LVwG-350217/2/Py/Gru

Linz, 27.09.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr.in Andrea Panny über die Beschwerde der Frau N.N., vertreten durch Rechtsanwältin Mag. E.H., B.B.A., x, W., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 30.11.2015, GZ: BHPE-2015-14255/8-AS, betreffend Kostenersatz nach dem Oö. Sozialhilfegesetz (Oö. SHG), den

 

 

B E S C H L U S S

gefasst:

 

 

I.          Der Beschwerde wird Folge gegeben und der Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG an die belangte Behörde zurückverwiesen.

 

 

II.         Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg (in der Folge: belangte Behörde) vom 30. November 2015, GZ: BHPE-2015-14255/8-AS, wurde ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf) gemäß §§ 48 und 52 Oö. Sozialhilfegesetz (Oö. SHG) dem Sozialhilfeverband P. (SHV P.), x, P., als Träger sozialer Hilfe im Bezirk P. für die Hilfe zur Sicherstellung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs des J.N. Kostenersatz in Höhe von insgesamt 7.200,-- Euro aus dem Vermögen zu leisten hat.

 

Begründend wird dazu zusammengefasst ausgeführt, dass der Großvater der Bf seit 18.10.2013 im S. B. untergebracht ist. Die diesbezüglich anfallenden Kosten können nicht aus dem eigenen Einkommen des Herrn J.N. bezahlt werden, weshalb der SHV P. die nicht gedeckten Unterbringungs- und Pflegekosten trägt. Diese nicht gedeckten Kosten betrugen für den Zeitraum 18.10.2013 bis 30.6.2015  43.084,53 Euro. Laut Niederschrift mit dem Vater der Bf vom 12.9.2014 übergab Herr J.N. seinem Sohn W.N. im September 2013 ein Sparbuch mit einem Wert von 15.114,15 Euro, mit dem Herr W.N. im Auftrag des Großvaters für die Bf und ihren Bruder einen Bausparvertrag bzw. ein Sparbuch mit einem Einlage­stand von jeweils 7.200,00,-- Euro einrichtete.

 

Dieser Betrag übersteigt das Achtfache des Netto-Ausgleichszulagen-Richtsatzes für Alleinstehende im Jahr 2013 (6.701,04 Euro), weshalb die Bf aufgrund dieser Schenkung zum Kostenersatz verpflichtet wird.

 

Da der Aufforderung, die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bekanntzugeben nicht Folge geleistet wurde, ist für den Betrag in dieser Höhe Ersatz zu leisten.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom 23. Dezember 2015. In dieser wird zusammengefasst vorgebracht, dass die Behörde nicht dargelegt hat, ob die von Herrn J.N. erhaltene Pension dem aushaftenden Betrag angerechnet wurde bzw. wie dieser errechnet wurde. Ferner unterließ es die Behörde darzulegen, ob die angeblich aushaftenden Kosten nicht ohnedies von Herrn J.N. bedient werden können und ob bei Rückzahlung des Betrages in Höhe 7.200,-- Euro eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz der Einschreiterin gegeben ist.

 

3. Mit Schreiben vom 16. Februar 2016 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt dem Oö. Landes­verwaltungsgericht vor, das zur Entscheidung durch seine nach der Geschäfts­verteilung zuständige Einzelrichterin berufen ist. Im Vorlageschreiben beantragt die belangte Behörde, die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen, in eventu gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Beschlusses an die belangte Behörde zurückzuverweisen (Widerspruch). Des Weiteren wird die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG entfallen, zumal die erforderlichen ergänzenden Sachverhalts­ermittlungen aufgrund des Widerspruchs der belangten Behörde im Vorlage­schreiben durch diese zu erfolgen haben.

 

4.1. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Dem Großvater der Bf, Herrn J.N., geb. x, wurde ab 1. Oktober 2013 soziale Hilfe nach dem Oö. Sozialhilfegesetz durch Unterbringung im Bezirksalten- und Pflegeheim S. B. des Sozialhilfeverbandes P. geleistet. Bei Antragstellung gab Herr J.N. an, dass seine Einkünfte und sein Vermögen nicht ausreichen, die Kosten für das Heimentgelt zur Gänze aus Eigenmitteln zu bestreiten.

 

Am 10.9.2014 sprechen der Vater der Bf, Herr W.N., und die Großmutter, Frau A.N., bei der belangten Behörde vor. Dabei geben sie zum gegenständlichen Sachverhalt an, dass Herr J.N. im Zusammenhang mit dem Verkauf und resultierend aus Treuhandgeldern von Mieten noch Forderungen in Höhe von ca. 220.000,-- Euro habe. Die Angelegenheit liege bei Gericht und wurde bisher noch nicht weiter verfolgt, da keine finanziellen Mittel für das teure Verfahren zur Verfügung stehen. Das Sparbuch Nr. x der R. G. wurde im September 2013 mit einem Wert von 15.114,15 Euro an den Vater der Bf übergeben. Davon wurde im Auftrag von J. und A.N. für die Kinder N. und P.N. jeweils um 7.200,-- Euro ein gesicherter Bausparvertrag (Sparbuch) eingerichtet, der als Grundkapital der von ihnen gegründeten Firma dient.

 

Mit Schreiben vom 30.7.2015 wurde der Bf vom Sozialhilfeverband P. schriftlich mitgeteilt, dass davon ausgegangen wird, dass sie vom Großvater im September 2013 einen Betrag von 7.200,-- Euro geschenkt bekommen habe und somit eine Schenkung des Empfängers sozialer Hilfe in den letzten fünf Jahren vor Beginn der Leistung sozialer Hilfe vorliegt, weshalb beabsichtigt ist, einen entsprechenden Kostenersatz in dieser Höhe bescheidmäßig vorzuschreiben. In diesem Zusammenhang wird sie aufgefordert, ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bekanntzugeben und ihr die Möglichkeit einer Stellungnahme innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eingeräumt. Über Ersuchen des Rechtsvertreters der Bf wurde diese Frist fernmündlich bis 5. Oktober 2015 verlängert.

 

Mit Schreiben vom 1. Oktober 2015 beantragte der Sozialhilfeverband P. bei der belangten Behörde die bescheidmäßige Erledigung des Kostenersatzes entsprechend § 52 Abs. 3 Oö. Sozialhilfegesetz in Höhe von 7.200,-- Euro.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus dem Akteninhalt.

 

5. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

5.1.  Gemäß § 45 Z. 5 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 (Oö. SHG 1998), LGBl.Nr. 82/1998 i.d.g.F. haben Personen, denen der Empfänger sozialer Hilfe Vermögen geschenkt oder sonst ohne entsprechende Gegenleistung übertragen hat, für die Kosten von Leistungen sozialer Hilfe, auf die ein Rechtsanspruch besteht, Ersatz zu leisten, soweit hiefür nicht bereits Kostenbeiträge nach § 9 Abs. 7 geleistet wurden oder solche ausgeschlossen sind.

 

Gemäß § 48 Abs. 1 Oö. SHG sind zum Ersatz der Kosten für soziale Hilfe auch Personen verpflichtet, denen der Empfänger sozialer Hilfe in den letzten 5 Jahren vor Beginn der Leistung sozialer Hilfe, während oder 3 Jahre nach deren Leistung Vermögen verschenkt oder sonst ohne entsprechende Gegenleistung übertragen hat, soweit der Wert des Vermögens das Achtfache des Netto-Ausgleichszulagen-Richtsatzes für Alleinstehende übersteigt; dies gilt auch für Schenkungen auf den Todesfall.

 

Gemäß § 48 Abs. 2 Oö. SHG ist die Ersatzpflicht nach Abs. 1 mit der Höhe des Geschenkwertes (Wert des ohne entsprechende Gegenleistung übernommenen Vermögens) begrenzt.

 

Gemäß § 52 Abs. 1 Oö. SHG dürfen Ansprüche gemäß §§ 45 - 49 nicht geltend gemacht werden, wenn dadurch die wirtschaftliche Existenz der leistungspflichtigen Person und der ihr gegenüber unterhaltsberechtigten Angehörigen sowie der Lebensgefährtin oder des Lebensgefährten bzw. der Lebenspartnerin oder des Lebenspartners gefährdet wird. Die Landesregierung kann nach Maßgabe der Aufgaben und Ziele dieses Landesgesetzes durch Verordnung nähere Bestimmungen über die Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz erlassen.

 

5.2.  Zunächst ist festzuhalten, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausspricht, dass die Bf „Kostenersatz für die Hilfe zur Sicherstellung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs“ des J.N. zu leisten hat. Im gegenständlichen Fall liegt aber keine bedarfsorientierte Mindestsicherungs­leistung an Herrn J.N., sondern eine solche nach dem Oö. SHG vor. Dass die Behörde die Bf verpflichten wollte, für die nicht gedeckten Kosten der Unterbringung und Pflege des Herrn J.N. im Bezirksalten- und Pflegeheim S. B. für den Zeitraum 18.10.2013 bis 30.6.2015 Ersatz zu leisten, geht aus dem Spruch der belangten Behörde nicht hervor und ist dieser insofern mangelhaft.

 

Zudem hat die belangte Behörde im Vorlageschreiben vom 16. Februar 2016 unter Hinweis auf § 28 Abs. 3 VwGVG von der Möglichkeit des Widerspruchs­rechts Gebrauch gemacht hat.

 

§ 28 Abs. 3 VwGVG bestimmt:

 

Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gem. Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

 

Die Bf spricht sich in ihrer Beschwerde gegen den vorgeschriebenen Rückersatz aus und begründet dies damit, dass die Behörde keinerlei Aufstellungen über die Höhe der ungedeckten Kosten vorlegte. Wenn die belangte Behörde dazu im Vorlageschreiben anführt, dass „auf Grund des Auszugs des Personenkontos des J.N. vom 16.07.2015 aus dem x“ eindeutig und nachweislich festzustellen ist, dass der Betrag in Höhe von 43.084,53 Euro aushaftet, so ist dem entgegenzuhalten, dass aus dem vorliegenden Akt nicht erkennbar ist, dass der Bf eine entsprechende Aufstellung zugegangen ist. Zum Sparbuch Nr. x der R. G. sowie den Eigentumsverhältnissen an dessen Sparguthaben wird darauf hingewiesen, dass die belangte Behörde am 12. September 2014 aufgrund der Vorsprache von Frau A.N. und Herrn W.N. anführt, dass „im Auftrag von J. u. A.N.“ die je 7.200,-- Euro an die Enkel übergeben wurden. Hinsichtlich des Eigentums am gegenständlichen Sparbuch sind daher ebenso wie hinsichtlich der Vermögens­situation der Frau N.N. iSd § 52 Abs. 1 Oö. SHG ergänzende Erhebungen erforderlich, zumal die belangte Behörde ihre beweiswürdigenden Überlegungen dazu erst im Rahmen der Vorlageschreibens angibt. Dass auch die belangte Behörde von der Notwendigkeit weiterer Sachverhaltserhebungen ausgeht, ist aus deren Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Oö. Landesverwaltungsgericht erkennbar. Aufgrund des von der belangten Behörde erhobenen Widerspruchs sind diese jedoch nicht durch das erkennende Gericht, sondern durch die belangte Behörde vorzunehmen, zumal aufgrund der bereits vorangegangenen Ermittlungsschritte die ausstehenden Erhebungen durch die belangte Behörde wesentlich rascher und einfacher als durch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgenommen werden können. 

 

Der angefochtene Bescheid war daher zu beheben und zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

 

 

II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr.in Andrea Panny