LVwG-650720/5/SCH/CG

Linz, 17.10.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter             Dr. Schön über die Beschwerde des Herrn A J H, Z, F, vom 30. September 2016 in Form der Ergänzung vom 3. Oktober 2016 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 23. September 2016, GZ: BHVBVerk-2016-359056/2-Pac, wegen Aufhebung der Bewilligung zur Durchführung von Probefahrten,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung (immer noch „in erster Instanz“) im Zusammenhang mit der Probefahrtbewilligung des Herrn A J H, mit Bescheid vom 23. September 2016, GZ: BHVBVerk-2016-359056/2-Pac, Folgendes verfügt:

 

„Spruch:

 

1. Die Bewilligung zur Durchführung von Probefahrten für das Probefahrtkennzeichen x wird aufgehoben.

 

2. Sie haben den Probefahrtschein und das Probefahrtkennzeichen unverzüglich – spätestens ab Rechtskraft des Bescheides – abzugeben.

 

Rechtsgrundlage:

Zu 1. und 2.: § 45 Abs.6a Kraftfahrgesetz 1967 (KFG), BGBl. Nr. 267 in der geltenden Fassung.“

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde erhoben. Letztere ist mit einer weiteren Eingabe im Hinblick auf die Begründung ergänzt worden. Die Beschwerde wurde samt Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Dieses hatte gemäß § 2 VwGVG durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter zu entscheiden.

Gemäß § 24 Abs. 2 Z1 VwGVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3. Die belangte Behörde stützt den in Beschwerde gezogenen Bescheid auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer in der Vergangenheit insgesamt fünf Mal wegen Zuwiderhandlungen gegen Anordnungen des § 45 KFG 1967 mittels Strafverfügungen rechtskräftig bestraft werden musste.

Seitens des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich wurden die bezughabenden Verwaltungsstrafakte, welche von der belangten Behörde vorerst nicht vorgelegt worden waren, angefordert. Dabei ergibt sich folgende Sachlage:

Die zu den Geschäftszahlen VerkR96-3910-2014, VerkR96-9119-2016 und VerkR96-10452-2016 betreffen jeweils Übertretungen des § 45 Abs.1a KFG 1967. Bei den beiden anderen Vorgängen, nämlich VerkR96-7331-2014 und VerkR96-8008-2016, lagen Verstöße gegen die Bestimmungen des § 45 Abs.4 2. Satz KFG 1967 vor.

 

 

 

4. In rechtlicher Hinsicht ist dieser Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:

Vorweg ist zum Ergänzungsschreiben des Beschwerdeführers vom 3. Oktober 2016 zu bemerken, dass seine Einwendungen gegen einzelne Strafverfügungen im Aufhebungsverfahren betreffend die Probefahrtbewilligung insofern nicht mehr von Relevanz sein können, da hier Rechtskraft eingetreten ist. Solche Vorbringen sind im entsprechenden Verwaltungsstrafverfahren zu tätigen, widrigenfalls die Rechtskraft der Strafbescheide eine neuerliche Beurteilung in der Sache selbst nicht zulässt.

 

§ 45 Abs.6a KFG 1967 ordnet an, dass die Behörde die Bewilligung bei wiederholtem Missbrauch oder wenn die Vorschriften des Abs.6 wiederholt nicht eingehalten wurden, aufheben kann.

Der Gesetzgeber hat also festgelegt, dass nicht jeder Verstoß gegen die Bestimmung des § 45 KFG 1967 ein relevanter, im Zusammenhang mit einer Aufhebung der Bewilligung zu berücksichtigender Umstand ist, sondern sind diese auf die Fälle des wiederholten Missbrauchs sowie des wiederholten Verstoßes gegen die Anordnungen des Abs.6 beschränkt.

Gemäß § 45 Abs.1 2. Satz KFG 1967 sind Probefahrten Fahrten zur Feststellung der Gebrauchsfähigkeit oder der Leistungsfähigkeit von Fahrzeugen oder ihrer Teile oder Ausrüstungsgegenstände oder Fahrten, um Fahrzeuge vorzuführen.

Als Probefahrten gelten auch

1. Fahrten zur Überführung eines Fahrzeuges an einen anderen Ort im Rahmen des Geschäftsbetriebes,

2. Fahrten zur Überführung des Fahrzeuges durch den Käufer bei der Abholung des Fahrzeuges vom Verkäufer,

3. Fahrten zum Ort der Begutachtung oder Überprüfung des Fahrzeuges und

4. das Überlassen des Fahrzeuges mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3 500 kg an einen Kaufinteressenten für die Dauer von bis zu maximal 72 Stunden, wobei auch Fahrtunterbrechungen zulässig sind.

 

Gemäß § 45 Abs.4 2. Satz KFG 1967 dürfen Probefahrtkennzeichen nur bei Probefahrten geführt werden.

Die missbräuchliche Verwendung von Probefahrtkennzeichen ist nicht eine Übertretung des Abs.1, sondern des Abs.4 2. Satz (VwGH 11.09.1979, 2799/78, 126/79).

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Begriff des Missbrauchs von Probefahrtkennzeichen liegt ein solcher etwa vor, wenn andere als Probefahrten durchgeführt wurden, die Eintragung über das Ziel und den Zweck der Probefahrt fehlte und die Fahrt zunächst dem Erreichen des Wochenendhauses diente, Privatfahrten eines Angestellten des Inhabers eines Probefahrtkennzeichens, ausgedehnte Fahrten, das Abstellen eines Fahrzeuges mit Probefahrtkennzeichen auf einer öffentlichen Verkehrsfläche, wenn kein Zweck gemäß Abs.1 vorlag, und Ähnliches.

Sohin sind Verstöße gegen die erlaubten Probefahrtzwecke des § 45 Abs.1 KFG 1967 gemeint.

Ein Verstoß gegen die Bestimmung des § 45 Abs.1a KFG 1967 stellt demgegenüber keinen Missbrauchstatbestand, der einem solchen gemäß § 45 Abs.1 KFG 1967 gleichzuhalten wäre, dar. Die belangte Behörde hat die drei aktenkundigen Verstöße auch nicht als Übertretung des § 45 Abs.4 2. Satz KFG 1967 gewertet, sondern als übertretene Verwaltungsvorschrift die Bestimmung des Abs.1a in den Strafverfügungen angeführt und bloß geringfügige Geldstrafen verhängt.

Dazu kommt noch, dass § 45 Abs.1a KFG 1967 nur dann zur Anwendung kommen kann, wenn es sich um Probefahrten im Sinne des § 45 Abs.1 Z.4 KFG 1967 gehandelt hatte (VwGH 23.04.2010, 2009/02/0269).

Dass vorliegend solche Fahrten gegeben gewesen wären, lässt sich weder den zugrundeliegenden Polizeianzeigen noch den jeweiligen Tatvorwürfen in den Strafverfügungen entnehmen.

Damit ergibt sich, dass in drei der fünf den Beschwerdeführer zur Last gelegten Fällen keine missbräuchliche Verwendung der Probefahrtkennzeichen vorlag, von einem Verstoß gegen § 45 Abs.6 KFG 1967 kann von vornherein nicht die Rede sein.

Es verbleiben also zwei Vorgänge, die dem Beschwerdeführer als missbräuchliche Verwendung der Probefahrtkennzeichen vorgehalten werden müssen. Allerdings ist hier hervorzuheben, dass sich der eine Vorgang (VerkR96-7331-2014) am 21. Februar 2014 und der zweite (VerkR96-8008-2016) am 3. Juni 2016 zugetragen hatte. Es lag dazwischen also ein Zeitraum von mehr als zwei Jahren.

§ 45 Abs.6a KFG 1967 ordnet die Aufhebung der erteilten Bewilligung zur Durchführung von Probefahrten nicht zwingend an, der Behörde ist vielmehr Ermessen eingeräumt (VwGH 20.04.2004, 2002/11/0038).

Vorliegend ist die belangte Behörde von insgesamt fünf Verstößen des Beschwerdeführers ausgegangen, die als (mehrfach) wiederholter Missbrauch gewertet wurden. Erst nach dem zeitlich letzten Vorfall am 26. Juli 2016 (VerkR96-10452-2016) hat die Behörde die Aufhebung der Bewilligung verfügt. Der zeitlich zweite relevante Vorfall war allerdings bereits am 3. Juni 2016. Offenkundig hat die Behörde hier noch keine Veranlassung gesehen, mit einer Aufhebung der Bewilligung vorzugehen, ihr Ermessen also zu diesem Zeitpunkt in dem Sinne geübt, dass dem Beschwerdeführer die Bewilligung weiterhin belassen werden konnte. An dieser Ermessensübung vermag auch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich, insbesondere aufgrund des Umstandes, dass zwischen den beiden relevanten Übertretungen ein relativ großer Zeitraum verstrichen ist, keinen Anstoß zu nehmen.

Somit kam im Ergebnis der Beschwerde Berechtigung zu und war der angefochtene Bescheid zu beheben.

 

 

 

Zu II.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr.  S c h ö n