LVwG-601538/2/KOF/CG

Linz, 15.09.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Josef Kofler über die Beschwerde des Herrn R W C S, geb. 1948, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt F-M B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 16. August 2016,  GZ. VerkR96-3588-2015, wegen Übertretungen des KFG iVm der EG-VO 561/2006,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I./1.: - Zu Punkt 1. des behördlichen Straferkenntnisses:

Betreffend den Schuldspruch wird die Beschwerde abgewiesen.

Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Beschwerde insofern stattgegeben,
als die Geldstrafe auf 50 Euro und Ersatzfreiheitsstrafe auf 10 Stunden herab- bzw. festgesetzt wird. Der Kostenbeitrag für das behördliche Verwaltungsstrafverfahren beträgt 10 Euro.

 

I./2.: - Zu Punkt 2. des behördlichen Straferkenntnisses:

Von der Verhängung einer Strafe wird abgesehen. Der Beschwerdeführer hat weder eine Geldstrafe, noch Verfahrenskosten zu bezahlen.

 

I./3.: - Zu Punkt 3. des behördlichen Straferkenntnisses:

Hinsichtlich des Schuldspruch wird die Beschwerde abgewiesen.

Betreffend die Strafhöhe wird die Geldstrafe von 300 Euro bestätigt und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 60 Stunden herabgesetzt. Der Kostenbeitrag für das behördliche Verwaltungsstrafverfahren beträgt 30 Euro.

 

 

 

 

I./4.:

Für das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist gemäß § 52 Abs.8 VwGVG kein Verfahrenskostenbeitrag zu entrichten.

 

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4 B-VG nicht zulässig.

 

 

Der Beschwerdeführer hat somit insgesamt zu bezahlen:

-       Geldstrafe (50 + 0 + 300 =) ................................................. 350 Euro

-       Kosten für das behördliche Verwaltungsstrafverfahren .......... 40 Euro                                                                                                                                                                           

                                                                                                         390 Euro

Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt insgesamt 

(10 + 0 + 60 =) .................................................................... 70 Stunden.

    

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Die belange Behörde hat über den nunmehrigen Beschwerdeführer (Bf) das in der Präambel zitierte Straferkenntnis – auszugsweise – wie folgt erlassen:

 

Tatort: Gemeinde Spital am Pyhrn, Autobahn Richtung: Graz, Nr. 9 bei km 55.000.

Tatzeit: 11.04.2016, 09:19 Uhr.

Fahrzeuge:  Kennzeichen KLE-....., Sattelzugfahrzeug

                  Kennzeichen KLE-....., Sattelanhänger

 

Sie haben als Fahrer des angeführten Kraftfahrzeuges, welches zur Güterbeförderung
im Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen zulässige Höchstmasse einschließlich Sattelanhänger 3.5 t übersteigt, folgende Übertretungen begangen.

Es wurde festgestellt, dass ...

„1) Sie nicht innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der vorangegangenen täglichen Ruhezeit eine tägliche Ruhezeit von mindestens 9 zusammenhängenden Stunden eingehalten haben, wobei die zulässige 3-malige Verkürzung der Ruhezeit pro Woche auf jeweils 9 zusammenhängende Stunden berücksichtigt wurde. Beginn des 24-Stunden-zeitraumes am 16.03.2016 um 03:20:00 Uhr. Die unzureichende tägliche Ruhezeit von weniger als 9 Stunden, bei der die reduzierte tägliche Ruhezeit gestattet ist, betrug somit 08 Stunden und 34 Minuten. Dies stellt daher anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG i.d.g.F. einen geringfügigen Verstoß dar.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 134 Abs.1 KFG i.V.m. Art. 8 Abs.1 und 2 EG-VO 561/2006

 

 

 

 

2)   Sie nach einer Lenkdauer von 4,5 Stunden keine ununterbrochene Fahrtunterbrechung von mindestens 45 Minuten eingelegt haben, obwohl eine solche einzulegen ist, sofern der Fahrer keine Ruhezeit nimmt. Diese Unterbrechung kann durch eine Unterbrechung von mindestens 15 Minuten, gefolgt von einer Unterbrechung von mindestens 30 Minuten, ersetzt werden, die in die Lenkzeit so einzufügen sind, dass die Bestimmungen des Absatzes 1 des Artikel 7 der VO (EG) Nr. 561/2006 i.d.g.F. eingehalten werden.
o Am 04.04.2016 wurde von 05:17:00 Uhr bis 04.04.2016 um 15:31:00 Uhr erst
nach einer Lenkzeit von 08 Stunden 36 Minuten eine Lenkpause eingelegt, die die
Anforderung an eine ununterbrochene Fahrtunterbrechung erfüllt. Die Überschreitung der ununterbrochenen Lenkzeit betrug somit 04 Stunden und 06 Minuten.

Dies stellt daher anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG i.d.g.F.

einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar.

o Am 05.04.2016 wurde von 14:32:00 Uhr bis 05.04.2016 um 20:54:00 Uhr erst
nach einer Lenkzeit von 05 Stunden 34 Minuten eine Lenkpause eingelegt, die die Anforderung an eine ununterbrochene Fahrtunterbrechung erfüllt. Die Überschreitung
der ununterbrochenen Lenkzeit betrug somit 01 Stunden und 04 Minuten.

Dies stellt daher anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG i.d.g.F.

einen schwerwiegenden Verstoß dar.

o Am 10.04.2016 wurde von 22:46:00 Uhr bis 11.04.2016 um 09:18:00 Uhr erst
nach einer Lenkzeit von 05 Stunden 22 Minuten eine Lenkpause eingelegt, die die Anforderung an eine ununterbrochene Fahrtunterbrechung erfüllt. Die Überschreitung
der ununterbrochenen Lenkzeit betrug somit 00 Stunden und 52 Minuten.

Dies stellt daher anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG i.d.g.F.

einen schwerwiegenden Verstoß dar.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 134 Abs.1 KFG i.V.m. Art.7 EG-VO 561/2006

 

3)   Sie die im Artikel 6 Abs.5 EG-VO 561/2006 vorgeschriebenen Aufzeichnungen nicht durchgeführt haben, obwohl der Fahrer die Zeiten im Sinne des Artikels 4 Buchstabe e sowie alle Lenkzeiten in einem Fahrzeug, das für gewerbliche Zwecke außerhalb des Anwendungsbereichs der vorliegenden Verordnung verwendet wird, als andere Arbeiten festhalten muss. Ferner muss er die seit seiner letzten täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit verbrachten Bereitschaftszeiten im Sinne des Artikels 15 Absatz 3 Buchstabe c der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 festhalten.

Diese Zeiten sind entweder handschriftlich auf einem Schaublatt oder einem Ausdruck einzutragen oder manuell in das Kontrollgerät einzugeben. Keine manuelle Eintragung im Kontrollgerät am 11.04.2016 von 01:03 Uhr bis 05:28 Uhr.

Im angeführten Zeitraum wurden sonstige Arbeiten mit PKW durchgeführt.

Keine manuelle Eintragung im Kontrollgerät am 14.3., 15.3. 16.3, 18.3.- 29.3., 30.3., 31.3.-4.4., 5.4.-8.4., 8.4.-10.4.2016 Siehe Zeitstrahl Fahrerkarte S......!

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 134 Abs.1 KFG i.V.m. Art. 6 Abs.5 EG-VO 561/2006

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von            falls diese uneinbringlich ist,                             gemäß       

                                    Ersatzfreiheitsstrafe von 

                         

  80,00                                36 Stunden                                      § 134 Abs.1b KFG

400,00                              120 Stunden                                      § 134 Abs.1b KFG

300,00                              100 Stunden                                      § 134 Abs.1  KFG

 

 

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG zu zahlen:

10 + 40 + 30 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, mindestens jedoch 10,00 Euro (ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100,00 Euro);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher ............. 860 Euro.“

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bf innerhalb offener Frist eine begründete Beschwerde erhoben.

Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter (Art.135 Abs.1 1.Satz B-VG) erwogen:

4021 Linz, Fabrikstraße 32Gemäß § 44 Abs.3 Z3 VwGVG kann das LVwG von einer öffentlichen mündlichen Verhandlung (mVh) absehen, wenn

·     im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde  und

·     keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat,

    wobei der Bf diese in der Beschwerde zu beantragen hat.

 

Die "500 Euro Grenze" gilt für jede der im behördlichen Straferkenntnis angeführten Verwaltungsübertretungen und nicht für die Gesamtsumme der Strafen;

VwGH vom 29.07.2014, Ro 2014/02/0065 unter Verweis auf das Erkenntnis

          vom 18.03.2004, 2003/05/0201; vom 30.09.1993, 92/18/0118-RS 12;

vgl. auch die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band II, 2. Auflage, 

E5 und E6 zu § 51c VStG (Seite 1020 f) zitierten zahlreichen VwGH-Entscheidungen.

 

Eine weitere Voraussetzung für den Entfall der mVh ist, dass der Bf über die Möglichkeit einer Antragstellung belehrt wurde;

VwGH vom 14.12.2012, 2012/02/0221;  vom 11.09.2013, 2011/02/0072; vom 14.06.2012, 2011/10/0177;  vom 04.10.2012, 2010/09/0225; vom 22.02.2011, 2010/04/0123;  vom 19.03.2014, 2013/09/0167; vom 28.10.2015, 2013/10/0215;

vgl. VwGH vom 12.08.2010, 2008/10/0315  und vom 28.04.2004, 2003/03/0017

zu § 67d Abs.1 und Abs.3 erster Satz AVG idF vor der Novelle BGBl I Nr.33/2013.

         

Diese „Belehrung“ wurde in der Rechtsmittelbelehrung des behördlichen Straferkenntnisses vorgenommen:  "Sie haben das Recht, im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung zu beantragen.

Bitte beachten Sie, dass Sie auf Ihr Recht auf Durchführung einer Verhandlung verzichten, wenn Sie in der Beschwerde keinen solchen Antrag stellen.

 

Die Rechtsprechung des VwGH zum bisherigen § 51e VStG und zum bisherigen
§ 67d AVG ist auf § 44 VwGVG anzuwenden;

VwGH vom 17.06.2015,  Ra 2014/19/0171; vom 31.07.2014, Ra 2014/02/0011; vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, 0018; vom 23.10.2014, Ra 2014/11/0060

 

Da der – durch einen Rechtsanwalt vertretene – Bf in der Beschwerde eine mVh nicht beantragt hat, konnte diese entfallen.

 

Zu Punkt 1. des behördlichen Straferkenntnisses:

Dass der Bf nicht eine Ruhezeit von 9 Stunden, sondern nur 8 Stunden
34 Minuten eingehalten – und dadurch die gesetzlich erforderliche Ruhezeit um 26 Minuten verkürzt – hat ergibt sich aus der Auswertung aus der Fahrerkarte und wurde vom Bf in der Beschwerde auch nicht bestritten.

 

Aufgrund der geringen Einkommensverhältnisse des Bf ist es gerechtfertigt
und vertretbar, die Geldstrafe auf 50 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf
10 Stunden herab- bzw. festzusetzen.

 

Zu Punkt 2. des behördlichen Straferkenntnisses:

Gemäß Art. 7 EG-VO 561/2006 hat die Lenkpause/Lenkzeitunterbrechung
nach einer Lenkzeit von 4,5 Stunden mindestens zu betragen: 45 Minuten; Teilungsmöglichkeit in zwei Abschnitte:

1. Teil mindestens 15 Minuten; 2. Teil mindestens 30 Minuten

 

Der Bf hat folgende Lenkpausen/Lenkzeitunterbrechungen eingehalten:

-    4.4.2016 - ab 15.31 Uhr: 20 + 18 + 24 = insgesamt 62 Minuten

Die insgesamt erforderliche Lenkpause von 45 Minuten wurde somit eingehalten.

Die Verhängung der Mindeststrafe würde daher eine „unzumutbare Härte“ darstellen; VfGH vom 27.09.2002, G45/02 ua.

 

-  5.4. – ab 14.32 Uhr : 31 + 16 Minuten

Der Bf hat nicht eine Lenkpause von 15 + 30 Minuten, sondern

von 31 + 16 Minuten – somit in umgekehrter Reihenfolge – eingehalten.

Die Verhängung der Mindeststrafe würde daher auch in diesem Fall eine „unzumutbare Härte“ darstellen.

 

- 10.4. – ab 22.46 Uhr:

Betreffend den Zeitraum: 11.04.2016 von 01.03 bis 05.28 Uhr fehlt der manuelle Eintrag. – Dies wird ohnedies unter Punkt 3. bestraft.

Ob der Bf in diesem Zeitraum tatsächlich das Sattel-KFZ gelenkt und dadurch die ihm zur Last gelegte Nichteinhaltung der Ruhepausen begangen hat, kann nicht bewiesen werden.

 

Von der Verhängung einer Strafe wird daher abgesehen.

 

Zu Punkt 3. des behördlichen Straferkenntnisses:

Gemäß der Auswertung der Fahrerkarte fehlen in den im behördlichen Straferkenntnis angeführten Zeiträumen die manuellen Einträge.

Hinsichtlich des Schuldspruches war dadurch die Beschwerde abzuweisen.

 

Gemäß § 134 Abs.1b KFG beträgt die Mindest-Geldstrafe ................ 300 Euro.

Da die Behörde diese Mindeststrafe festgesetzt hat, ist deren Herabsetzung nicht möglich;  VwGH vom 23.03.2012, 2011/02/0244

 

Betreffend die Ersatzfreiheitsstrafe (EFS) beträgt – aufgrund der Strafobergrenze nach § 134 Abs.1 KFG – der „Umrechnungsschlüssel“: 5 Euro = 1 Stunde.

Die EFS wird daher auf 60 Stunden herabgesetzt.

 

Zu Punkte 1. – 3.:   

Gemäß § 52 Abs.8 VwGVG ist für das Verfahren vor dem LVwG OÖ.

kein Kostenbeitrag zu bezahlen.

 

 

II.           Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des VwGH.

Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag
der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim VfGH und/oder einer außerordentlichen Revision beim VwGH.

Eine Beschwerde an den VfGH ist unmittelbar bei diesem einzubringen,

eine Revision an den VwGH beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision
müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen.

Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

 

 

H i n w e i s e

 

·         Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim VwGH einzubringen.

 

·         Bitte erachten Sie den von der Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als gegenstandslos. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

Mag. Josef Kofler