LVwG-500164/9/KH/MSch

Linz, 07.11.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Katja Hörzing über die Beschwerde des Herrn Ing. R W, x, W, vertreten durch x Rechtsanwälte GmbH, x, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshaupt­mannschaft Gmunden vom 22. Juli 2015, GZ: UR96-8-2015, betreffend eine Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das ange­fochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafver­fahren im Grunde des § 38 VwGVG in Verbindung mit § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 8 und 9 VwGVG hat der Beschwerdeführer darüber keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.          Bisheriger Verfahrensgang:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden (im Folgenden: belangte Behörde) hat nach Durchführung eines ordent­lichen Ermittlungsverfahrens, in dem Herrn Ing. R W (im Folgenden: Beschwerdeführer - Bf) die Möglichkeit zur Stellung­nahme eingeräumt wurde, mit Straferkenntnis vom 22. Juli 2015,
GZ: UR96-8-2015, über den nunmehrigen Bf in seiner Funktion als abfallrecht­licher Geschäftsführer der ehem.
x GmbH & Co KG (nunmehr: x GmbH) - im Folgenden: „x“ - und somit verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher Beauf­tragter im Sinne des § 9 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), vertreten durch x Rechtsanwälte GmbH, drei Geldstrafen in der Höhe von je 1500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafen: je 80 Stunden) verhängt, dies wegen Verwaltungs­übertretungen nach § 79 Abs. 2 Z 11 Abfallwirtschaftsgesetz 2002,
BGBl. Nr. 102/2002 idgF (AWG 2002), in Verbindung mit dem Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 17. Juli 2009,
GZ: UR-2006-1034/347-St/Ts, und § 26 AWG 2002 in Verbindung mit § 9 Abs. 2 VStG.

 

Dem Straferkenntnis lag folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

Sie haben es als abfallrechtlicher Geschäftsführer der x GmbH & Co KG mit Sitz in x, P, und damit als verantwortlicher Beauftragter gem. § 9 VStG strafrechtlich zu verantworten, dass die im Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 17.07.2009, UR-2006-1034/347-St/Ts, festgelegten Abwassermengen bzw. Konzen­trationswerte (Spruchabschnitt III. Nebenbestimmungen, 1. Aus Sicht der Abwasser­chemie, Pkt. 3.), welche bei der gewerbsmäßigen Ableitung der betrieblichen Abwässer der x GmbH & Co KG aus ihrer chemisch-physikalischen Abfallbehandlungsanlage auf dem Grundstück Nr. x und x, KG. K, Gemeinde x, in die Kanalisation der Gemeinde x und in weiterer Folge in die Anlage des x einzuhalten sind, wie folgt an den nachfolgenden Tagen überschritten wurden:

 

 

Tag der Über-schreitung

Stoff/Konzentration

Messung*

Grenzwert lt. Bescheid

des LH vom 17.7.2009,

UR-2006-1034/347

Überschreitung in %

1)

26.11.2014

AOX-Konzentration

4,042 mg/l

2,5 mg/l

~ 62 %

2)

27.11.2014

BTXE

0,639 mg/l

0,5 mg/l

~ 28 %

3)

01.12.2014

BTXE

0,639 mg/l

0,5 mg/l

~ 28 %

*unter Einbeziehung der Verfahrensstandardabweichungen

 

Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass der x mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 17. Juli 2009,
GZ: UR-2006-1034/347-St/Ts, die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung für die Ableitung der betrieblichen Abwässer aus ihrer chemisch-physikalischen Abfallbehandlungsanlage auf den Grundstücken Nr. x und x, KG K, Gemeinde x, in die Kanalisation der Gemeinde x und in weiterer Folge in die Anlage des x erteilt wurde. Dabei wurden die für den Betriebsablauf einzuhaltenden Konzentrationsgrenzwerte unter anderem für AOX mit 2,5 mg/l bzw. 180 g/d und für BTXE mit 0,5 mg/l festgelegt; dies auf Grundlage des § 43 Abs. 4 AWG 2002, wonach die Behörde zur Wahrung der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 leg. cit. und damit auch zur Wahrung der gemäß § 38 AWG 2002 anzuwendenden Rechtsvorschriften geeignete Auflagen, Bedingungen oder Befristungen vorzuschreiben habe. Aus der Stellungnahme der Amtssachverständigen für Chemie vom 21. Jänner 2015 habe sich entnehmen lassen, dass die Auswertung der Eigenüberwachung der x unter Einrechnung der Verfahrensstandard­abweichungen die im oben angeführten Tatvorwurf darge­stellten Überschrei­tungen dieser Grenzwerte ergeben habe, demzufolge drei Grenzwertüber­schreitungen vorliegen würden.

 

In Abfallbehandlungsanlagen anfallendes Abwasser, das in der Behandlungs­anlage abgeleitet oder gesammelt wird, sei als Teil der Abfallbehandlungsanlage anzusehen.

 

Gemäß § 26 Abs. 3 AWG 2002 sei der abfallrechtliche Geschäftsführer verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 VStG und für die fachlich einwandfreie Ausübung der Tätigkeit gemäß Abs. 1 leg. cit. und die Einhaltung der diesbezüglichen abfallrechtlichen Vorschriften verantwortlich. Mit Eingabe vom 20. November 2014 habe die x die Neubestellung des nunmehrigen Bf zum abfallrechtlichen Geschäftsführer beantragt. Dem sei mit Bescheid des Landes­hauptmannes von Oberösterreich vom 16. Dezember 2014,
GZ: AUWR-2006-4684/229, stattgegeben worden. Die Anzeige eines anderen verantwortlichen Beauftragten für die einwandfreie Betreibung und Einhaltung der diesbezüglichen Vorschriften gemäß § 9 VStG könne den Bf nicht von der ver­waltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreien, da die gesetzlich vorgesehene und durch Bescheid festgelegte Verantwortung gemäß § 26 Abs. 3
AWG 2002 der durch die Rechtsunterworfenen gewillkürten Verantwortungsüber­tragung vorgehe. Die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung beginne zudem bereits mit Namhaftmachung des neuen Geschäftsführers an die Behörde und nicht erst mit Genehmigung durch den Landeshauptmann.

 

2. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Bf vom 24. August 2015, in der zusammengefasst vorgebracht wird, dass der Bf zum Zeitpunkt der Tatvorwürfe nicht als abfallrechtlicher Geschäftsführer gemäß § 26 Abs. 1 AWG 2002 der x verantwortlich sei, da er zu diesem Zeitpunkt nicht hauptberuflich bei dieser tätig gewesen sei. Der Bf sei vielmehr erst seit 1. Dezember 2014 bei dieser hauptberuflich, das heißt, mehr als 20 Stunden pro Woche, beschäftigt gewesen. Damit könnten ihm die Tatvorwürfe betreffend die vor diesem Datum festgestellten Grenzwertüberschreitungen nicht vorgeworfen werden.

 

Unabhängig davon könne der abfallrechtliche Geschäftsführer aber auch nicht für die Einhaltung der Ableitegrenzwerte des Abwassers der chemisch-physikalischen Abfallbehandlungsanlage verantwortlich gemacht werden, da die diesbezüglichen Pflichten dem materiellen Wasserrecht zuzurechnen seien und keine Verstöße gegen das AWG 2002 im materiellen Sinn begründen würden. Für die Einhaltung des Wasserrechtes habe die x mit Herrn M G einen Abwasserbeauftragten bestellt, der somit für allfällige Verwaltungsübertretungen in diesem Bereich hafte. Eine Haftung des abfallrechtlichen Geschäftsführers scheide auch deswegen aus, da die gegenständlich relevante Tätigkeit des Einleitens von Abwässern in die Kanalisation einer Gemeinde weder vom Begriff des „Sammelns“, noch jenem des „Behandelns“ von Abfällen erfasst sei und daher gar nicht unter das AWG 2002 falle. Ausweislich § 3 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 sei „Abwasser einschließlich sonstiger Wässer, die in § 1 Abs. 1 Z 1 bis 4 und Z 6 und Abs. 2 der Verordnung über die allgemeine Begrenzung von Abwasseremissionen in Fließgewässer und öffentliche Kanalisationen (AAEV), BGBl. Nr. 186/1996, genannt sind“ vom Geltungsbereich des AWG 2002 ausgenommen. Es gehe im Übrigen nicht um ein Ableiten oder Sammeln von Abwässern in der Abfallbehandlungsanlage, sondern um ein Einleiten der Abwässer in die Kanalisation und dies unterliege somit nicht mehr den abfallrechtlichen Vorschriften.

 

Auch betreffend die Messung vom 1. Dezember 2014 sei das Verfahren jedoch einzustellen, da entsprechend der gemäß § 4 Abs. 1 iVm § 2 AEV Abfallbe­handlung anzuwendenden „4 von 5“-Regel keine ausreichenden Grenzwertüber­schreitungen festgestellt worden seien, zumal die vor dem Tätigwerden des Bf festgestellten Übertretungen in diese Bewertung jedenfalls nicht einbezogen werden könnten. Außerdem seien die durch Eigenüberwachung erzielten Ergeb­nisse, insbesondere betreffend den BTXE-Wert, nicht unmittelbar zur Begründung heranzuziehen, da sich in einem Messwertvergleich herausstellte, dass diese im Vergleich zu einer Fremdüberwachung deutlich höhere Messwerte liefere. Auch beim AOX-Wert seien große Abweichungen festgestellt worden. Die Strafbehörde habe aber lediglich die aus der Eigenüberwachung resultierenden Messergebnisse in ihre Beurteilung einbezogen.

 

Im Übrigen wird auf das vor der Behörde vorgelegte Gutachten von
Univ.-Prof. Dr. B K vom 18. Mai 2015 verwiesen und die Ausführungen desselben zum eigenen Vorbringen erhoben.

 

3. Mit Schreiben vom 29. September 2015 wurde dem Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vorgelegt.

 

 


 

II.

 

1. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18. Mai 2016 unter Beiziehung des Amtssachverständigen Dipl.-Ing. B N steht in Ergänzung zu I. folgender Sachverhalt fest:

 

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 17. Juli 2009,
GZ: UR-2006-1034/347-St/Ts, wurde der x der Betrieb einer chemisch-physikalischen Abfallbehandlungsanlage auf den Grundstücken Nr. x und x,
KG K, Gemeinde x, unter mehreren Auflagen genehmigt. Unter anderem wurden die Grenzwerte für die aus der Anlage abzuleitenden Abwässer für AOX mit
2,5 mg/l bzw. max. 180 g/d und BTXE mit 0,5 mg/l festgelegt (Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 17. Juli 2009,
GZ: UR-2006-1034/347-St/Ts).

 

Durch die gegenständliche chemisch-physikalische Abfallbehandlungsanlage werden sowohl gefährliche als auch nicht gefährliche Abfälle einer Behandlung zugeführt. In der chemisch-physikalischen Abfallbehandlungsanlage werden laut Vorhabensbeschreibung im Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 17. Juli 2009, GZ: UR-2006-1034/347-St/Ts, insbesondere flüssige Abfälle (Gemische, Lösungen, Konzentrate etc.) behandelt, wobei einerseits Schwermetallfällungen durchgeführt und andererseits Emulsionen sowie Öl-Wassergemische getrennt werden -  darin beinhaltet sind auch Schlamm­abtrennung und die Entwässerung von Schlämmen. Unter anderem entsteht als Endprodukt auch gereinigtes Wasser.

 

Aufgrund der Eigenüberwachung durch die x wurde festgestellt, dass am 26. November 2014 der AOX-Wert der von ihrer chemisch-physikalischen Abfallbehandlungsanlage ausgehenden Emissionen bei 4,1 mg/l und damit 64 % über dem erlaubten Wert (2,5 mg/l) lag. Bei fünf aufeinanderfolgenden Messungen zum BTXE-Wert, nämlich bei Messungen im Zeitraum von
25. November 2014 bis 1. Dezember 2014, überschritt auch dieser an zwei Tagen, nämlich am 27. November 2014 und am 1. Dezember 2014, den Grenzwert von 0,5 mg/l jeweils um 40 % und betrug jeweils 0,7 mg/l. Unter Berücksichtigung der Verfahrensstandardabweichungen ergeben sich ein AOX-Wert von 4,042 mg/l (dies entspricht einer Überschreitung von 62 %) und BTXE-Werte von jeweils 0,639 mg/l (dies entspricht einer Überschreitung von 28 %). (Stellungnahmen des Amtssachverständigen für Chemie Dipl.-Ing. B N vom
21. Jänner 2015 und vom 12. Juni 2015 bzw. 10. Juli 2015)

 

Am 20. November 2014 stellte die x den Antrag, dass aufgrund des Ausscheidens des letzten abfallrechtlichen Geschäftsführers „ab sofort“ der nunmehrige Bf sowohl zum abfallrechtlichen Geschäftsführer als auch zur verantwortlichen Person bestellt bzw. namhaft gemacht werde. Tatsächlich war der Bf erst ab
1. Dezember 2014 bei der x hauptberuflich tätig (Antrag der x vom
20. November 2014, Arbeitsbescheinigung des Herrn Ing. R W, Meldung an die x betreffend Ing. R W).

 

2. Beweiswürdigung:

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde und am 18. Mai 2016 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, bei der neben den Parteien bzw. ihren Vertretern auch der Amtssachverständige für Chemie, Dipl.-Ing. B N anwesend war. Die Feststellungen gründen sich auf den bisherigen Akteninhalt und die Ausführungen des genannten Amtssachver­ständigen, insbesondere auch auf die in Klammer angeführten Beweismittel. Zu den festgestellten Konzentrationswerten ist zu sagen, dass die gemessenen Werte nach Auskunft des Amtssachverständigen trotz abweichender Messwerte im Zuge einer Nachprüfung nicht als falsch widerlegt werden konnten und umgekehrt nicht anzunehmen ist, dass die x ein untaugliches, weil zu falschen Ergebnissen führendes Eigenüberwachungssystem errichtet hat. Die darge­brachten Bedenken waren für die erkennende Richterin nicht geeignet, sie zu veranlassen, von der Annahme der Richtigkeit der Messergebnisse abzugehen, zumal auch der Amtssachverständige in der öffentlichen mündlichen Verhandlung festhielt, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Messwerte völlig falsch sind und es sich insbesondere bei dem Parameter BTXE um einen flüchtigen Stoff handle und dabei die Art der Probenahme, des Transportes und der Konservierung der Proben für das Messergebnis ausschlaggebend sei. Der tatsächliche Arbeitsbeginn des Bf bei der x ergibt sich eindeutig aus den vor­gelegten Urkunden, welche durch das aus dem Antrag vom 20. November 2014 gegenteilig hervorgehende Vorbringen nicht widerlegt werden können.

 

 

III. Rechtliche Beurteilung:

 

1. Rechtliche Grundlagen:

 

Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über eine nachhaltige Abfallwirtschaft (Abfallwirtschaftsgesetz 2002 - AWG 2002),
BGBl. I Nr. 102/2002 idgF, lauten auszugsweise wie folgt:

 

„Begriffsbestimmungen

 

§ 2 [...]

(5) Im Sinne dieses Bundesgesetzes

1. ist ‚Abfallbehandlung‘ jedes Verwertungs- oder Beseitigungsverfahren, einschließlich der Vorbereitung vor der Verwertung oder Beseitigung.

[...]

(7) Im Sinne dieses Bundesgesetzes sind

1. ‚Behandlungsanlagen‘ ortsfeste oder mobile Einrichtungen, in denen Abfälle behandelt werden, einschließlich der damit unmittelbar verbundenen, in einem technischen Zusam­menhang stehenden Anlagenteile; [...]

 

Ausnahmen vom Geltungsbereich

 

§ 3. (1) Keine Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind

1. Abwasser einschließlich sonstiger Wässer, die in § 1 Abs. 1 Z 1 bis 4 und Z 6 und
Abs. 2 der Verordnung über die allgemeine Begrenzung von Abwasseremissionen in Fließgewässer und öffentliche Kanalisationen (AAEV), BGBl. Nr. 186/1996, genannt sind, [...]

 

Abfallrechtlicher Geschäftsführer, fachkundige Person, verantwortliche Person

 

§ 26. (1) Wenn die Tätigkeit der Sammlung und Behandlung von gefährlichen Abfällen, ausgenommen Asbestzement, nicht von einer natürlichen Person ausgeübt werden soll oder der Erlaubniswerber die in Bezug auf die auszuübende Tätigkeit erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht selbst nachweist, ist eine hauptberuflich tätige Person als abfallrechtlicher Geschäftsführer zu bestellen. Die Bestellung mehrerer hauptberuflich tätiger Personen als abfallrechtlicher Geschäftsführer mit eindeutig abgegrenzten Tätigkeitsbereichen ist zulässig. Zum abfallrechtlichen Geschäftsführer darf nur bestellt werden, wer

1. die Verlässlichkeit im Sinne des § 25a Abs. 3 und 4 in Bezug auf die auszuübende Tätigkeit und die fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten im Sinne des § 25a Abs. 2 Z 5 zur Sammlung und Behandlung der Abfälle, für welche die Erlaubnis erteilt wird, besitzt,

2. die Voraussetzungen eines verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52, erfüllt und

3. in der Lage ist, sich im Betrieb entsprechend zu betätigen.

[...]

(3) Der abfallrechtliche Geschäftsführer ist verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 VStG und für die fachlich einwandfreie Ausübung der Tätigkeit gemäß Abs. 1 und die Einhaltung der diesbezüglichen abfallrechtlichen Vorschriften verantwortlich.

[...]

 

Konzentration und Zuständigkeit

 

§ 38 [...]

(1a) Im Genehmigungsverfahren und Anzeigeverfahren für gemäß § 37 geneh­migungspflichtige Behandlungsanlagen sind alle Vorschriften - mit Ausnahme der Bestim­mungen über die Parteistellung, die Behördenzuständigkeit und das Verfahren - anzu­wenden, die im Bereich des Gewerbe-, Wasser-, Forst-, Mineralrohstoff-, Strahlenschutz-, Luftfahrt-, Schifffahrts-, Luftreinhalte-, Immissionsschutz-, Rohrleitungs-, Eisenbahn-, Bundesstraßen-, Gaswirtschafts- und Denkmalschutzrechts für Bewilligungen, Genehmi­gungen oder Untersagungen des Projekts anzuwenden sind. Die Genehmigung oder Nicht-Untersagung ersetzt die nach den genannten bundesrechtlichen Vorschriften erfor­derlichen Bewilligungen, Genehmigungen oder Nicht-Untersagungen. Die behördlichen Befugnisse und Aufgaben zur Überprüfung der Ausführung einer Behandlungsanlage und der Übereinstimmung mit dem Genehmigungsbescheid, zur Kontrolle, zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustands, zur Gefahrenabwehr, zur nachträglichen Konsensanpassung und zur Vorschreibung und Durchführung von Maßnahmen bei Errichtung, Betrieb, Ände­rung und Auflassung sind vom Landeshauptmann entsprechend den folgenden Bestim­mungen dieses Abschnittes wahrzunehmen.

[...]

 

Genehmigungsvoraussetzungen

 

§ 43. (1) Eine Genehmigung gemäß § 37 ist zu erteilen, wenn zu erwarten ist, dass die Behandlungsanlage neben den Voraussetzungen der gemäß § 38 anzuwendenden Vorschriften folgende Voraussetzungen erfüllt:

1. Das Leben und die Gesundheit des Menschen werden nicht gefährdet.

2. Die Emissionen von Schadstoffen werden jedenfalls nach dem Stand der Technik begrenzt.

3. Nachbarn werden nicht durch Lärm, Geruch, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise unzumutbar belästigt.

4. Das Eigentum und sonstige dingliche Rechte der Nachbarn werden nicht gefährdet; unter einer Gefährdung des Eigentums ist nicht die Möglichkeit einer bloßen Minderung des Verkehrswertes zu verstehen.

5. Die beim Betrieb der Behandlungsanlage nicht vermeidbaren anfallenden Abfälle werden nach dem Stand der Technik einer Vorbereitung zur Wiederverwendung, einem Recycling oder einer sonstigen Verwertung zugeführt oder - soweit dies wirtschaftlich nicht vertretbar ist - ordnungsgemäß beseitigt.

5a. Die Behandlungspflichten gemäß den §§ 15 und 16 und gemäß einer Verordnung nach § 23 werden eingehalten.

6. Auf die sonstigen öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) wird Bedacht genommen.

[...]

(4) Erforderlichenfalls hat die Behörde zur Wahrung der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 bis 3 geeignete Auflagen, Bedingungen oder Befristungen vorzuschreiben. Dies gilt auch, wenn im Einzelfall durch die Einhaltung der Bestimmungen zum Stand der Technik einer Verordnung gemäß § 65 Abs. 1 die gemäß § 43 wahrzunehmenden Interessen nicht hinreichend geschützt sind. Sofern die Voraussetzungen nicht erfüllt sind und auch durch die Vorschreibung von Auflagen, Bedingungen oder Befristungen nicht erfüllt werden können, ist der Genehmigungsantrag abzuweisen.

 

Strafhöhe

 

§ 79. [...]

(2) Wer

[...]

11. die gemäß § 43 Abs. 4, § 44, § 54 Abs. 2 oder § 58 Abs. 2 vorgeschriebenen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen oder die Auflagen, Bedingungen oder Befris­tungen der gemäß § 77 übergeleiteten Bescheide oder die gemäß § 48 Abs. 1 vorge­schriebenen Befristungen nicht einhält,

[...]

begeht - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist - eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 450 € bis 8 400 € zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfall­wirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 2 100 € bedroht.“

 

Die maßgebliche Bestimmung der Verordnung über die Begrenzung von Abwasseremissionen aus der physikalisch-chemischen oder biologischen Abfall­behandlung (AEV Abfallbehandlung), BGBl. II Nr. 9/1999, lautet wie folgt:

 

„§ 4. (1) Eine Emissionsbegrenzung für einen Abwasserparameter der Anlagen A oder B ist im Rahmen der Eigenüberwachung und im Rahmen der Fremdüberwachung einzuhal­ten.

(2) Für die Eigenüberwachung gilt:

1. Eine Emissionsbegrenzung für einen Abwasserparameter Nr. 2, 3, 5 bis 24 oder 26 bis 40 der Anlagen A oder B gilt als eingehalten, wenn bei fünf aufeinanderfolgenden Mes­sungen vier Meßwerte nicht größer sind als die Emissionsbegrenzung und lediglich ein Meßwert die Emissionsbegrenzung um nicht mehr als 50 % überschreitet („4 von 5“-Regel.“

 

Die maßgebliche Bestimmung des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG,
BGBl. Nr. 52/1991 idgF, lautet wie folgt:

 

„Besondere Fälle der Verantwortlichkeit

 

§ 9. (1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

(2) Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Ver­langen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verant­wortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verant­wortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Perso­nen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden. [...]“

 

2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin über die zulässige und rechtzeitige Beschwerde erwogen:

 

2.1. Zur Verantwortung des abfallrechtlichen Geschäftsführers im Allgemeinen:

 

2.1.1. Der Bf macht unter Berufung auf das Rechtsgutachten von
Univ.-Prof. Dr. K vom 18. Mai 2015 geltend, dass ihm die vorgeworfene Tat nicht anzulasten sei, da er als abfallrechtlicher Geschäftsführer gemäß § 26
AWG 2002 nicht für die Einleitung von Abwasser zuständig sei und darüber hinaus seitens der x ein Abwasserbeauftragter bestellt worden sei, in dessen Verantwortungsbereich die gegenständlich vorgeworfenen Grenzwertüber­schreitungen fallen würden.

 

2.1.2. Gemäß § 38 Abs. 1a AWG 2002 sind im Genehmigungsverfahren und Anzeigeverfahren für gemäß § 37 genehmigungspflichtige Behandlungsanlagen alle Vorschriften - mit Ausnahme der Bestimmungen über die Parteistellung, die Behördenzuständigkeit und das Verfahren - anzuwenden, die im Bereich des [...] Wasserrechtes für Bewilligungen, Genehmigungen oder Untersagungen des Projektes anzuwenden sind, wobei die Genehmigung oder Nicht-Untersagung die nach den genannten bundesrechtlichen Vorschriften erforderlichen Bewilligungen, Genehmigungen oder Nicht-Untersagungen ersetzt.

Das bedeutet für den gegenständlichen Beschwerdefall, dass insbesondere auch wasserrechtliche Vorschriften im Rahmen des abfallrechtlichen Genehmigungs­verfahrens betreffend die verfahrensgegenständliche chemisch-physikalische Abfallbehandlungsanlage der x anzuwenden sind. Im vorliegenden Fall erfolgte diese Anwendung wasserrechtlicher Vorschriften insbesondere durch Vor­schreibung entsprechender Nebenbestimmungen in den jeweiligen Geneh­migungsbescheiden, deren Grundlage in wasserrechtlichen Vorschriften liegt. In diesem Sinn wurde die im angefochtenen Straferkenntnis als verletzt angesehene Nebenbestimmung unter Spruchabschnitt III., Nebenbestimmungen 1. „Aus Sicht der Abwasserchemie“, Punkt 3. des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 17. Juli 2009, GZ: UR-2006-1034/347-St/Ts, welche die Einhaltung von maximalen Konzentrationen im Ablauf für nachfolgend genannte Stoffe (darunter auch AOX sowie BTXE) normiert, vorgeschrieben.

 

Die Vorschreibung der Grenzwerte, deren Überschreitung im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen wird, erfolgte eindeutig im Rahmen des konzen­trierten Genehmigungsregimes des Abfallrechtes, in dessen Rahmen wasser­rechtliche Vorschriften zwar anzuwenden sind, ein Verstoß gegen diese Bestim­mungen jedoch im Rahmen des Abfallrechtsregimes auf Grundlage des § 79
AWG 2002 zu ahnden ist. Aufgrund der Konzeption der in § 38 Abs. 1a
AWG 2002 vorgeschriebenen Konzentrationsbestimmung ist aus Sicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich eindeutig festzuhalten, dass sich ein Verstoß gegen die im Genehmigungsbescheid der verfahrensgegenständlichen chemisch-physikalischen Behandlungsanlage enthaltenen Nebenbestimmungen jedenfalls im Rahmen des Abfallrechtsregimes bewegt.

§ 38 Abs. 1a AWG 2002 normiert explizit, dass die darin genannten bundesrecht­lichen Vorschriften im abfallrechtlichen Genehmigungsverfahren gemäß § 37
leg. cit. „anzuwenden“ sind. Es liegt diesbezüglich eine Verfahrens- und Geneh­migungskonzentration vor. In Abs. 1a wird auch klargestellt, dass hinsichtlich des Vollzuges der mitanzuwendenden Bundesgesetze die Aufsicht (Kontrolle, nach­trägliche Auflagen etc.) für Behandlungsanlagen, die gemäß diesem Bundes­gesetz genehmigt sind, ausschließlich bei der Abfallbehörde liegt (RV 89 dB
XXII. GP zu § 38 Abs. 1 und 1a). Die Konzentrationsanordnung wirkt auch nach Genehmigung der Errichtung und Inbetriebnahme einer Anlage fort.

In diesem Sinn ist festzuhalten, dass ein Verstoß gegen Nebenbestimmungen in einem abfallrechtlichen Genehmigungsbescheid, welche auf Grundlage des § 38 Abs. 1a AWG 2002 in den Bescheid aufgenommen wurden, als Verstoß im Rah­men des Abfallrechtsregimes anzusehen ist.

 

2.1.3. Des Weiteren ist ein Rückgriff auf die in § 2 AWG 2002 enthaltenen Begriffsbestimmungen geboten:

 

§ 2 Abs. 7 Z 1 AWG 2002 normiert, dass im Sinn dieses Bundesgesetzes „Behandlungsanlagen“ ortsfeste oder mobile Einrichtungen sind, in denen Abfälle behandelt werden, einschließlich der damit unmittelbar verbundenen, in einem technischen Zusammenhang stehenden Anlagenteile.

 

Gemäß § 2 Abs. 5 Z 1 AWG 2002 ist „Abfallbehandlung“ im Sinn dieses Bundes­gesetzes jedes Verwertungs- oder Beseitigungsverfahren, einschließlich der Vorbereitung vor der Verwertung oder Beseitigung.

 

Gemäß § 26 Abs. 3 AWG 2002 ist der abfallrechtliche Geschäftsführer verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 VStG und für die fachlich einwandfreie Ausübung der Tätigkeit gemäß Abs. 1 und die Einhaltung der diesbezüglichen abfallrechtlichen Vorschriften verantwortlich. In § 26 Abs. 1
leg. cit. wird diesbezüglich die „Tätigkeit der Sammlung und Behandlung von gefährlichen Abfällen“ erwähnt - im vorliegenden Fall erfolgt gerade die erwähnte Behandlung von gefährlichen (und nicht gefährlichen) Abfällen in der chemisch-physikalischen Behandlungsanlage der x - die Behandlungsanlage ist somit das Kernstück des Behandlungsprozesses (ohne diese wäre eine derartige Behandlung von Abfällen denklogisch gar nicht möglich), auf den bzw. einen Teil dessen sich der verfahrensgegenständliche Tatvorwurf bezieht.

 

Im vorliegenden Fall handelt es sich bei der verfahrensgegenständlichen chemisch-physikalischen Abfallbehandlungsanlage um eine ortsfeste Einrichtung, welche auch die unmittelbar damit verbundenen, in einem technischen Zusammenhang stehenden Anlagenteile mit umfasst.

 

Gemäß § 43 Abs. 1 AWG 2002 ist eine Genehmigung gemäß § 37 zu erteilen, wenn zu erwarten ist, dass die Behandlungsanlage neben den Voraussetzungen der gemäß § 38 anzuwendenden Vorschriften folgende Voraussetzungen erfüllt:

[...] 2. Die Emissionen von Schadstoffen werden jedenfalls nach dem Stand der Technik begrenzt.

 

Die zitierte Nebenbestimmung unter Spruchabschnitt III., 1. „Aus Sicht der Abwasserchemie“, Punkt 3. des Bescheides des Landeshauptmannes von Ober­österreich vom 17. Juli 2009, GZ: UR-2006-1034/347-St/Ts, wurde insbesondere zu dem in § 43 Abs. 1 Z 2 AWG 2002 erwähnten Zweck vorgeschrieben, nämlich um die Emission von Schadstoffen - im vorliegenden Fall betreffend die aus der Behandlungsanlage stammenden Prozess- bzw. in der Folge Abwässer - jedenfalls nach dem Stand der Technik zu begrenzen.

In diesem Zusammenhang ist auf § 79 Abs. 2 Z 11 AWG 2002 iVm dem Genehmigungsbescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom
17. Juli 2009, GZ: UR-2006-1034/347-St/Ts, zu verweisen - die im genannten Bescheid der x auferlegten Auflagen zur Einhaltung der Grenzwerte im Hinblick auf die aus der chemisch-physikalischen Abfallbehandlungsanlage
resultierenden Abwässer sind solche im Sinne des § 43 Abs. 4 AWG 2002. Es handelt sich um Auflagen zur Wahrung der Voraussetzungen gemäß § 43 Abs. 1 bis 3 leg. cit.
- insbesondere jener des Abs. 1 Z. 2, nämlich die jedenfalls nach dem Stand der Technik zu erfolgende Begrenzung der Emission von Schadstoffen - im vorliegenden Fall betreffend die aus der Behandlungsanlage stammenden Prozesswässer bzw. in der Folge Abwässer. Als solche wird ihre Nichteinhaltung auch von § 79 Abs. 2 Z 11 AWG 2002 mit Strafe bedroht. Vor diesem Hintergrund kann es keinen Zweifel daran geben, dass es sich gegenständlich um die Einhaltung von abfallrechtlichen Pflichten handelt und der Bf als abfallrechtlicher Geschäftsführer die Verant­wortung dafür zu tragen hat.

 

2.1.4. § 3 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 normiert, dass Abwasser, einschließlich sonstiger Wässer, die in § 1 Abs. 1 Z 1 bis 4 und Z 6 und Abs. 2 der AAEV genannt sind, kein Abfall im Sinn dieses Bundesgesetzes ist. Wenn nunmehr vom Bf argumentiert wird, dass das Wasser, welches der verfahrensgegenständlichen chemisch-physikalischen Abfallbehandlungsanlage entstammt und in der Folge in die Kanalisation eingeleitet wird, im Sinn des § 3 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 vom Geltungsbereich desselben ausgenommen sei und schon deshalb eine Verantwortlichkeit des abfallrechtlichen Geschäftsführers im Fall der verfahrens­gegenständlich vorgeworfenen Grenzwertüberschreitungen ausscheide, sei auf nachstehende, in der RV 1005 dB XXIV. GP zu § 3 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 enthaltene Feststellung verwiesen: „In Abfallbehandlungsanlagen anfallendes Abwasser, das in der Behandlungsanlage abgeleitet oder gesammelt wird, ist jedoch Teil der Abfallbehandlungsanlage, z.B. Anlage zur Ableitung von Niederschlagswässern im Rahmen einer Abfallbehandlungsanlage. Ebenfalls ist die Behandlung von Sickerwasser aus Deponien Teil der Abfallbehandlung, bis das Sickerwasser den wasserrechtlichen Einleitbestimmungen entspricht.“

 

Die Ausnahmeregelung des § 3 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 bezweckt die Klarstellung, dass Abwasser ab Einleitung in eine Kanalisation bis zur Reinigung in einer Kläranlage nicht als Abfall einzustufen ist, ansonsten wäre eine Kanalisation wohl als Anlage zur Sammlung von Abfällen und eine Kläranlage als Anlage zur Behandlung von Abfällen zu bezeichnen, was entsprechende abfallrechtliche Genehmigungs­verfahren nach sich ziehen würde, was aufgrund der ohnedies bereits im Rahmen des Wasserrechtsregimes für diese Einrichtungen bestehenden Genehmigungs­vorschriften als nicht notwendig bzw. wohl auch überschießend zu erachten wäre.

 

In der oben zitierten RV wird klargestellt, dass Abwässer, die in Abfallbehand­lungsanlagen anfallen bzw. die in der Behandlungsanlage abgeleitet werden, Teil der Abfallbehandlungsanlage sind - als Beispiel wird eine Anlage zur Ableitung von Niederschlagswässern erwähnt. Umso mehr muss diese Feststellung für Wässer gelten, welche im Rahmen eines Behandlungsprozesses in einer chemisch-physikalischen Behandlungsanlage entstehen und die zwar vorgereinigt werden, jedoch aufgrund der möglichen Gefährdungs­neigung der behandelten Abfälle bzw. aufgrund der darin enthaltenen Schad­stoffe jedenfalls ein höheres Gefährdungspotenzial aufweisen als (reine) Nieder­schlagswässer, welche im Zusammenhang mit einer Behandlungsanlage abgeleitet werden. Folglich sind die in der chemisch-physikalischen Behandlungsanlage im Rahmen des Behandlungs­prozesses anfallenden Wässer jedenfalls noch als Teil der Abfallbehandlungs­anlage anzusehen und somit nicht als vom Geltungsbereich des AWG 2002 ausge­nommen einzustufen. Zur deutlicheren begriffsmäßigen Trennung wäre es wohl sinnvoll, diese Wässer als „Prozesswässer“ zu bezeichnen, da die Verwendung des Begriffes „Abwasser“ aus den erwähnten Gründen im Zusammenhang mit den im Rahmen eines Behandlungsprozesses in einer C/P-Anlage anfallenden Wässern zu einer weiteren begrifflichen Unschärfe beiträgt. Als Abwässer, welche unter die Ausnahmebestimmung des § 3 Abs. 1 Z 1
AWG 2002 fallen, wären Wässer, welche im Rahmen eines Behandlungsprozesses in einer C/P-Anlage anfallen, folgerichtig erst ab ihrer Einleitung in die öffentliche Kanalisation zu bezeichnen.

 

In räumlicher Hinsicht sei diesbezüglich noch darauf hingewiesen, dass die Probenahmen im Rahmen der Eigenüberwachung - bei welchen die verfahrens­gegenständlich vorgeworfenen Grenzwertüberschreitungen festgestellt wurden - auch örtlich noch unmittelbar im Bereich der C/P-Anlage erfolgt sind. Siehe hierzu auch die in Spruchpunkt II. des Bescheides des Landeshauptmannes von Ober­österreich vom 17. Juli 2009, GZ: UR-2006-1034/347-St/Ts, enthaltene Vor­habensbeschreibung, welche die in Spruchpunkt I. abfallwirtschaftsrechtlich genehmigte Abfallbehandlungsanlage samt den damit unmittelbar verbundenen, in einem technischen Zusammenhang stehenden Anlagenteilen beschreibt - darin wird u.a. ausgeführt, dass im Rahmen der Endbehandlung im Stapeltank II die Endkontrolle und dann die Ableitung in den Ortskanal erfolgt, wobei in der Ableitung der Probenehmer und die pH-Endkontrolle situiert sind.

 

Somit ist festzuhalten, dass die gegenständlichen, aus der C/P-Anlage stammenden Wässer hinsichtlich der im Rahmen der Eigenüberwachung festgestellten Grenz­wertüberschreitungen jedenfalls als zur Abfallbehandlungs­anlage zugehörig und deshalb keines­falls als vom Anwendungsbereich des AWG 2002 ausgenommen anzusehen sind.

 

2.1.5. Nach § 26 Abs. 3 AWG 2002 ist der abfallrechtliche Geschäftsführer für die fachlich einwandfreie Ausübung der Tätigkeit gemäß Abs. 1 (d.h. die Tätigkeit des Sammelns und Behandelns von gefährlichen Abfällen) und die Einhaltung der diesbezüglichen abfallrechtlichen Vorschriften verantwortlich. Durch die gegen­ständliche chemisch-physikalische Abfallbehandlungsanlage werden sowohl gefährliche als auch nicht gefährliche Abfälle einer Behandlung zugeführt. Vor diesem Hintergrund ist jedoch die gesamte chemisch-physikalische Abfallbe­handlungsanlage als in den Verantwortungs­bereich des abfallrechtlichen Geschäftsführers fallend zu erachten. Eine andere Auslegung führte zu dem absurden Ergebnis, dass sich ein abfallrechtlicher Geschäftsführer durch die Zuführung nicht gefährlicher Abfälle in den Behandlungsprozess in der C/P-Anlage seiner Verantwortung entziehen könnte. Folgerichtig fällt auch eine gemeinsame Behandlung von gefährlichen und nicht gefährlichen Abfällen in der C/P-Anlage in den Verantwortungsbereich des abfallrechtlichen Geschäftsführers.

 

Diese Verantwortlichkeit kann auch nicht durch das Vorbringen, es gäbe einen „verantwortlichen Beauftragten“ im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG für die Einhaltung der Grenzwerte bei der chemisch-physikalischen Abfallbehandlungsanlage, relativiert werden. Normiert der Materiengesetzgeber - wie in § 26 AWG 2002 - Fälle besonderer Verantwortlichkeit, tritt das Regime des § 9 VStG kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung („sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen“) hinter diese speziellen Regelungen als subsidiär zurück (VwGH 08.09.2010, 2010/08/0162, zum Bevollmächtigten nach dem ASVG). Soweit daher der Bf auf den Aktenvermerk vom 1. Oktober 2010 verweist, in dem festgehalten wird, dass Herr M G zum „verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Verwaltungsstrafgesetz und für die einwandfreie Betreibung und Einhaltung der Ableitgrenzwerte des Abwassers der C/P-Anlage“ bestellt wird, vermag eine solche Vereinbarung den abfallrechtlichen Geschäftsführer nicht von seiner diesbezüglichen verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung zu entlasten.

 

2.2. Zum zeitlichen Bereich der Verantwortung des Bf:

 

Der Bf macht ferner geltend, er könne nicht als verantwortlicher Geschäftsführer für Vergehen vom 26. November 2014 und 27. November 2014 belangt werden, da er zu diesem Zeitpunkt nicht hauptberuflich im Unternehmen der x beschäftigt gewesen sei und deshalb für diesen Zeitraum auch nicht als abfallrechtlicher Geschäftsführer bestellt gewesen sein könne, da § 26 Abs. 1 AWG 2002 eben eine hauptberufliche Tätigkeit des abfallrechtlichen Geschäfts­führers verlange. Weiters sei für den Beginn der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit des nachfolgenden abfallrechtlichen Geschäftsführers der Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis durch den Landeshauptmann ausschlag­gebend.

 

Grundsätzlich bedarf die Bestellung eines abfallrechtlichen Geschäftsführers einer Erlaubnis durch den Landeshauptmann. Der Verwaltungsgerichtshof vertrat zur Rechtslage vor Inkrafttreten des AWG 2002 die Ansicht, dass eine solche Erlaubnis im speziell geregelten Fall des damals einschlägigen § 15 Abs. 6 AWG, wenn der bisherige abfallrechtliche Geschäftsführer ausscheidet und die Gesell­schaft einen neuen namhaft macht, bereits durch diese Namhaftmachung der neue abfallrechtliche Geschäftsführer in seine Pflichten eintrete und eine Erlaubnis hierfür nicht maßgeblich sei (vgl. etwa VwGH 21.02.2002, 2001/07/0116).

 

§ 15 Abs. 6 AWG lautete: „Scheidet der gemäß Abs. 5 bestellte Geschäftsführer aus dem Betrieb aus, so hat der Betriebsinhaber unverzüglich einen neuen Geschäftsführer zu bestellen und unter Nachweis der Voraussetzungen gemäß Abs. 1, 3 bis 5 dem Landeshauptmann zur Erteilung der Erlaubnis bekannt­zugeben. Erfolgt diese Bestellung und Namhaftmachung nicht innerhalb von drei Monaten, so ist die Tätigkeit einzustellen.“

 

Der im vorliegenden Fall präjudizielle § 26 Abs. 5 AWG 2002 lautet: „Scheidet der bestellte abfallrechtliche Geschäftsführer aus dem Betrieb aus, so hat der Erlaubnisinhaber unverzüglich einen neuen abfallrechtlichen Geschäftsführer zu bestellen und die Erlaubnis (Abs. 2) einzuholen. Erfolgt diese Bestellung und der Antrag (Abs. 2) nicht innerhalb von drei Monaten, so ist die Tätigkeit einzustel­len. Gleiches gilt sinngemäß für eine fachkundige Person gemäß Abs. 4 oder eine verantwortliche Person gemäß Abs. 6.

 

Die Formulierungen unterscheiden sich zwar in der Wortwahl, jedoch nicht im Inhalt, da auch nach der alten Rechtslage eine unverzügliche Bestellung eines neuen Geschäftsführers und eine Bekanntgabe an den Landeshauptmann „zur Erteilung der Erlaubnis“ notwendig waren. Nach der neuen Rechtslage ist ebenso unverzüglich ein neuer abfallrechtlicher Geschäftsführer zu bestellen „und die Erlaubnis einzuholen“. Es war also auch in § 15 Abs. 6 AWG (alte Rechtslage) normiert, dass zusätzlich zur Bestellung des neuen abfallrechtlichen Geschäfts­führers eine entsprechende Erlaubnis des Landeshauptmannes notwendig ist. Das Gesetz trifft jedoch weder nach der alten noch nach der neuen Rechtslage eine Aussage darüber, ab wann die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des abfallrechtlichen Geschäftsführers eintritt. Diesbezüglich ist auf die zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, gemäß der bereits durch die Namhaftmachung der neue abfallrechtliche Geschäftsführer in seine Pflichten eintritt und der Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis hierfür nicht maßgeblich ist.

 

Nochmals ist auf den Wortlaut des in § 15 Abs. 5 AWG 1990 nach den Z 1 bis 3 enthaltenen Satzes „Die Bestellung des Geschäftsführers bedarf einer Erlaubnis gemäß Abs. 1 und 4.“ hinzuweisen, welcher inhaltlich nicht von § 26 Abs. 2 erster Satz AWG 2002 abweicht, wo normiert wird „Die Bestellung des Geschäftsführers bedarf der Erlaubnis gemäß § 24a Abs. 1.“. Die Notwendigkeit einer Erlaubnis für die Bestellung eines abfallrechtlichen Geschäftsführers war bzw. ist somit sowohl nach der Rechtslage nach AWG 1990 als auch nach der derzeitigen Rechtslage nach dem AWG 2002 gegeben - die oben zitierte Judi­katur des Verwaltungsgerichtshofes ist aufgrund des gleichen Inhaltes der Bestimmungen somit auch auf die geltende Rechtslage anzuwenden.

 

Zusammenfassend ist auch nach der Rechtslage nach dem AWG 2002 davon auszugehen, dass bei Ausscheiden eines abfallrechtlichen Geschäftsführers die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung bereits vor der Erteilung der Erlaubnis übergeht - vgl. hierzu Bumberger/Hochholdinger/Niederhuber/Wolfslehner,
AWG 2002, S. 241, K3.: „Wird erstmals ein abfallrechtlicher Geschäftsführer bestellt, geht die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung erst mit der Erteilung der Erlaubnis über. Scheidet ein abfallrechtlicher Geschäftsführer aus, geht die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung bereits mit der Bestellung und Nam­haftmachung des neuen Geschäftsführers über.“).

 

Im gegenständlichen Fall erfolgte diese Antragstellung mit Eingabe vom
20. November 2014 durch die x mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass die Neubestellung „ab sofort“ gelte, womit die x selbst impliziert angibt, dass mit Datum 20. November 2014 sämtliche Voraussetzungen zur Bestellung eines abfallrechtlichen Geschäftsführers zum Zeitpunkt 20. November 2014 vorliegen.

 

Um als abfallrechtlicher Geschäftsführer fungieren zu können, ist es ferner not­wendig, dass der Betroffene im entsprechenden Unternehmen hauptberuflich, d.h. zumindest im Ausmaß von 20 Stunden, tätig ist. (Bumberger/Hochhol­dinger/Niederhuber/Wolfslehner, AWG 2002², 241)

 

Vor dem nunmehr erkennenden Gericht legte der Bf jedoch erstmals - der Behörde kann also für die gegenteilige Annahme kein Vorwurf gemacht werden - unbedenkliche Urkunden vor, die belegen, dass der Bf bis Ende November im Unternehmen der G H beschäftigt war und erst mit 1. Dezember 2014 für die x tätig wurde. Damit wird jedoch der aus der Meldung des abfallrechtlichen Gesellschafters zu ziehende Schluss, dass der Bf schon seit 20. November hauptberuflich bei der x beschäftigt gewesen wäre, widerlegt. War der Bf aber erst ab 1. Dezember 2014 hauptberuflich, d.h. zumindest mehr als 20 Stunden, im Unternehmen der x tätig, kann auch seine Verantwortung als abfallrechtlicher Gesellschafter erst mit diesem Zeitpunkt beginnen, da man ihn sonst für ein allfälliges Fehlverhalten verantwortlich machen würde, auf das er keinen Einfluss hatte und dies den Grundsätzen des österreichischen (Verwaltungs-)Strafrechtes zuwiderliefe. Eine Verantwortlichkeit für die Übertretungen vor diesem Zeitpunkt, im konkreten Fall die Übertretungen am 26. und 27. November 2014, scheidet daher aus.

 

Der Bf kann aber aus denselben Gründen nicht für die Überschreitung des BTXE-Wertes am 1. Dezember 2014 zur Verantwortung gezogen werden, da diese einmalige Überschreitung (am ersten Arbeitstag des Bf) in Anbetracht des zeitlichen Verantwortungsbereiches des Bf gemäß der hier einschlägigen AEV Abfallbehandlung nicht ausreicht, um eine Verwaltungsübertretung zu begrün­den. Die dort normierte „4 von 5“-Regel bedeutet nämlich vor dem Hintergrund der tragenden Prinzipien des österreichischen Strafrechtes auch, dass dem Bf nur dann eine Verwaltungsübertretung vorgeworfen werden kann, wenn alle die Verwaltungsübertretungen begründenden Verfehlungen im zeitlichen Rahmen seines Verantwortungsbereiches erfolgten. Solange aber nur eine den Grenzwert überschreitende Messung in diesen zeitlichen Abschnitt fällt, kann dem Bf keine Verwaltungsübertretung vorgeworfen werden.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurtei­len. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Maga. Katja Hörzing