LVwG-601011/8/SE

Linz, 16.09.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag.a Sigrid Ellmer über die Beschwerde von Herrn A H, nunmehr H, vom 15. Juli 2015 gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 29. Juni 2015, GZ. VStV/914301376284/2014, wegen Nichterteilen der Lenkerauskunft

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG  wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von  30,-  Euro zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             1. Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich (kurz: belangte Behörde) vom 29. Juni 2015, GZ. VStV/914301376284/2014, wurde Herr A H, geb. am x 1956 (kurz: Beschwerdeführer) belangt, weil er als Zulassungsbesitzer der Auskunftspflicht, wer am 29. November 2014, um 17:19 Uhr, in Linz, Dinghoferstraße – Kreuzung Mozartstraße das auf ihn zugelassene Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen x gelenkt hat, nicht nachkam. Dadurch wurde § 103 Abs. 2 KFG 1967 verletzt und gemäß § 134 Abs. 1 KFG 1967 eine Geldstrafe von Euro 150,-, bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Stunden, verhängt.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in Höhe von Euro 15,- (10% der Strafe, mindestens jedoch Euro 10,-) verhängt.

 

Begründet wurde diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer in seiner Lenkerauskunft vom 10. Dezember 2014 keine Person namhaft gemacht habe. Die Strafhöhe sei tat- und schuldangemessen.

 

I. 2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer innerhalb offener Frist mit Schreiben vom 15. Juli 2015 das Rechtsmittel der Beschwerde. Der Beschwerdeführer wies darauf hin, dass mehrere Personen im Auto gewesen seien und ein Frontbild erforderlich sei. Er wendete auch noch die Nichterkennbarkeit einer Person ein.

 

I. 3. Die belangte Behörde hat die Beschwerde unter Anschluss des Verwaltungsstrafaktes mit Vorlageschreiben vom 24. August 2015, eingelangt am 28. August 2015, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidungsfindung vorgelegt (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1 B-VG iVm 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin.

 

 

II. 1. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt. Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt bereits nach der Aktenlage hinrei­chend geklärt war, konnte gemäß § 24 VwGVG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Es waren Rechtsfragen zu beurteilen, deren weitere Klärung durch eine mündliche Verhandlung auch nicht zu erwarten war. Ferner hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht gesondert beantragt.

 

 

II. 2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:    

 

Der Beschwerdeführer wurde mit Schreiben der belangten Behörde vom 10. Dezember 2014 als Zulassungsbesitzer aufgefordert binnen 2 Wochen ab Zustellung bekanntzugeben, wer das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen x am 29. November 2014 um 17:19 Uhr in Linz, Dinghoferstraße - Kreuzung Mozartstraße, gelenkt hat.

 

Der Beschwerdeführer gab folgende Auskunft: „Einspruch: Wir waren mehrere Leute im Auto; um zu wissen wer gefahren ist brauchen wir ein Frontbild.“

 

II. 3. Dieser Sachverhalt blieb unbestritten.

 

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

III. 1.  Anzuwendende Rechtsbestimmungen:

 

Die maßgeblichen Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG 1967), BGBl. Nr. 267/1967 in geltenden Fassung lauten:

 

§ 103. Pflichten des Zulassungsbesitzers eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers

 

[...]

 

(2) Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt hat [...] Kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; [...] Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

[...]

 

§ 134. Strafbestimmungen

 

(1) Wer diesem Bundesgesetz [...] zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5 000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

[...]“

 

III. 3. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt der Bestimmung des § 103 Abs. 2 KFG 1967 die Absicht des Gesetzgebers zu Grunde, sicherzustellen, dass der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers eines Fahrzeuges ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen; die auf Grund einer behördlichen Anfrage nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 erteilte Auskunft darf daher weder in sich widersprüchlich noch unklar sein, auch die Erteilung einer unrichtigen oder einer unvollständigen Auskunft ist der Nichterteilung einer Auskunft gleichzuhalten (VwGH vom 22.4.1994, Zl. 93/02/0255). Insofern wurde auch in dem – dem Beschwerdeführer zur Erfüllung seiner Auskunftspflicht zur Verfügung gestellten – Bekanntgabeformular für § 103 Abs. 2 KFG 1967 gefordert anzugeben, wo der Lenker wohnhaft ist. Die Wendung „wohnhaft“ ergibt eindeutig, dass hier die Angabe der Adresse samt Ort und Postleitzahl gefordert wird.

 

Der Beschwerdeführer hat keine konkrete Person namhaft gemacht, die zum angeführten Zeitpunkt sein Kraftfahrzeug gelenkt hat oder die Auskunft darüber erteilen hätte können.

 

Es ist aber die Pflicht eines Zulassungsbesitzers, dass er weiß, wann und an wen er sein Auto „verborgt“. Wenn er die Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden kann, sind diese Aufzeichnungen zu führen (vgl. VwGH vom 26.3.2012, Zl. 2011/03/0212).

Eine Verletzung der Auskunftspflicht iSd § 103 Abs. 2 KFG 1967 ist schon dann gegeben, wenn der Zulassungsbesitzer zwei oder mehrere Personen nennt, denen er das Lenken seines Kraftfahrzeuges überlassen hat (vgl. VwGH vom 25.2.2015, Zl. Ra 2014/02/0179).

 

Gemäß § 103 Abs. 2 zweiter Satz KFG 1967 müssen Auskünfte im Sinne dieser Gesetzesstelle den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten. Das Tatbild des § 103 Abs. 2 KFG 1967 ist (objektiv) schon dann erfüllt, wenn eine der beiden geforderten Qualifikationen der Lenkerauskunft (Name und/oder Adresse) nicht stimmen (vgl. VwGH vom 20.9.1989, Zl. 89/03/0068). Da der Beschwerdeführer keine Person namhaft gemacht hat, hat er somit § 103 Abs. 2 iVm § 134 Abs. 1 KFG 1967 objektiv erfüllt.

 

III. 4. Umstände, welche das Verschulden des Beschwerdeführers ausschließen würden, sind im Verfahren nicht hervorgekommen, weshalb gemäß § 38 VwGVG iVm § 5 Abs. 1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen und somit auch die subjektive Tatseite zu bejahen ist. Der Beschwerdeführer hat daher sein objektiv rechtswidriges Verhalten auch zu verantworten.

 

III. 5. Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Bei der Strafzumessung handelt es sich laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Demgemäß obliegt es der Behörde in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensausübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist.

 

Die Bedeutsamkeit der Bestimmung über die Verpflichtung zur Erteilung einer Lenkerauskunft hat der Gesetzgeber damit zum Ausdruck gebracht, dass ein Teil davon im Verfassungsrang erhoben und allfällige Verweigerungsrechte damit zurückgestellt wurden. Der Unrechtsgehalt solcher Verstöße ist daher nicht als unerheblich zu bezeichnen. Im konkreten Fall ist zu berücksichtigen, dass durch die nicht den Vorschriften erteilte Lenkerauskunft des Beschwerdeführers eine Ahndung des für die Lenkeranfrage Anlass gebenden Grunddelikts der „Geschwindigkeitsüberschreitung“ nicht möglich war und der betreffende Fahrzeuglenker verwaltungsstrafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden konnte. Vor diesem Hintergrund ist die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe als tat- und schuldangemessen anzusehen und aus spezialpräventiver Sicht in der entsprechenden Höhe erforderlich, um den Beschwerdeführer künftig von weiteren einschlägigen Tatbegehungen abzuhalten und entsprechend darauf hinzuweisen, dass die Einhaltung dieser kraftfahrrechtlichen Verpflichtung nach § 103 Abs. 2 KFG – im Besonderen für die Ahndung von Delikten im Straßenverkehr – von wesentlicher Bedeutung ist.

 

Vor diesem Hintergrund erachtet das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe in Höhe von 150 Euro tat- und schuldangemessen und aus spezialpräventiver Sicht in der festgesetzten Höhe erforderlich, um den Beschwerdeführer künftig von weiteren einschlägigen Tatbegehungen abzuhalten und entsprechend darauf hinzuweisen, dass jederzeit eine Lenkerauskunft erteilt werden kann und gegebenenfalls die notwendigen Vorkehrungen für die Erteilung einer Lenkerauskunft getroffen werden müssen, von wesentlicher Bedeutung ist. Auch aus dem Blickwinkel der Generalprävention steht dieser Strafzumessung nichts entgegen.

 

Dem Straferkenntnis der belangten Behörde war keine Rechtswidrigkeit anzulasten, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.

 

 

IV. Verfahrenskostenbeitrag (zu Spruchpunkt II):

Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens zu leisten hat. Dieser Beitrag ist  Abs. 2 leg. cit. zufolge für das Beschwerdeverfahren mit 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10 Euro zu bemessen. Im vorliegenden Fall war daher ein Betrag in der Höhe von 30 Euro vorzuschreiben.

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag.a Sigrid Ellmer