LVwG-301122/2/Kü/TO

Linz, 21.09.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde von Frau U. A., x, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirks­hauptmannschaft Linz-Land vom 10. Mai 2016, GZ: SanRB96-36-2016, wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG)

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 365 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 56 Stunden herabgesetzt werden.

 

 

II.      Gemäß § 38 VwGVG iVm § 64 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) ermäßigt sich der Kostenbeitrag zum Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde auf 36,50 Euro; für das Beschwerde­verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat die Beschwerdeführerin gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.             1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 10.05.2016, GZ: SanRB96-36-2016, wurde über die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 33 iVm § 111 Abs. 1 Z 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) eine Geldstrafe iHv 730 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 112 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag von 73 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

„Sie haben es als Arbeitgeberin Ihres Massagestudios „x" mit Sitz in T, x, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass Sie als Dienstgeberin Frau R. D., geb. x, als Dienstnehmerin in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt (40,00 bis 100 Euro pro Massage) als Erotikmasseurin im Ausmaß von mehreren Stunden, zumindest von 29.1.2016 bis 15.2.2016, beschäftigt haben, ohne vor Arbeitsantritt (29.1.2016) eine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der Oö. Gebietskrankenkasse mit Sitz in 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger zu erstatten.

Dieser Sachverhalt wurde von Organen des Finanzamtes Linz am 15.2.2016 um ca. 16.00 Uhr beim oa. Massagestudio sowie durch eine niederschriftliche Einvernahme mit der oa. Person auf der Polizeiinspektion Traun, festgestellt.“

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrens­ganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass dem Strafverfahren ein Strafantrag der Finanzpolizei Team 40 für das Finanzamt Linz zugrunde liegt.

 

2. Dagegen richtet sich die gegenständliche Beschwerde, in der Folgendes (wortwörtlich wiedergegeben) vorgebracht wird:

„Die Beschwerde richtet sich:

1. Grundsätzlich gegen das im Erkenntnis vorgeworfene strafbare Verhalten.

2. Gegen die Höhe der Strafe.

3. Gegen die Höhe der Ersatzfreiheitstrafe im Falle der Uneinbringlichkeit.

Begründung:

Im Straferkenntnis vom 10.05.2016 wird mir vorgeworfen, dass ich Frau D. R., geb. am x, als Dienstnehmerin in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt als Erotikmasseurin im Ausmaß von mehreren Stunden, zumindest vom 29.01.2016 bis 15.02.2016 beschäftigt habe, ohne Sie vor Arbeitsantritt (29.01.2016) eine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der Oö. Gebietskrankenkasse zu erstatten.

 

Frau D. R. war laut Ihrer Niederschrift vom 15.02.2016 nur bis 10.02.2016 bei mir beschäftigt, allerdings nicht als Dienstnehmerin.

Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird.

Frau R. D. übte sexuelle Dienstleistungen aus. Solche sexuellen Dienstleistungen können gemäß EMRK nicht in persönlicher Abhängigkeit ausgeübt werden. Ich konnte Frau D. R. auch keine derartigen sittenwidrigen Weisungen erteilen, da sie im rechtlichen Sinne nicht nur verboten sondern auch rechtlich unzulässig sind. Frau D. R. musste sich in keinem Fall an solche Weisungen erhalten.

Selbst wenn man ein Dienstverhältnis unterstellen würde, würde dies nach derzeitigem Wissensstand von der Oö. Gebietskrankenkasse nicht akzeptiert werden und würde diese Anmeldung zurückgewiesen bzw. nicht bearbeitet werden.

Nachdem Frau D. R. daher nicht Dienstnehmerin im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG ist, kann ihr auch kein strafbares Verhalten vorgeworfen werden und ich beantrage daher die Einstellung des Strafverfahrens.

Sollte die Rechtsmittelbehörde dennoch zur Ansicht gelangen, dass ich gegen das Gesetz verstoßen habe, so beantrage ich die Reduktion der Strafe, da ich bisher nie im Sinne dieses Gesetzes straffällig geworden bin.

Außerdem ersuche ich um deutliche Reduktion der Ersatzfreistrafe, da ich derzeit kein Einkommen habe.“

 

3. Mit Schreiben vom 22.06.2016 legte die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land das eingebrachte Rechtsmittel samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vor, das gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzel­richter berufen ist. 

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Von einer Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden, da eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten ließ.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Die Bf ist Betreiberin des Massagestudios „x“ mit Standort in T, x. Die Räumlichkeiten sind angemietet.

Am 15.02.2016 wurde durch Organe der Finanzpolizei im Massagestudio eine Kontrolle durchgeführt. Da das Massagestudio jedoch nicht geöffnet war, wurde die Bf telefonisch ersucht sie möge den einschreitenden Organen Zutritt zum Studio zu gewähren. Die Bf teilte in diesem Telefongespräch mit, dass kein Betrieb mehr im Studio sei und sich die Finanzpolizei gerne davon überzeugen könne, sie jedoch zwischenzeitlich jemand organisieren müsse, der ihre minderjährigen Kinder beaufsichtige. Sie würde sich telefonisch melden, sobald sie von zu Hause wegkomme.

Ca. 30 Minuten nach diesem Telefongespräch wurde von der Finanzpolizei direkt vor dem Eingangsbereich des Massagestudios eine junge Frau mit Gepäck und gefüllter Einkaufstasche angetroffen. Diese hat sich als R. D. ausgewiesen und teilte mit, dass sie im Massagestudio arbeite und von der Bf kurz zuvor angerufen wurde. Dabei wurde sie aufgefordert ihre Sachen einzupacken, da sie woanders hingebracht werde.

Frau D. betrat dann gemeinsam mit der Finanzpolizei das Massagestudio, in dem einschlägige Gegenstände für sexuelle Dienstleistungen vorgefunden wurden und schilderte dabei kurz die im Studio ausgeführten Tätigkeiten.

Die niederschriftliche Einvernahme von Frau D. wurde von der Polizei­inspektion Traun vorgenommen. Dabei berichtete sie, dass das Studio zugleich Arbeitsstätte sowie „Schlafplatz“ war. Bereits am 1. Tag im Studio habe sie von der Bf die von ihr vorgegebenen Preise für diverse Tätigkeiten erhalten – die nach Zeiteinheiten sowie nichtsexuellen und sexuellen Leistungen gestaffelt waren. Davon habe sie je nach Handlung einen fixen Betrag an die Bf bezahlen müssen.

Die Kunden haben sich telefonisch bei der Bf gemeldet, die den Termin fixierte und dann Frau D. Bescheid gab. Die auf der Homepage des Massagestudios angegebene Telefonnummer, sowie die Telefonnummern, die in diversen Inseraten regionaler Zeitungen geschalten waren, gehörten der Bf. Sämtliche Außenwerbung wurde von der Bf betrieben.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ist im Grunde der im Akt aufliegenden Unterlagen, insbesondere der Niederschrift der Vernehmung der Zeugin erwiesen. Insbesondere bestanden für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich keine Anhaltspunkte, an diesen Aussagen zu zweifeln. Vielmehr standen die Aussagen auch im Einklang mit der Lebenserfahrung. Dies gilt auch hinsichtlich des Einschreitens der Kontrollorgane und ihrer Wahrnehmungen anlässlich der Amtshandlung.

 

 

II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

1. Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

Gemäß § 33 Abs. 2 ASVG gilt Abs. 1 für die nur in der Unfall- und Pensions­versicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit. a Versicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

 

Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind in der Kranken-, Unfall- und Pensions­versicherung die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer aufgrund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

 

Gemäß § 4 Abs. 2 1. Satz ASVG ist Dienstnehmer im Sinn dieses Bundes­gesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 4 Abs. 4 ASVG stehen den Dienstnehmern im Sinne dieses Bundes­gesetzes Personen gleich, die sich auf Grund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, und zwar für

1.   einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereiches (Vereinsziel usw.), mit Ausnahme der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe,

2.   eine Gebietskörperschaft oder eine sonstige juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. die von ihnen verwalteten Betriebe, Anstalten, Stiftungen oder Fonds (im Rahmen einer Teilrechtsfähigkeit),

wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im Wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen; es sei denn,

a)   dass sie auf Grund dieser Tätigkeit bereits nach § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 GSVG oder § 2 Abs. 1 BSVG oder nach § 2 Abs. 1 und 2 FSVG versichert sind oder

b)   dass es sich bei dieser Tätigkeit um eine (Neben-)Tätigkeit nach § 19 Abs. 1 Z 1 lit. f B-KUVG handelt oder

c)   dass eine selbständige Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zu einer der Kammern der freien Berufe begründet, ausgeübt wird oder

d)   dass es sich um eine Tätigkeit als Kunstschaffender, insbesondere als Künstler im Sinne des § 2 Abs. 1 des Künstler-Sozialversicherungs­fondsgesetzes, handelt.

 

Gemäß § 111 Abs. 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtige Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1.  Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2.   Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3.   Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeich­nungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß § 111 Abs. 2 ASVG ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis 5.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheits­strafen bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Gemäß § 539 a ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (z.B. Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend. Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre.

 

2. Der Verwaltungsgerichtshof führt in seinem Erkenntnis vom 24.4.2014, Zl. 2012/08/0081, aus:

„Dienstnehmer ist gemäß § 4 Abs. 2 ASVG, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer gemäß § 47 Abs. 1 iVm Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist. Die wirtschaft­liche Abhängigkeit, die ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel findet, ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21.02.2001, Zl. 96/08/0028).

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof weiters in ständiger Rechtsprechung hingewiesen hat, „ist eine Tätigkeit als Animierdame und Prostituierte in einem Bordell, Barbetrieb oder Nachtclub in der Regel in ähnlicher wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit erbracht wie in einem Arbeitsverhältnis. In einem solchen Fall ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis, zumindest aber von einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis im üblichen Sinne auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypische Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen werden (VwGH-Erkenntnis vom 14.01.2010, Zl. 2008/09/0067).

 

3. Der Bf wird im gegenständlichen Straferkenntnis vorgeworfen, sie habe als Dienstgeberin die namentlich angeführte r. Staatsbürgerin von 29.01.2016 bis 15.02.2016 als Dienstnehmerin in persönlicher und wirtschaft­licher Abhängigkeit gegen Entgelt ohne Anmeldung zur Sozialversicherung beschäftigt.

 

Im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes komme es für die Beurteilung, ob ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliege, auf das Gesamtbild und den wahren wirtschaftlichen Gehalt der konkret ausgeübten Tätigkeit an.

 

Unbestritten ist, dass von der Bf wesentliche „Betriebsmittel“, wie die Zurverfügungstellung der Räumlichkeiten samt Infrastruktur zur Ausübung der Massagen bzw. sexuellen Dienstleistungen stammten. Zudem wurden die nach Zeiteinheiten und ausgeübten Dienstleistungen gestaffelten Preise von der Bf fix vorgegeben. Frau D. hat auch im Studio gewohnt. Dieses unentgeltliche Wohnrecht, das diese während ihrer Tätigkeit genoss, ist bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Naturalentlohnung zu werten.

 

Für das Landesverwaltungsgericht steht daher fest, dass Frau D. Arbeitsleistungen für die Bf erbracht hat, die eine der Meldepflicht nach ASVG unterworfenen Beschäftigung darstellen. Der Bf ist die Erfüllung des objektiven Tatbestandes der gegenständlichen Verwaltungsübertretung anzulasten.

 

4. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinne der zitierten Bestimmungen ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Beschwerdeführer kein Entlastungsnachweis erbracht wird.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschwerdeführer initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweis­mitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaft­machung“ nicht aus.

 

Die Bf hat in ihrer Beschwerde vorgebracht, dass nach ihrem Wissensstand die OÖGKK ein Dienstverhältnis, in dem sexuelle Dienstleistungen ausgeübt werden, nicht akzeptieren würde und eine Meldung zur Sozialversicherung zurückweisen bzw. nicht bearbeiten würde. Sexuelle Dienstleistungen könnten gemäß EMRK nicht in persönlicher Abhängigkeit ausgeübt werden. Frau D. sei daher auch nicht Dienstnehmerin im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG und der Bf könne kein strafbares Verhalten vorgeworfen werden. 

 

Dazu darf auf einen Artikel in der Zeitschrift „Das Recht der Arbeit“ (DRdA) 02/2016, Seite 105, hingewiesen werden:

„Zusammenfassend ergibt sich, dass Weisungen im Kernbereich der Tätigkeit von Sexdienstleister/innen aufgrund Art 8 EMRK nicht möglich und teilweise auch gerichtlich strafbar sind. Allerdings kann auch bei Fehlen dieser Weisungs­befugnisse ein Arbeitsverhältnis vorliegen, wenn andere gewichtige Umstände dies ausreichend kompensieren, wie etwa Einflussnahme auf Arbeitszeit und Arbeitsort sowie die Einbindungen in die betriebliche Ordnungsstruktur. Problematisch ist in diesem Zusammenhang, dass nicht eindeutig klar- aber wohl anzunehmen ist, dass Weisungen betreffend Arbeitszeit und Arbeitsort rechtlich zulässig sind. Bei der Erbringung von Sexdienstleistungen ohne persönliche Abhängigkeit wird aber in aller Regel ein freier Dienstvertrag vorliegen. Sozialversicherungsrechtlich ist es unbeachtlich, ob ein gültiger Vertrag vorliegt, so dass bei Vorliegen (bzw bei Überwiegen) persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit - die in Bordellbetrieben und Laufhäusern wohl auch häufig gegeben ist - eine Vollversicherung nach § 4 Abs 2 ASVG gegeben ist.“

Insofern ergibt sich im gegenständlichen Fall keine Entlastung der Bf, sodass ihr zumindest fahrlässiges Verhalten anzulasten ist und sie daher die Verwaltungs­übertretung auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten hat.

 

5. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

 

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten der Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat bei der Strafbemessung strafmildernd die Unbescholtenheit der Bf nicht berücksichtigt. Hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse ging die belangte Behörde von einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.000 Euro und dem Nichtvorliegen von Sorgepflichten aus.

Im Beschwerdeverfahren ging hervor, dass die Bf kein Einkommen hat. Es war daher grundsätzlich von diesen Angaben auszugehen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf die Forderung, dass eine verantwortliche Person verpflichtet ist, sich mit den Bestimmungen über das ASVG vertraut zu machen, einem Nichtjuristen gegenüber nicht überspannt werden. Da zum Thema „sozialversicherungspflichtige Tätigkeiten bei SexualdienstleisterInnen“ kaum Judikatur zu finden ist, ist diese Thematik jedoch ohne juristische Vorkenntnisse weder einfach noch verständlich.

 

Es kann daher im vorliegenden Einzelfall von einem erheblichen Gewicht der Milderungsgründe, nämlich Unbescholtenheit und der Umstand, dass die Bf ihr Verhalten als erlaubt angesehen hat, ausgegangen werden, sodass im Einzelfall von der außerordentlichen Milderung gemäß § 20 VStG Gebrauch zu machen war.

 

Von einem geringfügigen Verschulden der Bf ist hingegen nicht auszugehen, da nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes diese Voraussetzung nur dann vorliegt, wenn das tatbildmäßige Verhalten weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt. Es war daher nicht mit Verfahrenseinstellung gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG vorzugehen.

 

In Anbetracht dieser Erwägungen konnte daher die Strafe auf die Hälfte des Mindestausmaßes, nämlich auf 365 Euro reduziert werden. Entsprechend war auch die Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 16 VStG auf 56 Stunden herabzusetzen.

 

6. Weil die Beschwerde zumindest teilweise Erfolg hatte, entfällt ein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG.

 

 

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Ent­scheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Thomas Kühberger