LVwG-490050/2/Zo

Linz, 05.09.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Gottfried Zöbl über die Beschwerde des Dr. P S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P R, gegen den Bescheid der LPD Oberösterreich vom 5.7.2016, GZ: VStV-436886/2016, wegen Verhängung einer Zwangsstrafe nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG keine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid vom 5.7.2016, GZ: VStV-436886/2016, verhängte die Landespolizeidirektion Oberösterreich (im Folgenden: belangte Behörde) über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) eine Zwangsstrafe gemäß § 5 Verwal­tungsvollstreckungsgesetz 1991 – VVG wie folgt:

 

I. Bescheid über eine Zwangsstrafe

Mit Bescheid der LPDOÖ vom 7.4.2016, GZ: VStV-436886/2016 wurden Sie aufgefordert, die folgende auferlegte Verpflichtung zu erfüllen:

Unterlassung der Aufnahme des Betriebes des Lokales „x“ am Standort  L

Der Bescheid GZ: VStV-436886/2016 vom 7.4.2016 wurde Ihnen am 11.4.2016 zugestellt.

Es wird nunmehr die für den Fall der Wiederaufnahme des Betriebes angedrohte Zwangsstrafe über Sie verhängt:

Geldstrafe von

10.000 Euro

Rechtsgrundlage: § 5 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG)“

 

Dieser Bescheid wurde zusammengefasst damit begründet, dass die Schließung des o.a. Betriebes mit Bescheid vom 7.4.2016 angeordnet und am 6.5.2016 bereits eine Zwangsstrafe wegen Missachtens der Betriebsschließung verhängt worden sei. In diesem Bescheid sei gleichzeitig für den Fall der Wiederaufnahme des Betriebes die Verhängung einer weiteren Zwangsstrafe in Höhe von 10.000 € angedroht worden. Der Bescheid betreffend die Betriebsschließung sei am 11.4.2016 zugestellt worden und vollstreckbar, weil Beschwerden gegen Betriebsschließungsanordnungen gem. § 56a GSpG keine aufschiebende Wirkung haben. Bei einer Kontrolle am 2.7.2016 sei von Polizeibeamten festgestellt worden, dass das Lokal geöffnet gewesen sei und Personen an Automaten gespielt hätten.

 

I.2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde machte der Bf zusammengefasst geltend, dass die Betriebsschließung nicht mündlich verfügt und kein Betriebsschließungsbescheid wirksam zugestellt worden sei. Dieser sei ausschließlich dem damals noch nicht bevollmächtigten nunmehrigen Vertreter zugestellt worden. Die Betriebsschließung gelte daher ex lege als aufgehoben.

 

Der Bf sei nicht Betriebsinhaber des gegenständlichen Lokales, weshalb ein bescheidmäßiger Ausspruch ihm gegenüber keine Rechtswirkungen entfalten könne. Der Betrieb sei auch nicht von ihm wieder aufgenommen worden.

 

Die österreichischen Glücksspielnormen dürften wegen Verstoßes gegen EU-Recht nicht angewendet werden. Die Verhängung einer Zwangsstrafe zur Durchsetzung einer unionsrechtswidrigen Sanktion sei daher rechtswidrig.

 

I.3. Mit Schreiben vom 9.8.2016 legte die belangte Behörde die gegenständliche Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem
Oö. Landesverwaltungsgericht vor. Eine Beschwerdevorentscheidung wurde nicht erlassen. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt. Bereits aus diesem ergibt sich, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, weshalb eine öffentliche mündliche Verhandlung trotz eines entsprechenden Antrages nicht erforderlich ist.

 

I.4. Es steht folgender entscheidungsrelevante  S a c h v e r h a l t  fest:

 

Mit Bescheid vom 7.4.2016, GZ: VStV 436886/2016 wurde die Schließung des Lokales „x“ in L, mit Wirkung ab 7.4.2016 angeordnet. Dieser Bescheid wurde an den Bf als natürliche Person zu Handen seines Rechtsvertreters adressiert. Aus der Begründung ergibt sich jedoch, dass das Lokal von der A  betrieben wird und der Bf außenvertretungsbefugtes Organ dieses Unternehmens ist. Dem Bf wurde für den Fall der Wiederaufnahme des Betriebes eine Zwangsstrafe in Höhe von 10.000 Euro angedroht.

 

Bei einer Kontrolle des Lokales durch Polizeibeamte am 2.7.2016 wurde festgestellt, dass das Lokal geöffnet war. Es waren zwei Gäste anwesend, welche an Automaten spielten. Daraufhin erging der nunmehr angefochtene Bescheid.

 

II. Gemäß § 5 Abs. 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 – VVG, BGBl
Nr. 53/1991, zuletzt geändert durch BGBl I Nr. 3/2008, wird die Verpflichtung zu einer Duldung oder Unterlassung oder zu einer Handlung, die sich wegen ihrer eigentümlichen Beschaffenheit nicht durch einen Dritten bewerkstelligen lässt, dadurch vollstreckt, dass der Verpflichtete von der Vollstreckungsbehörde durch Geldstrafen oder durch Haft zur Erfüllung seiner Pflicht angehalten wird.

 

Gemäß § 5 Abs. 2 VVG hat die Vollstreckung mit der Androhung des für den Fall des Zuwiderhandelns oder der Säumnis zur Anwendung kommenden Nachteiles zu beginnen. Das angedrohte Zwangsmittel ist beim ersten Zuwiderhandeln oder nach fruchtlosem Ablauf der für die Vornahme der Handlung gesetzten Frist sofort zu vollziehen. Gleichzeitig ist für den Fall der Wiederholung oder des weiteren Verzuges ein stets schärferes Zwangsmittel anzudrohen. Ein ange­drohtes Zwangsmittel ist nicht mehr zu vollziehen, sobald der Verpflichtung ent­sprochen ist.

 

Gemäß § 5 Abs. 3 VVG dürfen die Zwangsmittel in jedem einzelnen Fall an Geld den Betrag von 726 Euro, an Haft die Dauer von vier Wochen nicht übersteigen.

 

Gemäß § 52a GSpG tritt für die Vollstreckung eines Bescheides nach diesem Bundesgesetz an die Stelle des im § 5 Abs. 3 VVG vorgesehenen Betrages der Betrag von 22.000 Euro.

 

Gemäß § 56a Abs. 3 Glücksspielgesetz – GSpG, BGBl Nr. 620/1989, zuletzt geändert durch BGBl I Nr. 112/2012, ist über eine Verfügung nach Abs. 1 (Betriebsschließung) binnen drei Tagen ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die Verfügung als aufgehoben gilt. (...)

 

Gemäß § 56a Abs. 5 GSpG kommt ordentlichen Rechtsmitteln gegen Bescheide über Verfügungen nach Abs. 1 (Betriebsschließungen) keine aufschiebende Wirkung zu.

 

III. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

III.1. Der Titelbescheid ist an den Bf als natürliche Person gerichtet. Aus der Begründung des Bescheides ergibt sich, dass das Lokal von der A, also einer juristischen Person, betrieben wurde. Der Bf ist zwar außenvertretungsbefugtes Organ dieses Unternehmens, es ist aber zwischen der juristischen Person und dem Bf als natürliche Person zu unterscheiden: Es handelt sich um verschiedene Rechtssubjekte, weshalb eine Anordnung, welche direkt an den Bf gerichtet ist, für die A als Betreiberin des Lokales keine Rechtswirkungen entfalten kann. Diese ist nicht Adressatin des Schließungsbescheides. Der Bf hingegen ist nicht Lokalbetreiber, die an ihn persönlich ergangene Anordnung der Betriebsschließung geht deshalb ins Leere. Er ist zwar Adressat des Bescheides, die im Bescheid ausgesprochene Verpflichtung betrifft ihn aber nicht. Er kann dieser Anordnung nicht Folge leisten, weil er das Lokal nicht betreibt. Der Umstand, dass er als vertretungsbefugtes Organ der tatsächlichen Lokalbetreiberin auf deren Verhalten Einfluss nehmen kann, ändert nichts daran, dass er selbst (als natürliche Person) das Lokal nicht betreibt und der nur ihm gegenüber ergangene Betriebsschließungsbescheid den Bf nicht verpflichten kann. Es kann daher auch die angedrohte Zwangsstrafe gegen den Bf nicht verhängt werden.

 

Der Vollständigkeit halber ist noch anzuführen, dass es sich bei der Zwangsstrafe nach § 5 VVG nicht um eine Verwaltungsstrafe handelt, weshalb diese – sofern das Handeln einer juristischen Person erzwungen werden soll – gegen die juristische Person selbst, nicht aber gegen deren vertretungsbefugte Organe zu verhängen ist. Die Bestimmungen des § 9 VStG sind nicht anzuwenden.

 

IV. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Unterscheidung zwischen natürlichen und juristischen Personen ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

 

Mag. Gottfried Zöbl