LVwG-700146/2/SR/SA

Linz, 31.03.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Christian Stierschneider über die Beschwerde der M R, geb. x, L, im Innenstadtbereich aufhältig, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 4. November 2015, GZ: VStV/915301131216/2015, wegen einer Übertretung des Oö. Polizeistrafgesetzes,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.         Gemäß § 52 VwGVG hat die Beschwerdeführerin einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 20 Euro zu leisten.

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision der Beschwerdeführerin an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4   B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.

 

1. Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich (in der Folge: belangte Behörde) vom 4. November 2015, GZ: VStV/915301131216/2015, wurde über die Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf) gemäß § 10 Abs. 1 lit. b Oö. Polizeistrafgesetz eine Geldstrafe in der Höhe von 100 Euro sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 50 Stunden verhängt.

 

Die belangte Behörde führt dabei folgenden Tatvorwurf an:

 

„Sie haben wie am 27.07.2015 um 11:11 Uhr in L, L.strasse 15 festgestellt wurde, in aufdringlicher oder aggressiver Weise durch Anfassen oder unaufgefordertes Begleiten oder Beschimpfen, um Geld oder geldwerte Sachen an einem öffentlichen Ort gebettelt. Es wurde festgestellt, dass Sie sich Passanten mit ausgestreckter Hand in den Weg stellten um so Geld zu erbetteln.

 

Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 1a Abs. 1 Oö. Polizeistrafgesetz

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist, Gemäß

Ersatzfreiheitsstrafe von

100,00 Euro 2 Tage(n) 2 Stunde(n) § 10 Abs. 1 lit. b Oö.

0 Minute(n) Polizeistrafgesetz“

 

Begründend führt die belangte Behörde ua. zunächst zum Sachverhalt aus:

 

„Der Tatbestand der Ihnen zur Last gelegten Verwaltungsübertretung ist durch die eigene dienstliche Wahrnehmung der Beamten des Ordnungsdienstes des Magistrates der Stadt Linz, der hierüber vorgelegten Anzeige vom 27.07.2015 sowie aufgrund des behördlich durchgeführten Ermittlungsverfahrens zweifelsfrei erwiesen.

Es steht daher fest, dass Sie die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung begangen haben.

Gegen die Strafverfügung vom 03.08.2015 erhoben Sie fristgerecht einen schriftlichen unbegründeten Einspruch.

 

Mit Aufforderung vom 23.09.2015 wurde Ihnen der gesamte Akteninhalt zur Kenntnis gebracht und wurden Sie zur Rechtfertigung binnen einer Frist von 2 Wochen aufgefordert. Gleichzeitig wurden Sie aufgefordert, die Ihrer Verteidigung dienlichen Beweismittel bekanntzugeben. Die Aufforderung zur Rechtfertigung enthielt gemäß § 42 Abs. 1 VStG die Androhung, dass das Strafverfahren ohne Ihre Anhörung durchgeführt wird, falls Sie dieser keine Folge leisten.

In Ihrer schriftlichen Rechtfertigung vom 16.10.2015 gaben Sie zu, zur angeführten Zeit mit ausgestreckter Hand gebettelt zu haben.

Gemäß § 1a Abs.1 Pol. StG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer in aufdringlicher oder aggressiver Weise, wie durch Anfassen oder unaufgefordertes Begleiten oder Beschimpfen, um Geld oder geldwerte Sachen an einem öffentlichen Ort bettelt oder von Ort zu Ort oder von Haus zu Haus umherzieht, um so zu betteln.

Gemäß § 10 Abs. 1 lit. b OÖ. Pol. StG sind Verwaltungsübertretungen gemäß § 1a Abs.3 Pol. StG mit Geldstrafe bis zu € 720,- zu bestrafen.

 

In der Sache selbst bestand für die erkennende Behörde keinerlei Anlass, an der Richtigkeit des angezeigten Sachverhaltes zu zweifeln, zumal dieser vom Meldungsleger in der Anzeige glaubwürdig und schlüssig geschildert wurde. Somit war für die erkennende Behörde erwiesen, dass Sie tatsächlich gegen die angeführte Bestimmung des OÖ. Polizeistrafgesetzes verstoßen haben, weshalb nun spruchgemäß zu entscheiden war.

Bei der Bemessung der Strafe wurde das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, berücksichtigt.

Die verhängte Geldstrafe entspricht dem Unrechts- und dem Schuldgehalt der Tat und erscheint der Behörde notwendig, Sie in Hinkunft von der Begehung derartiger Übertretungen abzuhalten.

Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit kam Ihnen nicht mehr zugute.

Bei der Strafbemessung wurde davon ausgegangen, dass Sie kein hierfür relevantes Vermögen besitzen und auch kein Einkommen beziehen.

Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.“

 

2. Gegen das in Rede stehende Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde der Bf vom 17.2.2016, worin wie folgt ausgeführt und beantragt wird:

 

„Gegen das Straferkenntnis der LPD Oberösterreich vom 04.11.2015 mit der GZ VstV/915301131216/2015 erhebe ich hiermit in der offenen Frist Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich wegen Gesetzwidrigkeit und stelle den Antrag, das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge das hier angefochtene Straferkenntnis aufheben und das gegen mich eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einstellen.

 

Zur Begründung führe ich aus:

Aufgrund der schwierigen finanziellen und wirtschaftlichen Lage in meiner Heimat Rumänien ist es mir nicht möglich, ein existenzsicherndes Einkommen zu erwerben. Auch in Österreich bin ich aufgrund eines Mangels an Arbeitsplätzen darauf angewiesen, mein Einkommen durch stilles (und somit erlaubtes) Betteln zu sichern.

Ich habe in L gebettelt, aber nicht aggressiv oder in der Absicht, Passantinnen zu irritieren oder stören. Ich bin mit ausgestreckter Hand gestanden, das ist korrekt. Allerdings ist diese Haltung meiner Ansicht nach nicht aggressiv, ich habe dabei niemanden belästigt.

Daher beschneidet mich die derzeitige gesetzliche Regelung in meinen Rechten - vor allem erlaubt sie mir nicht, von meinem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch zu machen.

Auf diesem Hintergrund ersuche ich, meiner Beschwerde Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.“

 

3. Mit Schreiben vom 9. März 2016 legte die belangte Behörde den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor.

 

 

II.

 

1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und das Beschwerdevorbringen. Gem. § 44 Abs. 3 VwGVG konnte von der Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt erweist sich insofern als unstrittig als die Bf sich zwar gegen die Form des aggressiven Verhaltens wendet, sie aber weder das Ausstrecken der Hand, noch das Begleiten in Abrede stellt und das Verhalten in dieser Art und Weise wahrgenommen und zur Anzeige gebracht wurde.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich stellt daher nachfolgenden Sachverhalt fest:

 

Die Bf hat am 27.7.2015 um 11:11 Uhr auf der L.straße in L gebettelt, indem sie sich mit ausgestreckter Hand Personen in den Weg gestellt und diese um Geld angebettelt hat. Darüber hinaus ist festzustellen, dass die Bf eine einschlägige Verwaltungsvorstrafe gegen sich gelten lassen muss.

 

III.

 

1. Gem. § 1a Abs. 1 Oö. Polizeistrafgesetz, LGBl 36/1979 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung (in der Folge: Oö. PolStG) begeht eine Verwaltungsübertretung, wer in aufdringlicher oder aggressiver Weise, wie durch Anfassen oder unaufgefordertes Begleiten oder Beschimpfen, um Geld oder geldwerte Sachen an einem öffentlichen Ort bettelt oder von Ort zu Ort oder von Haus zu Haus umherzieht, um so zu betteln, oder gewerbsmäßig oder als Beteiligter einer organisierten Gruppe in dieser Weise bettelt.

 

Gem. § 10 Oö. PolStG sind Verwaltungsübertretungen gemäß den §§ 1, 1a, § 2 Abs. 2 und § 3 Oö. PolStG von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, von der Landespolizeidirektion, bei Übertretungen nach § 1a Abs. 1, 3 und 4 und § 2 Abs. 2 Oö. PolStG mit Geldstrafe bis 720 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu einer Woche zu bestrafen.

 

2. Gem. § 1a Abs. 1 Oö. PolStG begeht auch diejenige Person eine Verwaltungsübertretung, die bloß in aufdringlicher Weise bettelt, auch wenn dieses Verhalten nicht aggressiv ist (arg. „...oder...“). Als in der Intensität beispielhafte Verhaltensweisen, werden das Anfassen, das unaufgeforderte Begleiten oder das Beschimpfen vom Gesetzgeber angeführt (Blg. 1172/2014 StenProt LT 27. GP, 3).

 

Die Grenze des Verwaltungsstraftatbestandes soll derart gezogen werden, dass nur ein passives, stilles Betteln zur Überbrückung einer persönlichen Notlage (inkl. der nahen Angehörigen) zulässig ist.

 

3. Vor diesem Hintergrund gilt es das Verhalten der Bf einzuordnen. Die Bf hat sich mit ausgestreckter Hand in den Weg von Passanten gestellt und diese um Geld an einem öffentlichen Ort angebettelt. Das Verhalten des in den Weg stellen mit ausgestreckter Hand, stellt sich nach Ansicht des erkennenden Gerichtes zwar nicht als eine aggressive Verhaltensweise dar, ist aber dem unaufgeforderten Begleiten iSd § 1a Abs. 1 Oö. PolStG gleichzuhalten und daher tatbildmäßig.

 

4. § 1a Abs. 1 Oö. PolStG stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Die Bf hat keine dem § 5 VStG entsprechende Glaubhaftmachung dargelegt und sind derartige Umstände auch nicht indiziert. Sohin ist die subjektive Tatseite als erfüllt anzusehen.

 

5. Mit ihrem weiteren Vorbringen vermag die Bf auch keinen Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund aufzuzeigen. Insbesondere der implizit angesprochene wirtschaftliche Notstand – sei es in direkter oder indirekter Form – vermag die Bf weder zu rechtfertigen noch zu entschuldigen (s dazu grundlegend Kienapfel/Höpfel/Kert, Strafrecht Allgemeiner Teil14, Z 12 Rz 10, 29 und Z 20 Rz 12 mwN).

 

6. Betreffend die Strafbemessung gilt es festzuhalten, dass diese von der Bf in ihrer Beschwerde nicht bekämpft wird (§ 27 VwGVG) und für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich auch keine Umstände ersichtlich sind von der Strafbemessung der belangten Behörde abzuweichen.

 

7. In diesem Sinn war der Bf auch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem LVwG in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe aufzuerlegen (vgl. § 52 VwGVG).

 

IV.

 

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde / der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Christian Stierschneider