LVwG-550954/2/KLe

Linz, 13.09.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Maga. Karin Lederer über die Beschwerde der x-gesellschaft S, vertreten durch x-leiter H L, x, S gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 30. Mai 2016, GZ: Agrar01-2-2016, den

B E S C H L U S S

gefasst:

 

 

I.         Der Beschwerde wird stattgegeben, Spruchpunkt a) des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 30. Mai 2016, GZ: Agrar01-2-2016, aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlas­sung eines neuen Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG an die Bezirkshauptmannschaft Gmunden zurückverwiesen.

 

II.      Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit Bescheid vom 30. Mai 2016, GZ: Agrar01-2-2016, im Spruchpunkt a) den vom Jagdausübungs­berechtigten erstellten Abschussplan „hinsichtlich Rotwild festgesetzt (Abschuss­zahlen entsprechend Spalte D) ohne Hirsche der Klassen I und II“. Begründet wurde dies damit, dass der Bezirksjagdbeirat Gmunden ausdrücklich gefordert habe, dass der Reduktionsabschuss beim Rotwild vorwiegend über das weibliche Wild zu erfolgen habe. Der Abschuss von Hirschen der Klasse I und der Klasse II sei daher im Jagdjahr 2016/2017 nicht erlaubt.

 

Der Abschussplan 2016/2017 wurde für das Rotwild wie folgt angezeigt bzw. festgesetzt:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Rotwild

Hirsche

Alttiere

Einjährige

Kälber

Summe

männl.

männl.

weibl.

weibl.

A

Summen laut Ab­schuss­listen der letzten drei Jahre

durchgef. Abschuss

2013/2014

3

 

4

1

9

1

 

durchgef. Abschuss 2014/2015

2

 

 

 

3

 

1

durchgef. Abschuss

2015/2016

1

1

 

1

4

 

1

B

Abschussplan Vorjahr

 

 

 

 

 

 

 

C

angezeigter

Abschussplan

2016/2017

1 Kl II

Reduktion

D festgesetzter Abschussplan

R

Erforderliche Ab-

Kl. I max.

 

 

schussverteilung

KL II   max./min.

 

 

bei männl.

Wild und

Kl. III einjährig min. ....................................

 

weibl. Gamswild

Kl. III mehrjährig max. ................................

 

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, mit der beantragt wird, den Bescheid aufzuheben.

 

Begründend wurde Folgendes ausgeführt:

 

„In dem angeführten Bescheid wurde der beantragte Abschuss 1 Rothirsches der Klasse II abgelehnt. Begründet wurde dies ausschließlich mit der Forderung des Bezirksjagdbeirates, dass der Reduktionsabschuss vorwiegend über das weibliche Wild zu erfolgen hat.

Nach dem Oö. Jagdgesetz hat die Behörde nur dann den Abschussplan mit Bescheid festzusetzen, wenn gegen den angezeigten Abschussplan vom Stand­punkt der Interessen der Jagdwirtschaft oder der Landeskultur Bedenken beste­hen.

In dem angeführten Bescheid wurden aber derartige Bedenken in keiner Weise angeführt. Die Jagdbehörde hätte lt. VWGH zu prüfen, wie hoch die wünschens­werte Wilddichte und der tatsächliche Wildstand sind und weiters zu prüfen, welches Wild zum Abschuss bestimmt werden soll. Diese Prüfung erfolgte nicht.

Der Abschuss eines einzelnen Hirsches der Kl. II kann aber weder die Interessen der Jägerschaft noch der Landeskultur beeinträchtigen.

Unsere Jagdfläche beträgt rd. 3600 ha, wovon rd. 50 % rotwildtauglich sind. Sie grenzt unmittelbar an das Gemeindegebiet G mit rd. 20 000 ha an. Unter Berücksichtigung dieser Fläche kann der Abschuss eines einzelnen Stückes keinen Einfluss haben. Der Abschuss eines Rothirsches der Kl II hat keine Auswirkungen auf die Sozialstruktur des Rotwildes.

Weiters wird angeführt, dass in wesentlich kleineren Jagden in der Nachbar­gemeinde, gegen derartige Abschüsse keine Bedenken bestehen. Dies wider­spricht der Gleichbehandlung.

Auch bestanden in den letzten Jahren gegen unseren Abschussplan keine Beden­ken. Die Abänderung 2016 ist daher nicht verständlich.

Die Forderung des Bezirksjagdbeirates nach einem Reduktionsabschuss über das weibliche Wild ist allgemein gültig und wird auch durch den von uns beantragten Reduktionsabschuss berücksichtigt. Sie hat aber nichts mit dem Abschuss eines Hirsches der Kl II zu tun und kann auch nicht als Bescheidbegründung verwendet werden.“

 

Mit Schreiben vom 29. August 2016, eingelangt am 8. September 2016, legte die belangte Behörde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt vor.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgen­des erwogen:

 

Gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 und 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kosten­ersparnis verbunden ist.

 

Gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefoch­tenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde die notwendigen Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungs­gericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

 

§ 50 Oö. Jagdgesetz:

 

(1) Der Abschuss von Schalenwild (mit Ausnahme des Schwarzwildes) ist nur auf Grund und im Rahmen eines Abschussplans zulässig. Die Abschussplanzahlen gelten als Mindestabschuss, sofern nicht durch Verordnung gemäß Abs. 5 im Interesse der Jagdwirtschaft für einzelne Wildarten und Wildklassen Abweichen­des festgelegt ist. […]

(3) Bestehen gegen den Abschussplan vom Standpunkt der Interessen der Jagd­wirtschaft und der Landeskultur Bedenken, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde nach Anhören des Jagdausschusses und des Bezirksjagdbeirats den Abschussplan festzusetzen. Erfolgt diese Festsetzung nicht binnen acht Wochen ab Einlangen bei der Bezirksverwaltungsbehörde, gilt der angezeigte Abschussplan. […]

(5) Die Landesregierung hat durch Verordnung nähere Vorschriften über den Abschussplan, insbesondere über dessen Erstellung, Anzeige und Durchführung zu erlassen; sie hat im Rahmen dieser Verordnung, die insbesondere auch Maßnahmen der Wildlenkung und zur Beurteilung des Vegetationszustands (z.B. durch Festlegung von Vergleichs- oder Weiserflächen) anordnen kann, darauf abzustellen, dass eine volkswirtschaftlich untragbare Überhege, die den Misch­wald einschließlich der Tanne nicht mehr gedeihen lässt, vermieden wird. Die Landesregierung kann durch Verordnung auch den Kreis der Wildarten, für deren Abschuss ein Plan aufzustellen ist, erweitern, soweit dies die Interessen der Jagdwirtschaft, der Fischereiwirtschaft oder der Landeskultur erfordern. […]

 

§ 5 der Verordnung der Oö. Landesregierung über den Abschussplan und die Abschussliste lautet:

 

(1) Der Abschussplan ist nach dem Muster der Anlage 1 unter Berücksichtigung des Waldzustands, insbesondere anhand der Vergleichs- und Weiserflächen, und der in den letzten drei Jahren getätigten Abschüsse in vierfacher Ausfertigung zu erstellen. Der Abschussplan ist nach Beginn des Jagdjahres längstens bis zum 15. April jeden Jahres der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen. Bei vorzeitiger Anzeige beginnt die Frist gemäß Abs. 3 erst mit Beginn des Jagdjahres zu laufen. Der Jagdausschuss und der Bezirksjagdbeirat sind anzuhören.

(2) Bestehen gegen den angezeigten Abschussplan vom Standpunkt der Interessen der Jagdwirtschaft und der Landeskultur Bedenken, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde den Abschussplan festzusetzen. Auf § 1 Abs. 2 bis 5 ist besonders Bedacht zu nehmen. […]

(4) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat je eine Ausfertigung des angezeigten oder festgesetzten Abschussplans dem oder der Jagdausübungsberechtigten, dem Jagdausschuss und dem Bezirksjagdbeirat zuzustellen.

 

Gemäß § 6 Abs. 1 der Verordnung der Oö. Landesregierung über den Abschussplan und die Abschussliste gelten die angezeigten oder festgesetzten Abschusszahlen als Mindestabschuss, der nicht unter-, jedoch überschritten werden darf. Beim männlichen Rot- und Rehwild sowie beim weiblichen und männlichen Gamswild jeweils ab dem vollendeten zweiten Lebensjahr dürfen die Abschussplanzahlen weder unter- noch überschritten werden.

 

Die Abschussplanzahlen sind durch die belangte Behörde nur dann festzusetzen, wenn gegen den angezeigten Abschussplan vom Standpunkt der Interessen der Jagdwirtschaft und der Landeskultur Bedenken bestehen. Liegen diese vor, so hat die belangte Behörde nach Anhören des Jagdausschusses und des Bezirks­jagdbeirats den Abschussplan festzusetzen.

 

Im verfahrensgegenständlichen Fall wurden weder Abschussplan-ZAHLEN (sondern nur eine „Reduktion ohne Hirsche der Klassen I und II“) festgesetzt, noch nähere Angaben, worin die Bedenken gegen den angezeigten Abschussplan vom Standpunkt der Interessen der Jagdwirtschaft und der Landeskultur beste­hen, angeführt oder ein dementsprechendes Ermittlungsverfahren durchgeführt.

 

Der Beschwerdeführer hatte weiters keine Möglichkeit, im Rahmen des Parteien­gehörs sich zur Festsetzung zu äußern. Vom Bezirksjagdbeirat wurde die Reduk­tion ohne Hirsche der Klassen I und II nicht näher begründet. Diese Forderung wurde von der belangten Behörde unreflektiert übernommen und der Festset­zungsbescheid erlassen. 

 

Der von der belangten Behörde angeführte „Erlass“ des Amtes der Oö. Landes­regierung, Agrar-410003-686-Ha, vom 15. Februar 1972 betreffend „Schalen­wildbewirtschaftung im Bereich der Oö. x-zone“ verweist darauf, dass „der Rotwildabschuss im Bereich der Oö. x-zone in Zukunft ohne Bindung an den Abschussplan“ erfolgen solle und daher „die laut Abschussmeldungen gestreckten Stücke als genehmigter Abschuss zu gelten haben“.

 

Ein Abschussplan hat konkrete Abschussplan-ZAHLEN in Form von ganzen Zahlen (vgl. § 50 Abs. 1 Oö. Jagdgesetz) zu enthalten. Die behördliche Festsetzung des Abschussplans bei Rotwild mit der „REDUKTION ohne Hirsche der Klassen I und II“ entspricht diesbezüglich somit nicht den gesetzlichen Vorgaben.

 

Die belangte Behörde hat nahezu jegliche Sachverhaltsermittlung unterlassen. Im Sinne des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist somit davon auszugehen, dass der für eine inhaltliche Entscheidung maßgebliche Sachverhalt nicht feststeht. Fraglich ist für eine Anwendung des Abs. 3 Satz 2 leg. cit. daher lediglich, ob die Fest­stellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

 

Würde man betreffend des Kriteriums der Raschheit auf die mögliche Dauer bis zur Erzielung einer endgültigen Sachentscheidung abstellen, blieben letztlich kaum Fälle für die kassatorische Einschränkung in § 28 Abs. 2 Z 2 VwGVG über und der Bestimmung käme (nahezu) keine praktische Bedeutung zu. Es ist daher davon auszugehen, dass eine Behebung des Spruchpunktes a) des angefoch­tenen Bescheides und eine Zurückverweisung an die Behörde zur neuerlichen Entscheidung zulässig sind, wenn die Behörde danach ihr neuerliches Ermitt­lungsverfahren voraussichtlich mindestens zum gleichen Datum abschließen kann, wie es das Verwaltungsgericht könnte. Bezüglich des Kriteriums der Kosten dürfte eine Zurückverweisung zulässig sein, wenn dadurch höchstens etwas höhere Kosten entstünden, als wenn das Verwaltungsgericht sein Ermittlungs­verfahren durchführt.

 

Im gegenständlichen Fall ist - da von der Behörde nahezu jegliche Ermittlungen unterlassen wurden - für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nicht ersichtlich, dass die eigene Sachverhaltsermittlung eine Kostenersparnis in welche Richtung auch immer (konkrete Amtshandlung/Gesamtverfahren) bewir­ken könnte. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass die Behörde ihr Ermitt­lungsverfahren erst zu einem späteren Zeitpunkt abschließen wird können als das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ein von ihm geführtes abschließen könnte.

 

Es war daher, wie im Spruch angeführt, zu entscheiden.

 

 

II.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtspre­chung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichts­hof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwal­tungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwer­de bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Maga. Karin Lederer