LVwG-301123/4/Kl/PP

Linz, 23.08.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde der A., x, M., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf vom 19. Mai 2016, SanRB96-74-2016, wegen Sicherheitsleistung nach dem Arbeits­vertragsrechts-Anpassungsgesetz – AVRAG

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf vom 19. Mai 2016, SanRB96-74-2016, wurde der Beschwerdeführerin aufgetragen, eine Sicherheitsleistung von 24.000 Euro binnen zwei Wochen nach Erhalt dieses Bescheides mittels beiliegendem Zahlschein bei sonstiger zwangsweiser Eintreibung zu überweisen. Von Organen der Abgabenbehörde Finanzpolizei Team 43 für das Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr in 4400 Steyr, Handel-Mazzetti-Promenade 14, wurde bei einer Kontrolle am 17. Mai 2016 um 11:30 Uhr in K., x, x festgestellt, dass begründeter Verdacht wegen Übertretungen nach § 7d Abs. 2 iVm § 7i Abs. 4 Z 2 AVRAG besteht und anzunehmen ist, dass der Strafvollzug wesentlich erschwert sein würde. Der Verdacht der Verwaltungsübertretungen nach § 7d Abs. 2 iVm § 7i Abs. 4 Z 2 AVRAG ist dadurch begründet, dass der Überlasser Firma W. Sp.z. o.o, x, W., P., ausländische Arbeitnehmer der A. überlassen hat, die Arbeiten für sie durchführten und Lohnunterlagen gemäß § 7d Abs. 2 AVRAG dieser sechs Arbeitnehmer nicht bereitgestellt hat.

Am 18. Mai 2016 wurde ein Zahlungsstopp verfügt und bei der Bezirkshaupt­mannschaft Kirchdorf die Erlegung einer Sicherheitsleistung von 24.000 Euro beantragt. Bei der Firma W. Sp.z. o.o handelt es sich um einen ausländischen Arbeitgeber ohne Sitz im Bundesgebiet. Die drohende Geldstrafe ist aufgrund der Vielzahl der Übertretungen so hoch, dass allein aufgrund der Höhe die Eintreibung als gefährdet erscheint.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und die Aufhebung des Bescheides über die Sicherheitsleistung beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass die eingemahnten Lohnunterlagen gemäß § 7d Abs. 2 AVRAG von sechs Dienstnehmern mit E-Mail vom 23. Mai 2016 an die Finanzpolizei Team 43 für das Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr zugestellt wurden.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf als belangte Behörde legte die Beschwerde samt dem angefochtenen Bescheid und Zahlungsstopp mit Vorlageschreiben vom 21. Juni 2016 dem Oö. Landesverwaltungsgericht vor. Es wurde die Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Eine öffentliche mündliche Verhandlung entfällt, weil bloß eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wurde und eine mündliche Verhandlung trotz ausdrücklicher Belehrung in der Rechtsmittelbelehrung nicht beantragt wurde (§ 44 Abs. 3 VwGVG).

 

4.1. Aufgrund der Aktenlage steht folgender Sachverhalt fest und wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

Im Zuge einer durch das Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr am 17. Mai 2016 um 11:30 Uhr durchgeführten Kontrolle in K., x, x, wurden Dienstnehmer der Firma W. Sp.z. o.o, W., P., welche ohne Sitz in Österreich ist, bei der Ausführung von Arbeiten angetroffen. Als Beschäftigerin fungierte die Firma A. Für die Dienstnehmer wurden vom grenzüberschreitenden Überlasser Lohnunterlagen nicht bereitgestellt. Eine vorläufige Sicherheit gemäß § 7l AVRAG konnte nicht festgesetzt und eingehoben werden. Das Höchstausmaß der angedrohten Geldstrafe in sechs Fällen beträgt 120.000 Euro. Am 17. Mai 2016 wurde vom Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr ein Zahlungsstopp gemäß § 7m Abs. 1 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz – AVRAG in der Höhe von 24.000 Euro (doppelte Mindeststrafe) gegen die Beschäftigerin in Bezug auf das der Arbeitskräfteüberlasserin noch zustehende Überlassungsentgelt verfügt. Am selben Tage wurde bei der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf die Erlegung einer Sicherheit in Höhe von 24.000 Euro durch die Beschäftigerin im Sinn von § 7m Abs. 3 AVRAG beantragt. Der Erlag der Sicherheit in Höhe von 24.000 Euro wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 19. Mai 2016 der Beschwerdeführerin aufgetragen.

 

5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

5.1. Gemäß § 7d Abs. 1 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz – AVRAG, BGBl. Nr. 459/1993 idF BGBl. I Nr. 44/2016, haben Arbeitgeber/innen im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 und 9 während des Zeitraums der Entsendung insgesamt (§ 7b Abs. 4 Z 6) den Arbeitsvertrag oder Dienstzettel (§ 7b Abs. 1 Z 4), Lohnzettel, Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege, Lohn­aufzeichnungen, Arbeitszeitaufzeichnungen und Unterlagen betreffend die Lohneinstufung zur Überprüfung des dem/der entsandten Arbeitnehmers/in für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts in deutscher Sprache am Arbeits(Einsatz)ort bereit­zuhalten, auch wenn die Beschäftigung des/der einzelnen Arbeitnehmers/in in Österreich früher geendet hat. Bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten sind die Lohnunterlagen am ersten Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten. Ist die Bereithaltung der Unterlagen am Arbeits(Einsatz)ort nicht zumutbar, sind die Unterlagen jedenfalls im Inland bereitzuhalten und der Abgabenbehörde auf Aufforderung nachweislich zu übermitteln, wobei die Unterlagen bis zum Ablauf des der Aufforderung zweitfolgenden Werktags abzusenden sind. Für die Übermittlung gebührt kein Ersatz der Aufwendungen.

Gemäß § 7d Abs. 2 AVRAG trifft bei einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfte­überlassung die Verpflichtung zur Bereithaltung der Lohnunterlagen den/die inländische/n Beschäftiger/in. Der/Die Überlasser/in hat dem/der Beschäftiger/in die Unterlagen nachweislich bereitzustellen.

Gemäß § 7i Abs. 4 Z 2 AVRAG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jede/n Arbeitnehmer/in mit einer Geldstrafe von 1.000 Euro bis 10.000 Euro, im Wiederholungsfall von 2.000 Euro bis 20.000 Euro, sind mehr als drei Arbeitnehmer/innen betroffen, für jede/n Arbeitnehmer/in von 2.000 Euro bis 20.000 Euro, im Wiederholungsfall von 4.000 Euro bis 50.000 Euro zu bestrafen, wer als Überlasser/in im Falle einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung nach Österreich entgegen § 7d Abs. 2 die Lohnunterlagen dem/der Beschäftiger/in nicht nachweislich bereit­stellt.

Gemäß § 7m Abs. 1 AVRAG können, wenn der begründete Verdacht einer Verwaltungsübertretung nach den §§ 7b Abs. 8, 7i oder 7k Abs. 4 vorliegt und aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass die Strafverfolgung oder der Strafvollzug aus Gründen, die in der Person des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin (Auftragnehmer/in) oder in der Person des Überlassers oder der Überlasserin liegen, unmöglich oder wesentlich erschwert sein wird, können die Organe der Abgabenbehörden in Verbindung mit den Erhebungen nach § 7f sowie die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse dem/der Auftraggeber/in, bei einer Überlassung dem/der Beschäftiger/in schriftlich auftragen, den noch zu leistenden Werklohn oder das noch zu leistende Überlassungsentgelt oder Teile davon nicht zu zahlen (Zahlungsstopp). Der Zahlungsstopp darf nicht höher sein als das Höchstmaß der angedrohten Geldstrafe. Die Organe der Abgaben­behörden sowie die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse dürfen einen Zahlungsstopp nur dann auftragen, wenn eine vorläufige Sicherheit nach § 7l nicht festgesetzt oder nicht eingehoben werden konnte.

Liegt der begründete Verdacht einer Verwaltungsübertretung nach den §§ 7b Abs. 8, 7i oder 7k Abs. 4 vor und ist auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Strafverfolgung oder der Strafvollzug aus Gründen, die in der Person des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin (Auftragnehmer/in) oder in der Person des Überlassers oder der Überlasserin liegen, unmöglich oder wesentlich erschwert sein werde, kann die Bezirksverwaltungsbehörde dem/der Auftraggeber/in, bei einer Überlassung dem/der Beschäftiger/in durch Bescheid auftragen, den noch zu leistenden Werklohn oder das noch zu leistende Überlassungsentgelt oder einen Teil davon als Sicherheit binnen einer angemessenen Frist zu erlegen. Die §§ 37 und 37a VStG sind in diesen Fällen, sofern in dieser Bestimmung nichts anderes vorgesehen ist, nicht anzuwenden. Mit Erlassung eines Bescheides fällt der Zahlungsstopp weg (Abs. 3).

Als Werklohn oder als Überlassungsentgelt gilt das gesamte für die Erfüllung des Auftrages oder der Überlassung zu leistende Entgelt (Abs. 4).

Die Überweisung nach Abs. 3 wirkt für den/die Auftraggeber/in oder den/die Beschäftiger/in gegenüber dem/der Auftragnehmer/in oder dem/der Überlasser/in im Ausmaß der Überweisung schuldbefreiend (Abs. 5).

Die Sicherheitsleistung darf nicht höher sein als das Höchstmaß der angedrohten Geldstrafe (Abs. 6).

 

5.2. Im angefochtenen Bescheid begründet die belangte Behörde den Erlag der Sicherheit damit, dass es sich bei der Überlasserin um einen ausländischen Arbeitgeber ohne Sitz im Bundesgebiet handelt. Aufgrund der Vielzahl der Übertretungen ist die drohende Geldstrafe so hoch, dass aufgrund der Höhe die Eintreibung als gefährdet erscheint.

Unbestritten waren Lohnunterlagen von sechs p. Dienstnehmern der Firma W. Sp.z. o.o am Kontrolltag nicht bereitgestellt, sondern wurden diese Unterlagen – wie auch die Beschwerde ausführt – erst am 23. Mai 2016 dem Kontrollorgan zugestellt. Es ist daher der Verdacht von Verwaltungsübertretungen gemäß § 7i AVRAG begründet. Die genannte Firma als Überlasserin hat ihren Sitz in P. Aufgrund des Umstandes, dass Lohnunterlagen von sechs Dienstnehmern nicht bereitgestellt wurden und hierfür eine Mindeststrafe gemäß § 7i Abs. 4 Z 2 AVRAG von mindestens 2.000 Euro und höchstens 20.000 Euro je Arbeitnehmer vorgesehen ist, ist dabei von einer bestimmten Tatsache auszugehen, dass ein Strafvollzug bei der Überlasserin unmöglich oder wesentlich erschwert sein könnte. Es sind daher wesentliche Voraussetzungen für den Auftrag zum Erlag einer Sicherheitsleistung gemäß § 7m Abs. 3 AVRAG erfüllt. Anhaltspunkte dafür, dass der noch zu leistende Werklohn oder das noch zu leistende Überlassungsentgelt überschritten würde, liegen nicht vor. Es war daher der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

Es ist auf § 7m Abs. 5 AVRAG hinzuweisen, wonach die Überweisung im Ausmaß der Überweisung schuldbefreiend wirkt.

 

6. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Ilse Klempt