LVwG-301026/13/Kl/SH

Linz, 27.07.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch die Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des E. T., x, D, D, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 3. Juni 2015, BZ-Pol-78034-2014, wegen einer Verwaltungs­übertretung nach dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG), nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 2. Juni 2016, folgenden

B E S C H L U S S

gefasst:

 

 

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungs­straf­verfahren eingestellt.

 

 

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG entfällt ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

 

III. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 3. Juni 2015, BZ-Pol-78034-2014, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 1.500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Wochen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 7i Abs. 2 iVm § 7d Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz – AVRAG verhängt, weil er als handels­rechtlicher Geschäftsführer und somit als iSd § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz zur Vertretung nach außen Berufener der Firma S. GmbH, x, D, zu verantworten hat, dass bei der Kontrolle am 13.02.2014 am x der Stadt Wels beim Aufbau des Messezelts die Lohnunterlagen nicht bereitgehalten wurden, obwohl jene Unter­lagen (Lohnunterlagen), die zur Überprüfung des von den Arbeitnehmern H. B., geb. x, K. A. A., geb. x und Y. D., geb. x, nach den österreichischen Rechtsvor­schriften gebührenden Entgelts erforderlich sind, in deutscher Sprache für die Dauer der Beschäftigung der Arbeitnehmer am Arbeits(Einsatz)ort bereit zu halten sind.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Widerspruch (gemeint wohl Beschwerde) eingebracht und die Einstellung des Verfahrens beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer keinen Auftrag in Wels zu bearbeiten hätte und die angeführten Personen nicht seine Mitarbeiter seien, sondern bei der x Zeltmontage, Inhaber C. K., x, R, beschäftigt seien.

 

3. Der Magistrat der Stadt Wels hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt am 20.04.2016 vorgelegt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat das zuständige Finanzamt Grieskirchen Wels am Verfahren beteiligt, welches in seiner Stellungnahme vom 2. Mai 2016 auf die Personenblätter in bulgarischer Sprache hinwies, wonach die angetroffenen Arbeiter als die Firma, für die sie derzeit arbeiten, die „S. GmbH D“ bzw. „S GmbH D. E. T.“ angaben. Weiters wurde ausgeführt: „Die Angaben in der Beschwerde decken sich auch dem wahren wirtschaftlichen Gehalt nach mit den vor Ort ermitteltem Sachverhalt, nämlich dass die betroffenen Arbeiter nicht für die Firma S GmbH direkt tätig waren, sondern durch diese an die Firma x überlassen wurden. Ein Gewerk zwischen diesen beiden Firmen wurde weder behauptet, noch aufgrund der vor Ort gelebten Verhältnisse amtlich wahrgenommen.“

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 2. Juni 2016, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden. Der Beschwerdeführer und die belangte Behörde sind nicht erschienen. Für das Finanzamt Grieskirchen Wels hat der als Zeuge geladene M. S. nach Zeugeneinvernahme teilgenommen. Eine Ladung an den Zeugen D. Y. konnte nicht zugestellt werden.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sach­verhalt als erwiesen fest und wurde der Ent­scheidung zugrunde gelegt:

 

Der Beschwerdeführer ist handels­rechtlicher Geschäftsführer der S GmbH mit Sitz in D, x, D. Als Unter­nehmensgegenstand führt die Firma unter anderem auch Zeltmontage an.

Am 13.02.2014 fand eine Kontrolle der Finanzpolizei am x Wels statt und wurden 17 Dienstnehmer, davon 10 EU/EWR-Angehörige und auch 7 Dritt­staats­angehörige von diversen deutschen Firmen beim Aufbau eines Messezeltes angetroffen. Keiner der Dienstnehmer konnte bei der Kontrolle Meldungen an die ZKO, A1-Dokumente, Arbeits- oder Dienstverträge, Lohnunterlagen, etc. vor­weisen. Die Dienstnehmer hatten lediglich persönliche Ausweisdokumente. Es hatte am x Wels die Firma T. AG einen Auftrag zur Auf­stellung eines Zeltes, wobei das Zelt ihr gehörte und auch Arbeitnehmer ihrer Firma beim Aufstellen beschäftigt waren. Es wurden aber auch Arbeiten an die Firma E. Montage GmbH mit Sitz in F, D, übertragen, welche selbst keine Arbeitnehmer hat. Die Firma E. Montage GmbH hat daher den Auftrag an Subfirmen weitergegeben. Es scheinen die Firmen B. GmbH mit Sitz in D, x C. K. mit Sitz in R und S GmbH mit Sitz in D auf. Die Arbeiter B. H., A. A. K. und D. Y., sämtliche bulgarische Staats­angehörige, füllten Personenblätter in bulgarischer Sprache aus und gaben dort als Firma die S GmbH D an. Der Arbeitnehmer H. war der Schrift nicht mächtig, gab aber dem Kontrollorgan ebenfalls die Firma S GmbH im Auftrag x Zeltmontage an. Nach den weiteren ausgefüllten Angaben begannen die Arbeitnehmer ihre Tätigkeit am 11.02.2014 und arbeiteten jeweils 10 Stunden pro Tag, wobei sie 10 Euro netto pro Stunde als Entlohnung angaben. Weiters bekommen sie Unterkunft. Nach der Wahrnehmung des Kontrollorganes waren sowohl die Arbeitnehmer der Firma T. als auch der Firmen B., S. GmbH und C. K. parallel beim Zeltaufbau beschäftigt, wobei gruppenweise je Firmenzugehörigkeit zusammen­gearbeitet wurde. Wie die Angaben „im Auftrag der x Zeltmontage“ zu beurteilen sind, und ob die genannten Arbeiter an die Firma C. K. überlassen wurden, konnte vom Kontrollorgan nicht angegeben werden. Ein Beschäftigungsverhältnis der genannten Arbeiter zur S GmbH kann daher nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden. Es ist nach der Angabe des Arbeiters H. auch eine Auftragsausführung durch x Zeltmontage und daher eine Arbeitskräfteüberlassung durch die S GmbH nicht ausgeschlossen.

 

4.2. Diese Feststellungen gründen sich auf die Anzeige, die vorgelegten Personenblätter und die Aussage des zeugenschaftlich einvernommenen Kontroll­organes. Im Übrigen ist auch auf die Stellungnahme des zuständigen Finanz­amtes vom 2. Mai 2016 hinzuweisen, wonach auch das Finanzamt von einer Arbeitskräfteüberlassung seitens der Firma S GmbH an die Firma C. K. ausgeht. Demnach wären – wie in der Beschwerde behauptet wurde – die Arbeiter zwar Arbeitnehmer der Firma S GmbH, jedoch werden sie im Auftrag der C. K. als Beschäftiger tätig und geht daher der Beschwerdeführer zu Recht von der Eigen­schaft der Arbeiter als Mitarbeiter der x Zeltmontage aus.

 

5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

5.1. Gemäß § 7d Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz – AVRAG, BGBl. Nr. 459/1993 idF BGBl. I Nr. 138/2013 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung) haben Arbeitgeber/innen iSd §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 jene Unterlagen, die zur Überprüfung des/dem/der Arbeitnehmer/in nach den österreichischen Rechts­vorschriften gebührenden Ent­gelts erforderlich sind (Lohnunterlagen), in deutscher Sprache für die Dauer der Beschäftigung der Arbeitnehmer/innen am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten (Abs. 1). Bei einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfte­überlassung trifft die Verpflichtung zur Bereithaltung der Lohnunterlagen den/die Beschäftiger/in, wobei der/die Überlasser/in dem/der Beschäftiger/in die Unterlagen bereitzustellen hat.

Gemäß § 7i Abs. 2 AVRAG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 500 Euro bis 5.000 Euro, im Wiederholungsfall von 1.000 Euro bis 10.000 Euro zu bestrafen, wer als Arbeitgeber/in iSd §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 oder als Beauftragte/r iSd § 7b Abs. 1 Z 4 entgegen § 7d die Lohnunterlagen nicht bereithält oder als Überlasser/in im Falle einer grenzüber­schreitenden Arbeitskräfteüberlassung die Lohnunterlagen dem/der Beschäftiger/in nicht bereitstellt.

 

5.2. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer der S GmbH vorgeworfen, dass Lohnunterlagen von ihm nicht bereitgehalten wurden. Die Pflicht des Bereit­haltens trifft gemäß § 7d Abs. 1 iVm § 7i Abs. 2 AVRAG den Arbeitgeber. Da aber iSd durchgeführten Beweisverfahrens nicht mit erforderlicher Sicherheit fest­gestellt werden konnte, ob der Beschwerdeführer namens der S GmbH als Arbeitgeber oder nur als Überlasser im konkreten Fall auftrat und zu belangen ist, der Überlasser aber gemäß § 7d Abs. 2 iVm § 7i Abs. 2 AVRAG lediglich die Lohnunterlagen bereitzustellen hat, die Pflicht zur Bereit­haltung der Lohnunterlagen aber in letzterem Fall den Beschäftiger, also konkret die x Zeltmontage betrifft, war im Zweifel das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG einzustellen.

 

6. Weil die Beschwerde Erfolg hatte, entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG.

 

7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s e

1. Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungs­ gerichtshof einzu­bringen.

 

2. Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenenEntscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Ilse Klempt