LVwG-350160/22/Re/TO

Linz, 24.11.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Werner Reichenberger über die Beschwerde von Frau D.D., x, L., gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 12. Mai 2015, GZ: 3.01-ASJF, wegen Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes (bedarfsorientierte Mindestsicherung) unter Berücksichtigung des im ersten Rechtsgang ergangenen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.6.2016, Ra 2015/10/0110-11,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 12. Mai 2015, GZ: 3.01-ASJF, wurde dem Antrag der Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf) vom 20. Februar 2015 auf Zuerkennung von Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfs gemäß §§ 31, 4 ff, und 17 Oö. BMSG keine Folge gegeben. In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass bei der Bf, die auf Basis anderer gesetzlicher Grundlagen ausreichend versorgt sei, sie von der Oö. Landesregierung mit einem Quartierplatz versorgt werden könnte, somit keine soziale Notlage vorliege und daher die Voraussetzungen für den Anspruch auf bedarfsorientierte Mindestsicherung nicht gegeben seien.

 

2.         Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom 28. Mai 2015. In dieser beantragt die Bf, vertreten durch Mag. A.L., C., Rechtsberatung, x, L., dass der angefochtenen Bescheid dahingehend abgeändert werde, dass festgestellt werde, dass der Anspruch auf Mindestsicherung zu Recht bestehe. In eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und zur neuerlichen Verhandlung an die belangte Behörde zurückzuverweisen. Begründet wird dies wie folgt (wortwörtlich widergegeben):

I.

Die BF und ihr Kind sind subsidiär Schutzberechtigte und beziehen monatliche Geldleistungen im Rahmen der Grundversorgung.

Im angefochtenen Bescheid wird der Antrag auf Mindestsicherung mit der Begründung abgewiesen, dass die BF auf Basis anderer gesetzlicher Grundlagen ausreichend versorgt sei, sie von der Landesregierung auch mit einem Quartiersplatz versorgt werden könnte und daher keine soziale Notlage iSd § 6 Abs 5 Öö Mindestsicherungsgesetz vorliege.

 

Diese Ansicht ist unrichtig.

 

II.

Gem § 6 Abs 1 Oö Mindestsicherungsgesetz liegt eine soziale Notlage bei Personen vor, die ihren eigenen oder den Lebensunterhalt und Wohnbedarf von mit ihnen im gemeinsamen Haushalt lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht decken können.

Gem § 6 Abs 5 gelten Situationen nicht als soziale Notlage, für die bereits auf der Basis anderer gesetzlicher Grundlagen ausreichend Vorsorge getroffen wurde.

Gem § 7 Abs 2 Z 3 Oö Mindestsicherungsgesetz hat die betroffene Person die Verfolgung von Ansprüchen gegen Dritte, bei deren Erfüllung die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung nicht oder nicht in diesem Ausmaß erforderlich wäre, wahrzunehmen.

Gem § 3 Abs 1 Oö Grundversorgungsgesetz erfolgt die Gewährung von Grundversorgungsleistungen durch Zuweisen einer geeigneten Unterkunft samt angemessener Verpflegung, durch Auszahlung von Geldleistungen, durch Abschluss einer Krankenversicherung, durch Ausgabe von Gutscheinen oder durch sonst geeignete Maßnahmen.

 

III.

Wie aus der dem Magistrat vorgelegten Bestätigung der C. Flüchtlingshilfe vom 24.3.2015 hervorgeht, bezieht die BF aktuell Grundversorgung nach dem Oö Grundversorgungsgesetz iHv 530 Euro monatlich. Aus der oben zitierten Bestimmung des § 3 GVG geht klar hervor, dass die Leistung der Grundversorgung nicht nur durch Unterbringung in einem Quartier, sondern auch durch Zahlung von Geldleistungen oder sonstige Maßnahmen erfolgen kann, was im Ermessen der vollziehenden Behörde steht. Die Höhe der Grundversorgung, welche die BF für sich und ihre Tochter bezieht, liegt unter der Höhe, des Mindeststandards gem § 1 der Mindestsicherungsverordnung. Es liegt somit entgegen der Ansicht der Behörde sehr wohl eine soziale Notlage iSd § 6 Mindestsicherungsgesetz vor.

Die Ansicht der Behörde und deren Auslegung von § 6 Abs 5 Oö.Mindestsicherungsgesetz widersprechen auch ganz klar den Erläuterungen in der Regierungsvorlage zu § 6 Abs 5 Oö Mindestsicherungsgesetz, die ausführen, dass der Gesetzgeber eine ausreichende Bedarfsdeckung iSd § 7 Abs 1 und 2 Oö Grundversorgungsgesetz nur bei Asylwerbern angenommen hat, nicht jedoch bei Personen, die den Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten innehaben (vgl ErläutRV 357 BlgLT 27.GP 36).

In dieselbe Kerbe schlagen die Ausführungen in den Materialen zu § 7 Oö Grundversorgungsgesetz, wo es heißt:

„... § 7 schließt aus, dass Personen, die zur Zielgruppe der Grundversorgungs-vereinbarung zählen, gleichzeitig auch Hilfen nach dem Sozialhilfegesetz 1998 erhalten können. Das gilt nicht für jene privat untergebrachten Fremden, denen bereits rechtskräftig Asyl gewährt wurde und für Personen mit einem Aufenthaltsrecht gem § 8 AsylG 2005 (subsidiär Schutzberechtigte). Für die letztgenannte Gruppe wird damit auch die Richtlinie 2004/83/EG umgesetzt. Die Sozialhilfeleistungen werden hier ergänzend zur Grundversorgung gewährt. Klargestellt wird, dass dadurch unter dem Begriff' „Asylwerber" in § 6 Abs 3 Oö Sozialhilfegesetz 1998 nur mehr Personen zu verstehen sind, die nicht bereits den Status einer subsidiär Schutzberechtigten Person haben. Subsidiär schutzberechtigten Personen kommt somit ein Rechtsanspruch auf soziale Hilfe zu.“

 

Würde man mit der Behörde der Ansicht sein, dass § 6 Abs 5 Mindestsicherungsgesetz auf subsidiär Schutzberechtigte, welche privat versorgt werden, nicht anzuwenden sei, bliebe für die Auszahlung von Mindestsicherung an subsidiär Schutzberechtigte kein Anwendungsgebiet mehr, da eine Unterbringung von subsidiär Schutzberechtigten in Quartieren immer möglich wäre.

§ 6 Abs 5 Oö Mindestsicherungsgesetz spricht zudem davon, dass „ausreichend Vorsorge getroffen wurde". Eine ausreichende Versorgung nach dem Oö Grundversorgungsgesetz ist im Falle der BF aber nicht gegeben, da der Auszahlungsbetrag der Grundversorgung unter jenem des Mindeststandards des § 1 Oö Mindestsicherungsverordnung liegt.

Des Weiteren hat nach der Judikatur des LVwG ein Fremder nach Zuerkennung des Status des Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten das Recht, seinen Aufenthalt und Wohnsitz in Österreich frei zu wählen, weshalb ihm aus diesem Grund nicht die Bedarfsorientierte Mindestsicherung verweigert werden darf (LVwG 28.1.2015, LVwG-350118/2/Py/TO). Die BF darf daher nicht verpflichtet werden, in einem Asylquartier zu wohnen und hat unabhängig von der Wohnform einen Anspruch auf Mindestsicherung.

Angemerkt wird noch, dass es durchaus bisherige Praxis der Mindestsicherungsbehörden war, Mindestsicherung an privat untergebrachte subsidiär Schutzberechtigte, die Grundversorgung beziehen, auszuzahlen. Es ist nicht ersichtlich, warum es plötzlich zu dieser Entscheidungsänderung gekommen ist.

Die BF hat einen Antrag auf Grundversorgung beim Land Oö gestellt und diese in Form monatlicher Geldzahlungen bewilligt bekommen. Sie hat ihre Ansprüche somit ausreichend verfolgt. Eine weitere Versorgung auf Basis anderer gesetzlicher Grundlagen ist nicht möglich.

Der Anspruch auf Mindestsicherung für die Bf und ihre Tochter besteht daher zweifelsfrei zu Recht.“

 

3.         Über diese Beschwerde hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich im ersten Rechtsgang mit Erkenntnis vom 11. August 2015, LVwG-350160/2/Re/TO, die Beschwerde abgewiesen und den angefochtenen Bescheid bestätigt. Die Bf hat gegen dieses Erkenntnis Revision an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben.

 

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Juni 2016, Zl. Ra 2015/10/0110-11, wurde das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 11. August 2015, LVwG-350160/2/Re/TO, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Verwaltungsgerichtshof führte nach Darstellung des Verfahrensganges in rechtlicher Hinsicht Folgendes aus:

„Gemäß § 6 Abs. 5 erster Halbsatz Oö. BMSG gelten Situationen nicht als soziale Notlage, für die bereits auf der Basis anderer gesetzlicher Grundlagen ausreichend Vorsorge getroffen wurde. Somit sind Personen, für deren Bedarf in dieser Weise Vorsorge getroffen wurde, gar nicht von einer „sozialen Notlage" im Sinn des Oö. BMSG betroffen. Ihnen fehlt daher schon die grundsätzliche Anspruchsvoraussetzung für die Gewährung von Mindestsicherung gemäß § 5 Z. 1 leg. cit. (vgl. das zum Bezug einer Ausgleichszulage nach dem Bauern-Sozialversicherungsgesetz ergangene hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2016, Zl. Ra 2015/10/0047).

Das Verwaltungsgericht vertrat die Ansicht, dass der Revisionswerberin auf Grund des Bezugs von Grundversorgung nach dem Oö. GVersG gemäß § 6 Abs. 5 Oö. BMSG von vornherein kein Anspruch auf Mindestsicherung zukomme. Es befasste sich daher - anders als die belangte Behörde - auch nicht mit der Frage, ob die Revisionswerberin - im Rahmen der „Bemühungspflicht" gemäß § 7 Oö. BMSG - verpflichtet sei, in einem im Rahmen der Grundversorgung zur Verfügung stehenden Quartier Wohnung zu nehmen.

Damit hat das Verwaltungsgericht die Rechtslage verkannt. Bei der Revisionswerberin handelt es sich unstrittig um eine in Oberösterreich aufhältige subsidiär Schutzberechtigte mit einem Aufenthaltsrecht gemäß § 8 Asylgesetz 2005, die somit gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. b Oö. BMSG zum anspruchs­berechtigten Personenkreis zählt. Sie ist daher gemäß § 7 Oö. GVersG von dem Grundsatz, dass den von der Grundversorgung erfassten Personen kein Anspruch auf Mindestsicherung zukommt, ausdrücklich ausgenommen.

In den Materialien zur Stammfassung des Oö. GVersG (Bericht des Sozialaus­schusses, Big. 1058/2006 zum kurzschriftlichen Bericht des Oö. Landtags, 26. GP) wird dazu Folgendes ausgeführt:

„§ 7 schließt aus, dass Personen, die zur Zielgruppe der Grundversorgungs­vereinbarung zählen, gleichzeitig auch Hilfen nach dem Oö. Sozialhilfegesetz 1998 erhalten können. Das gilt nicht für jene privat untergebrachten Fremden, denen bereits rechtskräftig Asyl gewährt wurde und für Personen mit einem Aufenthaltsrecht gemäß § 8 Asylgesetz 2005 (subsidiär Schutzberechtigte). Für letztgenannte Gruppe wird damit auch die Richtlinie 2004/83/EG umgesetzt. Die Sozialhilfeleistungen werden hier ergänzend zur Grundversorgung gewährt.

Klargestellt wird, dass dadurch unter dem Begriff ,Asylwerber' in § 6 Abs. 3 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 nur mehr Personen zu verstehen sind, die nicht bereits den Status einer subsidiär schutzberechtigten Person haben. Subsidiär schutzberechtigten Personen kommt somit ein Rechtsanspruch auf soziale Hilfe zu."

Mit LGBl. 74/2011 wurde das Oö. BMSG erlassen und u.a. das Oö. GVersG dahin novelliert, dass § 7 Abs. 1 die Wortfolge „und dem Oö. Mindestsicherungsgesetz" angefügt wurde. Die Materialien (Blg. 434/2011 zu den Wortprotokollen des Oö. Landtags, 27. GP, S. 77) halten dazu Folgendes fest:

„Mit dem Oö. BMSG werden Teilbereiche aus dem Sozialhilferecht herausgelöst und einer neuen Regelung zugeführt. Dadurch ändert sich allerdings das Verhältnis zum Grundversorgungsrecht nicht. In diesem Sinn ist eine Klarstellung im Oö. Grundversorgungsgesetz erforderlich."

Aus all dem ergibt sich klar, dass es sich bei subsidiär Schutzberechtigten mit einem Aufenthaltsrecht gemäß § 8 Asylgesetz 2005, die eine Leistung der Grundversorgung erhalten, nicht um solche Personen handelt, die gemäß § 6 Abs. 5 Oö. BMSG auf Grund anderweitiger ausreichender Vorsorge vom Bezug der Mindestsicherung ausgeschlossen sind.

Verdeutlicht wird dies auch durch die zitierten Materialien zum Oö. BMSG (S. 36), in denen zu § 6 Abs. 5 ausgeführt wird, dass zur Beantwortung der Frage, ob neben Leistungen mit ähnlicher Zielrichtung ein Mindestsicherungsanspruch bestehe, zu prüfen sei, ob durch die andere Leistung „ausreichend Vorsorge" getroffen werde. Wörtlich heißt es weiter:

„Hier zeigt sich z.B. im § 16 Oö. CHG und im § 3 Abs. 1 sowie § 7 Abs. 1 und 2 Oö. Grundversorgungsgesetz 2006 (für Personen, denen nicht Asyl oder ein Aufenthaltsrecht gemäß § 8 Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde), dass der Gesetzgeber eine ausreichende Bedarfsdeckung durch die Leistungen des jeweiligen Gesetzes angenommen hat. In diesen Fällen kann also nicht mehr davon ausgegangen werden, dass eine soziale Notlage vorliegt.

 

Das Verwaltungsgericht hat somit mit seiner Ansicht, die subsidiär schutzberechtigte und gemäß § 8 Asylgesetz 2005 aufenthaltsberechtigte Revisionswerberin, die eine Leistung der Grundversorgung erhält, sei bereits deshalb gemäß § 6 Abs. 5 Oö. BMSG auf Grund anderweitiger ausreichender Vorsorge vom Bezug der Mindestsicherung ausgeschlossen, die Rechtslage verkannt. Daher war das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.“

 

Diese Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes bewirkt, dass über die Beschwerde der Bf gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landes­hauptstadt Linz vom 12. Mai 2015, GZ: 3.01-ASJF, neuerlich, dies unter Beachtung der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes, zu entscheiden ist.

 

4.         Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

5.         Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Aktenein­sichtnahme. Mit Schreiben vom 10. August 2016 (LVwG-350160/19/Re/Gru) wurde die Erhebung aktueller Leistungen, Bezüge, Zuwendungen und gegebenenfalls eingetretener wesentlicher Änderungen der sozialen Situation seit Erlassung des angefochtenen Bescheides veranlasst. Zudem wurden allfällige Informationen über die Wohnsituation bzw. Wohnmöglichkeit der Bf unter Bezugnahme auf die Bemühungspflicht gemäß § 7 Oö. BMSG erhoben. Der Magistrat Linz hat mit Schreiben vom 19. September 2016 Unterlagen übermittelt, die von der Bf vorgelegt wurden.

Von einer Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 VwGVG konnte abgesehen werden, da ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen waren und der zu Grunde liegende Sachverhalt vollständig den vorliegenden Verfahrensakten zu entnehmen waren.

 

5.1.      Der Bf, Staatsangehörige der R. F., geb. am x, ist mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10. April 2014 die befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 Asyl­gesetz 2005, BGBl. Nr. 100/2005 idgF, bis 14. April 2016 erteilt worden.

Aufgrund ihres Antrages vom 28.2.2014 beim Magistrat der Stadt Wien wurde der Bf für sich und ihre Tochter – C.G., geb. x, der ebenfalls der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde – mit Bescheid vom 22. Mai 2014, Zl. MA40-SH/2014/394534-001, finanzielle Leistung zur Deckung des Lebensunterhaltes und der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs gemäß Wiener Mindestsicherungsgesetz (WMG) vom 1.5.2014 bis 30.4.2015 zuerkannt.

Mit 1. September 2014 erfolgte die Übersiedelung nach L., x, L., ohne dass diese Verlegung des Lebensmittelpunktes in ein anderes Bundesland dem Magistrat Wien angezeigt wurde. Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 3. März 2015, Zl: MA40-SH/2015/181903-001, werden die zu Unrecht empfangenen Leistungen der Mindestsicherung für den Zeitraum 1.9.2014 bis 31.3.2015 rückgefordert.

Die Bf stellte mit 2. September 2014 einen Antrag auf Zuerkennung der bedarfsorientierten Mindestsicherung beim Magistrat Linz. Dieser Antrag wird mit Bescheid vom 12. November 2014, 3.01-ASFJ, wegen mangelnder Mitwirkung der Bf zurückgewiesen. Mit 21. November 2014 wird ein weiterer Antrag auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfs eingebracht, der mit Bescheid vom 5. Dezember 2014 abermals wegen mangelnder Mitwirkung zurückgewiesen wird. Am 3. Februar 2015 wird ein weiterer Antrag auf  Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfs gestellt, der mit Bescheid vom 19. Februar 2015 auch wegen mangelnder Mitwirkung zurückgewiesen wird.

Am 12. Februar 2015 stellt die Bf einen Antrag auf Grundversorgung für sich und ihre Tochter. Seit 12. Februar werden die Bf und ihre minderjährige Tochter durch die Grundversorgung der Oö. Landesregierung unterstützt und erhalten finanzielle Leistungen in Form von Lebensmittelgeld und Mietzuschuss (Februar 2015 insgesamt 300 Euro, März 2015 insgesamt 530 Euro).

Ein Schreiben der C. vom 10. Februar 2015 belegt, dass die Bf und ihre Tochter von der Oö. Landesregierung im Sinne der Grundversorgung auch mit einem Quartierplatz versorgt werden könnten. Der angebotene Quartierplatz der Oö. Grundversorgung wird von der Bf und deren Tochter nicht in Anspruch genommen. Die Bf ist am 2. Februar 2015 mit ihrer Tochter in eine Wohnung gezogen.

Dem Antrag vom 20. Februar 2015 auf Zuerkennung der bedarfsorientierten Mindestsicherung wird mit dem gegenständlichen angefochtenen Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz keine Folge gegeben.

 

5.2.      Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und ist in dieser Form unbestritten.

 

6.         Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

6.1.      Gemäß § 2 Abs. 1 Oö Mindestsicherungsgesetz ist bei der Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung auf die besonderen Umstände des Einzel­falls Bedacht zu nehmen. Dazu gehören insbesondere Eigenart und Ursache der drohenden, bestehenden oder noch nicht dauerhaft überwundenen sozialen Notlage, weiters der körperliche, geistige und psychische Zustand der hilfebe­dürftigen Person sowie deren Fähigkeiten, Beeinträchtigungen und das Ausmaß ihrer sozialen Integration.

 

Gemäß § 2 Abs. 5 OÖ. BMSG sind die Leistungen bedarfsorientierter Mindest­sicherung subsidiär.

 

Gemäß § 5 Oö. BMSG ist Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung, dass eine Person im Sinn des § 4

1.  von einer sozialen Notlage (§ 6) betroffen ist

2.  bereit ist, sich um die Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen (§ 7).

 

Gemäß § 6 Abs. 1 Oö. BMSG liegt eine soziale Notlage bei Personen vor, die

1.  ihren eigenen Lebensunterhalt und Wohnbedarf oder

2.  den Lebensunterhalt und Wohnbedarf von unterhaltsberechtigten Ange-hörigen, die mit ihnen in Hausgemeinschaft leben,

nicht decken können oder im Zusammenhang damit den erforderlichen Schutz bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung nicht gewährleisten können.

 

Gemäß § 6 Abs. 3 Oö. BMSG umfasst der Wohnbedarf nach Abs. 1 den für die Gewährleistung einer angemessenen Wohnsituation erforderlichen regelmäßig wiederkehrenden Aufwand für Miete, allgemeine Betriebskosten und Abgaben.

 

Abs. 5 leg.cit. bestimmt, dass nicht als soziale Notlage Situationen gelten, für die bereits auf der Basis anderer gesetzlicher Grundlagen ausreichend Vorsorge getroffen wurde oder durch andere Gesetze zur Sicherung von Interessen Dritter Zugriffe unter das Mindestsicherungsniveau zugelassen sind.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 Oö. BMSG setzt die Leistung bedarfsorientierter Mindest­sicherung die Bereitschafft der hilfebedürftigen Person voraus, in angemessener. ihr möglicher und zumutbarer Weise zur Abwendung, Milderung bzw. Über­windung der sozialen Notlage beizutragen. Eine Bemühung ist jedenfalls dann nicht angemessen. wenn sie offenbar aussichtslos wäre.

 

Gemäß § 7 Abs. 2 Oö. BMSG gelten als Beitrag der hilfebedürftigen Person im Sinn des Abs. 1 insbesondere

 

1.  der Einsatz der eigenen Mittel nach Maßgabe der §§ 8 bis 10;

2.  der Einsatz der Arbeitskraft nach Maßgabe des § 11;

3.  die Verfolgung von Ansprüchen gegen Dritte, bei deren Erfüllung die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung nicht oder nicht in diesem Ausmaß erforderlich wäre sowie

4.  die Umsetzung ihr von einem Träger bedarfsorientierter Mindestsicherung oder einer Behörde nach diesem Landesgesetz aufgetragenen Maßnahmen zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage.

 

Gemäß § 1 Abs. 2 Oö. Grundversorgungsgesetz (OÖ. GVG) besteht ein Anspruch auf eine bestimmte Form der Grundversorgung oder auf einen bestimmten Ort der Hilfeleistung nicht. Die Hilfeleistung ist vorrangig durch Unterbringung in geeigneten Räumlichkeiten samt Sicherstellung angemessener Verpflegung zu erbringen.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 Oö. GVG erfolgt die Gewährung von Grundversorgungs­leistungen durch Zuweisen einer geeigneten Unterkunft samt angemessener Verpflegung, durch Auszahlung von Geldleistungen, durch Abschluss einer Krankenversicherung, durch Ausgabe von Gutscheinen oder sonstige geeignete Maßnahmen. Die Leistungen der Grundversorgung haben einem angemessenen Lebensstandard zu entsprechen, der den Lebensunterhalt sowie den Schutz der physischen und psychischen Gesundheit gewährleistet. Besondere Bedürfnisse schutzbedürftiger Personen (Abs. 1a) sowie die Einheit der Familie sind soweit als möglich zu berücksichtigen.

 

Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 2016 führt dieser aus, dass es sich bei der Bf unstrittig um eine in Oberösterreich aufhältige subsidiär Schutzberechtigte mit einem Aufenthaltsrecht gemäß § 8 Asylgesetz 2005, die somit gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. b Oö. BMSG zum anspruchsberechtigten Personenkreis zählt, handelt. Sie ist daher gemäß § 7 Oö. GVersG vom Grundsatz, dass den von der Grundversorgung erfassten Personen kein Anspruch auf Mindestsicherung zukommt, ausdrücklich ausgenommen. Den Materialien zur gesetzlichen Grundlage ist zu entnehmen, dass Sozialhilfeleistungen auch ergänzend zur Grundversorgung gewährt werden können.

Den Materialien ist auch zu entnehmen, dass zur Beantwortung der Frage, ob neben Leistungen mit ähnlicher Zielrichtung ein Mindestsicherungsanspruch bestehe, zu prüfen sei, ob durch die andere Leistung „ausreichend“ Vorsorge getroffen werde.

 

Verfahrensgegenständlich ist unter Beachtung dieser zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes und der Rechtslage auch die Frage zu beantworten, ob die Bf im Rahmen der „Bemühungspflicht“ gemäß § 7 Oö. BMSG verpflichtet gewesen sei, in einem im Rahmen der Grundversorgung zur Verfügung stehenden Quartier Wohnung zu nehmen.

 

Dazu ist zunächst auf die erläuternden Bemerkungen zu § 7 Oö. BMSG in der Beilage 434/2011 zu den Wortprotokollen des Oö. Landtages, 27. GP, zu verweisen:  „Der letzte Satz des Abs. 1 zeigt einen besonderen Aspekt der Angemessenheit auf. Angemessenheit liegt aber auch dann nicht vor, wenn eine Bemühung zur Erreichung des angestrebten Ziels, nämlich der Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage, gar nicht geeignet oder nicht adäquat ist.

Bei der Einschätzung der Möglichkeit, insbesondere aber der Zumutbarkeit, werden neben den faktischen Gegebenheiten auch die Aufgaben, Ziele und Grundsätze bedarfsorientierter Mindestsicherung (vgl. 1. Hauptstück) Beachtung zu finden haben.“

 

Diesbezüglich ist zu beurteilen, ob die Bf, die bereits Leistungen für individuelle Unterbringung nach dem Oö. Grundversorgungsgesetz erhalten hat, ein Umzug in eine organisierte Unterbringung, die zum Zeitpunkt der Antragstellung zur Verfügung stand, sowohl möglich als auch zumutbar gewesen wäre.

Diese Frage ist im gegenständlichen Falle zu bejahen, da, wie die belangte Behörde bereits festgestellt hat und unbestritten feststeht, dass die Bf nach ihrer Übersiedlung von W. nach Oberösterreich (L.) eine privat organisierte Wohnung bezogen hat. Die Bf wird durch Geldleistungen aus Mitteln der Grundversorgung vor sozialer Notlage ferngehalten, soweit dies, wie den vorgelegten Kontounterlagen zu entnehmen ist, auf Grund beruflicher Aktivitäten, überhaupt erforderlich ist.

Der Bf wurde darüber hinaus auch ein geeigneter Platz in einer Unterkunft aus der Grundversorgung zur Verfügung gestellt, dieser von ihr aber nicht angenommen.

Die belangte Behörde hat der Bf einerseits das Vorliegen der Voraussetzungen für den Bezug der bedarfsorientierten Mindestsicherung auf Grund des Einkommens bestätigt, gleichzeitig aber richtigerweise auf das nach den Bestimmungen des BMSG anzuwendende Subsidiaritätsprinzip verwiesen, wonach der/die Antragsteller/in bereit sein muss, eine vorliegende soziale Notlage abzuwenden, mildern bzw. zu überwinden.

Die Bf hätte sich unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Oö. BMSG im Sinne der Obliegenheit nach ihren Möglichkeiten zu bemühen, ihre soziale Notlage selbst abzuwenden, zu mildern oder zu überwinden. Fehlt diese Bemühung, so fehlt eine der sachlichen Voraussetzungen für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung.

 

Leistungen gemäß § 3 Oö. GVG können auf unterschiedliche Weise erfolgen, wobei im gegenständlichen Fall unbestritten feststeht, dass eine Zuweisung in eine geeignete Unterkunft angeboten wurde,  der Wohnbedarf somit gedeckt gewesen wäre. Die Grundversorgungsbehörde hat jedoch auch dem Wunsch der Bf nach Auszahlung von Geldleistungen entsprochen und dies auch genehmigt. Dazu ist auch auf die Bestimmung des § 1 Abs. 2 Oö. GVG hinzuweisen, wonach ein Anspruch auf eine bestimmte Firm der Grundversorgung nicht besteht.

 

Wenn die Bf in ihren Schriftsätzen auf die Judikatur verweist, wonach sie als Asylberechtigte ihren Wohnsitz in Österreich frei wählen dürfe, so ist dazu festzustellen, dass dieser, von ihr nicht wörtlich übernommene Ausspruch mit dem gegenständlichen Fall nicht vergleichbar ist. Im zitierten Judikat des LVwG OÖ, LVwG-350118/2/Py, erfolgte diese Feststellung im Zusammenhang mit einer Übersiedlung vom Burgenland nach Oberösterreich samt dem Vorhaben, vom Wohnsitz in Oberösterreich aus mit der Arbeitssuche zu beginnen, betrifft somit nicht, wie hier, ausschließlich die Wahl zwischen zwei Wohnmöglichkeiten z.B. in L.

 

Insgesamt ist somit auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage der Beschwerde der Erfolg zu versagen und der bekämpfte Bescheid zu bestätigen. Die Bf ist nicht bereits auf Grund der Tatsache des Bezuges von Mitteln aus der Grundversorgung  vom Bezug der Mindestsicherung ausgeschlossen. Die Bf hat jedoch keinen Rechtsanspruch auf eine bestimmte Art der Grundversorgung.

Der Bf wäre es vielmehr zumutbar und möglich gewesen, das angebotene und geeignete Quartier zu beziehen und somit selbst die Beseitigung der sozialen Notlage herbeizuführen. Dies nicht zuletzt auch unter Heranziehung des dem BMSG innewohnenden Individualprinzips (§ 2 Abs. 1), wonach bei der Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung auf die besonderen Umstände des Einzelfalles Bedacht zu nehmen ist sowie der oben zitierten Bemühungspflicht.

 

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

II.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Insbesondere weicht die gegenständliche Entscheidung von der als einheitlich zu beurteilen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Reichenberger

 

Beachte:

Das angefochtene Erkenntnis wurde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

VwGH vom 28. Februar 2018, Zl.: Ra 2016/10/0145-9