LVwG-650674/11/Zo/CG

Linz, 04.10.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter            Mag. Gottfried Zöbl über die Beschwerde des S M, geb. 1990, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M L, F, vom 6.7.2016, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Freistadt vom 13.6.2016, Zl: VerkR21-52-2016 wegen Entziehung der Lenkberechtigung und begleitender Maßnahmen nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 27.9.2016,

 

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben und der angefochtene Bescheid wie folgt abgeändert:

 

-      Die Entzugsdauer wird auf drei Monate und zwei Wochen, gerechnet ab 5.4.2016, herabgesetzt,

-      Die Anordnung der Nachschulung, des amtsärztlichen Gutachtens sowie der verkehrspsychologischen Stellungnahme entfallen,

-      Der Beschwerdeführer hat binnen drei Monaten ab Zustellung dieses Erkenntnisses ein Verkehrscoaching zu absolvieren.

 

 

II.         Gegen diese Entscheidung ist keine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt (im Folgenden: belangte Behörde) hat mit Mandatsbescheid vom 25.3.2016, Zl: VerkR21-52-2016 dem Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) die Lenkberechtigung für die Klassen A, B, C, EB, EC und F für einen Zeitraum von 6 Monaten und 2 Wochen, gerechnet ab Zustellung des Bescheides entzogen. Der Bf wurde aufgefordert, seinen Führerschein unverzüglich abzuliefern, es wurde ihm das Recht aberkannt, von einer allenfalls bestehenden ausländischen Lenkberechtigung für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen und er wurde auch aufgefordert, einen allenfalls vorhandenen ausländischen Führerschein unverzüglich abzuliefern. Weiters wurde eine Nachschulung für alkoholauffällige Kraftfahrzeuglenker sowie die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens innerhalb der Entzugsdauer und die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme angeordnet. Die Vorstellung gegen diesen Bescheid hat die belangte Behörde mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 13.6.2016 abgewiesen.

 

Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass der Bf am 7.2.2016 um ca. 06:00 Uhr in St. Oswald auf der L579 bei StrKm. 13,270 als Lenker des Kfz mit dem Kennzeichen x einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht habe. Der um 11:06 Uhr durchgeführte Alkotest habe einen Atemluftalkoholgehalt von 0,64 mg/l ergeben, woraus sich zurückgerechnet auf den Lenkzeitpunkt eine Alkoholisierung von 1,78 Promille ergebe. Der vom Bf behauptete Nachtrunk erschien der Behörde nicht glaubwürdig, weil der Bf im Nachhinein die Mengenangaben mehrmals änderte.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde machte der Bf zusammengefasst geltend, dass er sich zum Zeitpunkt des Lenkens des Fahrzeuges nicht in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Er habe die Polizeibeamten sofort beim Alkotest darauf aufmerksam gemacht, dass er in der Zwischenzeit Alkohol in Form von Bacardi konsumiert habe und habe den Polizisten auch die Flasche gezeigt. Er habe die Menge niemals genau angegeben sondern auf der Flasche gezeigt, wie viel er aus dieser getrunken habe. Dabei habe es sich sicherlich um mehr als ein 1/4 Liter gehandelt. Warum die Polizeibeamten zu einer Mengenangabe von 1/8 Liter gekommen seien, sei für ihn rätselhaft. Er habe vor Antritt der Fahrt mehrere Bier getrunken, diese hätten aber nicht zu einer Fahruntauglichkeit geführt.

 

1/4 Liter Bacardi würde einem Alkoholwert von 1,32 Promille entsprechen, weshalb sein maximaler Blutalkoholwert zum Unfallzeitpunkt 0,46 Promille betragen haben könne. Er sei aber der Meinung, dass die von ihm getrunkene Bacardimenge mehr als 1/4 Liter ausgemacht hätte, sodass er unter Berücksichtigung sämtlicher übrigen Umstände zum Lenkzeitpunkt keinesfalls alkoholbeeinträchtigt gewesen sei.

 

Wäre er tatsächlich beim Verkehrsunfall so stark alkoholisiert gewesen, so hätte der vorbeikommende Polizeibeamte, CI E, unmittelbar nach dem Unfallgeschehen bei ihm Alkoholisierungsmerkmale feststellen müssen. Dieser habe aber im Gespräch keine Alkoholisierungssymptome festgestellt und dies auch in der gegenüber der Behörde abgegebenen Stellungnahme dokumentiert. Die Ansicht der Behörde, dass er beim Verkehrsunfall alkoholisiert gewesen sei, beruhe alleine auf der Vermutung, dass sein Nachtrunk maximal 1/8 Liter Bacardi gewesen wäre, was aber nicht richtig sei. Er habe die von ihm getrunkene Menge den Polizeibeamten auf der Flasche gezeigt und diese sei wesentlich höher gewesen. Es hätte durch einen einfachen Versuch anhand der Bacardiflasche leicht eruiert werden können, um welche Trinkmenge es sich tatsächlich gehandelt habe.

 

3. Die belangte Behörde hat die Beschwerde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich dessen Zuständigkeit, wobei es durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter entscheidet.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 27.9.2016. An dieser haben der Bf sowie sein Rechtsvertreter und ein Vertreter der belangten Behörde teilgenommen. Die Zeugen K und S (hinsichtlich der Schadensmeldung) sowie GI T und RI L wurden zum Sachverhalt befragt. Der Zeuge CI E war wegen einer Erkrankung entschuldigt, seine schriftliche Stellungnahme wurde mit Zustimmung aller Parteienvertreter verlesen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Bf lenkte am 7.2.2016 um ca. 06:05 Uhr den Klein-LKW mit dem Kennzeichen x in St. Oswald auf der L579. Im Bereich von StrKm. 13,270 kam er rechts von der Fahrbahn ab, wobei das Fahrzeug letztlich auf dem Dach zu liegen kam. Bei diesem Verkehrsunfall wurden neben dem Fahrzeug ein steinerner Bildstock, ein Wildzaun sowie ein Plastikleitpflock beschädigt. Der Bf gab zum Unfallhergang an, dass er am Autoradio hantiert habe und dabei aufs Bankett und in weiterer Folge ins Schleudern gekommen sei. An der Unfallstelle sei es glatt gewesen, wobei ihm bekannt sei, dass es in diesem Bereich im Winter häufig glatt ist. Der Bf wurde beim Unfall nicht verletzt. Er konnte sich aus dem Fahrzeug befreien und ging eine kurze Strecke in Richtung Freistadt, weil er an der Unfallstelle mit seinem Mobiltelefon keinen Empfang hatte. In weiterer Folge verständigte er seine Mutter und einen Nachbarn. Seine Mutter holte ihn ab und fuhr mit ihm zur Unfallstelle zurück. Auch die Bergung des Fahrzeuges wurde vom Bf bzw. seiner Mutter organisiert. Als der Bf gemeinsam mit seiner Mutter zur Unfallstelle zurückkam, befand sich dort bereits der Polizeibeamte CI E, welcher auf den Weg in den Tagdienst war. Aufgrund des Unfallfahrzeuges hatte dieser bereits die Polizei verständigt. Der Bf ist dem Polizeibeamten CI E persönlich bekannt und teilte diesem mit, dass bezüglich des Verkehrsunfalles „bereits alles gemeldet“ und die Angelegenheit erledigt sei. Bei diesem kurzen Gespräch befanden sich beide Personen jeweils in einem PKW, der Abstand zwischen den Fahrzeugen betrug ca. 1,5 m. Der Bf wurde in weiterer Folge von seiner Mutter nach Hause gebracht und legte sich schlafen. Im Laufe des Vormittages wurde er von den Polizeibeamten GI T und RI L zu Hause angetroffen und, nachdem er von seiner Mutter geweckt worden war, zum Unfallhergang befragt. Der um 11:06 Uhr durchgeführte Alkotest mit dem geeichten Alkomat der Marke Dräger Alkotest 7110 A ergab einen (niedrigeren) Messwert von 0,64 mg/l.

 

4.2. Bezüglich der Frage, ob der Bf nach dem Verkehrsunfall, nachdem ihn seine Mutter nach Hause gebracht hatte, alkoholische Getränke konsumiert hatte, weichen die Angaben deutlich voneinander ab. Der Bf selbst gab unmittelbar bei der Amtshandlung den Polizisten gegenüber an, dass er um ca. 06:30 Uhr seinen „zweiten Geburtstag“ gefeiert habe. Er habe etwa ⅛ Liter Bacardi pur direkt aus der Flasche getrunken und dazu Cola aus einer anderen Flasche. Nach dem Konsum dieser Getränke habe er sich schlafen gelegt. Er zeigte den Polizeibeamten eine entsprechende Bacardiflasche vor, wobei er (aus Sicht der Polizeibeamten) offenbar überrascht war, weil diese noch nicht zur Gänze leer war. Der Bf zeigte mit der neben der Flasche aufgestellten Handfläche den Inhalt der Flasche vor seinem Konsum an, dabei hat es sich um etwa zwei bis drei Finger breit gehandelt.

 

In der Vorstellung gegen den Mandatsbescheid führte er aus, dass er Bacardi direkt aus der Flasche getrunken habe, wobei er die Trinkmenge nicht exakt ermitteln habe können. Er habe diese mit ¼ Liter geschätzt, es könne auch mehr gewesen sein. Die Bacardimenge habe zwischen ¼ und ½ Liter betragen, die exakte Menge könne er nicht mehr sagen.

 

In seiner im weiteren Verfahren abgegebenen Stellungnahme am 6.6.2016 bekräftigte er, dass er die genaue Menge nicht mehr angeben könne, er habe direkt aus der Flasche getrunken und den Beamten gezeigt, um wieviel er die Flasche ca. geleert habe. Es habe sich mindestens um ¼ Liter Bacardi gehandelt, von ⅛ Liter sei niemals die Rede gewesen. Diese Angaben wiederholte er im Wesentlichen in seiner Beschwerde. In seiner persönlichen Befragung anlässlich der mündlichen Verhandlung führte er dazu aus, dass er zwei- oder dreimal von der Flasche getrunken habe, in dieser habe sich nachher nur noch ein ganz kleiner Rest befunden, vor dem Trinkbeginn sei die Flasche ca. halb bis dreiviertel voll gewesen. Anlässlich der Befragung des Zeugen GI T zu diesem Thema warf der Bf ein, dass er die Flüssigkeitsmenge im Nachhinein gemessen habe, indem er die Bacardiflasche geleert und wieder bis zur Oberkante des Etikettes gefüllt habe. Es habe sich dabei fast genau um 0,33 l Bacardi gehandelt. Er habe den Polizisten immer gesagt, dass die Flasche bis zur Oberkante des Etikettes gefüllt gewesen sei. Die Protokollierung der Beamten, die Flasche sei bis zur Unterkante des Etikettes befüllt gewesen, sei falsch.

 

Die Polizeibeamten führten in ihrer Stellungnahme zum Vorfall an, dass der Beschwerdeführer während der Amtshandlung einen Nachtrunk behauptet habe und zwar habe er etwa ⅛ Liter Bacardi pur aus der Flasche sowie aus einer anderen Flasche Cola getrunken. Es habe sich um eine 7/10 Liter Flasche gehandelt. Der Alkoholgehalt des Bacardi habe lt. Etikett 37,5 % betragen. Der Bf habe die Flasche vorgezeigt und sei sichtlich überrascht gewesen, weil diese nicht leer gewesen sei. Er habe mit der aufgestellten Handfläche neben der Flasche den Inhalt angezeigt, welcher sich vor seinem Nachtrunk in der Flasche befunden habe, dieser sei etwa zwei bis drei Finger breit gewesen. Nach den Angaben des Bf habe der Bacardi vor dem Nachtrunk bis etwa zur Etikettenunterkante gereicht. In ihren zeugenschaftlichen Angaben am 12. Mai 2016 bei der Bezirkshauptmannschaft Freistadt bestätigten beide Polizeibeamten diese Angaben. Auch in der mündlichen Verhandlung führte der Zeuge GI T, welcher sich an den Vorfall offensichtlich noch gut erinnern konnte, zum Nachtrunk an, dass der Bf behauptet habe, Bacardi aus einer Flasche getrunken zu haben und er die Füllmenge vor Beginn des Nachtrunkes anhand der aufgestellten Handfläche angezeigt habe. Diese habe in etwa bis zur Mitte des Mittelfingers gereicht. Der Bf habe angegeben, dass er die Flasche ausgetrunken habe, als er die Flasche vorgezeigt habe, habe sich aber noch ein Rest in dieser befunden. Der Bf habe angegeben, dass es sich ungefähr um ⅛ Liter Bacardi gehandelt haben dürfte. Auch der Zeuge RI L bestätigte diese Angaben in der mündlichen Verhandlung, wobei dieser im Wesentlichen festhielt, dass der Bf angegeben habe, von der Unterkante des Etikettes weg getrunken zu haben, von dort weg jedoch gar nicht viel gefehlt habe. Dieser Zeuge hatte jedoch augenscheinlich nicht mehr eine so genaue Erinnerung wie sein Kollege.

 

Aus der Stellungnahme des CI E ist zu diesem Thema zu entnehmen, dass er in einem kurzen Gespräch mit dem Bf auf eine Entfernung von ca. 1,5 Meter, bei dem sich beide jeweils in einem PKW befunden haben, keine Alkoholisierung des Bf wahrgenommen hatte.

 

4.3. Zu diesen unterschiedlichen Angaben ist in freier Beweiswürdigung Folgendes festzuhalten:

Der Beschwerdeführer hat von Anfang an behauptet, aus einer Flasche Bacardi getrunken zu haben. Er konnte dem Polizeibeamten auch diese Bacardi-Flasche vorweisen. Unter diesen Umständen ist es durchaus wahrscheinlich, dass er tatsächlich nach dem Verkehrsunfall zuhause aus dieser Flasche Alkohol konsumiert hatte. Auffällig ist jedoch, dass die Nachtrunkmenge nach den Angaben des Beschwerdeführers im Laufe des Verfahrens „ständig weiter angewachsen“ ist. Während er bei der Amtshandlung den Füllgrad der Flasche vor Beginn des Nachtrunkes mit ca. der Unterkante des Etikettes bzw. mit ca. zweieinhalb fingerbreit geschildert hatte, steigerten sich diese Mengen im Laufe des Verfahrens immer weiter. Zuletzt gab er in der Verhandlung sogar an, dass die Flasche noch bis zur Oberkante des Etiketts gefüllt gewesen sei und die Nachtrunkmenge ca. 0,33 l Bacardi betragen habe. Diese Angaben lassen den Schluss zu, dass es dem Beschwerdeführer darauf angekommen ist, seine Nachtrunkangaben so zu formulieren, dass - ausgehend vom Messergebnis - für den Lenkzeitpunkt keine relevante Alkoholisierung verbleibt. Diese stark schwankenden Angaben beeinträchtigen die Glaubwürdigkeit des Nachtrunkes insgesamt, weshalb der belangten Behörde auch kein Vorwurf daraus gemacht werden kann, dass sie die Nachtrunkangaben zur Gänze als unglaubwürdig erachtet hat.

 

Nach der Einschätzung des zuständigen Richters des Landesverwaltungsgerichtes überwiegen jedoch die Umstände, dass der Beschwerdeführer den Nachtrunk sofort bei der Amtshandlung erklärt hat, die entsprechende Flasche vorweisen und auf dieser die getrunkene Menge relativ genau angeben konnte, die späteren wechselnden Angaben. Insgesamt erscheint es durchaus nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer zuhause – so wie er es schildert – nach dem schweren Verkehrsunfall seinen „zweiten Geburtstag gefeiert hat“ und zwei bis drei Mal aus einer Bacardi-Flasche Alkohol getrunken hat. Diese vom Beschwerdeführer angegebene Menge des alkoholischen Getränkes, nämlich – gerechnet vom Flaschenboden – zweieinhalb Finger hoch, wobei noch ein geringer Rest in der Flasche verblieb, entspricht ziemlich exakt ⅛ Liter Bacardi, weshalb von einem Nachtrunk in diesem Ausmaß auszugehen ist.

 

Entsprechend dem im Akt befindlichen amtsärztlichen Gutachten vom 22.3.2016 ergibt sich ausgehend vom Atemluftalkoholgehalt (0,64 mg/l) um 11:07 Uhr zurückgerechnet auf den Unfallzeitpunkt um 6:05 Uhr ein Blutalkoholgehalt von 1,78 Promille. Von diesem Wert ist jedoch der letztlich als glaubwürdig eingeschätzte Nachtrunk in Höhe von ⅛ Liter Bacardi abzuziehen, sodass sich unter Anwendung der Widmark-Formel eine tatsächliche Alkoholisierung zum Unfallzeitpunkt von mindestens 1,12 Promille ergibt. Dieser Wert ist der rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen.

 

Der Umstand, dass die Berechnung des Blutalkoholgehaltes auf Basis der gesamten Trinkangaben des Beschwerdeführers das Messergebnis nicht erklären kann, ändert nichts an der Glaubwürdigkeit der Nachtrunkangaben, weil die Amtsärztin zutreffend ausführt, dass der Zeitraum zwischen Beginn des Alkoholkonsums und Atemluftmessung so groß war, dass im Hinblick auf die Ungenauigkeiten beim stündlichen Alkoholabbau eine verlässliche Rückrechnung nicht möglich ist. Dass CI E in dem kurzen Gespräch keine Alkoholisierung des Bf aufgefallen ist, ändert ebenfalls nichts an dieser Beurteilung, weil eine Alkoholisierung von 1,12 ‰ nicht ohne weiteres sofort auffallen muss, insbesondere wenn das Gespräch auf eine Entfernung von ca. 1,5 Meter geführt wird.

 

4.4. Bezüglich des Verhaltens des Beschwerdeführers nach dem Verkehrsunfall stellt sich der Sachverhalt so dar, dass er die Unfallstelle verlassen hat, weil er dort mit seinem Mobiltelefon keinen Empfang hatte. Er konnte dann seine Mutter und einen Nachbarn erreichen, wobei er kurz darauf mit seiner Mutter zur Unfallstelle zurückkehrte. Dort traf er auf einen zufällig vorkommenden Polizisten, wobei er diesen mitgeteilt hatte, dass die Schäden gemeldet und die Angelegenheit in Ordnung sei. Zu diesem Zeitpunkt waren die Geschädigten zwar noch nicht verständigt, es ist für die Prüfung der Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers aber doch zu berücksichtigen, dass er die Entfernung des Unfallfahrzeuges und die Verständigung der Geschädigten durch seine Mutter bzw. einen Nachbarn veranlasst hatte, sodass ihm nicht vorgeworfen werden kann, er habe beabsichtigt, den Geschädigten gegenüber das Verursachen des Verkehrsunfalles durch ihn zu verschleiern. Unabhängig davon, ob das Verhalten des Beschwerdeführers in diesem Zusammenhang einzelne Tatbestände des § 4 StVO erfüllt, rechtfertigt es nach hs. Ansicht jedenfalls keine Verlängerung der Führerscheinentzugsdauer, weshalb im konkreten Verfahren eine endgültige Beurteilung dieser Frage und der dazu getätigten Zeugenaussagen unterbleiben kann.

 

5. Darüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 24 Abs. 1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1.    die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2.    die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken.

Diesfalls ist gemäß § 13 Abs. 5 ein neuer Führerschein auszustellen. Für den Zeitraum einer Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A, B oder F ist auch das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen unzulässig, es sei denn es handelt sich

1. um eine Entziehung gemäß § 24 Abs. 3 achter Satz oder

2. um eine Entziehung der Klasse A wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung, die ausschließlich mit dem Lenken von einspurigen Kraftfahrzeugen zusammenhängt.

Bei besonders berücksichtigungswürdigen Gründen kann von der Entziehung der Klasse AM hinsichtlich der Berechtigung zum Lenken von Motorfahrrädern abgesehen werden. Dies ist auch dann möglich, wenn der Betreffende die Lenkberechtigung für die Klasse AM nur im Wege des § 2 Abs. 3 Z 7 besitzt.

 

Eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung der Lenkberechtigung bildet gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG die Verkehrszuverlässigkeit.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

 

Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat gemäß § 7 Abs. 3 Z1 FSG insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen hat und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 StGB zu beurteilen ist.

 

§ 26 Abs.1 FSG lautet: Wird beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 begangen, so ist, wenn es sich nicht um einen Lenker eines Kraftfahrzeuges der Klasse C oder D handelt und zuvor keine andere der in § 7 Abs. 3 Z 1 und 2 genannten Übertretungen begangen wurden, die Lenkberechtigung für die Dauer von einem Monat zu entziehen. Wenn jedoch

  1. auch eine der in § 7 Abs. 3 Z 4 bis 6 genannten Übertretungen vorliegt, oder
  2. der Lenker bei Begehung dieser Übertretung einen Verkehrsunfall verschuldet hat,

so hat die Entziehungsdauer mindestens drei Monate zu betragen.

Wenn jedoch eine der in § 7 Abs.3 Z. 3 genannten Übertretungen vorliegt, so hat die Entziehungdsdauer mindestens sechs Monate zu betragen. § 25 Abs. 3 zweiter Satz ist in allen Fällen sinngemäß anzuwenden.

 

Gemäß § 24 Abs.3 FSG kann die Behörde bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs.3a eine Nachschulung anzuordnen:

1. wenn die Entziehung in der Probezeit (§4) erfolgt,

2. wegen einer zweiten in § 7 Abs.3 Z.4 genannten Übertretung innerhalb von zwei Jahren oder

3. wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 oder 1a StVO 1960.

Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs.3a und sofern es sich nicht um einen Probeführerscheinbesitzer handelt, bei der erstmaligen Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 ein Verkehrscoaching zur Bewusstmachung der besonderen Gefahren des Lenkens von Kraftfahrzeugen unter Alkoholeinfluss oder Suchtmittelbeeinträchtigung und dessen Folgen, bei Begehung einer Übertretung des § 99 Abs.1b StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung einer Übertretung  gemäß § 99 Abs1 bis 1b StVO 1960 jedoch eine Nachschulung anzuordnen. Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs.3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Fristen nicht befolgt, oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht, oder wurde die Mitarbeit bei der Absolvierung der begleitenden Maßnahmen unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung. Wurde von einem Probeführerscheinbesitzer die Anordnung der Nachschulung nicht befolgt oder die Mitarbeit bei dieser unterlassen, so ist die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Wurde die Anordnung der Absolvierung der fehlenden Stufe(n) gemäß § 4c Abs. 2 nicht befolgt oder wurde dabei die Mitarbeit unterlassen, so ist die Lenkberechtigung jener Klasse, für die die angeordnete(n) Stufe(n) nicht absolviert wurde(n), bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Eine diesbezügliche Entziehung der Klasse B zieht jedenfalls eine Entziehung der Klassen C(C1), CE(C1E), D(D1) und DE(D1E) nach sich. Die Anordnung der begleitenden Maßnahme oder des ärztlichen Gutachtens hat entweder im Bescheid, mit dem die Entziehung oder Einschränkung ausgesprochen wird, oder in einem gesonderten Bescheid zugleich mit dem Entziehungsbescheid zu erfolgen. Die Behörde hat eine angemessene Frist zu setzen, innerhalb derer das Verkehrscoaching zu absolvieren ist. Wird das Verkehrscoaching nicht innerhalb dieser Frist absolviert, hat die Behörde die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

5.2. Entsprechend dem Ergebnis der oa. Beweiswürdigung hat der Beschwerdeführer am 7.2.2016 um ca. 6:00 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen x in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (1,12 Promille) gelenkt. Er hat am Autoradio hantiert, weshalb er rechts von der Fahrbahn abgekommen ist, wobei es den PKW in weiterer Folge überschlagen hat. Er hat daher einen Verkehrsunfall verschuldet, weshalb die gesetzliche Mindestentzugsdauer gemäß § 26 Abs. 1 Z2 FSG drei Monate beträgt. Wegen der rechtskräftigen Vormerkung wegen einer Minderalkoholisierung vom Oktober 2014 verlängert sich die Entzugsdauer um zwei Wochen. Sie war von der Zustellung des Mandatsbescheides am 5.4.2016 zu rechnen, weil dem Beschwerdeführer der Führerschein nicht unmittelbar abgenommen wurde. Eine Wertung dieses Vorfalles im Sinne des § 7 Abs. 4 FSG ist nicht erforderlich, weil es sich um einen Sonderfall des § 26 FSG handelt und mit der Mindest-entzugsdauer das Auslangen gefunden werden konnte.

 

Die von der Behörde angeordnete Nachschulung für alkoholauffällige Kraftfahrzeuglenker sowie die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens und einer verkehrspsychologischen Stellungnahme waren aufgrund des als erwiesen angesehenen Alkoholisierungsgrades aufzuheben.

 

Gemäß § 24 Abs. 3 3. Satz FSG war anstelle der von der Behörde angeordneten Nachschulung ein Verkehrscoaching vorzuschreiben. Für dieses wird gemäß § 24 Abs. 3 11. Satz FSG eine Frist von drei Monaten ab Zustellung dieses Erkenntnisses eingeräumt. Der Beschwerdeführer ist darauf hinzuweisen, dass ihm die Behörde die Lenkberechtigung entziehen müsste, wenn er das Verkehrscoaching nicht innerhalb dieser Frist absolviert.

 

 

Zu II.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Bestimmungen betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Beweiswürdigung wurde nach einem umfangreichen Ermittlungsverfahren samt mündlicher Verhandlung getroffen. Es handelt sich dabei nicht um Rechtsfragen, jedenfalls nicht um solche von grundsätzlicher Bedeutung.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung von Beschwerden beim Verfassungsgerichtshof und/oder von außerordentlichen Revisionen beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen,  die Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für jede Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s

 

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

Mag.  Gottfried  Z ö b l