LVwG-700163/21/SR/SA

Linz, 22.09.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Christian Stierschneider über die Beschwerde des N A W, geb. x, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft R vom 13. April 2016, GZ: Sich96-163-2015-Ha, wegen einer Übertretung des Pyrotechnikgesetzes, nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 12. September 2016,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

 

II.         Gemäß § 52 Abs. 8 und 9 VwGVG hat der Beschwerdeführer weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren zu leisten. 

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft R (in der Folge: belangte Behörde) vom 13. April 2016, GZ: Sich96-163-2015-Ha, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) gemäß § 40 Abs. 1 Z.2 Pyrotechnikgesetz 2010 eine Geldstrafe in der Höhe von 500 Euro sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 77 Stunden verhängt. Weiters wurde der Bf gemäß § 64 VStG zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in der Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet. Somit ergibt sich für den Bf ein zu zahlender Gesamtbetrag von 550 Euro.

 

Die belangte Behörde führt dabei folgenden Tatvorwurf an:

 

„Sie haben am 19.09.2015 um 19:13 Uhr in R, V 2, X Arena, Gästesektor, anlässlich der Sportveranstaltung „Fußballmeisterschaftsspiel xy SV J gegen A einen „Blinker" und somit einen pyrotechnischen Gegenstand besessen und gezündet, obwohl pyrotechnische Gegenstände in sachlichem, örtlichem und zeitlichen Zusammenhang mit einer Sportveranstaltung nicht besessen und nicht verwendet werden dürfen.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 39 Abs. 2 iVm. § 40 Abs. 1 Z. 2 Pyrotechnikgesetz 2010, BGBl. I Nr. 131/2009 idF BGBl. I Nr. 20/2015”

 

Begründend führt die belangte Behörde ua. zunächst zum Sachverhalt aus:

 

„Die Polizeiinspektion R erstattete am 26.09.2015 unter der GZ VStV/915100465711/001/2015 Anzeige gegen Sie, weil Sie am 19.09.2015 um 19:13 Uhr in R, V 2, X Arena, Gästesektor, anlässlich der Sportveranstaltung xyspiel zwischen J und C A pyrotechnische Gegenstände und Sätze verwendet haben.

 

Mit Strafverfügung der BH R vom 11.11.2015 zu GZ. Sich96-163-2015-Ha wurde Ihnen die Verwaltungsübertretung zur Last gelegt und eine Geldstrafe von 500,00 Euro über Sie verhängt.

 

Gegen diese Strafverfügung erhoben Sie fristgerecht Einspruch und begründeten diesen wie folgt:

„(...) Ich habe beim Fußballmeisterschaftsspiel xy SV J gegen SCR A am 19.09.2015 um 19:13 Uhr in der „X Arena" (Gästesektor), V 2, R weder einen „Blinker" besessen noch gezündet und daher auch nicht gegen die Rechtsvorschrift § 39 Abs. 2 iVm. § 40 Abs. 1 Z2 Pyrotechnikgesetz 2010, BGBl. Nr. 131/2009 verstoßen. Ich erhebe Einspruch gegen die Strafverfügung vom 11.November 2015 und beantrage gleichzeitig, diese aufzuheben. (...)"

 

Am 09.12.2015 wurde von der Bezirkshauptmannschaft R Herr P S als Zeuge im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren einvernommen. Nach Belehrung über die Wahrheitspflicht von Zeugen gab dieser folgendes zu Protokoll: „Am 19.09.2015 verrichtete ich während des xyfußballspiels SV J gegen SCR A Ordnerdienst. Während der gesamten Spieldauer war ich in Sektor G auf der Ost-Tribüne direkt an den Gästesektor anschließend postiert um die Fanszene zu beobachten. Kurz vor der Halbzeit gegen 19:15 Uhr konnte ich beobachten, wie ein Fan im Auswärtssektor mit einem pyrotechnischen Gegenstand und einem Feuerzeug in den Händen hantierte. Als ich dies gesehen hatte, habe ich den Fan mit einem Pfiff und Gesten darauf aufmerksam gemacht, dass er dies unterlassen sollte. Daraufhin zündete der Fan trotzdem den pyrotechnischen Gegenstand und ließ ihn auf den Boden fallen. Daran anschließend stieß er den am Boden liegenden pyrotechnischen Gegenstand, es handelte sich wie ich feststellen konnte um einen sogenannten „Blinker", mit einem Fußtritt in Richtung zu mir. Ich merkte mir die Person, welche den „Blinker" gezündet hat und in meine Richtung geschossen hat genau. Es handelte sich dabei um eine Person von kleinerer Statur und eher dunkel gekleidet. Aufgrund meiner Feststellungen rief ich über mein Funkgerät meinen zuständigen Ordnerobmann S S an und schilderte ihm den von mir wahrgenommenen Sachverhalt. Daraufhin kamen die zuständigen SKB-Beamten aus Vorarlberg in den Gästesektor und ich deutete ihnen die Person an, über welche ich den vorangeführten Sachverhalt wahrgenommen habe. Weitere Angaben kann ich zum Gegenstand nicht mehr machen."

 

Am 28.12.2015 wurde von der BH Feldkirch Herr T F von der Polizeiinspektion A als Zeuge zum Gegenstand des Strafverfahrens einvernommen. Nach Erinnerung an die Wahrheitspflicht von Zeugen und auf die Folgen einer falschen Aussage aufmerksam gemacht gab dieser folgendes zu Protokoll:

„Der Ordnerobmann ist zu mir gekommen und hat erklärt, dass ein Ordner festgestellt hat, dass ein A einen pyrotechnischen Gegenstand gezündet hat. Der Ordner hat mir dann die betreffende Person gezeigt. Ich bin dann mit meiner Kollegin J M in den A-Fansektor gegangen und habe die Identität festgestellt. Da die betreffende Person bei der ID-Feststellung den Sachverhalt abgestritten hat, habe ich im Anschluss den Ordner nochmals gefragt, ob es sich tatsächlich um die Person handelt, welche den pyrotechnischen Gegenstand gezündet hat. Dies hat er mir bestätigt. Es handelte sich dabei um N A W, den ich als Fan bislang nicht gekannt habe."

 

Mit Schreiben vom 07.01.2016 der BH R wurden Sie vom Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere von den beiden Zeugen - Einvernahmen verständigt und Ihnen wurde die Gelegenheit eingeräumt, hierzu binnen Frist Stellung zu nehmen.

 

Mit Schreiben vom 18.01.2016 bezogen Sie zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung und führten wie folgt aus:

„Ich habe Ihre Verständigung zur Beweisaufnahme erhalten und möchte wie folgt dazu Stellung nehmen. Ich stand lediglich in der Nähe der Person, die besagten Feuerwerkskörper zündete und in Richtung des diensthabenden Ordners stieß. Diese Tatsache können Ihnen auch folgende Zeugen bestätigen:

A H,  

A W, W.

Mir ist jene Person, welche den Feuerwerkskörper gezündet hat, zwar nicht namentlich bekannt, ich werde Sie aber gerne im Rahmen meiner Möglichkeiten bei der Aufklärung unterstützen."

 

Hierüber hat die Behörde erwogen:

 

Gemäß § 39 Abs. 2 Pyrotechnikgesetz 2010 dürfen Pyrotechnische Gegenstände und Sätze in sachlichem, örtlichem und zeitlichem Zusammenhang mit einer Sportveranstaltung nicht besessen und nicht verwendet werden.

 

Gemäß § 40 Abs. 1 Z. 2 Pyrotechnikgesetz 2010 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer diesem Bundesgesetz, aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder Bescheiden zuwiderhandelt, sofern ein Verhalten nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Er ist im Falle der Missachtung des Verwendungsverbotes nach § 39 Abs. 2 mit Geldstrafe bis zu 4.360 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen.

 

Die Behörde sieht die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung auf Grund der Anzeige vom 26.09.2015 und der Zeugenaussagen von Herrn P S (Ordnerdienst) und Gl T F von der PI A in objektiver Hinsicht als erwiesen an.

 

Außer Frage steht, dass sich der Tatort, also das Fußballstadion, im Ortsgebiet von R befindet und dass sich zum Tatzeitpunkt größere Menschenansammlungen in unmittelbarer Nähe befanden. Eine Ausnahmegenehmigung konnten Sie nicht vorweisen.

 

Der Ordnerdienst hatte über längere Zeit hinweg Gelegenheit, sich Ihre Person genau einzuprägen, wobei er von seiner Position aus freie und direkte Sicht hatte. Der Ordnerdienst ist auf ebensolche Identifizierungen und Beobachtungen im Rahmen seiner berufsspezifischen Ausbildung geschult und auch instruiert, Vorkommnisse wie den verfahrensgegenständlichen mit voller Aufmerksamkeit zu verfolgen. Eine Verwechslung ist zudem aufgrund der Tatsache ausgeschlossen, dass der Ordnerdienst fähig war, eine konkrete Beschreibung Ihrer Person (insbesondere auch Kleidung, Körperstatur) in unmittelbarem Anschluss an das Zünden des pyrotechnischen Gegenstandes an die einschreitenden SKB-Beamten zu liefern.

 

Die Behörde hat daher keine Zweifel, dass Sie beim Fußballspiel am 19.09.2015 einen pyrotechnischen Gegenstand gezündet haben. Das Vorbringen in Ihrem Einspruch wird folglich als bloße, unzutreffende Schutzbehauptung bewertet.

 

Zum Verschulden ist zu bemerken, dass gemäß § 5 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, wenn eine Verwaltungsvorschrift nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgen eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Umstände, welche Ihr Verschulden an der Verletzung der gegenständlichen Verwaltungsvorschrift ausschließen würden, sind von Ihnen im Verfahren nicht wirksam vorgebracht worden.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Gemäß Abs. 2 leg cit sind im ordentlichen Verfahren (§§40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Insbesondere unter Berücksichtigung der Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, ist die verhängte Strafe als angemessen zu bezeichnen. Durch die Verwendung von pyrotechnischen Gegenständen bei Fußballspielen kommt es immer wieder zu erheblichen Sicherheitsgefährdungen. Gerade wegen der Abbrenntemperaturen bzw. der Rauchbildung ist die Gefahr gegeben, dass Personen in unmittelbarer Nähe verletzt werden könnten.

 

Da im gegenständlichen Fall jedoch keine konkreten nachteiligen Folgen bekannt geworden sind, konnte mit der verhängten Geldstrafe das Auslangen gefunden werden.

 

Zur Strafhöhe ist zu bemerken, dass die Höchststrafe für Übertretungen nach § 39 Abs. 2 Pyrotechnikgesetz 2010 gemäß § 40 Abs. 1 Z. 2 Pyrotechnikgesetz 2010 4.360,00 Euro beträgt, die verhängte Geldstrafe von 500,00 Euro sich also im unteren Bereich des Strafrahmens bewegt. Die Geldstrafe entspricht auch Ihren persönlichen Verhältnissen, wobei die Behörde berücksichtigt hat, dass Sie ein monatliches Einkommen von ca. Euro 1.000,00 bei keinem Vermögen erzielen und nicht sorgepflichtig sind.

 

Als mildernd waren Ihre bisherige Unbescholtenheit bei der Bezirkshauptmannschaft R, als erschwerend waren keine Umstände zu werten.

 

Im Hinblick auf die generalpräventiven Wirkungen einer Strafe ist die verhängte Strafe jedenfalls geboten. Sie ist aber auch erforderlich, um Sie von weiteren gleichartigen Übertretungen abzuhalten, weil Ihre Verantwortung im Laufe des Verfahrens erkennen lässt, dass Sie nicht einsichtig sind.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Der Kostenausspruch ist in der angeführten Gesetzesstelle begründet.“

 

2. Gegen das in Rede stehende Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde des Bf vom 9. Mai 2016, worin wie folgt ausgeführt und beantragt wird:

 

„Sehr geehrte Damen und Herren,

 

ich habe ihre Straferkenntnis am 15.04.2016 erhalten und lege hiermit Beschwerde dagegen ein, wobei sich meine Beschwerde auf folgende Tatsachen begründet.

 

1. In meiner Stellungnahme vom 18. Januar 2016 habe ich zwei Personen benannt, welche

bezeugen können, dass ich weder den pyrotechnischen Körper gezündet noch diesen in Richtung des Ordners mit meinem Fuß gestoßen habe.

Diese Zeugen wurden untern dem Vorwand einer "unzutreffenden Schutzbehauptung" nicht einvernommen, was meiner Einschätzung nach einen klarer Verfahrensfehler seitens der ermittelnden Behörde darstellt.

2. In der Zwischenzeit habe ich selber mit dem genannten Zeugen A H gesprochen. Seine Aussage finden Sie nachstehend.

"Ich, A H, habe am 19.09.2015 das Match SV R gegen den SCR A in R besucht. Mein Kollege N W wird verdächtigt, dass er einen pyrotechnischen Gegenstand gezündet hat. Ich kann bezeugen, dass N W diesen Gegenstand nicht gezündet hat. Ich bin mir 100% sicher, dass Herr S H diesen Gegenstand gezündet hat. Seinen Namen habe ich per Facebook gefunden und das Foto verglichen. Ich kann mich auch noch daran erinnern, dass er eine blaue Hose getragen hat."

3.  Die genannte Person S H ähnelt laut seiner Facebook-Account sowohl in seiner Statur wie auch Frisur und Haarfarbe meiner Person. Hr. H ist laut seines Facebook-Accounts bekennender Anhänger des SCR A. Ich jedoch war erstmalig (und letztmalig) als „Tagestourist" gemeinsam mit dem Fanclub des SCR A unterwegs. Weiters möchte ich daran erinnern, dass die Vereinsfarben des SCR A Schwarz/Gelb sind, wobei die schwarze Farbe dominiert. Somit war ein Großteil der Personen im Fansektor dunkel gekleidet.

 

Sollten Sie unsere fundierte Beschwerde ablehnen, so verlangen wir eine mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht.“

 

3. Mit Schreiben vom 13. Mai 2016 legte die belangte Behörde den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor.

 

4. Über Ersuchen des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich hat die belangte Behörde den Zeugen P S mit dem Beschwerdevorbringen des Bf konfrontiert. In der niederschriftlichen Befragung vom 15. Juli 2016 hat der Zeuge vor der belangten Behörde nach Belehrung wie folgt ausgeführt:

 

„Ergänzend zu meiner niederschriftlichen Zeugeneinvernahme vom 9. Dezember 2015, Sich96-163-2015-Ha, gebe ich hiermit bekannt, dass ich auf Grund der mir heute vorgelegten Fotos auf den ersten Blick den Beschwerdeführer N W einwandfrei als jene Person wiedererkenne, die zum damaligen Zeitpunkt während des Bundesligafußballspiels SV J R gegen SCR A mit einem pyrotechnischen Gegenstand hantierte und auch zündete, und nachdem ich ihn aufforderte dies zu unterlassen, den am Boden fallen gelassenen pyrotechnischen Gegenstand mit einem Fußtritt in meine Richtung stieß.“

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat für den 12. September 2016 eine öffentliche Verhandlung anberaumt, hiezu die Verfahrensparteien und die Zeugen A W [Zeuge 1], A H [Zeuge 2] und P S [Zeuge 3] geladen.

 

Der Zeuge 3 ist unentschuldigt der Verhandlung ferngeblieben. Auf die Vertagung und neuerliche Ladung des Zeugen 3 wurde von den Verfahrensparteien verzichtet.

 

6. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt, die ergänzende Zeugenbefragung und das Beschwerdevorbringen sowie Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 12. September 2016.

 

7. Auf Grund des Beweisverfahrens in der öffentlichen Verhandlung steht folgender relevanter Sachverhalt fest:

 

Am 19. September 2015 um 19:13 Uhr hat während dem Bundesligafußballspiel SV J gegen SCR A auf den Stehplätzen im Gästesektor der x-Arena in R, V 2, eine nicht näher zu bestimmende Person einen sogenannten „Blinker“ gezündet.

 

Nach diesem Vorfall hat - auf Hinweis eines Stadionordners (Zeuge 3) - ein szenekundiger Beamter in Zivil vom Bf einen Ausweis verlangt, den ausgefolgten abgenommen und nach der Pause wieder ausgefolgt. Im Zuge der Ausfolgung wurde der Bf von der Anzeigeerstattung (Besitz und Zünden eines pyrotechnischen Gegenstandes) in Kenntnis gesetzt.

 

II.

 

Unstrittig steht fest, dass beim Bundesligafußballspiel SV J gegen SCR A in der x-Arena in R, V 2, im Gästesektor ein pyrotechnischer Gegenstand (im Folgenden: Blinker) gezündet worden ist.

 

Strittig ist, ob der Bf den Blinker besessen und gezündet hat.

 

Zur Klärung der Frage, ob der Bf den pyrotechnischen Gegenstand gezündet hat, oder ob es sich bei dem Täter um eine andere Person gehandelt haben könnte, wurde die öffentliche mündliche Verhandlung am 12. September 2016 durchgeführt.

 

Gegen die Rechtfertigung des Bf sprechen vorerst die widerspruchsfreien Aussagen des Zeugen 3, die dieser unter Wahrheitspflicht gegenüber der belangten Behörde gemacht hat. Die ursprünglichen Angaben des Zeugen 3, die er im Zuge der Amtshandlung vor Ort getätigt hatte, waren betreffend die Täterbeschreibung zwar allgemein gehalten, ließen beim einschreitenden Polizeibeamten jedoch keinen Zweifel aufkommen, dass es sich beim Bf um den Täter handelt. Im Hinblick darauf, dass der Zeuge 3 mit der Beobachtung der Fans im Gästesektor betraut war, ist davon auszugehen, dass er sich außerhalb dieses befunden hat, um einen entsprechenden Überblick zu haben. Aus seinen Schilderungen ist abzuleiten, dass sich sein Standort etliche Stufen schräg unterhalb jenes des Bf befunden haben muss. Bedingt durch die Fans, die in Gruppen im Umfeld des Bf gestanden sind, ist davon auszugehen, dass die Sicht des Zeugen 3 auf den Bf nicht uneingeschränkt möglich war. Eine Verwechslung der in den Vereinsfarben gekleideten, eng beisammenstehenden Fans ist denkbar. Bestätigung findet diese Annahme auch darin, dass die belangte Behörde auch aus dem ausschließlich ihr zur Verfügung stehenden Videomaterial eine Täterschaft des Bf nicht beweisen konnte. Die „nicht verwertbaren“ Aufnahmen wurden nicht vorgelegt. Des Weiteren ist die „Identifizierung des Bf“ durch den Zeugen 3 auf den vorgelegten Kopien nur bedingt aussagekräftig, da der Bf dem Zeugen 3 auf Grund der Amtshandlung und der Anzeige noch in Erinnerung gewesen sein musste und die als „Täter“ ausfindig gemachte Person zur Tatzeit nicht in Erscheinung getreten ist.

 

Der Bf hat in der öffentlichen Verhandlung einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Seine Verantwortung deckt sich mit seinem bisherigen Vorbringen und seiner Wahrnehmung in der Öffentlichkeit. Laut Aktenlage und Beweisergebnis ist der Bf bisher in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht nicht in Erscheinung getreten. Sowohl gegenüber den einschreitenden Beamten als auch in der öffentlichen Verhandlung ist der Bf ruhig und authentisch aufgetreten. Keinesfalls hat der Bf den Eindruck hinterlassen ein zu Aggression neigender Fan zu sein. Unstrittig ist, dass er am Tattag erstmalig als Fan der Gästemannschaft teilgenommen hat. Abstellend auf das Gesamtverhalten würde es der allgemeinen Lebenserfahrung widersprechen, dass eine Person wie der Bf bei der erstmaligen Teilnahme an Fußballmatch pyrotechnische Gegenstände mitnimmt und diese auch zündet. Diese „Unerfahrenheit“ zeigt sich auch im Umgang mit den einschreitenden Polizeibeamten bei der Amtshandlung und seiner knapp gehaltenen Rechtfertigung. Schon dieses Verhalten verstärkt seine Glaubwürdigkeit. Abschließend ist zu erwähnen, dass der Bf bei der durchgeführten Personenkontrolle kein Feuerzeug bei sich hatte.

 

Die Zeugen 1 und 2, die sich in unmittelbarer Nähe zum Bf befanden, haben in der öffentlichen Verhandlung einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Zu keinem Zeitpunkt wurde der Anschein erweckt, dass sich die Zeugen mit dem Bf abgesprochen haben, um diesen durch unwahre Aussagen zu entlasten. Im Wesentlichen wurde übereinstimmend vorgebracht, dass der Blinker nicht vom Bf sondern einer damals unbekannten Person, die sich ca. 2 Stehplatzreihen vor dem Bf in einer ca. 5 Meter entfernten Gruppe weiteren Fans aufgehalten hat, gezündet wurde.

 

Auf den ersten Blick erscheint unverständlich, warum der Zeuge 2, der auch die Amtshandlung gegen den Bf beobachten konnte, ihn nicht schon zu diesem Zeitpunkt beigestanden ist und als Zeuge seine Wahrnehmungen den einschreitenden Beamten dargelegt hat. In Anbetracht dessen, dass der Zeuge 2, der Bf und der Zeuge 1 bisher keine entsprechende Erfahrung mit Behörden gemacht haben und ihnen die Konsequenz zum damaligen Zeitpunkt wahrscheinlich nicht bewusst war, sowie unter der Berücksichtigung, dass viele Personen in so einer Situation – insbesondere in dem Alter – einen Kontakt mit der Polizei eher vermeiden wollen, ist es nicht unverständlich, dass die beiden dem Bf erst geholfen haben, als das Verfahren gegen den Bf eingeleitet wurde. Die Passivität des Zeugen 2 ist vermutlich auch auf seinen Zustand zurückzuführen. Er hat in der öffentlichen Verhandlung eingestanden, Alkohol konsumiert zu haben aber nicht alkoholisiert gewesen zu sein. Erst zuhause habe er versucht, dem Bf zu helfen und den wahren Täter ausfindig zu machen. Den Namen dieser Person habe er von anderen Personen des Fanclubs erfahren.  

 

III.

 

1. Gemäß § 5 Abs. 2 und § 6 Pyrotechnikgesetz 2010 (PyroTG 2010), BGBl. I Nr. 131/2009, in der Fassung BGBl. I Nr. 20/2015 iVm. § 3 Verwaltungsgerichts­verfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, in der Fassung BGBl. I Nr. 82/2015, ist das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung über die vorliegende Beschwerde zuständig. Dieses hatte gemäß § 2 VwGVG durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.

 

2. Gemäß § 39 Abs. 2 PyroTG 2010 dürfen pyrotechnische Gegenstände und Sätze in sachlichem, örtlichem und zeitlichem Zusammenhang mit einer Sport­veranstaltung nicht besessen und nicht verwendet werden.

 

Gemäß § 40 Abs. 1 Z. 2 PyroTG 2010 begeht, sofern ein Verhalten nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung, wer diesem Bundesgesetz, aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder Bescheiden zuwiderhandelt und ist im Falle der Missachtung des Verwendungs­verbotes nach § 39 Abs. 2 mit Geldstrafe bis zu 4 360 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen.

 

3. Am 19. September 2015 um 19:13 Uhr wurde ein sogenannter „Blinker“ während dem Bundesligafußballspiel SV J gegen SCR A in der Sportarena in R gezündet. Es handelte sich somit unstrittig um einen pyrotechnischen Gegenstand der im zeitlichen Zusammenhang mit einer Sportveranstaltung verwendet wurde.

 

Abstellend auf das Beweisverfahren und die obige Beweiswürdigung ist davon auszugehen, dass der Bf als Täter nicht in Frage kommt. Der Tatvorwurf besteht somit nicht zu Recht.

 

4. Es war somit im Ergebnis der Beschwerde gemäß § 50 VwGVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 38 VwGVG iVm. § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

 

Nachdem der Beschwerde vollinhaltlich stattgegeben wurde, waren keine Verfahrenskosten für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich aufzuerlegen.

 

 

IV.

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Christian Stierschneider