LVwG-550786/3/Kü/IH

Linz, 19.08.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde der X GesmbH, X, A vom 22. Februar 2016 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom
1. Februar 2016, GZ: BHRO-2015-168330/7, wegen Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes gemäß § 58 Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001

zu Recht    e r k a n n t :

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde teilweise Folge gegeben und der Spruch des bekämpften Bescheides wie folgt abgeändert:

 

„Der X GesmbH, X, A wird für das auf Grundstück Nr. X, KG X, Marktgemeinde A, in Holzbauweise auf Holzpfählen (mit einer Höhe von ca. 3 m) aufgestän­derte Baumhaus, mit einer Grundrissfläche von ca. 5 x 5 m, einem Satteldach, einer Firsthöhe von ca. 3,5 m (über Fußboden) und einer Traufenhöhe von ca. 2,2 m (über Fußboden) samt Aufgangsstiege und einer begehbaren südwestseitigen Terrasse mit einer Breite von ca. 3 m auf der gesamten Gebäudelänge und für den auf gleichem Grundstück über dem Xbach errichteten ca. 9 m langen und 1 m breiten Holzsteg aufgetragen, entweder

1.   bis spätestens 14. Oktober 2016 unter Vorlage entsprechender Projekts­unterlagen (zweifach) nachträglich um die erforderliche natur­schutz­behördliche Feststellung gemäß § 10 Oö. NSchG 2001 anzusuchen oder

2.   binnen sechs Monaten nach fruchtlosem Ablauf der unter 1. angeführten Frist bzw. nach rechtskräftiger Zurück- oder Abweisung des Feststel­lungs­antrages oder der Zurückziehung dieses Antrages das unter 1. beschrie­bene Baumhaus sowie den über den Xbach errichteten Holz­steg abzutragen und den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen sowie die im unmittelbaren Bereich des Baumhauses befindlichen Holz­abfälle und sonstigen Baustellenabfälle zu beseitigen.“

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid vom 1. Februar 2016, GZ: BHRO-2015-168330/7, hat die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach (im Folgenden: belangte Behörde) der Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) gestützt auf § 58 iVm § 10 Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 (Oö. NSchG 2001) Folgendes aufgetragen:

 

„Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes:

 

Der X Ges.m.b.H. (FN x) mit dem Sitz in der Marktgemeinde A, wird aufgetragen,

 

1.  das auf dem Grundstück X, KG X, Marktgemeinde A, konsenslos in Holzbauweise auf Holzpfählen (mit einer Höhe von ca. 3 m) aufgeständerte Baumhaus, mit einer Grundrissfläche von ca. 5 m x 5 m, einem Satteldach, einer Firsthöhe von ca. 3,5 m (über Fußboden) und einer Traufenhöhe von ca. 2,2 m (über Fußboden) - samt Aufgangsstiege und einer begehbaren südwestseitigen Terrasse mit einer Breite von ca. 3 m auf der gesamten Gebäudelänge

2.  den auf dem Grundstück X, KG X, Marktgemeinde A, über dem Xbach konsenslos errichteten, ca. 9 langen und ca. 1 m breiten Holzsteg,

bis spätestens 31.10.2016 abzutragen und den ursprünglichen Zustand wiederher­zustellen, sowie bis zum diesem Zeitpunkt

3. die im unmittelbaren Bereich des Baumhauses befindlichen Holzabfälle und sonstigen
Baustellenabfälle zu beseitigen.

 

Das Baumhaus und die Abfälle befinden sich am unmittelbaren Ufer zwischen Xbach und X, der Holzsteg wurde über den Xbach errichtet, allesamt im südöst­lichen Bereich des Grundstückes X, KG X, und sie stellen einen verbotenen Eingriff im 50 m Uferschutzbereich der X und des Xbaches bzw. im Bereich des Xbaches dar.

 

Der Entscheidung liegen Befund und Gutachten des Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz zu Grunde und sie sind ein wesentlicher Bestandteil dieses Bescheides.“

 

Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechts­grundlagen festgehalten, dass das gegenständliche Baumhaus samt Terrasse, die Steganlage und die Abfälle sich im unmittelbaren Uferbereich der X und des Xbaches befinden würden. Sie würden sich auch in keiner geschlos­senen Ortschaft und auch nicht in einem Gebiet, für das ein rechtswirksamer Bebauungsplan vorhanden sei, befinden. Eine naturschutzrechtliche Genehmi­gung nach § 10 Oö. NSchG 2001 liege nicht vor.

 

Im vorliegenden Fall sei die Möglichkeit des nachträglichen Feststellungs­ver­fahrens nach § 10 Oö. NSchG 2001 nicht einzuräumen, weil aufgrund der maßgeblichen Rechtslage eine solche nicht erteilt werden könne. Es fehle die nach § 38 Abs. 3b Oö. NSchG 2001 notwendige Voraussetzung der Widmungs­konformität für die  Durchführung eines naturschutzrechtlichen Feststellungsver­fahrens. Das Baumhaus liege auf Waldgrund und der Bezirksförster habe die bauliche Anlage mangels öffentlicher Interessen als unzulässige Anlage auf Waldgrund qualifiziert. Die ins Treffen geführten privaten Interessen am Vorhaben würden aufgrund der beschriebenen Rechtslage ins Leere gehen.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, in welcher beantragt wird, die Beseitigungsfrist bis Oktober 2018 zu verlängern. Da dieses Baumhaus den Jugendlichen sehr am Herzen liege, würde mit der Bitte herangetreten, in diesem Fall Gnade und Mitgefühl mit der Jugend vor Recht walten zu lassen. Mit Verlängerung der Beseitigungsfrist könnten die Erbauer wenigstens noch drei Sommer ihr Werk genießen. Die Benützung sei ja ohnedies nur in den Ferien (Urlaubszeit) möglich, da die Kinder Gott sei Dank zum Teil noch eine Schule besuchen bzw. in einem Arbeitsverhältnis stehen würden. Zu bemerken wäre noch, dass für die Plattform keine Bäume gefällt worden seien. Die Plattform sei nicht auf abgeschnittenen Baumstümpfen errichtet worden, sondern auf alten Elektromasten vom X.

 

3. Die belangte Behörde hat die Beschwerde samt Verfahrensakt mit Schreiben vom 29. Februar 2016 dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidungsfindung vorgelegt. Dieses hat gemäß § 2 VwGVG durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Ver­hand­lung konnte gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG abgesehen werden, weil eine solche nicht beantragt wurde und sich der Sachverhalt aus dem vorliegenden Verfahrensakt unstrittig ergibt.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Die Bf ist Eigentümerin des Grundstückes Nr. X, KG X. Im Jahr 2013 haben Jugendliche damit begonnen, auf diesem Grundstück im 50 m-Schutz­bereich der X ein Holzhaus zu errichten. Der Standort des Holzhauses befindet sich auf einer Landzunge zwischen dem Xbach und der X.

 

Vom Regionsbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz wurde am
16. Juli 2015 ein Lokalaugenschein durchgeführt und wird von ihm das Gebäude wie folgt beschrieben:

 

„Das Gebäude, in Holzbauweise errichtet, wurde aufgeständert, wobei die Aufständerung in der Mitte des Objektes rd. 2,5 m und in den jeweiligen Randbereichen hin zu den Flüssen auf Grund der topografischen Gegebenheiten eine Höhe von rd. 4 m aufweist. Zur Aufständerung bzw. als lastabtragende Bauteile wurden dabei vereinzelt Bäume in der jeweiligen Höhe abgeschnitten bzw. Stützkonstruktionen eingebaut und auch ganze Bäume zur Lastabtragung herangezogen. Das Objekt weist eine Grundrissfläche von rd.
5 x 5 m auf und wurde mit einem Satteldach abgedeckt, wobei die Firsthöhe rd. 3,5 m und die Traufenhöhe rd. 2,2 m aufweisen. An den jeweiligen Außenwänden wurden Fenster­flächen sowie eine Zutrittstüre eingebaut. Der Dachraum wurde als Lagerboden ausge­bildet. Die Fassaden mit einer vertikalen Holzverschalung verkleidet. Dem Objekt wurde eine Terrasse über die gesamte Gebäudelänge und einer Breite von rd. 3 m vorgelagert, zu der ein großzügiger Stiegenaufgang mit Zwischenpodest führt. Im Bereich der Aufstän­derung konnten diverse Lagerungen von Bau- sowie Restmaterialien vorgefunden werden sowie Pflasterungen in Form von Gesteinsblöcken.

Auf Grund der vorgefundenen Situation (Getränkeflaschen, Sitzgelegenheiten, Elektro­installationen u. ähnliche Einrichtungen) handelt es sich bei dem ggst. Objekt augen­schein­lich um eine Freizeitnutzung.

Überdies wurde über dem Xbach ein rd. 9 langer und rd. 1 m breiter Holzsteg errich­tet, über den der Zutritt zum Gebäude bzw. zur Grundfläche erfolgt.

Aus naturschutzfachlicher Sicht kann festgestellt werden, dass die Situierung des Objektes im schützenswerten Uferbereich der beiden Flüsse bzw. Bäche liegt, wobei die Landzunge ohnehin sehr schmal ausgebildet ist und das Objekt unmittelbar im schützenswerten Uferbereich beider Gerinne sich befindet. Das Landschaftsbild wird dabei hauptsächlich durch den bewaldeten Uferbereich bestimmt und ist auf Grund des dichten Bewuchses - vorwiegend aus Laubgehölzen wie Erlen und Eschen bestehend - die nordwestlich liegende Bebauung, die im eingeschränkten gemischten Baugebiet liegt, nicht einsehbar. Somit ist aus fachlicher Sicht klar, dass der ggst. Naturteilraum derzeit mit Ausnahme der Hütte völlig ohne bauliche Vorbelastungen und mit einem natur­belassenen Umfeld ausgestattet ist, sodass das Landschaftsbild durch das Gebäude sowie der dazugehörigen Nebenanlagen negativ beeinträchtigt wird.

Auch wird der schützenswerte Uferbereich der Flüsse nachteilig beeinflusst und kann das Bauvorhaben auch unter Vorschreibung von möglichen Auflagen nicht in Einklang mit den Zielsetzungen des Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 2001 gebracht werden.“

 

Eine naturschutzbehördliche Feststellung nach § 10 Oö. NSchG 2001 für dieses Holzhaus wurde von der Bf bei der belangten Behörde nicht beantragt.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Verfahrensakt sowie den erwähnten Gutachten und steht somit im Wesentlichen unbestritten fest.

 

 

II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

1. Rechtsgrundlagen:

 

Die im Fall maßgeblichen Bestimmungen des Oö. NSchG 2001,
LGBl. Nr. 129/2001 idF. LGBl. Nr. 92/2014, lauten auszugsweise wie folgt:

 

§ 3

Begriffsbestimmungen

 

Im Sinn dieses Landesgesetzes bedeutet: [...]

 

2.           Eingriff in das Landschaftsbild: eine Maßnahme von nicht nur vorüber­gehender Dauer, die zufolge ihres optischen Eindruckes das Landschaftsbild maßgeblich verändert; [...]

 

8.           Landschaftsbild: Bild einer Landschaft von jedem möglichen Blickpunkt zu Land, zu Wasser und in der Luft; [...]

 

10.         Naturhaushalt: Beziehungs- und Wirkungsgefüge der biotischen und abiotischen Faktoren der Natur; das sind Geologie, Klima, Boden, Oberflächen- und Boden­wasser, Sickerwasser, Grundwasser, Vegetation und dgl.; [...]

 

§ 10

Natur- und Landschaftsschutz im Bereich übriger Gewässer

 

(1) Der Natur- und Landschaftsschutz im Sinn dieser Bestimmungen gilt für folgende Bereiche:

....

2.           für sonstige Flüsse und Bäche (einschließlich ihrer gestauten Bereiche) und einen daran unmittelbar anschließenden 50 m breiten Geländestreifen, wenn sie in einer von der Landesregierung zu erlassenden Verordnung angeführt sind;

....

 

(2) In geschützten Bereichen gemäß Abs. 1 ist jeder Eingriff

1.           in das Landschaftsbild und

2.           im Grünland (§ 3 Z 6) in den Naturhaushalt

verboten, solang die Behörde nicht bescheidmäßig festgestellt hat, dass solche öffent­liche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden. Ausgenommen von diesem Verbot sind Eingriffe in geschlossenen Ortschaften oder in Gebieten, für die ein rechts­wirksamer Bebauungsplan (§ 31 Oö. Raumordnungsgesetz 1994) vorhanden ist.

 

(3) Die Landesregierung kann durch Verordnung feststellen, dass für bestimmte Eingriffe in das Landschaftsbild, in den Naturhaushalt oder für bestimmte örtliche Bereiche das Verbot gemäß Abs. 2 nicht gilt, weil solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden.

 

(4) § 9 Abs. 2, 3, 5, 6, 7 und 8 gilt sinngemäß.

 

§ 58

Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes

 

(1) Wenn ein bewilligungspflichtiges Vorhaben ohne eine nach diesem Landes­gesetz erforderliche Bewilligung verwirklicht oder wesentlich geändert wurde, ist der Person, die das Vorhaben ausgeführt hat oder ausführen hat lassen oder allenfalls subsi­diär die verfügungsberechtigte Person, von der Behörde unabhängig von einer allfälligen Bestrafung aufzutragen, entweder

1.           innerhalb einer nach den Umständen angemessenen Frist um die nachträgliche Erteilung der Bewilligung anzusuchen oder

2.           innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist, welche nach Wochen oder Monaten zu bestimmen ist, auf ihre Kosten den vorigen bzw. den bescheid­mäßigen Zustand wiederherzustellen oder, wenn dies tatsächlich nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand in einer Weise abzuändern, dass Natur und Landschaft möglichst wenig beeinträchtigt werden.

Die Möglichkeit nach Z 1 ist nicht einzuräumen, wenn nach der maßgeblichen Rechtslage eine Bewilligung nicht erteilt werden kann. In jedem Fall kann auch die unverzügliche Einstellung der weiteren Ausführung des Vorhabens bis zum Zeitpunkt der Erteilung einer allfälligen Bewilligung verfügt werden. (Anm: LGBl. Nr. 92/2014)

 

(2) Eine wesentliche Änderung im Sinn des Abs. 1 erster Satz ist jede Abwei­chung vom bewilligten Vorhaben, die ihrerseits bewilligungspflichtig gewesen wäre.

 

(3) Der Auftrag gemäß Abs. 1 Z 2 wird vollstreckbar, wenn innerhalb der gesetz­ten Frist kein Antrag nach Abs. 1 Z 1 gestellt wurde. Wenn gemäß Abs. 1 Z 1 um die nachträgliche Erteilung der Bewilligung angesucht, der Antrag aber zurückgezogen, zurück­gewiesen oder abgewiesen wurde, wird der Auftrag gemäß Abs. 1 Z 2 mit der Maßgabe vollstreckbar, dass die im Bescheid gemäß Abs. 1 Z 2 gesetzte Frist zur Herstel­lung eines bestimmten Zustandes mit der Rechtswirksamkeit der Zurückziehung oder der Zurückweisung oder Abweisung beginnt.

 

(4) Der Auftrag zur unverzüglichen Einstellung der weiteren Ausführung des Vorhabens bis zum Zeitpunkt der Erteilung einer allfälligen Bewilligung wird sofort voll­streckbar.

 

(5) Wird ein anzeigepflichtiges Vorhaben ohne die erforderliche Anzeige oder entgegen einem gemäß § 6 Abs. 4 erlassenen Bescheid verwirklicht oder wesentlich geändert, sind die Abs. 1 bis 4 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des Ansuchens gemäß Abs. 1 Z 1 die nachträgliche Anzeige tritt und die Frist gemäß Abs. 3 mit der Rechtskraft der Untersagung beginnt.

 

[....]

 

(8) Die Abs. 1 bis 7 sind sinngemäß bei widerrechtlichen Eingriffen in das Landschaftsbild oder in den Naturhaushalt gemäß den §§ 9 oder 10 und bei verbotenen Werbeeinrichtungen gemäß § 13 anzuwenden.“

 

Verordnung der Oö. Landesregierung vom 20. Dezember 1982 über den Landschaftsschutz im Bereich von Flüssen und Bächen, LGBl. Nr. 107/1982 idF. LGBl. Nr. 4/1987:

 

㤠1

 

(1) Der Landschaftsschutz im Sinne des § 6 des Oberösterreichischen Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1982 gilt für die in der Anlage angeführten Flüsse und Bäche (einschließlich ihrer gestauten Bereiche) und einen daran unmittelbar anschließenden
50 m breiten Geländestreifen.

 

(2) Abs. 1 gilt auch für jene Bäche, die in Seen münden oder die in die in der Anlage bezeichneten Flüsse und Bäche oder deren Zubringerbäche münden.

 

(3) Ausgenommen vom Geltungsbereich der Abs. 1 und 2 sind jene Bereiche, die in einem Gebiet liegen, für das durch eine Verordnung gemäß § 7 (Landschafts­schutz­gebiet) oder § 8 (geschützter Landschaftsteil) des Gesetzes ein besonderer Schutz vorge­sehen wird.“

 

Die Anlage zu § 1 Abs. 1 der Verordnung lautet:

 

„...

3. Einzugsgebiet linksufrig der Donau:

...

3.3. X

...“

 

2. Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung ist, dass die Errichtung des Baum­hauses sowie des 1 m breiten Holzsteges über den Xbach unter Bezug­nahme auf die Ausführungen des von der belangten Behörde beigezogenen Sachverständigen einen Eingriff in das Landschaftsbild darstellt, welcher der Feststellungspflicht gemäß § 10 Oö. NSchG 2001 unterliegt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hält in ständiger Judikatur fest, dass als Eingriff in das Landschaftsbild jede als menschlicher Eingriff in den geschützten Uferbereich augenscheinlich in Erscheinung tretende Maßnahme von nicht bloß vorüber­gehendem Charakter anzusehen ist (VwGH 19.12.1994, 93/10/0020).

 

Eine behördliche Feststellung gemäß § 10 Oö. NSchG 2001 für das Baumhaus bzw. den Holzsteg wurde von der Bf bislang nicht erwirkt. Die belangte Behörde hat daher zu Recht ein Verfahren nach § 58 Abs. 1 Oö. NSchG 2001, welches gemäß § 58 Abs. 8 leg. cit. auch bei feststellungspflichtigen Vorhaben anzu­wenden ist, eingeleitet.

 

3. Im Zuge der Novelle des Oö. NSchG 2001, LGBl. Nr. 35/2014, wurde § 58 leg. cit. zur Gänze neu erlassen, um insbesondere - auch in Anlehnung an die Judikatur des Verwaltungsgerichts­hofes (vgl. etwa VwGH 29.1.2009, 2007/10/0196) - klarzustellen, dass bewilligungs- oder anzeigelos verwirklichte Vorhaben nicht jedenfalls und unter allen Umständen „beseitigt“ werden müssen sondern, dass dem Betrof­fenen vor einer zwangsweisen Entfernung oder vor Wiederherstellung des gesetz­gemäßen Zustandes die Möglichkeit einzuräumen ist, im Rahmen eines ordentlichen Verfahrens sein Vorhaben durchzusetzen. Dem Betroffenen soll sohin ermöglicht werden, sein Projekt unter Vorlage diesbezüg­licher Unterlagen und insbesondere durch Vorbringen seiner einer Abwägung zu unterziehenden Interessen einer allfälligen positiven Behördenentscheidung zufüh­ren zu können.

 

§ 58 Abs. 1 letzter Absatz Oö. NSchG 2001 sieht vor, dass die Möglichkeit der nachträglichen Antragstellung dann nicht einzuräumen ist, wenn nach der maß­geblichen Rechtslage eine Bewilligung nicht erteilt werden kann. Zum Verständ­nis dieser Bestimmung führen die Gesetzesmaterialien zu § 58 Abs. 8
Oö. NSchG 2001 (Beilage 1051/2014 zu den Wortprotokollen des Oö. Landtags XXVII. Gesetzgebungs­periode) aus, dass bei verbotenen Werbeeinrichtungen gemäß § 13 im Rahmen der sinngemäßen Anwendung der Abs. 1 bis 6 des § 58 von vornherein nur ein Wiederherstellungsauftrag in Betracht kommt, da die Aufstel­lung schon von Gesetz wegen nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt und im Übrigen verboten ist; ein Alternativauftrag, wie ihn § 58 Abs. 1 vorsieht, daher gar nicht möglich ist. Der Begriff „maßgebliche Rechtslage“ im letzten Absatz des § 58 Abs. 1 Oö. NSchG 2001 ist demzufolge so zu verstehen, dass die Behörde nur dann auf einen Alternativauftrag verzichten darf, wenn das

Gesetz ausdrücklich vorsieht, dass ein Projekt nicht bewilligt werden kann, weil das Gesetz bestimmte Vorhaben ausdrücklich verbietet (vgl. § 13 Abs. 2
Oö. NSchG 2001) bzw. aus anderen rechtlichen Gründen (z.B. ein Vorhaben etwa bereits rechtskräftig ablehnend beschieden wurde oder aus sonstigen rechtlichen Gründen kein positiver Bescheid ergehen kann) eine Konsens­fähigkeit ausgeschlossen ist. Ansonsten ist der Vorstellung des Gesetzgebers zufolge dem Betroffenen die Mög­lichkeit einzuräumen, ein Bewilligungs-/Anzeige-/Feststel­lungs­­ver­fahren anstrengen zu können.

 

Die hier gegenständliche Bestimmung kann damit nicht dahingehend ausgelegt werden, dass das Ergebnis eines antragsbe­dürftigen Bewilligungs-/Anzeige-/Fest­stel­lungs­verfahrens, das auch eine Interessenabwägung zu beinhalten hat, im Wiederherstellungs­verfahren vorweggenommen wird, weil hierbei nicht Fragen der „maßgeblichen Rechtslage“, sondern Sachverhaltsfragen betroffen sind. Die Interessen des Betroffenen sind sohin nach Durchführung eines ent­sprechenden Ermittlungsverfahrens in einem ordentlichen (Administrativ‑)Verfahren zu beur­teilen, wobei der Betroffene das Recht hat, sich im Rahmen von Rechtsmittel­verfahren gegen die behördliche Entschei­dung zur Wehr zu setzen. Dies ist etwa auch im Hinblick darauf von Relevanz, dass selbst im Falle eines negativen naturschutzfachlichen Gutachtens eine für den Konsenswerber positive Erledi­gung nicht ausgeschlossen ist, wenn er Inter­essen geltend macht, die öffentliche Interessen am Natur- und Landschaftsschutz überwiegen.

 

Die Behörde hat sohin im Wiederherstellungsverfahren lediglich die allgemeinen Voraussetzungen der Bewilligungs-/Anzeige-/Feststellungspflicht zu prüfen und wenn diese zu bejahen sind, zunächst einen Alternativauftrag nach § 58
Oö. NSchG 2001 zu erlassen. Der Alternativauftrag dient der Verfahrens­ökonomie dahingehend, dass, sofern der Betroffene keinen Antrag stellt, sogleich die Entfernung zu folgen hat. Stellt er jedoch den Antrag, hat die Behörde das Verfahren abzuführen und kann die Alternative (Entfernungsauftrag) nur dann zum Tragen kommen, wenn die Voraussetzungen des § 58 Abs. 3 leg. cit. greifen.

 

4. Gegenständlich begründet die belangte Behörde das Unterbleiben des Alternativauftrages damit, dass im gegenständlichen Fall aufgrund der maßgeb­lichen Rechtslage eine nachträgliche Feststellung nach § 10 Oö. NSchG 2001 nicht erteilt werden kann, zumal der Nachweis der Widmungskonformität fehlt und zudem der Bezirksförster die bauliche Anlage auf Waldgrund mangels öffentlicher Interessen als unzulässige Anlage qualifiziert hat. Auch erwähnt die belangte Behörde, dass die angeführten privaten Interessen aufgrund der beschrie­benen Rechtslage ins Leere gehen.

 

Im Sinne der oben dargelegten Rechtslage und der Intentionen des Gesetzgebers ist es der Behörde aber verwehrt, im Verfahren nach § 58 Abs. 1
Oö. NSchG 2001 sogleich einen Entfernungsauftrag zu erlassen, auch wenn sie vordergründig aufgrund der bislang durchgeführten Erhebungen davon ausgeht, dass eine „Bewilligungsfähigkeit“ nicht gegeben ist.

 

Festzustellen ist, dass die Bestimmungen des Oö. NSchG 2001 ex lege nicht aus­schließen, für die Errichtung eines Holzhauses im 50 m-Schutzbereich eines geschützten Gewässers eine naturschutzbehördliche Feststellung beantragen zu können. Insofern ist nach der maßgeblichen Rechtslage eine naturschutzbehörd­liche Feststellung für das gegenständliche Objekt von Gesetzes wegen nicht ausge­schlossen. Im Sinne der Bestimmungen des Oö. NSchG 2001 ist somit der Bf im Rahmen des Verfahrens zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes die Möglichkeit der Antragstellung einzuräumen, zumal nur im Feststellungs­verfahren und nicht im Verfahren zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes eine Abwägung der Interessen des Natur- und Landschaftsschutzes sowie der privaten Interessen erfolgen kann.

 

In diesem Sinne war daher der Beschwerde teilweise Folge zu geben und der Bf unter entsprechender Fristsetzung die Möglichkeit der Antragstellung und somit der Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes auf diese Weise einzuräumen. Insofern war daher der Spruch der angefochtenen Entscheidung dahingehend zu korrigieren.

 

 

III. Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist zulässig, zumal zur Frage, wie die Begrifflichkeit „... nach der maßgeblichen Rechtslage eine Bewilligung nicht erteilt werden kann.“ (§ 58 Abs. 1 vorletzter Satz Oö. NSchG 2001) auszulegen ist, soweit ersichtlich, noch keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes existiert und deshalb nicht geklärt ist, ob diese Bestimmung im Sinne der Ansicht der belangten Behörde oder jener des Verwaltungsgerichtes auszulegen ist. Zumal diese Frage für alle derartigen Verfahren von Relevanz sein kann, stellt sie eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG dar, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzu­brin­gen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Thomas Kühberger