LVwG-301188/4/Kl/PP

Linz, 21.10.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde der Y.B., M., vertreten durch T. Rechtsanwälte, x, W., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 21. Juni 2016, SanRB96-287-2015/Gr, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz – AVRAG

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde hinsichtlich der Schuld abgewiesen und das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch in seiner Einleitung zu lauten hat: „Sie haben es als zur Vertretung nach außen berufene handelsrechtliche Geschäfts­führerin der V. L. V.-GmbH, M., welche persönlich haftende Gesellschafterin und Komplementärin der V. L. GmbH & Co. KG, M., ist, zu verantworten, dass die V. L. GmbH & Co. KG mit Sitz in M., x, als Arbeitgeberin und Auftraggeberin ...“.

Hinsichtlich der Strafe wird der Beschwerde insofern stattgegeben als die verhängte Geldstrafe je Delikt auf 300 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit die Ersatzfreiheitsstrafe je Delikt auf 20 Stunden herabgesetzt wird.

 

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Beschwerdeverfahren. Der Kosten­beitrag zum erstbehördlichen Verfahren ermäßigt sich auf insge­samt 180 Euro.

 

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 21. Juni 2016, SanRB96-287-2015/Gr, wurden über die Beschwerdeführerin sechs Geld­strafen in der Höhe von jeweils 500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit sechs Ersatzfreiheitsstrafen in der Höhe von jeweils 33 Stunden, wegen je einer Verwaltungsübertretung gemäß § 7b Abs. 3 und 4 iVm Abs. 8 Z 1 Arbeits­vertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) verhängt, weil sie es als zur Vertretung nach außen berufene verantwortliche Beauftragte der V. L. GmbH & Co. KG mit Sitz in M., X, gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten hat, dass diese Firma als Arbeit­geberin und Auftraggeberin mit Sitz in einem EWR-Mitgliedstaat

1.   den s. Staatsbürger R.B., geb. x,

2.   den d. Staatsbürger S.B., geb. x,

3.   den d. Staatsbürger S.K., geb. x,

4.   den d. Staatsbürger I.J.K., geb. x,

5.   den d. Staatsbürger A.P., geb. x,

6.   den s. Staatsbürger M.S., geb. x,

zumindest von 17.11.2015 bis 4.12.2015 als Arbeitnehmer für die Erbingung von Arbeitsleistungen – für Umbauarbeiten im O. in L., x – nach Österreich entsandt hat, ohne eine Meldung gemäß § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG eine Woche vor Arbeitsaufnahme der oa. Person an die Zentrale Koordinationsstelle des Bundesministeriums für Finanzen zu erstatten, obwohl Arbeitgeber dazu verpflichtet sind.

 

Dieser Sachverhalt wurde von Organen des Finanzamtes Linz bei einer Kontrolle am 17.11.2015 um 9.00 Uhr im oa. Baumarkt, indem die ao. Personen bei Regalaufbau- und Dekorationsarbeiten betreten wurden und durch Abfragen im Hauptverband, festgestellt.

Die verpflichtenden Meldungen wurden verspätet erst nach der Kontrolle am 17.11.2015 erstattet.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es richtig sei, dass am 17.11.2015 in L. bei der Kontrolle der Finanzpolizei vier namentlich genannte deutsche Arbeitnehmer der V. L. GmbH & Co. KG sowie zwei s. Staatsbürger der Firma M. J. P. angetroffen worden seien und keine eine Woche vor Arbeitsaufnahme erfolgte Meldung an die Zentrale Koordinationsstelle des BMF vorgelegen habe. Die entsprechende Meldung der Entsendung nach Österreich sei vom Prokuristen der V. L. GmbH & Co. KG in der Folge sofort, noch am Tag der Kontrolle durch die Finanzpolizei nachgereicht worden. Für die zwei s. Arbeiter sei die Einreichung von deren Arbeitgeber vorgenommen worden. Ein Verschulden der Beschwerde­führerin liege nicht vor, weil sie mit dem Auftrag in L., zu dem die Arbeiter nach Österreich entsendet worden seien, nicht betraut gewesen sei, sondern den Auftrag allein der zuständige Prokurist B. bearbeitet habe und auch sämtliche Veranlassungen diesbezüglich vorgenommen habe. Es sei daher auch Herr B. auf den Meldungen der Entsendung nach Österreich als zur Vertretung nach außen berufene sowie beauftragte Person angeführt. Er habe auch die Nachreichung der Meldungen vorgenommen. Auch sei Komplementärin der V. L. GmbH & Co. KG die V. L. V.-GmbH und nicht die Beschuldigte selbst. Weiters wurde die Unzulässigkeit einer mehrfachen Bestrafung dargelegt, da § 7b Abs. 5 AVRAG nicht dazu zwinge, diese Bestimmung so zu verstehen, dass im Falle des Nichtbereithaltens der genannten Unterlagen pro Arbeitnehmer eine Übertretung begangen werde. Auch fehle den beiden s. Staatsbürgern die Arbeitnehmereigenschaft, da kein Arbeitsvertrag zu diesen Personen bestehe. Diese seien Arbeitnehmer der Firma M. J. P. Es bestehe keine persönliche Abhängigkeit sowie keine Unterwerfung unter betriebliche Ordnungsvorschriften und auch keine disziplinäre Verantwortung. Schließlich wurden außerordentliche Strafmilderungs­gründe geltend gemacht, nämlich dass erstmalig ein Auftrag im Ausland durchgeführt und Arbeiter ins Ausland entsendet worden seien, der enorme zeitliche und organisatorische Druck, sofortiges kooperatives Verhalten gegenüber der Behörde und Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin sowie sofortiges Eingestehen der Tat und Mithilfe bei der Aufklärung des Sachverhaltes. Im Übrigen sei die Verantwortlichkeit nicht ausreichend konkretisiert, weil die Stellung der Beschuldigten zur V. L. GmbH & Co. KG nicht ausreichend im Straferkenntnis klargestellt worden sei.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Landesver­waltungsgericht Oberösterreich vorgelegt.

Das zuständige Finanzamt Linz wurde am verwaltungsgerichtlichen Verfahren beteiligt. In seiner Stellungnahme vom 10. August 2016 verwies das Finanzamt auf die Abfrage der internationalen Wirtschaftsdaten. Da aus dem vorgelegten Handelsregisterauszug hervorgehe, dass persönlich haftende Gesellschafterin die V. L. V.-GmbH ist, wird gegen die Geschäftsführer dieser GmbH, Y.B. und P.V. ein gesonderter Strafantrag gestellt. Hinsichtlich der Meldung der Entsendung wurde auf § 7b Abs. 3 AVRAG hingewiesen, wonach die Beschäftigung von Arbeitnehmern, die nach Österreich entsandt werden, spätestens eine Woche vor der Arbeitsaufnahme der Zentralen Koordinationsstelle des BMF zu melden sei. Die Meldung der Firma V. L. GmbH & Co. KG sei erst am Kontrolltag und nach der Amtshandlung elektronisch übermittelt worden. Zur mehrfachen Bestrafung wurde auf § 7b Abs. 8 AVRAG hingewiesen, wonach von der Bezirksverwaltungsbehörde „für jede/n Arbeitnehmer/in mit Geldstrafe von ... zu bestrafen“ ist. Hinsichtlich der Arbeitnehmereigenschaft wurde ausgeführt, dass die beiden s. Staatsbürger bei der Kontrolle gemeinsam mit den Arbeitern der Firma V. L. GmbH & Co. KG bei ihren Arbeiten angetroffen worden seien und es sich daher aus Sicht der Finanzpolizei um eine Arbeitskräfte­überlassung der Firma M. J. P. an die Firma V. L. GmbH & Co. KG handle.

 

4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Aktenein­sichtnahme.

 

Da in der Beschwerde nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wurde, im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe je Delikt verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 44 Abs. 3 VwGVG entfallen.

 

Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung als erwiesen zugrunde gelegt:

 

Laut Auszug des Handelsregisters A des Amtsgerichtes M. ist persönlich haftende Gesellschafterin der V. L. GmbH & Co. KG die V. L. V.-GmbH, M., als Kommanditisten sind R.B. und Y.B. eingetragen. Im Auszug des Handelsregisters B des Amtsgerichtes M. ist für die V. L. V.-GmbH die Beschuldigte sowie P.V. als Geschäftsführer eingetragen.

Eine Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 und 3 VStG iVm § 7j Abs. 1 AVRAG wurde weder der Zentralen Koordinationsstelle im BMF noch dem zuständigen Träger der Krankenversicherung mitgeteilt (Strafantrag vom 10.12.2015).

Bei einer Kontrolle am 17.11.2015 durch das Finanzamt Linz wurden im O. in L., x, zwei s. Staatsbürger sowie vier d. Staatsbürger bei Umbauarbeiten, nämlich Regalaufbau- und Dekorationsarbeiten angetroffen. Die Arbeiter wurden durch die V. L. GmbH & Co. KG mit Sitz in M. zur Arbeitsleistung nach Österreich entsandt. Zum Zeitpunkt der Kontrolle konnte keine Meldung der Arbeitsaufnahme an die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungs­gesetz des BMF vorgewiesen werden und war bis zu diesem Zeitpunkt nicht erfolgt. Die Meldung an die Zentrale Koordinationsstelle wurde nachweislich erst am 17.11.2015 durchgeführt.

Dieser Sachverhalt ist aus den vorliegenden Unterlagen erwiesen und wurde auch von der Beschwerdeführerin bestätigt.

 

5. Hierüber hat das Oö. Landesverwaltungsgericht erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Verwaltungsstrafgesetz – VStG, welcher gemäß § 38 VwGVG auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren anzuwenden ist, ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

Verantwortlicher Beauftragter kann nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist. Das Erfordernis des Hauptwohnsitzes im Inland gilt nicht für Staatsangehörige von EWR-Vertragsstaaten, falls Zustellungen im Verwaltungsstrafverfahren durch Staatsverträge mit dem Vertragsstaat des Wohnsitzes des verantwortlichen Beauftragten oder auf andere Weise sichergestellt sind.

Gemäß § 7j Abs. 1 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) wird die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 und 3 VStG für die Einhaltung dieses Bundesgesetzes erst rechtswirksam, nachdem

1. bei der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeits­vertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen durch Arbeitgeber/innen im Sinne der §§ 7, 7a oder 7b oder Überlasser/innen mit Sitz im Ausland, oder

2. beim zuständigen Träger der Krankenversicherung durch Arbeitgeber/innen oder Beschäftiger/innen mit Sitz im Inland eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des/der Bestellten eingelangt ist.

 

Es ist daher die Beschuldigte als eingetragene handelsrechtliche Geschäfts­führerin der V. L. V.-GmbH als persönlich haftende Komplementärin der V. L. GmbH & Co. KG verwaltungsstrafrechtlich gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Verantwortung zu ziehen.

Die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 und 3 VStG wurde hingegen von der Beschwerdeführerin nicht nachgewiesen und ist eine Meldung gemäß § 7j AVRAG beim zuständigen Finanzamt nicht aufliegend, sodass eine allfällig erfolgte Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten nicht wirksam wurde. Da Herr B. nicht zu einem nach außen vertretungsbefugten Organ (handelsrechtlicher Geschäftsführer) bestellt war, hätte es gemäß der Bestimmung des § 9 Abs. 2 - 4 VStG eines Zustimmungsnachweises zur Bestellung als verantwortlichen Beauftragten bedurft und darüber hinaus auch einer schriftlichen Mitteilung des Zustimmungsnachweises an die Abgaben­behörde gemäß § 7j AVRAG.

 

5.2. Gemäß § 7b Abs. 1 vorletzter Satz Arbeitsvertragsrechts-Anpassungs­gesetz – AVRAG, BGBl. Nr. 459/1993 idF BGBl. I Nr. 113/2015 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung) gilt ein/e Beschäftiger/in mit Sitz in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes als Österreich hinsichtlich der an ihn/sie überlassenen Arbeitskräfte, die zu einer Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, in Bezug auf die Abs. 3 – 5 und 8, § 7d Abs. 1, § 7f Abs. 1 Z 3 sowie § 7i Abs. 1 und Abs. 4 Z 1 als Arbeitgeber/in.

Gemäß § 7b Abs. 5 AVRAG haben Arbeitgeber/innen iSd Abs. 1, sofern für den/die entsandten Arbeitnehmer/innen in Österreich keine Sozialver­sicherungspflicht besteht, Unterlagen über die Anmeldung des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin zur Sozialversicherung (Sozialversicherungsdokument E101 nach der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71, Sozialversicherungsdokument A1 nach der Verordnung (EG) Nr. 883/04) sowie eine Abschrift der Meldung gemäß den Abs. 3 und 4 am Arbeits(Einsatz)ort im Inland bereitzuhalten oder diese den Organen der Abgabenbehörden oder der Bauarbeiter- Urlaubs- und Abfertigungskasse unmittelbar vor Ort in elektronischer Form zugänglich zu machen.

Gemäß § 7b Abs. 3 AVRAG haben Arbeitgeber/innen iSd Abs. 1 die Beschäftigung von Arbeitnehmer/innen, die zur Erbringung einer Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, spätestens eine Woche vor der jeweiligen Arbeitsaufnahme der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungs­gesetz des Bundesministeriums für Finanzen zu melden und dem/der im Abs. 1 Z 4 bezeichneten Beauftragten, sofern nur ein/eine Arbeitnehmer/in entsandt wird, diesem/dieser, die Meldung in Abschrift auszuhändigen oder in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen.

Gemäß § 7b Abs. 8 Z 1 AVRAG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jede/n Arbeitnehmer/in mit Geldstrafe von 500 Euro bis 5.000 Euro, im Wiederholungsfall von 1.000 Euro bis 10.000 Euro zu bestrafen, wer als Arbeitgeber/in iSd Abs. 1 die Meldung entgegen Abs. 3 nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig erstattet.

 

Da die Meldung der Arbeitsaufnahme an die Zentrale Koordinationsstelle erst nach der Kontrolle am 17.11.2015 erfolgte und daher nicht spätestens eine Woche vor Arbeitsaufnahme, war der Tatbestand der Verwaltungsübertretung eindeutig erfüllt. Als handelsrechtliche Geschäftsführerin hat die Beschuldigte die Tat auch zu verantworten (siehe oben Punkt 5.1.). Dies war auch entsprechend im Spruch des Straferkenntnisses klarzustellen. Es war daher der objektive Tatbestand einwandfrei erfüllt.

 

5.3. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwider gehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte (Abs. 2).

 

Eine Entlastung ist der Beschwerdeführerin nicht gelungen. Insbesondere kann die Betrauung des Herrn B. nicht zu einem mangelnden Verschulden und daher zu einer Entlastung der Beschwerdeführerin führen, da eine ausreichende Kontrolle des Beauftragten seitens der Beschwerdeführerin nicht geltend gemacht wurde. Nach der ständigen Judikatur des VwGH genügt aber die Betrauung dritter Personen mit Aufgaben nicht zu einer Entlastung, sondern hätte vielmehr vorgebracht und unter Beweis gestellt werden müssen, welche Maßnahmen im Einzelnen getroffen wurden, die die Einhaltung der Anweisungen und Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen mit gutem Grund erwarten lassen. Insbesondere hätte ausgeführt und nachgewiesen werden müssen, welche konkreten Maßnahmen die Beschwerdeführerin getroffen hat und wann und wie oft sie die Einhaltung der Maßnahmen kontrolliert hat. Ein solches Vorbringen wurde nicht erstattet. Es ist daher zumindest von fahrlässiger Tatbegehung auszugehen.

 

5.4. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG idF BGBl. I Nr. 33/2013, in Geltung ab 1. Juli 2013, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 7b Abs. 8 AVRAG ist ein Strafrahmen für jeden Arbeitnehmer von 500 Euro bis 5.000 Euro vorgesehen. Vorstrafen der Beschuldigten scheinen im Akt nicht auf und ist daher von Unbescholtenheit auszugehen. Auch wurden sämt­liche Arbeitnehmer der Zentralen Koordinationsstelle – wenn auch verspätet – gemeldet. Auch liegen für sämtliche Arbeitnehmer Sozialversicherungs­dokumente vor. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass zwar eine Ordnungswidrigkeit fest­gestellt werden kann, allerdings die Rechtsverletzung nicht als schwerwiegend betrachtet werden kann, da keine Schädigung eingetreten ist. Auch hat die Beschwerdeführerin an der Aufklärung des Sachverhaltes mitgewirkt und war zu jeder Zeit geständig. Das Geständnis war als mildernd zu werten. Auch gab sich die Beschwerdeführerin reumütig und zeigte auch den Willen, bei einer nächsten grenzüberschreitenden Entsendung die Formvorschriften einzuhalten.

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen. Auch im gegenständlichen Fall überwiegen die Milderungsgründe beträchtlich, während Erschwerungsgründe nicht festzustellen waren. Es konnte daher aufgrund der besonderen Umstände von der außerordentlichen Milderung der Strafe gemäß § 20 VStG Gebrauch gemacht werden.

Eine Ermahnung bzw. Einstellung des Strafverfahrens ist hingegen nicht gerecht­fertigt, zumal die Voraussetzung eines geringfügigen Verschuldens nicht gegeben ist. Geringfügigkeit wird nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann angenommen, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Beschuldigten weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurück bleibt. Da die Tat aber hinsichtlich mehrerer Arbeitnehmer vorgenommen wurde und auch in zeitlichem Abstand erfolgte, kann nicht mehr von einer Geringfügig­keit des Verschuldens gesprochen werden. Die nunmehr verhängten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen sind geeignet, die Beschuldigte von einer weiteren Tat­begehung abzuhalten. Auch sind sie unter den angegebenen überdurch­schnittlichen Einkommensverhältnissen nicht überhöht.

 

Hingegen war aber entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin je entsandten Arbeitnehmer eine gesonderte Geldstrafe zu verhängen. Dies ist bereits in § 7b Abs. 8 ausdrücklich zu entnehmen.

 

6. Da die Beschwerde zumindest teilweise Erfolg hatte, entfällt ein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG. Der Kostenbeitrag zum erstbehördlichen Verfahren reduziert sich auf insgesamt 180 Euro, das sind 10 % der verhängten Strafen.

 

7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s e

1. Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungs­gerichtshof einzu­bringen.

2. Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Ent­scheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

3. Gemäß § 7n Abs. 2 letzter Satz AVRAG wird darauf hingewiesen, dass mit der rechtskräftigen Bestrafung die Eintragung der Beschuldigten und jenes Unternehmens, dem die Bestrafung zuzurechnen ist, in die Evidenz des Kompetenzzentrums LSDB verbunden ist.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Ilse Klempt