmen und weitere Zurichten muss ohne ungebührliche Verzögerung so vorgenommen werden, dass jede Kontamination des Fleisches vermieden wird. Es müssen insbesondere Vorkehrungen getrof­fen werden, um das Auslaufen von Magen- und Darminhalt während des Ausnehmens von Kleinwild zu verhindern.

2. Wildfleisch ist unter Berücksichtigung der Transportdauer, der Transportbedingungen und der eingesetzten Transportmittel so zu befördern, dass die vorgeschriebenen Temperaturen des Fleisches nicht überschritten werden.

3. Bei der Abgabe ist das Fleisch in geeigneter Weise mit dem Hinweis „Wildbret aus Direktvermarktung" unter Nennung des Jagdgebietes zu kennzeichnen.“

 

 

IV.3. Dem Spruch kann zusammengefasst der Vorwurf entnommen werden, der Bf habe als Jäger (Erleger/Auffinder) ein am 22. September 2013 nach einem Verkehrsunfall verendet aufgefundenes Rehkitz, das sein Sohn aufgebrochen hatte und nachträglich vom Bf besichtigt wurde, mit dem Eintrag „kB“ für keine Beanstandung im Protokollbuch eingetragen. Somit habe er als Beitragstäter zu verantworten, dass die Jagdgesellschaft G Wildbret in Verkehr gebracht habe, bei dem das Wild vor dem Erlegen nicht auf Verhaltensstörungen beobachtet habe werden können, weshalb das Lebensmittel als nicht sicher und für den Verzehr von Menschen ungeeignet anzusehen gewesen wäre. Der Bf habe damit der Jagdgesellschaft G die Begehung einer Verwaltungsübertretung (nämlich § 90 Abs 1 Z 1 iVm § 5 Abs 1 Z 1 LMSVG ) erleichtert.

 

Dieser Vorwurf ist rechtskräftig und verbindlich geworden, weil mit der Beschwerde ausdrücklich nur der Strafausspruch bekämpft und entsprechende Anträge auf Absehen oder zumindest Verminderung von Strafe gestellt worden sind. Der vom Strafausspruch trennbare Schuldspruch ist demnach unangefochten geblieben und rechtskräftig geworden. Auf Grund der Bindungswirkung unterliegt er grundsätzlich keiner Abänderung mehr .

 

Im gegenständlichen Fall steht auch nach der eigenen Verantwortung des Bf fest, dass das Unfallreh beim Auffinden bereits tot war. Es war demnach eine Lebenduntersuchung bzw Beobachtung des Tieres auf Verhaltensstörungen überhaupt nicht möglich. In einem solchen Fall darf nach der Fachmeinung der Amtstierärzte keine Vermarktung des Wildkörpers stattfinden. Auch nach der auf behördliche Anfrage an den Bezirksjagdausschuss mitgeteilten Ansicht der Jägerschaft darf nur lebend vom Jäger aufgefundenes Unfallwild, das weidgerecht getötet wurde und auch vom kundigen Organ unbeanstandet blieb, mit entsprechender Kennzeichnung in Verkehr gebracht werden (vgl Schreiben des BJM H S vom 28.03.2014).

 

Dass eine Vermarktung im gegenständlichen Fall unzulässig war, folgt auch aus der oben zitierten Lebensmittelhygiene-Direktvermarktungsverordnung, die in ihren Bestimmungen zur hygienisch vorgeschriebenen Vorgangsweise (vgl §§ 5 und 6) immer wieder auf den Zeitpunkt des Erlegens abstellt und damit offensichtlich nur vom Jäger erlegtes Wild erfassen will. Bei einem vom Jäger verendet aufgefundenen Wild kann nicht vom Erlegen des Tieres durch weidgerechtes Töten die Rede sein. Man wird wohl in diesem Sinne auch annehmen müssen, dass die gemäß § 53 Abs 5 LMSVG vorgesehene Ausnahme von der amtlichen Untersuchungspflicht (Untersuchung nach den Vorgaben der EG-VO Nr. 854/2004) für die direkte Abgabe kleiner Mengen durch Jäger an Endverbraucher iSd Art 1 Abs 3 lit e) Verordnung (EG) Nr. 853/2004 nur für erlegtes Wild aus freier Wildbahn und nicht für Fallwild gedacht ist.

 

IV.4. Die belangte Behörde hat bei der Strafbemessung im Ergebnis zutreffend die Unbescholtenheit (§ 34 Z 2 StGB iVm § 19 Abs 2 VStG) und die Nichtbestreitung der Verwaltungsübertretung, womit wohl sinngemäß der wesentlichen Beitrag des Bf zur Wahrheitsfindung durch seine ehrliche Aussage (§ 34 Z 17 2. Fall StGB iVm § 19 Abs 2 VStG) gemeint ist, als Milderungsgründe angenommen. Hingegen treffen die erschwerend gewerteten Umstände, nämlich dass der Bf sich mehr auf sein Wissen und Gewissen verlasse und weniger für gesetzliche Regelungen interessiere, und dass das bereits verendete Rehkitz „dennoch der Inverkehrbringung zugeführt wurde“, nicht zu.

 

Dass sich der Bf weniger mit Rechtsvorschriften beschäftigt hat, zumal er ohnehin entsprechend seiner langen Erfahrung und seinem Gewissen folgend immer nur hochwertiges gesundes Wild in Verkehr brachte und dafür keine Vorschriften benötigte, geht aus der schriftlichen Rechtfertigung des Bf hervor. Er wollte damit aber nur ausdrücken, dass er sich vier Jahrzehnte als gewissenhafter Jäger nach dem Leitgedanken: „Was ich selber nicht essen will, gebe ich auch nicht weiter“ verhalten habe und damit gut gefahren sei. Der Bf hält offenbar den moralischen Anspruch an sich selbst für so hoch, dass er keine Gesetzeskenntnis für die „Wildbrethygiene“ benötigte, um richtiges Verhalten (was in Ordnung oder nicht in Ordnung ist) zu erkennen. Damit kommt auch alters- und erfahrungsbedingt ein gefestigtes Weltbild des Bf zum Ausdruck, das mit der Betonung des persönlichen Gewissens auf christlich-religiösen Verhaltensprinzipien zu beruhen scheint. Der erkennende Richter sieht darin grundsätzlich eine positive Einstellung des Bf zu seinen Mitmenschen und zu einem geordneten Zusammenleben. Auch wenn sich der Bf bei seinem moralischen Selbstverständnis doch etwas überschätzt haben dürfte, kann man  darin sicher noch keinen Erschwerungsgrund sehen. Freilich wäre es schon zur Selbstkontrolle klüger gewesen, sich auch mit den für das eigene Tun geltenden einschlägigen Vorschriften näher zu befassen. In der Beschwerde stellt der Bf auch klar, dass er nie den (arroganten) Eindruck erwecken wollte, er stelle seine persönlichen Wertungen über das Gesetz.

 

Der zweite Erschwerungsgrund der Tatsache des bereits verendeten Rehkitzes ist schon deshalb nicht haltbar, weil die belangte Behörde aus diesem Umstand bereits das Tatbestandsmerkmal der Unsicherheit des Lebensmittels, das für den menschlichen Verzehr nicht geeignet sei, abgeleitet hat und deshalb eine unzulässige Doppelverwertung (§ 32 Abs 2 StGB) vorliegt.

 

Zur Klarstellung ist an dieser Stelle anzuführen, dass bei vom Jäger lebend angetroffenem, richtig versorgtem und ohne Beanstandungen untersuchtem Unfallwild jedenfalls kein unsicheres Lebensmittel vorliegt, weil die extensive Auslegung der belangten Behörde rechtlich nicht haltbar ist und auch der Fachmeinung von Amtstierärzten, die von der Abteilung ESV für Schulungen eingesetzt werden, widerspricht.

Die überzogene Rechtsansicht der belangten Behörde zum Begriff des nicht sicheren Lebensmittels (vgl oben IV.1.), das für den menschlichen Verzehr ungeeignet ist (Art 14 Abs 2 lit b) EG-BasisVO bzw § 5 Abs 1 Z 1 LMSVG), wonach Unfallwild schlechthin unsicher und ungeeignet sei, wird vom Richter nicht geteilt. Denn die von der Behörde angesprochene Unsicherheit beruht nicht auf festgestellten Fakten über die Beschaffenheit, das Aussehen, den Geruch oder Geschmack des Lebensmittels, sondern bloß auf der theoretischen Überlegung (arg.: „kann nicht ausgeschlossen werden“) das die Beobachtung einer Verhaltensstörung durch den Jäger bei einem Unfallreh nicht oder nicht adäquat möglich gewesen sei (vgl näher zum Ganzen etwa das hg Erk LVwG-000102/2/Wei vom 29.08.2016).

 

IV.5. Gemäß § 45 Abs 1 Z 4 VStG hat die Behörde von der Fortführung des Strafverfahrens absehen und die Einstellung verfügen oder stattdessen (Abs 1 Satz 2), dem Beschuldigten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten,

 

wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind.

 

Der mit dem BGBl I Nr. 33 /2013 neu formulierte § 45 Abs 1 VStG soll nach den Gesetzesmaterialien (Erl RV 2009 BlgNR 24. GP, 19) insbesondere den bisherigen § 21 Abs 1 VStG an systematisch richtiger Stelle zusammenführen. § 45 Abs 1 Z 4 VStG und der neue Schlussatz im Abs 1 entsprächen im Wesentlichen dem alten § 21 Abs 1 VStG, zu dem eine gesicherte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofs besteht, weshalb es keiner neuen Leitlinien bedarf (vgl VwGH 18.11.2014, Zl. Ra 2014/05/0008).

 

Nach der alten Fassung im § 21 Abs 1 VStG war Voraussetzung für ein Absehen von Strafe, dass das Verschulden geringfügig und die Folgen der Übertretung unbedeutend waren.

 

Nach hM liegt geringes Verschulden des Täters vor, wenn das tatbildmäßige Verhalten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] E 6 ff zu § 21 VStG; Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3, 1992, Rz 14 zu § 42 StGB). Nach der strafrechtlichen Judikatur zum alten vergleichbaren § 42 StGB in der Fassung vor dem StRÄG 1987 (BGBl Nr. 605/1987) musste die Schuld absolut und im Vergleich zu den typischen Fällen der Deliktsverwirklichung geringfügig sein (vgl ua EvBl 1989/189 = JBl 1990, 124, SSt 55/59; SSt 53/15; SSt 51/21). Maßgebend sind der das Unrecht bestimmende Handlungsunwert und der Gesinnungsunwert, der das Ausmaß der deliktstypischen Strafzumessungsschuld ebenso entscheidend prägt (vgl mwN Leukauf/Steininger, StGB3, Rz 14 f zu § 42 StGB). Der Erfolgsunwert wurde im Merkmal "unbedeutende Folgen der Übertretung" verselbständigt. Dieses Merkmal wurde im neuen § 45 Abs 1 Z 4 VStG mit gutem Grund (Verwaltungsübertretungen sind meist Ungehorsamsdelikte) weggelassen und dafür die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes in den Vordergrund gerückt.

 

Die Bedeutung und Intensität der Beeinträchtigung des im § 90 Abs 1 Z 1 iVm § 5 Abs 1 Z 1 LMSVG geschützten Rechtsguts durch die dem Bf angelastete Tat erscheint nach dem konkreten Sachverhalt, den der Bf glaubhaft darlegte, gering. Das Rehkitz war zwar beim Auffinden nach dem Unfall schon verendet, wurde dann aber noch so zeitnah vom Sohn des Bf aufgebrochen und fachgerecht versorgt, dass offenbar keine oder noch kaum negativen Veränderungen des Tierkörpers durch den Tod eingetreten sein konnten. Der Schweiss (Blut) im Bauchraum war beim Aufbrechen noch flüssig und das Rehkitz relativ frisch verendet. Als der Bf dann bald darauf nach Hause kam, stellte er fest, dass das Rehkitz einen Leberriss erlitten hatte (also innerlich verblutet sein dürfte) und sonst in Ordnung war. Wie er angibt, fand er den Tierkörper bei seiner Untersuchung in einem so guten Zustand vor, dass er das Rehkitz bedenkenlos selbst verzehrt hätte. Deshalb hatte er auch keine Bedenken gegen ein Inverkehrbringen. Der Wildmeister R hat bei der Wildbeschau keinerlei Anzeichen für Krankheiten gefunden. Irgendwelche Probleme von Endverbrauchern durch den Konsum des Fleisches sind nicht bekannt geworden.

 

Im vorliegenden Fall liegen demnach besonders günstige Verhältnisse vor, weil die ab dem Todeseintritt beginnenden hygienisch nachteiligen Veränderungen eines Tierkadavers überhaupt nicht festzustellen waren. Da tatsächliche nachteilige Veränderungen des Lebensmittels zwar nicht ganz auszuschließen waren, aber konkret nicht feststellbar sind, blieb das Merkmal des unsicheren Lebensmittels nicht deutlich hinter dem Normalfall zurück. Der Unrechtsgehalt erschöpft sich in dem formalen Aspekt, dass ein totes Unfalltier nicht vermarktet werden darf. Das Verschulden des Bf ist gering, weil er nicht verantwortungslos handelte, sondern nach seiner Erfahrung und Sachkenntnis den Tierkörper beurteilt und für qualitativ in Ordnung, ja so genusstauglich befunden hat, dass er ihn auch selber ohne Bedenken konsumiert hätte. Durch das kundige Organ wurde sein Urteil bestätigt. Die unterlassene Kennzeichnung mit „U“ geschah aus Unwissenheit und weil in der Jagdgesellschaft G diese Kennzeichnung nicht üblich war bzw auch noch keine klare Linie über die Führung des seit 1. April 2013 neu eingeführten Protollbuches herrschte. Eine Schulung hatte er auch noch nicht erhalten. Somit kann nur von einer gewissen Nachlässigkeit in der Informationsbeschaffung und im Umgang mit dem Protokollbuch, nicht aber von einer bewusst rechtsfeindlichen Gesinnung beim Bf die Rede sein. Im Übrigen liegen noch zwei Milderungsgründe und keine Erschwerungsgründe vor, was noch einmal auf eine geringe Strafzumessungsschuld beim Bf hinweist.

 

 

V. Im Ergebnis sind daher die Voraussetzungen des § 45 Abs 1 Z 4 VStG gegeben, weshalb von einer Strafe  abzusehen war. Da der in der schriftlichen Rechtfertigung vor der belangten Behörde vorgetragene Standpunkt des Bf zwar in mancher Hinsicht verständlich ist, aber anscheinend auch eine etwas zu wenig ausgeprägte Bereitschaft zur Selbstkritik und Weiterbildung beim Bf erkennen lässt, vertritt der erkennende Richter die Ansicht, dass es spezialpräventiv gemäß § 45 Abs 1 letzter Satz geboten erscheint, dem Bf unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eine Ermahnung zu erteilen, um ihn von der künftigen Begehung gleichartiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

 

Der Beschwerde war daher im Grunde des § 45 Abs 1 Z 4 VStG iVm § 38 VwGVG stattzugeben. Bei diesem Ergebnis entfällt sowohl die Verpflichtung zur Leistung eines Beitrags zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens (§ 66 Abs 1 VStG) als auch zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 52 Abs 9 VwGVG).

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs. Diese Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof  beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. W e i ß