LVwG-400158/5/FP

Linz, 10.11.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Pohl aufgrund der Beschwerde von K.S., geb. x, X, D., D., vertreten durch Mag. T.M., Rechtsanwältin in L., vom 7. April 2016, gegen das Straferkenntnis des Magistrats der Landeshauptstadt Linz, x, L., vom 4. März 2016, GZ: 0006888/2016, wegen einer Übertretung des Bundesstraßenmautgesetzes (BStMG) 2002, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als von der Verhängung einer Strafe abgesehen und dem Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 4 VStG eine Ermahnung erteilt wird.

 

 

II.         Der Beschwerdeführer hat gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG keine Kosten des Strafverfahrens zu tragen.

 

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit dem im Spruch dargestellten Straferkenntnis warf der Magistrat der Landeshauptstadt Linz (in der Folge: belangte Behörde) dem Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) zusammengefasst und sinngemäß vor, als Lenker des PKW mit dem d. Kennzeichen X, am 4. September 2015 um 10.14 Uhr die AX, km x, Mautabschnitt A., S. F. – KN L., RFB S. W. benützt zu haben, ohne die zeitabhängige Maut (Vignette) ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Die zum Tatzeitpunkt angebrachte 10-Tages-Vignette sei nicht mehr gültig gewesen, weil die Gültigkeit mit Ablauf des 6. August 2015 geendet habe.

 

Die belangte Behörde verhängte die gesetzliche Mindestgeldstrafe von € 300,00 (im Falle der Uneinbringlichkeit 34 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) über den Bf und sprach aus, dass er € 30,00 als Verfahrenskostenbeitrag zu leisten habe.

 

Die belangte Behörde begründete, wie folgt:

 

„[…]

Ausgangspunkt des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens ist eine Anzeige der ASFINAG vom 27.01.2016 wegen einer Übertretung des Bundesstraßenmautgesetzes, gerichtet gegen den Lenker des Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen X (x).

 

Mit Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers wurde der Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges, mit dem amtlichen Kennzeichen X (x) gemäß § 103 Abs. 2 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967) daher aufgefordert bekannt zu geben, wer das oben angeführte Kraftfahrzeug im Tatzeitpunkt gelenkt hat. Als Lenker wurde der Beschuldigte namhaft gemacht.

 

Mit Strafverfügung vom 16.02.2016 wurde gegen den Beschuldigten wegen der im Spruch dargestellten Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe in der Höhe von € 300,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 34 Stunden) verhängt.

 

Gegen diese Strafverfügung hat der Beschuldigte in offener Frist Einspruch erhoben und diesen damit begründet, dass er eine Zehntagesvignette am 28.08.2015 in S. ordnungsgemäß erworben, diese auch ordnungsgemäß an der Windschutzscheibe angebracht und demnach die Maut entrichtet habe. Als beweis wurde eine Rechnung über eine Zehntagesvignette vorgelegt.

 

Für die erkennende Behörde ist der im Spruch dargestellte Sachverhalt aufgrund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des durchgeführten Ermittlungsverfahrens erwiesen.

 

In rechtlicher Würdigung des als erwiesen angenommenen Sachverhaltes hat die erkennende Behörde erwogen:

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG 2002 ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer gültigen Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Nach Punkt 7.1. der Mautordnung ist an jedem mautpflichtigen Kraftfahrzeug vor Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes eine gültige Vignette anzubringen. Zehntagesvignetten und Zweimonatsvignetten sind nur dann gültig, wenn sie durch ordnungsmäßige, vollständige Lochung des Kalendertages und -monats entwertet wurden. Der alleinige Erwerb oder Besitz einer Vignette erfüllt nicht gesetzlichen Bestimmungen zur korrekten Entrichtung der Maut.

 

Die vorliegende Verwaltungsübertretung wurde von der automatischen Vignettenkontrolle erkannt und im System registriert. Auf den dort gespeicherten und auch im Akt befindlichen Beweisfotos (werden dem Straferkenntnis in Kopie angeschlossen) ist eindeutig ersichtlich, dass im Tatzeitpunkt auf der Windschutzscheibe des gegenständlichen Kraftfahrzeuges eine Zehntagesvignette angebracht war, welche mit Datum 28.07.2015 gelocht, demnach bis 06.08.2015 gültig und somit im Tatzeitpunkt nicht mehr gültig war. Weiters wird angemerkt, dass der, vom Beschuldigte vorgelegte Beleg mit 28.06.2015 datiert ist.

 

Im Tatzeitpunkt 04.09.2015 war somit - entgegen der Behauptung des Beschuldigten - keine gültige Vignette am Fahrzeug angebracht.

 

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen lauten auszugsweise wie folgt:

 

Bundesstraßen-Mautgesetz (BStMG) 2002 Mautpflicht auf Bundesstraßen Mautstrecken

§1.

(1) Für die Benützung der Bundesstraßen mit Kraftfahrzeugen ist Maut zu entrichten.

 

Zeitabhängige Maut Mautpflicht

§10.

(1) Die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, unterliegt der zeitabhängigen Maut.

 

Mautentrichtung

§11.

(1) Die zeitabhängige Maut ist vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Strafbestimmungen Mautprellerei

§20.

(1) Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, begehen eine Verwaltungsüber­tretung und sind mit Geldstrafe von 300 € bis zu 3000 € zu bestrafen.

 

Der Beschuldigte hat eine mautpflichtige Bundesstraße benützt, obwohl die geschuldete Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet wurde.

 

Es ist somit der Tatbestand der dem Beschuldigten angelasteten Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht erfüllt.

 

Schuldfrage:

 

Das BStMG 2002 sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor. Es kommt daher § 5 Abs. 1 VStG zum Tragen, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist immer dann anzunehmen, wenn

• einem Verbot zuwidergehandelt oder ein Gebot nicht befolgt wird und

• zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört (sogenanntes Ungehorsamsdelikt) und

• der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Der Beschuldigte hat im vorliegenden Fall ein Ungehorsamsdelikt begangen.

 

Den Schuldentlastungsbeweis im Sinne der vorstehenden Gesetzesbestimmung konnte er mit seiner Rechtfertigung nicht erbringen.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG 2002 treffen den Lenker hinsichtlich einer ordnungsgemäßen Mautentrichtung umfassende Mitwirkungs- und Kontrollpflichten. Diesen Pflichten ist der Beschuldigte, nämlich in dem Sinne, dass er es verabsäumt hat eine gültige Vignette an der Windschutzscheibe anzubringen bzw. dies zu überprüfen, nicht nachgekommen. Sein Verhalten ist als sorgfaltswidrig einzustufen, da es ihm obliegen wäre, für eine ordnungsgemäße Entrichtung der zeitabhängigen Maut zu sorgen.

 

Die gegenständliche Verwaltungsübertretung ist daher auch hinsichtlich ihrer subjektiven Tatbestandsmäßigkeit erwiesen.

 

Zur Strafhöhe ist festzustellen, dass gemäß § 19 Abs. 1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat ist; insofern spielt auch das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, eine entsprechende Rolle. Nach Abs. 2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestim-men, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Dies bedeutet, dass die erkennende Behörde auf der Grundlage des § 19 Abs. 1 VStG ihre Wertung der Tat innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens darzutun hat. Eine Strafbemessung innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensent­scheidung, die nach den in § 19 leg.cit. festgelegten Kriterien vorzunehmen ist.


 

 

Als strafmildernd wurde die Unbescholtenheit des Beschuldigten gewertet, strafer­schwerend war kein Umstand.

Zur Bemessung der Strafhöhe wird angemerkt, dass die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe verhängt wurde; die konkreten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind demnach ohne Relevanz (VwGH 31.10.1990, 90/02/0103).

 

Beträchtlich überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind, vor dem Hintergrund der oa. Kontrollpflichten, nicht ersichtlich und wurden auch nicht vorgebracht. Dem Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit kann kein solches Gewicht beigemessen werden. Eine außerordentliche Strafmilderung scheidet daher aus (VwGH 19.07.2013, 2013/02/0101).

 

Bei entsprechender Berücksichtigung sämtlicher gemäß § 19 VStG maßgebender Bemessungsgründe erscheint daher die verhängte Strafe dem Unrechtsgehalt der Tat sowie dem Verschulden des Beschuldigten angemessen.

 

Das Ausmaß der gemäß § 16 VStG festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafe entspricht dem Unrechts-und Schuldgehalt der Verwaltungsübertretung.“

 

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtete sich die rechtzeitige Beschwerde des Bf vom 7.4.2016 in welcher der Bf wie folgt vorbrachte:

 

„[…]

Der Beschuldigte wurde mit Schreiben der ASFINAG vom 17.11.2015 aufgefordert, eine Ersatzmaut in Höhe von € 120,00 (inkl. 20% USt) binnen 4 Wochen zu bezahlen, weil er am 04.09.2015 auf der AX im Bereich A. S. F. - Knoten L. das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen X (x) gelenkt habe, obwohl die Vignette abgelaufen gewesen sei, sodass die vorgeschriebene Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet worden sei. Dies sei im Zuge der automatisierten Vignettenkontrolle (Überwachung mittels Kamera) festgestellt worden. Der Beschuldigte sprach sich in weiterer Folge gegen den wider ihn erhobenen Vorwurf, er habe am 04.09.2015 die gesetzliche Mautpflicht verletzt, aus und teilte der ASFINAG mit, am 28.08.2015 um ca. 13:00 Uhr im Grenzbereich „S." eine 10-Tages-Vignette für österreichische Autobahnen kaufte und ordnungsgemäß an der Windschutzscheibe des auf ihn zugelassenen Fahrzeuges angebracht zu haben, bei der Autobahnfahrt am 04.09.2015, sohin 8 Tage nach den Anbringen der 10-Tages-Vignette am Fahrzeug des Beschuldigten, sei sohin entgegen der Auffassung der ASFINAG eine gültige Vignette an seinem Fahrzeug angebracht gewesen, weshalb kein Verstoß gegen die Bestimmungen des Bundesstraßenmautgesetzes in Verbindung mit der Mautordnung vorliege. Er führte diesbezüglich weiters aus, sein Vorbringen durch Tankbelege, ein Fahrtenbuch sowie durch die Zeugenaussage seines Beifahrers U.G. beweisen zu können.

 

Mit Schreiben vom 29.12.2015 teilte die ASFINAG dem Beschuldigten mit, der Fall sei an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde weitergeleitet worden, welche ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet habe.

 

Seitens des Magistrates der Landeshauptstadt Linz wurde der Beschuldigte mit Schreiben vom 03.02.2016 aufgefordert zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers betreffend das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen X (x) am 04.09.2015 um 10:14 Uhr auf der AX Mautabschnitt A. S. F. - KN L., Km x, RFB: Staatsgrenze W., binnen 2 Wochen ab Zustellung.

 

Mit Eingabe vom 09.02.2016 nahm der Beschuldigte neuerlich zu dem gegen ihn erhobenen Vorwurf Stellung, indem er der Behörde mitteilte, die Vignette am 28.08.2015 gekauft und ordnungsgemäß an seiner Windschutzscheiben angebracht zu haben, sodass am 04.09.2015 die 10-Tages-Vignette noch nicht abgelaufen war, was der ASFINAG auch mit Kopien des Fahrtenbuches und der Rechnung mitgeteilt wurde. Dementsprechend sprach er sich abermals gegen die ihm vorgeworfene Übertretung nach dem BStMG aus. Mit Strafverfügung vom 16.02.2016, sohin vor Ablauf der Frist zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers gemäß der Aufforderung vom 03.02.2016, verhängte die Behörde über den Beschuldigten eine Geldstrafe in Höhe von € 300,00 (im Fall der Nichteinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunde) gemäß §20 Abs 1 BStMG, weil er als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen X (x) am 04.09.2015 um 10:14 Uhr auf der AX Mautabschnitt A. S. F. - KN L., Km x, RFB: Staatsgrenze W., eine mautpflichtige Straße benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut (Vignette) ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Am gegenständlichen Fahrzeug sei eine 10-Tages-Vignette angebracht gewesen, welche mit Datum 28.07.2015 gelocht gewesen sei, weshalb sie nur bis 06.08.2015 gültig war und somit zum Tatzeitpunkt nicht mehr gültig gewesen sei.

 

Der Beschuldigte erhob gegen die Strafverfügung in weiterer Folge Einspruch und brachte dazu im Wesentlichen wie bereits in seiner Stellungnahme an die ASFINAG vor, dass die von ihm gekaufte und ordnungsgemäße an der Windschutzscheibe angebrachte 10‑Tages-Vignette zum Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretung nicht abgelaufen war, weshalb sohin die Bestrafung zu Unrecht erfolgt ist. Die 10-Tages-Vignette habe er bei der S. S. „S. E. GmbH", x, S. erworben und ordnungsgemäß an seinem PKW angebracht, wobei er die Kopie des Rechnungsbeleges seinem Einspruch vom 01.03.2016 anschloss.

 

Im Straferkenntnis vom 04.03.2016 verhängte die belangte Behörde dennoch über den Beschuldigten eine Geldstrafe in Höhe von € 300,00 (bzw. im Nichteinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden) wegen Verstoßes gegen §§1 Abs 1, 10 Abs 1 und 20 Abs 1 BStMG, weil er als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen X (x) am 04.09.2015 um 10:14 Uhr auf der AX Mautabschnitt A. S. F, - KN L., Km x, RFB: Staatsgrenze W., die geltende Mautpflicht verletzt habe, indem er eine mautpflichtige Straße benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut (Vignette) ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Zum Tatzeitpunkt sei am gegen­ständlichen Fahrzeug eine 10-Tages-Vignette angebracht gewesen, welche nicht mehr gültig gewesen sei, zumal die Gültigkeit mit Ablauf des 06.08.2015 geendet habe.

 

Überdies wurde der Beschuldigte verpflichtet, einen Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von € 30,00 zu leisten.

 

Begründend führte die Behörde aus, dass die Basis für das Verwaltungsstrafverfahren eine Anzeige der ASFINAG vom 27.01.2016 wegen Übertretung des BStMG mit dem auf den Beschuldigten zugelassenen Fahrzeug sei. Nach entsprechender Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe sei der Beschuldigte als Lenker namhaft gemacht worden.

 

Der seitens der Behörde dargestellte Sachverhalt sei aufgrund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des durchgeführten Ermittlungsverfahrens erwiesen, jedoch unterließ es die Behörde in diesem Zusammenhang, auf die konkreten Umstände, welche aus Sicht der Behörde darauf schließen lassen sollen, dass das Vorbringen des Beschuldigten zu verwerfen und dementsprechend eine Bestrafung zu erfolgen habe, einzugehen.

 

In rechtlicher Hinsicht führte die Behörde im Wesentlichen lediglich zu den allgemeinen Rahmenbedingungen betreffend die Mautpflicht aus und begnügte sich damit anzugeben, die Mautpflicht sei im konkreten Fall verletzt worden, weil die am Fahrzeug des Beschuldigten angebrachte 10-Tages-Vignette mit Datum 28.07.2015 gelocht gewesen sei, sodass sie bis 06.08.2015 gültig gewesen sei, wobei der vom Beschuldigten vorgelegte Rechnungsbeleg betreffend die 10-Tages-Vignette mit 28.06.2015 datiert sei. Demensprechend sei zum Tatzeitpunkt 04.09.2015 keine gültige Vignette am Fahrzeug des Beschuldigten angebracht gewesen.

 

Hinsichtlich des Verschuldens begnügte sich die Behörde damit, sinngemäß die allgemeinen Voraussetzungen der Strafbarkeit gemäß § 5 Abs 1 VStG betreffend fahrlässiges Verhalten wiederzugeben. Der Beschuldigte habe ein Ungehorsamsdelikt begangen und sei ihm der Schuldentlastungsbeweis nicht gelungen. Auch hinsichtlich der Strafhöhe begnügte sich die Behörde mit der sinngemäßen Wiedergabe der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen (insbesondere § 19 VStG), wobei die Unbescholtenheit als mildend berücksichtigt worden sei, wo hingegen keine straferschwerenden Umstände vorliegen würden. Zudem sei die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe verhängt worden, weshalb die Einkommens -, Vermögens-, und Familienverhältnisse des Beschuldigten irrelevant sein.

 

Beträchtlich überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG seien nicht ersichtlich.

 

Wie bereits vorstehend ausgeführt, erhebt der Beschuldigte nunmehr gegen das vorstehend genannte Straferkenntnis des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 04.03.2016, zugestellt am 11.03.2016, GZ 000688/2016, die

Beschwerde

an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich und bringt dazu vor wie folgt: Das Straferkenntnis wird vollumfänglich bekämpft.

 

Bei richtiger Würdigung hätte die belangte Behörde zu dem Ergebnis gelangen müsse, dass der Beschuldigte - entgegen den Ausführungen im Straferkenntnis - die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat.

 

Insbesondere stammt die Rechnung über die 10-Tages-Vignette, welche der Beschuldigte bei der Tankstelle S. S. „S. E. GmbH" um € 8,70 erworben hat, nicht vom 28.06.2015, sondern vom 28.08-2015. Der Beschuldigte hielt sich am 28.06.2015 gar nicht in S. bei der vorstehend genannten Tankstelle auf, er erwarb demgemäß auch dort keine 10-Tages-Vignette, sondern kaufte er - wie bereits dargelegt - die 10‑Tages-Vignette am 28.08.2015 bei der vorstehend genannten Tankstelle in S. und brachte sie noch am selben an der Windschutzscheibe seines Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen X (x) an, weshalb er die ihm zur Last gelegte Verletzung der Mautpflicht am 04.09.2016 nicht begangen hat.

 

Dies ist auch in Übereinstimmung mit der glaubwürdigen und schlüssigen Schilderung des Beschuldigten, dass es sich am 28.08.2015 gemeinsam mit Herrn U.G. auf einer Reise nach U. befand, wobei er bei der vorstehend genannten Tankstelle in S. eine 10-Tages-Vignette für die österreichischen mautpflichtigen Straßen erwarb. Dies sowie den Umstand, dass der Beschuldigte die 10-Tages-Vignette am 28.08.2015 umgehend auf der Windschutzscheibe seines Fahrzeuges ordnungsgemäß anbrachte, kann Herr G. auch entsprechend bestätigen. Überdies stimmt dies auch mit der Rechnung betreffend den Erwerb der 10-Tages-Vignette überein, zumal die belangte Behörde dort irrtümlicherweise offensichtlich das Datum „28.06.2015" anstatt (richtigerweise) „28.08.2015" gelesen haben mag.

 

Auch war der Beschuldigte nur im August und September 2015, nämlich konkret am 28.08.2015 und dann wieder am 04.09.2015, in Österreich unterwegs und fuhr er dementsprechend nur am 28.08.2015 durch Österreich Richtung U. (nicht jedoch am 28.06.2015 oder einem anderen Tag in den Monaten Juni, Juli, August oder September 2015).

 

Auch aus dem Fahrtenbuch des Beschuldigten ergibt sich, dass er am 28.08.2015 eine private Reise nach U. angetreten hat und diese Reise bis 04.09.2015 dauerte.

 

Auf den beiden Lichtbildern der Behörde betreffend die auf der Windschutzscheibe des Beschuldigten angebrachte 10-Tages-Vignette ist nicht erkennbar, wo diese Vignette gelocht wurde. Zwar wurden von der Behörde offensichtlich nachträglich die Ziffern 7 und 28 auf dem ganz schlecht erkennbaren, schlecht aufgelösten Lichtbild, welches die Vignette zeigen soll, angebracht, jedoch ist dabei keinesfalls ersichtlich, dass die Lochung tatsächlich für 28.07.2015 angebracht wurde. Dieses Lichtbild der Behörde ist sohin nicht geeignet, den Beweis zu erbringen, dass der Kläger mit einer bereits nicht mehr gültigen 10-Tages-Vignette am 04.09.2015 durch Österreich auf mautpflichtigen Straßen unterwegs war.

 

Beweis: Beschuldigteneinvernahme im Rechtshilfeweg, zeugenschaftliche Einvernahme es Zeugen U.G. p.A. x, L., D. Rechnung vom 28.08.2015 betreffend den Kauf der 10-Tages-Vignette bei der Tankstelle in S.

 

Beilage ./A Rechnung betr. die 10-Tages-Vignette vom 28.08.2015

Beilage ./B Fahrtenbuch des Beschuldigten für August und September 2015 weitere Beweise ausdrücklich vorbehalten

 

Unter Zugrundelegung vorstehender Ausführungen hätte die belangte Behörde sohin von der verwaltungsstrafrechtlichen Verfolgung des Beschuldigten absehen und keine Strafe über ihn verhängen dürfen.

 

Ungeachtet dessen ist darüber hinaus der Vollständigkeit halber auszuführen, dass gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung der strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat sind. Ferner sind im ordentlichen Verfahren die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und das Ausmaß des Verschuldens sowie die Einkommens-, Vermögenssituation und allfällige Sorgepflichten zu berücksichtigen. Verstöße gegen diese Abwägung belA. den Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit (Wessely in Raschauer/ W. Wessely Hrsg., VStG, § 19 Rz 7). Darüber hinaus muss ein Straferkenntnis gemäß § 46 Abs 2 VStG unter anderem eine Begründung enthalten. Es sind insbesondere die Bestimmungen der §§58 bis 62 AVG anzuwenden (Wessely in Raschauer/ W. Wessely Hrsg, VStG § 46 Rz 5), gemäß § 60 AVG sind in der Bescheidbegründung die Ergebnisse des Ermittlungserfahrens klar und übersichtlich zusammenzufassen (Hengstschläger/Leb) AVG2 §60 RZ 18.

 

Eine solche hinreichende Begründung enthält das angefochtene Straferkenntnis jedoch nicht.

 

Überdies wären im konkreten Fall sehr wohl die Voraussetzungen für eine außer­ordentliche Strafmilderung gegeben gewesen, weil die Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG die (im konkreten Fall gar nicht vorliegenden) Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen. Ferner wäre zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte für seine Gattin, Frau E.S., geboren x, sorgepflichtig ist.

 

Darüber hinaus wäre für den Fall, dass nicht von einer verwaltungsstrafrechtlichen Verfolgung des Beschuldigten Abstand genommen wird, die Erteilung einer Ermahnung des Beschuldigten ohne entsprechende Strafe jedenfalls ausreichend gewesen, um den Beschuldigten auch künftighin von jedweden Verwaltungsübertretungen abzuhalten; allenfalls wäre eine wesentliche Herabsetzung im Rahmen der außerordentlichen Strafmilderung vorzunehmen gewesen, sodass auch die grundsätzlich im Bundesstraßenmautgesetz vorgesehene Mindeststrafe von € 300,00 um bis zur Hälfte unterschritten werden hätte können.

Im Übrigen hält der Beschuldigte jedoch nochmals ausdrücklich fest, dass die Voraussetzungen für eine verwaltungsstrafrechtliche Verfolgung bzw. Verhängung einer Strafe über ihn im konkreten Fall unter Verweis auf sein bisheriges Vorbringen nicht gegeben sind.

 

Beweise:       Einvernahme des Beschuldigten im Rechtshilfeweg.

 

Der Beschwerdeführer beantragt, das angerufene Verwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen.

Der Beschuldigte stellt überdies an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich folgende

 

Anträge:

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge

1. das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufheben;

2. in eventu das angefochtene Straferkenntnis dahingehend abändern,

a) dass von der Verhängung einer Strafe unter gleichzeitiger Erteilung einer Ermahnung abgesehen wird;

b) in eventu, dass die Strafe im Wesentlichen herabgesetzt wird, wobei die außerordentliche Strafmilderung gemäß § 20 VStG zur Anwendung zu gelangen hat.“

 

 

Der Bf legte zudem einen schlecht lesbaren Kassabeleg einer Tankstelle, sowie Fahrtenbuchauszüge vor, die belegen sollten, dass der Bf nur um den Tatzeitraum in Österreich war.

 

I.3. Die belangte Behörde legte dem Verwaltungsgericht die Beschwerde samt Verfahrensakt mit Schreiben vom 8. April 2016 zur Entscheidung vor, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu fällen. Das Verwaltungsgericht entscheidet durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

 

II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsstrafakt und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 8. November 2016. An dieser nahmen ein Vertreter der belangten Behörde und die Rechtsvertreterin des Bf teil. Letztere legte gemäß einem zuvor erteilten Gerichtsauftrag eine lesbare Kopie des Belegs über den Kauf der Vignette, sowie Fahrtenbuchkopien und diesbezügliche Protokolle des Bf über die Zeiträume Juni – September 2015 vor.

 

II.2. Folgender entscheidungswesentlicher  S a c h v e r h a l t  steht fest:

 

Der Bf hat am 4. September 2015 um 10:14 Uhr einen PKW x mit dem d. Kennzeichen X, auf der AX, bei Strkm x, Mautabschnitt A., S. F. – KN L., RFB S. W. gelenkt. Auf der Windschutzscheibe war eine 10-Tages-Vignette aufgeklebt. Der Bf reiste am 28. August 2015 nach U. und durchfuhr hiebei Österreich. Er kaufte am genannten Tag um 15:42 Uhr bei einer Autobahn-Tankstelle in S. eine 10-Tages-Vignette und klebte diese auf die Innenseite der Wind­schutzscheibe. Die Vignette war im Bereich der Tagesleiste bei 28, im Bereich der Monatsleiste bei 7 gelocht. (Fahrtenbuch, Foto Mautüberwachung, Kaufbeleg)

Die Lochung wurde an der Tankstelle fehlerhaft vorgenommen.

Im Juni und Juli 2016 war der Bf nicht in Österreich (Fahrtenbuch).

        

II.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich für das Gericht nachvollziehbar aus den vorliegenden Beweismitteln, insbesondere jenen, die in Klammern angegeben sind. Mit der automatischen Mautüberwachung wurde am 4. September 2015 festgestellt, dass der Bf mit einer abgelaufenen Vignette fuhr. Dass der Bf zu diesem Zeitpunkt in Österreich war, weil er von seinem U.-Aufenthalt nach Hause reiste, hat der Bf nie bestritten. Dieser Umstand ist auch aufgrund der von ihm vorgelegten Fahrtenbücher, die für das Gericht echt und richtig erscheinen (Änderung der Handschrift, Verwendung von für Außenstehende wenig nachvollziehbaren Abkürzungen, etc.) erwiesen. Es ergibt sich aus ihnen zudem, dass der Bf nur Ende August und Anfang September in Österreich war. Überdies hat der Bf durch Vorlage einer nunmehr lesbaren Quittung nachgewiesen, dass er am 28. August 2015 bereits an der Grenze zu Österreich, eine Vignette gekauft hat. Es wäre nach der allgemeinen Lebenserfahrung unschlüssig anzunehmen, dass der Bf eine bereits im Monat zuvor gekaufte Vignette an der Windschutzscheibe belassen hätte und die neu gekaufte nicht angebracht hat. Vielmehr lässt sich bei logischer Betrachtung aller Beweismittel schließen, dass der Bf tatsächlich am 28. August 2015 eine 10‑Tages-Vignette gekauft hat, diese jedoch bei der Vertriebsstelle fehlerhaft entwertet wurde und dem Bf dieser Umstand nicht aufgefallen ist. Eine andere Annahme lassen die vorliegenden Beweismittel nicht zu, zumal auch die zeitliche Abfolge der Ereignisse (Grenzübertritt, Vignettenkauf, Weiterfahrt nach U.) diese Annahme stützt. Dass eine solche fehlerhafte Lochung durch Irrtum leicht vorkommen kann und auch schon vorgekommen ist, ist dem Gericht aus einem anderen Verfahren bekannt.  

 

 

III.         Rechtliche Beurteilung

 

III.1. Maßgebliche rechtliche Grundlagen:

 

§ 1 Abs 1 BStMG 2002 lautet:

 

§ 1. (1) Für die Benützung der Bundesstraßen mit Kraftfahrzeugen ist Maut zu entrichten.“

 

§ 10 Abs 1 BStMG 2002 lautet:

 

§ 10. (1) Die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, unterliegt der zeitabhängigen Maut.“

 

§ 11 Abs 1, Abs 2 und Abs 5 BStMG 2002 lauten:

 

§ 11.

(1) Die zeitabhängige Maut ist vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

(2) Die Jahresvignette hat eine Gültigkeit von einem Kalenderjahr und berechtigt zur Benützung aller Mautstrecken auch im Dezember des Vorjahres und im Jänner des Folgejahres. Die Zweimonatsvignette berechtigt zur Benützung aller Mautstrecken im Zeitraum von zwei Monaten. Die Gültigkeit endet mit Ablauf jenes Tages, der durch sein Tagesdatum dem ersten Gültigkeitstag entspricht. Fehlt dieser Tag im zweiten Monat, so endet die Gültigkeit mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats. Die Zehntagesvignette berechtigt zur Benützung aller Mautstrecken während zehn aufeinanderfolgender Kalendertage. Die Korridorvignette berechtigt ab dem gemäß Abs. 6 festzulegenden Tag bis zum Ablauf des Tages der Verkehrsfreigabe beider Röhren des Pfändertunnels zur Benützung der Strecke der A 14 Rheintal/Walgau Autobahn zwischen der Staatsgrenze bei Hörbranz und der Anschlussstelle Hohenems in einer Fahrtrichtung mit einem einspurigen Kraftfahrzeug oder mit einem mehrspurigen Kraftfahrzeug, dessen höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, während 24 Stunden ab dem auf der Korridorvignette aufgedruckten Zeitpunkt. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie kann im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen mit Verordnung zusätzlich eine Korridorvignette vorsehen, die zur Benützung dieser Strecke in beiden Fahrtrichtungen während 24 Stunden ab dem auf der Korridorvignette aufgedruckten Zeitpunkt berechtigt, und die Geltungsdauer der Korridorvignette verkürzen, sofern die Korridorvignette zu einer dauerhaften und wesentlichen Erhöhung der Verkehrsbelastung in Ortsgebieten von Gemeinden des Rheintals führt.

...

(5) Die näheren Bestimmungen über die Beschaffenheit der Mautvignetten, über ihre Anbringung an den Fahrzeugen und über das Mitführen der Mautvignetten an Stelle der Anbringung sind in der Mautordnung zu treffen.

...“

 

§ 20 Abs 1 BStMG 2002 lautet:

 

§ 20. (1) Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, begehen eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 € bis zu 3000 € zu bestrafen.“

 

Die hier relevanten Punkte der Mautordnung für die Autobahnen und Schnell­straßen Österreichs in ihrer Fassung Nr 41 lauteten:

 

5.3 Zehntagesvignette

Die Zehntagesvignette berechtigt zur Straßenbenützung an zehn aufeinander folgenden Kalendertagen, wobei der beliebig zu wählende Ausstellungstag als erster Kalendertag zu zählen ist (siehe Anhang 1).

Eine Zehntagesvignette aus dem laufenden Kalenderjahr kann bis spätestens 30. November erworben werden. Eine Verwendung dieser Zehntagesvignette ist – wegen des zehntägigen Gültigkeitszeitraumes – bis 9. Dezember des laufenden Kalenderjahres zulässig. Ab dem 01. Dezember des laufenden Kalenderjahres kann dann nur mehr eine Zehntagesvignette des Folgejahres erworben werden.

 

5.4 Ausstellungsdatum

Die Ausstellung der Zweimonatsvignetten und der Zehntagesvignetten erfolgt durch Lochmarkierung des jeweils geltenden Starttages gemäß den Vignettenmustern (siehe Anhang 1) durch den Verkäufer in den Verkaufsstellen.

 

7.1 Art und Ort der Anbringung

An jedem mautpflichtigen Kraftfahrzeug (unter Berücksichtigung des Punktes 7.2 Mautordnung Teil A I) ist vor Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes eine gültige der jeweiligen Fahrzeugkategorie entsprechende Vignette ordnungsgemäß (unter Verwendung des originären Vignettenklebers) anzubringen. Jede andere Art der Anbringung (zB durch [zusätzliche] Klebestreifen, andere Arten von Fixierungen oder ein Überkleben der Vignette mit einer zusätzlichen Schutzfolie) ist nicht gestattet, verwirkt den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung und verwirklicht den Tatbestand der Mautprellerei (siehe Punkt 10). Zehntagesvignetten und Zweimonatsvignetten sind nur dann gültig, wenn sie durch ordnungsmäßige, vollständige Lochung des Kalendertages und –monats entwertet wurden.

Die Vignette für mehrspurige Fahrzeuge ist - nach vollständigem Ablösen von der Trägerfolie - unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar ist (z.B. kein Ankleben hinter einem dunklen Tönungsstreifen). Bei Nichtbeachtung der Anbringungsvorschriften (zB nicht vollständiges Ablösen von der Trägerfolie oder nicht vollständige Anbringung der Vignette) wird der Tatbestand der Mautprellerei (siehe Punkt 10) verwirklicht. Das Ankleben einer Vignette auf der Seitenscheibe ist nicht zulässig. Auf die Anbringungsempfehlung auf der Vignettenrückseite wird hingewiesen. Bei Motorrädern ist die Vignette sichtbar an einem nicht oder nur schwer zu entfernenden Bestandteil des Motorrades anzukleben.

Im Interesse der Verkehrssicherheit und um eine wirksame und benutzerfreundliche Kontrolle der Entrichtung der zeitabhängigen Maut zu gewährleisten, sollte tunlichst neben der jeweils gültigen Vignette höchstens eine zweite Vignette am Kraftfahrzeug angebracht sein.

Das Ablösen und Umkleben einer bereits geklebten gültigen Vignette, jede andere als in dieser Mautordnung zugelassene Mehrfachverwendung der Vignette oder eine chemische oder auch technische Manipulation des originären Vignettenklebers derart, dass bei Ablösen der Vignette deren Selbstzerstörungseffekt verhindert wird, ist unzulässig und verwirkt den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung.“

 

§ 5 Abs 1 VStG 1991 lautet:

 

§ 5. (1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.“

 

§ 45 Abs 1 VStG 1991 lautet:

 

§ 45. (1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;

2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;

3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;

4. die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;

5. die Strafverfolgung nicht möglich ist;

6. die Strafverfolgung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.

 

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

 

III.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

III.2.1. Wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt, hat der Bf eine Vignette gekauft um diese an seinem Fahrzeug anzubringen (was auch geschehen ist) und für seine Fahrt nach U. die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten.

 

Der Bf hat demgemäß die Maut unbestrittenermaßen entrichtet, zumal er die Vignette gekauft und diese durch Lochen und Aufkleben auf die Windschutzscheibe auch entwertet wurde, sodass diese für einen weiteren Gebrauch in einem anderen Fahrzeug nicht mehr zur Verfügung stand.

 

Es stellt sich im vorliegenden Fall also lediglich die Frage, ob der Bf die Maut ordnungsgemäß entrichtet hat, für den Fall der Verneinung dieser Frage, ob und in welcher Weise er für sein Handeln zur Rechenschaft zu ziehen ist.

 

III.2.2. Die Anordnungen hinsichtlich der „Ordnungsgemäßheit“ ergeben sich aus den oa. Bestimmungen des § 11 BStMG, der wiederum auf die Mautordnung verweist, deren Kriterien einzuhalten sind, um eine ordnungsgemäße Entrichtung der Maut stattfinden zu lassen.

 

Wie aus Punkt 7.1. der Mautordnung abzuleiten ist, ist von einer ordnungs­gemäßen Anbringung einer 10-Tagesvignette nur dann auszugehen, wenn diese durch (wiederum) ordnungsgemäße Lochung von Kalendertag und -monat entwertet und aufgeklebt wurde.

 

Nun steht vorliegend unbestrittenermaßen fest, dass die gegenständliche Vignette nicht ordnungsgemäß gelocht wurde, sodass mit Aufkleben der fehlerhaft gelochten und damit ungültigen Vignette und Befahren einer Mautstrecke der objektive Tatbestand erfüllt war, da die Mautordnung vom Lenker verlangt, nur mit einer ordnungsgemäß entwerteten und aufgeklebten Vignette (ordnungsgemäße Entrichtung) Mautstrecken zu befahren. Die zugrundeliegende Norm erlegt dem Lenker damit letztendlich eine Über­prüfungspflicht auf, der der Bf unbestrittenermaßen nicht nachgekommen ist. Der Bf hätte also vor Befahren der mautpflichtigen Bundesstraße kontrollieren müssen, ob er eine gültige Vignette besitzt.

 

III.2.3. Subjektive Tatseite

 

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG reicht zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

§ 5 Abs. 1 S 2 VStG ordnet der Sache nach an, dass bei fahrlässigen Ungehor-samsdelikten der Verstoß gegen den entsprechenden verwaltungsstrafrechtlichen Rechtsbefehl grundsätzlich Fahrlässigkeit indiziert; der Täter muss diesfalls glaubhaft machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift „kein Verschulden trifft“ (Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 5 Rz 5).

 

Bei der Bestimmung des § 20 BStMG handelt es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG.

 

Der Bf hat im Verfahren lückenlos nachgewiesen, dass er eine Vignette (zum richtigen Termin) gekauft hat und diese an der Windschutzscheibe angebracht hat. Er wollte demnach die Maut entrichten, es gelang ihm aufgrund eines Versehens bzw. des Unterlassens der Überprüfung der Vignette jedoch nicht. Zweifellos unterlief auch der Person, die die Vignette lochte ein Fehler. Sie lochte die Vignette im Bereich der Monatsleiste bei 7 anstatt bei 8. Aufgrund des nahen Beieinanderliegens der beiden Ziffern sind derlei Fehler geradezu vorprogrammiert. Die fehlerhafte Lochung wurde vom Bf zweifellos nicht selbst, sondern, wie in der Mautordnung vorgesehen, von einem Erfüllungsgehilfen der Asfinag vorgenommen und beruhte wohl auf einem Versehen.

 

Dem Bf ist demnach nur vorzuwerfen, dass er eine nicht ordnungsgemäß entwertete, und damit ungültige Vignette, an der Windschutzscheibe seines Fahrzeugs angebracht hat und eine Mautstrecke befahren hat, es also unterlassen hat, die von einer der Asfinag zurechenbaren Person vorgenommene Lochung im Zuge des Aufklebens einer Nachkontrolle zu unterziehen. Er hat damit allerdings die Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet (§ 20 BStMG).

 

Mangels Überprüfung der Vignette, dem damit einhergehenden subjektiv vorwerfbaren (fahrlässigen) Handeln und dem Umstand, dass im Verfahren keine Entschuldigungsgründe hervorgekommen sind, war die Tat auch in subjektiver Hinsicht erfüllt.         

 

III.2.4. Strafwürdigkeit

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter dem Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Zweck des BStMG ist es, durch ein zu entrichtendes Benützungsentgelt (Maut) Geldmittel u.a. zur Straßenerrichtung und –erhaltung zu lukrieren. Wie unter I. festgestellt, wurde vom Bf die Maut entrichtet. Er hat die Vignette gekauft, lochen lassen und aufgeklebt. Durch Nichtkontrolle der Lochung und damit einher gehender Ungültigkeit der Vignette, hat der Bf eine Ordnungsnorm verletzt, nämlich jene, die Maut ordnungsgemäß – mittels Aufklebens einer ordnungsgemäß gelochten Vignette – zu entrichten. Er hat die Maut sohin entrichtet, aber nicht ordnungsgemäß. Durch Bezahlung des Vignettenpreises wurde jedoch der Zweck des BStMG erfüllt.

 

Zweck der korrekten Lochung der Vignette ist die Kontrollierbarkeit der ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut. Diese Kontrollierbarkeit war nicht in ausreichendem Maß gegeben, jedoch konnte der Bf nachträglich den Nachweis führen, dass er die die Maut entrichtet hat. Es ergibt sich eine nur geringe Bedeutung bzw. Beeinträchtigung des geschützten Rechtsgutes.  

 

Das Verschulden des Bf ist nach Ansicht des Gerichtes in Zusammenschau mit dem festgestellten Willen des Bf, die Maut ordnungsgemäß abzuführen, als gering einzustufen, zumal die Pflichten an den Bürger auch nicht überspannt werden sollen. Zwar hätte er nach dem Buchstaben des Gesetzes bzw. der Mautordnung eine nachprüfende Kontrolle vornehmen müssen, jedoch ist durchaus lebensnah, dass der Vignettenkäufer, erhält er eine Vignette vom „Profi“, das Erhaltene für „in Ordnung“ befindet und letztendlich die Kontrolle, unterlässt.

 

Gegenüber sonst bekannten Fällen und dem in der Intention des Gesetzes typisierten Verhalten, also insbesondere dem Fahren mit lange abgelaufenen Vignetten, dem Verwenden fremder Klebstoffe um eine Verwendung in anderen Fahrzeugen zu ermöglichen, dem Fahren ohne Vignette udgl., tritt das Verhalten des Bf hinsichtlich seines Unrechts- und Schuldgehaltes erheblich zurück, zumal es keine nachteilige Folgen für das „System“ hinterlassen hat und die mangelnde Kontrolle einer fremd verschuldeten fehlerhaften Lochung hinsichtlich ihres Schuldgehaltes als geringfügig einzustufen ist.  

 

III.2.5. Im Ergebnis war daher aufgrund der besonderen Umstände des konkreten Falles die Verhängung einer Strafe nicht notwendig. Die Erteilung einer Ermahnung unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit des Verhaltens gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 4 VStG erscheint geboten, um zu bewirken, dass der Bf beim nächsten Vignettenkauf eine Überprüfung vornimmt also in Zukunft von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abgehalten wird. Das Gericht geht davon aus, dass die Ermahnung beim Bf „Eindruck“ hinterlassen wird und er in Hinkunft sorgfältiger im Umgang mit Vignetten sein wird.

 

 

IV. Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG entfällt die Verpflichtung des Bf zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

V. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

P o h l