LVwG-850598/4/Re/TO

Linz, 07.07.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Werner Reichenberger über die Beschwerde der x AG, x, S, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 7. April 2016, GZ: Ge10-117-2012, mit dem die Anzeige der Bestellung des Herrn A H M zum gewerbe­rechtlichen Geschäftsführer nicht zur Kenntnis genommen wird,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde im Grunde des § 345 Abs. 5 GewO 1994 als unbegründet abgewiesen und der bekämpfte Bescheid der Bezirks­hauptmannschaft Wels-Land bestätigt.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. 1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem Bescheid vom 7. April 2016, GZ: Ge10-117-2012, die Anzeige der Bestellung des Herrn A H M, geb. x, vom 8. Juli 2015 zum neuen gewerberechtlichen Geschäftsführer der x AG (vormals x B AG) nicht zur Kenntnis genommen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, das durchgeführte Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass gegen Herrn A H M ein Gewerbeausschlussgrund bestehe. Im deutschen Führungszeugnis des Bundesamtes für Justiz vom 23. Juni 2015 scheine eine Verurteilung des namhaft gemachten gewerberechtlichen Geschäftsführers mit einem Strafausmaß von 2 Jahren Freiheitsstrafe , rechtskräftig seit 7. Oktober 2008, auf, die noch nicht getilgt sei. Daher liege ein Gewerbeausschlussgrund gemäß § 13 Abs. 1 Gewerbeordnung 1994 vor.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat die x AG mit Schriftsatz vom 4. Mai 2016, einge­langt bei der belangten Behörde am 9. Mai 2016 und somit innerhalb offener Frist eingebracht, Beschwerde erhoben. Im Wesentlichen mit der Begründung, die Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land nach der erfolgten und im Firmenbuch verzeichneten Sitzverlegung der x AG nach S werde bestritten. Hinsichtlich der im Bescheid angeführten Verurteilung des Vorstandes wird darauf hingewiesen, dass die ausgesprochene Freiheitsstrafe von zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt und am 29. Oktober 2010 erlassen worden sei. Die belangte Behörde gehe irrtümlich davon aus, dass eine Verurteilung nur dann als getilgt anzusehen sei, wenn sie aus dem Führungszeugnis nicht mehr hervor­gehe. Eine solche Interpretation des Wortlautes von § 13 GewO greife aber zu kurz. Eine Tilgung sei auch aus dem Erlass einer Bewährungsstrafe zu sehen. Eine noch engere Auslegung - wie sie die belangte Börde vornehme - stehe jedoch dem Resozialisierungsgedanken entgegen. Festzuhalten sei, dass der Vor­stand seit Tatbegehung und auch seit Erlass der Bewährungsstrafe ein straffreies (Berufs)Leben geführt habe. Angemerkt wird zudem, dass der Vorstand durch das deutsche Gericht zu keinem Zeitpunkt mit einem Berufsverbot belegt gewe­sen sei. Seit Tatbegehung im Jahr 2008 habe er nahezu ununterbrochen Lei­tungsfunktionen in Kapitalgesellschaften wahrgenommen, die mit seiner heutigen Tätigkeit als Vorstand der x AG vergleichbar seien. Für diese ausgeübten Tätig­keiten könnten ergänzende Nachweise vorgelegt werden.

Es werde beantragt, den angefochtenen Untersagungsbescheid aufzuheben.

Sollte das Landesverwaltungsgericht dieser Beschwerde nicht folgen, werde ein Antrag auf Nachlass vom Gewerbeausschluss zu stellen sein.

 

3. Mit Schreiben vom 17. Mai 2016 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberöster­reich vor, das gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter berufen ist.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Ein­sichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt, insbesondere in das vom Bundes­amt für Justiz ausgestellte Führungszeugnis (x) vom 23. Juni 2015.

Da sich daraus bereits der entscheidungsrelevante Sachverhalt klären ließ und die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und der Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C83 vom 30. März 2010 S. 389, entgegenstehen, konnte, ungeachtet eines Parteienantra­ges, von einer Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 VwGVG abgesehen werden. Es waren ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen.

 

4.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungsrelevant:

 

Mit Eingabe vom 8. Juli 2015 ist die Anzeige der Geschäftsführerbestellung des Herrn A H M bei der belangten Behörde eingelangt.

Mit Schreiben vom 17. Juli 2015 wurde von der belangten Behörde mitgeteilt, dass die Geschäftsführerbestellung insofern unvollständig sei, als noch der Befähigungsnachweis für die Unternehmensberatung sowie das deutsche Führungszeugnis ausständig seien. Mit Schreiben vom 23. September 2015 wurde in dieser Angelegenheit gemäß § 13 Abs. 3 AVG ein Verbesserungsauftrag erteilt.

Mit Wirkung vom 1. Oktober 2015 wurde im Firmenbuch (Landesgericht x) die Sitzverlegung (Geschäftsanschrift) von der Adresse B, x nach S, x, eingetragen.

Das Führungszeugnis für Herrn A H M, das vom Bundesamt für Justiz, Bonn, ausgestellt wurde, ist am 2. November 2015 bei der belangten Behörde einge­langt.

Mit Urteil des Amtsgerichtes Hamburg-St. Georg vom 24. Juni 2008, rechtskräftig seit 7. Oktober 2008, wurde Herr M wegen des Betruges in 21 Fällen, in 15 Fällen davon in Tateinheit mit Urkundenfälschung, wegen versuchten Betrug in Tateinheit mit Urkundenfälschung sowie in vier Fällen wegen Beihilfe zum gewerbsmäßigen Computerbetrug in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten und gewerbsmäßigen Erbringens von Finanzdienstleistungen zu einer Frei­heitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die Strafe wurde mit Wirkung vom 29. Oktober 2010 und mit einer Bewährungszeit bis 6. Oktober 2011, später ab­gekürzt bis 6. Oktober 2010, erlassen. Weitere Einträge im Führungszeugnis betreffen Verurteilungen in den Jahren 2007, dreimal im Jahre 2012 und 2014, jeweils wegen Erschleichen von Leistungen, der letzte Eintrag wurde mit 22. Mai 2014 vom Amtsgericht Hamburg-Bergedorf ausgesprochen.

Die Strafen sind noch nicht getilgt.

Der x AG wurde von der belangten Behörde mit Schreiben vom 19. November 2015 nachweislich zur Kenntnis gebracht, dass gegen Herrn M ein Gewerbeaus­schlussgrund gemäß § 13 Abs. 1 GewO vorliegt.

 

Dem wurde mit Widerspruch vom 8. Dezember 2015 entgegnet, er sei Vorstand der x AG, nicht Geschäftsführer und nicht Gewerbetreibender. Die österreichische Gewerbeordnung werde zu Unrecht auf eine in Deutschland erfolgte Verurteilung angewendet. die Würdigung der sachbezogenen Umstände sei rechtsfehlerbehaf­tet.

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 7. April 2016, GZ: Ge10-117-2012, wurde festgestellt, dass die Bestellung des Herrn M zum gewerberechtlichen Geschäftsführer nicht zur Kenntnis genommen wird.

 

4.2. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich eindeutig aus dem vor­liegenden Akteninhalt.

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 13 Abs. 1 GewO sind natürliche Personen von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wenn sie

 

1.   von einem Gericht verurteilt worden sind

a)   wegen betrügerischen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen und Zuschlägen nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (§ 153d StGB), organisierter Schwarzarbeit (§ 153e StGB), betrügerischer Krida, Schädigung fremder Gläubiger, Begünstigung eines Gläubigers oder grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen (§§ 156 bis 159 StGB) oder

b)   wegen einer sonstigen strafbaren Handlung zu einer drei Monate überstei­genden Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe von mehr als 180 Tages­sätzen und

 

2.   die Verurteilung noch nicht getilgt ist.

 

Das Tilgungsgesetz bestimmt im § 7 (idF BGBl. I/40/2009) hinsichtlich auslän­discher Verurteilungen:

(1) Ausländische Verurteilungen stehen tilgungsrechtlich inländischen Verurtei­lungen gleich, wenn sie den Rechtsbrecher wegen einer Tat schuldig sprechen, die auch nach österreichischem Recht gerichtlich strafbar ist, und einem den Grundsatz des Art. 6 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschen­rechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, entsprechenden Verfahren er­gangen sind.

(2) Die Tilgungsfrist ausländischer Verurteilungen beginnt mit dem Tag, der sich ergibt, wenn man dem Tag ihrer Rechtskraft die Dauer der mit ihr ausgesproche­nen Freiheits- oder Ersatzfreiheitsstrafe oder der Summe dieser Strafen hinzu­rechnet. Ist keine Freiheits- oder Ersatzfreiheitsstrafe verhängt worden, so be­ginnt die Tilgungsfrist mit Rechtskraft der Verurteilung.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 3 leg.cit. beträgt die Tilgungsfrist bereits bei einmaliger Ver­urteilung zehn Jahre, wenn jemand zu einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr und höchstens drei Jahren verurteilt worden ist.

(Bei mehreren Verurteilungen verlängert sich die Frist gemäß § 4 unter Berück­sichtigung aller Verurteilungen.)

 

Gemäß § 345 Abs. 1 GewO 1994 gelten die Bestimmungen der Abs. 2 bis Abs. 5 für die nach diesem Bundesgesetz zu erstattenden Anzeigen, die bewirken, dass die Behörde Daten in das Gewerberegister neu einzutragen oder eingetragene Daten zu ändern hat.

 

Im Sinne des Abs. 2 sind Anzeigen, wenn nicht ausdrücklich anders normiert, bei der Bezirksverwaltungsbehörde des Standortes zu erstatten.

 

Nach Abs. 5 dieser Bestimmung hat die Behörde, bei der die Anzeige erstattet worden ist, wenn die jeweils geforderten Voraussetzungen nicht gegeben sind, dies - unbeschadet eines Verfahrens nach  § 366 Abs. 1 Z 1 - mit Bescheid fest­zustellen und die Maßnahme oder die Tätigkeit, die Gegenstand der Anzeige ist, zu untersagen.

 

5.2. Zum Beschwerdevorbringen betreffend die Zuständigkeit der Bezirkshaupt­mannschaft Wels-Land im Zusammenhang mit der erfolgten und im Firmenbuch verzeichneten Sitzverlegung der x AG nach S ist auf das Erkenntnis des Verwal­tungsgerichtshofes vom 26. Juni 2001, Zl. 2000/04/0202, zu verweisen. Darin wird festgehalten, dass der Ort, an dem das Unternehmen betrieben oder die Tätigkeit ausgeübt wird, im gewerberechtlichen Zusammenhang der Standort der Gewerbeberechtigung ist. So ist nach dieser Rechtsprechung gemäß § 3 Z 2 AVG jene Bezirksverwaltungsbehörde zuständig, in deren Sprengel der Standort (der Gewerbeberechtigung) liegt. Dagegen kommt es für den örtlichen Anknüpfungs­punkt nach § 3 Z 2 AVG nicht auf den Sitz des Unternehmens oder der tatsäch­lichen Betriebsführung an. Ausschlaggebend ist alleine der der Gewerbebehörde angemeldete bzw. angezeigte Standort der jeweiligen Gewerbeberechtigung, wie er auch im Gewerberegister eingetragen ist.

 

Im Übrigen hat gemäß § 345 Abs. 5 GewO 1994 die Behörde, bei der die Anzeige erstattet worden ist, wenn die geforderten Voraussetzungen nicht gegeben sind, dies mit Bescheid festzustellen und die Maßnahme, die Gegenstand der Anzeige ist, zu untersagen.

 

5.3. Aufgrund der durch das Amtsgericht Hamburg-St. Georg erfolgten Verur­teilung des Herrn A H M zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren (rechtskräftig seit 7. Oktober 2008) ist aus Sicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberöster­reich zweifelsfrei der Gewerbeausschlussgrund des § 13 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 als gegeben anzusehen und wurde von der belangten Behörde zu Recht - da diese Verurteilung noch nicht getilgt ist (Frist von mindestens 10 Jahren ab Rechtskraft) - die Bestellung des Herrn A H M zum gewerberechtlichen Geschäftsführer nicht zur Kenntnis genommen.

 

Dass Herr A H M Vorstand bzw. handelsrechtlicher Geschäftsführer der AG ist, ändert an dieser Beurteilung nichts, da er bei der Behörde zusätzlich als gewer­berechtlicher Geschäftsführer angezeigt wurde und sich der gegenständlich bekämpfte Bescheid nur auf diese gewerberechtliche Geschäftsführertätigkeit bezieht.

 

Soweit die Beschwerdeführerin in der Beschwerde eine Nachsicht anspricht, ist festzuhalten, dass die Nachsichterteilung bei der hierfür zuständigen Behörde zu beantragen wäre, im Beschwerdeverfahren jedoch nicht möglich ist.

 

5.4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung zu berücksichtigen. Zum jetzigen Zeitpunkt ist die von der belangten Behörde als Untersagungsgrund angeführte Verurteilung noch nicht getilgt. Die x AG wird darauf hingewiesen, dass nach Eintritt der Tilgung der von der belangten Behörde angegebene Ausschlussgrund nicht mehr vorliegt.

 

Insgesamt war somit auf Grund der dargelegten Sach- und Rechtslage wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtspre­chung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Reichenberger