LVwG-410020/2/WEI/KR

Linz, 25.03.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des X, geb. 1969, X, vertreten durch Dr. X und Dr. X, Rechtsanwälte in X, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 28. November 2013, Zl. S-10053/12, betreffend Abweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist in einer Verwaltungsstrafsache nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:

 

 

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen

und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels, wurde über den Berufungswerber (nunmehr Beschwerdeführer, im Folgenden kurz Bf) als Unternehmer wegen einer am 8. und 9. März 2012 begangenen Verwaltungsübertretung nach dem § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz (konkret: Veranstaltung von verbotenen Ausspielungen mit dem Glücksspielgerät "Music Box Sweat Beat, Nr. TU 11/10-3492," im Lokal "X", X in X) betreffend wiederholt durchgeführte verbotene Glücksspiele eine Verwaltungsstrafe in Höhe von 1.500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 6 Tage) verhängt und die Leistung eines Kostenbeitrags von 150 Euro vorgeschrieben.

 

In der Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides wurde der Bf ausdrücklich auf sein Recht hingewiesen, dass er gegen diesen Bescheid innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung schriftlich oder mündlich bei der belangten Behörde eine Berufung einbringen kann.

 

Gegen diesen dem Bf nachweislich durch persönliche Übernahme am 17. Oktober 2012 (siehe aktenkundigen Postrückschein) zugestellten Bescheid, richtete sich die Berufung vom 2. November 2012, die laut Poststempel am 5. November 2012 der Post (als Zustelldienst) übergeben wurde und am 7. November 2012 bei der belangen Behörde eingelangte. Letzter Tag für eine rechtzeitige Postaufgabe wäre der 31. Oktober 2012 gewesen.

 

Mit dem am 19. März 2013 zugestellten und unbekämpft gebliebenen Beschluss des Oö. Verwaltungssenats vom 12. März 2013, Zl. VwSen-360059/5/WEI/BZ/Ba, wurde die Berufung gegen das Straferkenntnis als verspätet zurückgewiesen. In diesem Verfahren hatten die Rechtsvertreter des Bf im Rahmen des Parteiengehörs zum verspäteten Einbringen des Rechtsmittels dem Oö. Verwaltungssenat mitgeteilt, dass der Rechtsvertretung das Straferkenntnis vom Bf mit dem Hinweis übermittelt worden sei, dass es der Bf am 18. Oktober 2012 mit der Post erhalten hätte. Demnach würde die Rechtsmittelfrist am 2. November 2012 enden, da der 1. November 2012 ein gesetzlicher Feiertag (Allerheiligen) gewesen sei. Zudem sei die Berufung bereits am 2. November 2012 der Post übergeben worden und könne nicht eruiert werden, warum erst danach ein Poststempel angebracht worden sei. Es wurde gleichzeitig ein Antrag nach § 71 AVG bei der Bescheid erlassenden Behörde angekündigt, da erst auf Grund des Schreibens vom 19. Februar 2013 bekannt geworden sei, dass die Berufung offenbar nach Ablauf der Rechtsmittelfrist eingebracht wurde.

 

I.2. Mit dem am 4. März 2013 rechtzeitig zur Post gegebenen Wiedereinsetzungsantrag wird als Grund für die Versäumung der Berufungsfrist von der Rechtsvertretung des Bf die vom Mandanten an die Kanzlei per E-Mail ergangene Mitteilung „Anbei Unterlagen, die wir am Do 18.10.2012 mit der Post erhalten haben“ angegeben. Unter der Annahme dieses Zustelldatums errechne sich unter Berücksichtigung des Feiertags am 1. November das Fristende mit 2. November 2012, an dem die Berufung auch abgefertigt und zur Post gegeben worden sei (Hinweis auf Auszug aus Postaufgabebuch der Kanzlei mit Eintragung 2.11.). Der davon abweichende Postaufgabestempel könne nur so erklärt werden, dass nach Übergabe des Kuverts an den Postmitarbeiter am Schalter des Postamts x die Abfertigung nicht sofort erfolgt sei und daher erst später abgestempelt worden sei. Erstmalige Kenntnis von der Unrichtigkeit der Mitteilung des Mandanten habe man durch das Schreiben des Oö. Verwaltungssenats vom 19. Februar 2013 erhalten.

Unter dem Aspekt eines minderen Grades des Versehens wird vorgebracht, dass dem Mandanten beim Schreiben der E-Mail offenbar ein Tippfehler unterlaufen sei, weshalb als Zustelldatum statt 17.10. der 18.10. mitgeteilt worden sei. Dies habe in der Kanzlei bis zur Mitteilung des Oö. Verwaltungssenats nicht auffallen können.

 

 

II.1. Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 28. November 2013. Zl. S-10053/12, zugestellt. am 2. Dezember 2013, wies die belangte Behörde den Antrag des Bf auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unbegründet ab.

 

Die belangte Behörde schilderte den dargestellten Verfahrensgang und hat zum Thema Postaufgabe durch die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn noch Zeugen im Rechtshilfeweg einvernehmen lassen. Die Rechtsanwaltsangestellte X gab am 12. September 2013 als Zeugin niederschriftlich an, sie wäre am 2. November 2012 zum Postamt (Postfiliale) x, gefahren und hätte dort laut händischer Aufzeichnung (Kopie aus dem Aufgabeheft liegt bei) den Brief zum Versand an die belangte Behörde übergeben. Warum der Brief mit Datum „5.11.2012“ gestempelt wurde, entziehe sich ihrer Kenntnis.

 

Der Leiter des bezeichneten Postamts (Postfiliale) X gab als Zeuge einvernommen am 20. September 2013 an, dass es sich nach dem am Brief angebrachten Postaufgabestempel der Zustellbasis in x um keine Postaufgabe in der bezeichneten Postfiliale gehandelt habe. Der Aufgabestempel der Zustellbasis werde bei Einwurf in einen Postkasten (außer dem direkt an der Postfiliale) oder bei Mitgabe an den Zusteller angebracht. Von der Zustellbasis werden nämlich alle Postkästen außer dem direkt bei der Postfiliale geleert. Dieser werde täglich um 17:00 Uhr und am Samstag bis 11:30 Uhr geleert. Im Hinblick auf den angebrachten Postaufgabestempel der Zustellbasis könnte der Brief auch nicht beim Postkasten direkt an der Postfiliale eingeworfen worden sein.

 

In ihrer Beurteilung stellt die belangte Behörde die erhöhten Sorgfaltspflichten in einer Rechtsanwaltskanzlei im Zusammenhang mit der Berechnung und Vormerkung von Rechtsmittelfristen näher dar. Auf Grund der allgemein nachvollziehbaren Zeugenaussage des zur Wahrheit verpflichteten Filialleiters des Postamtes x, nahm sie es durch den angebrachten Postaufgabestempel als erwiesen an, dass der Brief mit der Berufung nicht bei diesem Postamt übergeben wurde. Die Angaben im Wiedereinsetzungsantrag widersprächen somit den Tatsachen. Der Wiedereinsetzungsantrag sei als unbegründet abzuweisen gewesen.

 

II.2. In der noch rechtzeitig am 16. Dezember 2013 per E-Mail bei der belangten Behörde eingebrachten Berufung vom 16. Dezember 2013 wird das Vorliegen eines minderen Grades des Versehens behauptet.

 

Die belangte Behörde habe das Vorbringen nicht gewürdigt, wonach dem Mandanten offenbar ein Tippfehler im Auftragsschreiben bei der Angabe des Zustelldatums unterlaufen sei. Ein Fall der Hinterlegung habe wegen des Hinweises „mit der Post erhalten“ nicht vorliegen können. Davon ausgehend sei die Berufungsfrist richtig berechnet und durch das lückenlos geführte Postaufgabebuch nachgewiesen worden, dass die Berufung am 2. November 2012 die Kanzlei verließ, um die Postaufgabe durchzuführen.

 

Die Anbringung des Poststempels liege außerhalb des Einflussbereiches des Bf. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Poststempel trotz rechtzeitiger Aufgabe erst später angebracht wurde, wie es vereinzelt vorkomme, wenn ein übergebenes Schriftstück seitens der Post nicht am selben Tag abgefertigt wird. Was tatsächlich geschehen ist, könne nicht mehr nachvollzogen werden, jedoch sei durch das vorgelegte Postaufgabebuch nachgewiesen, dass die Aufgabe zur Post tatsächlich ausgehend vom mitgeteilten Zustelldatum erfolgt sei.

 

Die Berufung sei somit nachweislich am 2. November 2012 der Post übergeben worden. Das Anbringen des Poststempels könne durchaus erst später erfolgt sein. Ein verspätetes Übergeben an die Post sei durch die Aussage der Sekretärin und das vorgelegte Postaufgabebuch ausgeschlossen.

 

 

III.1. Die belangte Behörde legte dem Oö. Verwaltungssenat mit Schreiben vom 17. Dezember 2013, eingelangt am 19. Dezember 2013, die Berufung samt ihrem Bezug habenden Verfahrensakt zur Entscheidung vor.

 

Gemäß Art 151 Abs 51 Z 8 B-VG iVm § 50 Abs 1 Glücksspielgesetz – GSpG, idF BGBl I Nr. 70/2013, ist die Zuständigkeit zur Weiterführung des gegenständlichen Verfahrens auf das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich übergegangen.

 

Gemäß § 3 Abs 1 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz – VwGbk-ÜG, BGBl I Nr. 33/2013 idF BGBl I Nr. 122/2013 gilt eine bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 erhobene zulässige Berufung gegen einen Bescheid, der vor Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen wurde, als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG.

 

Das Verfahren kann gemäß § 3 Abs 7 Z 2 VwGbk-ÜG vom zuständigen Richter des Oö. Landesverwaltungsgerichts weitergeführt werden, weil die Rechtssache schon mit Ablauf des 31. Dezember 2013 zu dessen Zuständigkeit als Mitglied des Oö. Verwaltungssenates gehörte.

 

III.2. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt. Auf Grund der Aktenlage erscheint der wesentliche Sachverhalt an sich geklärt. Strittig sind die genauen Umstände der Postaufgabe bzw Postannahme im Hinblick darauf, dass der Postaufgabestempel mit „5.11.2012“ datiert. Dafür gibt es aber keine weiteren Beweismittel.

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

IV.1. Gemäß § 38 VwGVG hat das Landesverwaltungsgericht die Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 und jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen, die die Behörde in dem vorangegangenen Verfahren anzuwenden hatte, sinngemäß anzuwenden. Nach § 24 VStG gilt das AVG grundsätzlich mit ausdrücklich geregelten Ausnahmen, die gegenständlich nicht zutreffen, auch im Verwaltungsstrafverfahren.

 

Gemäß § 71 Abs 1 AVG (iVm § 24 VStG) ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, zu bewilligen, wenn:

 

1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder

2. die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

 

Nach § 71 Abs 2 AVG muss der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden. Zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist nach § 71 Abs 4 AVG die Behörde berufen, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war oder die die versäumte Verhandlung angeordnet oder die unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt hat. Gemäß § 71 Abs 6 AVG kann die Behörde dem Antrag auf Wiedereinsetzung aufschiebende Wirkung zuerkennen.

 

Ein Ereignis ist unvorhergesehen, wenn es die Partei tatsächlich nicht einberechnet hat und dessen Eintritt sie auch unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwarten konnte (vgl u.a. VwGH 26.8.1998, 96/09/0093; VwGH 1.7.1998, 98/09/0026, 0027; Hauer/Leukauf, Handbuch6, E 18b und E 21 zu § 71 Abs 1 AVG).

 

IV.2. Der Wiedereinsetzungswerber hat alle Wiedereinsetzungsgründe innerhalb der gesetzlichen Frist vorzubringen und glaubhaft zu machen (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, [2004] E 8b u 8d zu § 71 Abs 1 und E 2 zu § 71 Abs 2 AVG). Glaubhaftmachung bedeutet die Richtigkeit einer Tatsache wahrscheinlich machen (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch6, Anm 4 zu § 71 AVG). Dabei ist es Sache des Antragstellers, den Wiedereinsetzungsgrund nicht nur zu behaupten, sondern die Behörde auch davon zu überzeugen, dass seine Behauptungen wahrscheinlich den Tatsachen entsprechen (VwGH 31.1.2001, Zl. 98/18/0225). Die Prüfung des Wiedereinsetzungsantrags hat nur im Rahmen des Vorbringens bzw der Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers zu erfolgen (vgl etwa VwGH 25.2.2003, Zl. 2002/10/0223; VwGH 22.4.1997, Zl. 94/04/0014; VwGH 30.5.1997, Zl. 96/02/0608, 0613).

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl mwN VwGH 28.02.2000, Zlen. 99/17/0317, 0318) bleibt die Partei im Verfahren wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand an den im Antrag vorgebrachten Wiedereinsetzungsgrund gebunden. Eine Auswechslung dieses Wiedereinsetzungsgrundes im Berufungsverfahren oder auch eine andere Deutung des objektiven Erklärungswerts des Wiedereinsetzungsantrags durch die Partei ist rechtlich unzulässig. Dies käme der Stellung eines neuerlichen Wiedereinsetzungsantrags außerhalb der Wiedereinsetzungsfrist gleich, der unbeachtlich wäre (vgl Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 E 8 bis 10 zu § 71 AVG).

 

IV.3. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist das Verschulden des Vertreters der Partei an der Fristversäumung dem Verschulden der Partei selbst gleichzuhalten (vgl etwa VwGH 26.09.1990, Zl. 90/10/0062; VwGH 23.05.2001, Zl. 2001/06/0036). Die Partei bzw ihr Vertreter hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass ein Rechtsmittel innerhalb der gesetzlichen Frist eingebracht wird (vgl VwGH 23.5.2001, Zl. 2001/06/0036).

 

Auch wenn sich die Partei einer dritten Person (zB als Boten) bedient, hat sie der nach der Sachlage zumutbaren und gebotenen Überwachungspflicht nachzukommen (vgl dazu VwGH 22.11.1999, Zl. 94/17/0188; VwGH 30.9.1999, Zl. 99/02/0157 unter Hinweis auf VwGH 28.2.1992, Zl. 91/10/0208 und VwSlg 9706 A/1978). Nach dieser Judikatur muss sich etwa eine Wiedereinsetzungswerberin, die ihren Ehemann beauftragt hat, ein Schriftstück innerhalb der Rechtsmittelfrist zur Post zu bringen, auffallende Sorglosigkeit vorwerfen lassen, wenn sie sich nicht weiter darum kümmert, ob das Schriftstück tatsächlich innerhalb der Frist aufgegeben wurde (vgl VwGH 30.9.1999, Zl. 99/02/0157).

 

Wird einem Dritten ein Straferkenntnis zur Weiterleitung an einen Rechtsanwalt übergeben, so hat der Auftraggeber durch geeignete Nachfrage die Einhaltung der Berufungsfrist sicherzustellen (vgl VwGH 22.11.1999, Zl. 94/17/0188). Ein gewerberechtlicher Geschäftsführer, der seiner Mitarbeiterin aufgetragen hat, für die Übertragung der notwendigen Informationen zur Erhebung einer Berufung gegen ein Straferkenntnis an den Rechtsvertreter zu sorgen, hat sich im Rahmen seiner Überwachungspflicht von der rechtzeitigen Ausführung der übertragenen Aufgabe zu überzeugen, widrigenfalls auffallende Sorglosigkeit vorliegt (vgl VwGH 24.1.1995, Zl. 94/04/0211).

 

Der Verwaltungsgerichtshof betont in seiner Judikatur die Bedeutung der Wahrung von Fristen im Verkehr mit Behörden und legt insofern auch bei rechtsunkundigen Personen einen strengen Sorgfaltsmaßstab an (vgl VwGH 25.7.2003, Zl. 2002/02/0132; VwGH 17.11.1994, Zl. 94/09/0218). Danach kann auch bei einer rechtsunkundigen Person ein Irrtum bei der Eintragung des Fristendes im Kalender nicht als minderer Grad des Versehens gelten, zumal die Vormerkung von Rechtsmittelfristen eine solche Aufmerksamkeit voraussetzt, deren Außerachtlassung bereits ein erhebliches Verschulden bedeutet.

 

Sorglosigkeit im Umgang mit Fristen wird in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs nicht toleriert. In Anbetracht der Bedeutung von Rechtsmittelfristen trifft jede Partei in Bezug auf die Einhaltung eine erhöhe Sorgfaltspflicht (VwGH 19.12.1996, Zl. 95/11/0187). Auch in Bezug auf die richtige Mitteilung des Zustelltages bedarf es besonderer Aufmerksamkeit (VwGH 7.8.2001, Zl. 98/18/0068).

 

IV.4. Im vorliegenden Fall ist dem vorgelegten Auszug aus dem Postaufgabebuch nicht zu entnehmen, wie die Postaufgabe der Berufung konkret (bei welchem Postamt und um welche Uhrzeit) am 2. November 2012 erfolgt sein soll. Der Beweiswert der handschriftlichen Aufzeichnung ist daher eher gering. Ein eindeutiger Nachweis könnte nur durch eine Postaufgabebestätigung bei einer eingeschrieben Sendung erbracht werden, was gegenständlich aber nicht der Fall war. Die vom einvernommenen Filialleiter der Postfiliale erklärte Bedeutung der Anbringung des Stempels der Zustellbasis spricht eher gegen die Darstellung der Berufung, auch wenn es vereinzelt vorkommen kann, dass ein Poststempel trotz rechtzeitiger Aufgabe erst später angebracht wird. Es kann aber letztlich dahingestellt bleiben, ob die Übergabe der Sendung zur Beförderung an die Post mit 2. November 2012 angenommen werden kann oder nicht.

 

Denn das die Säumnis (letzter Tag der Frist war der 31.10.2012) auslösende Ereignis lag bereits in der unrichtigen Bekanntgabe des Zustelldatums in dem per E-Mail vom 22. Oktober 2012 erteilten Auftrag an die Rechtsvertretung. Das aktenkundige E-Mail zum Betreff „Sweat Beat TU 11/10-3492“ lautet:

 

„Sg. Hr. Dr. X.

Anbei Unterlagen, die wir am Do 18.10.2012 mit der Post erhalten haben.

 

mfg

X

 

Fa. X

X

+43XXXXXX“

 

Zunächst ist der Ansicht entgegen zu treten, dass es sich bei dieser Angabe des Zustelldatums um einen (bloßen) Tipp- oder Schreibfehler handeln soll. Abgesehen davon, dass auch solche Fehler in einem so kurzen Text mit der gebotenen Aufmerksamkeit leicht vermeidbar wären, kann bei der gewählten Form „Do 18.10.2012“ nur von einer ganz bewussten Angabe unter Einbeziehung des richtigen Wochentages ausgegangen werden. Der Verfasser des Schreibens war offenbar um eine gewisse Präzision bemüht, ein Flüchtigkeitsfehler erscheint ausgeschlossen.

 

Aus dem zitierten Schreiben geht weiter hervor, dass der Bf das E-Mailschreiben nicht persönlich, sondern durch seine Mitarbeiterin veranlasst hat. Entweder hat er ihr selbst das unrichtige Zustelldatum genannt oder dieser Irrtum ist seiner Mitarbeiterin unterlaufen. In beiden Fällen kann kein minderer Grad des Versehens beim Bf nach dem oben referierten Maßstab in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung angenommen werden.

 

Da ihm die Bedeutung der Richtigkeit des Zustelldatums für die Berechnung der Rechtsmittelfrist bekannt sein musste, war der Bf zu besonderer Sorgfalt verpflichtet. Er hatte persönlich am 17. Oktober 2012 die Übernahme eines Straferkenntnisses durch Unterschrift am Postrückschein bestätigt. Um seiner besonderen Sorgfaltspflicht zu genügen, musste er dieses Datum zur korrekten Weitergabe auch sofort vormerken, um Verwechslungen zuverlässig zu vermeiden. Hat er dies unterlassen, liegt darin kein minderer Grad des Versehens, sondern auffallende Sorglosigkeit im Umgang mit wichtigen behördlichen Schriftstücken.

 

Sollte der Bf das Zustelldatum seiner Mitarbeiterin zur Erteilung des Rechtsmittelauftrags an die Rechtsvertretung korrekt weitergegeben haben, wäre der Bf im Rahmen seiner Überwachungspflicht verhalten gewesen, sich von der ordnungsgemäßen und rechtzeitigen Ausführung der übertragenen Aufgabe durch seine Mitarbeiterin zu überzeugen. Dabei hätte ihm das falsche Zustelldatum bereits durch bloße Rückfrage über die aufgetragene Erledigung, jedenfalls aber durch das Lesen des ohnehin ganz kurzen E-Mailschreibens vom 22. Oktober 2012 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auffallen können und müssen. Eine solche Überprüfung wäre ihm zumutbar und auch ganz leicht möglich gewesen. Der Bf hätte dann in einem Telefongespräch mit seinem Rechtsvertreter den Fehler aufklären und die Einhaltung der Berufungsfrist sicherstellen können.

 

Indem sich der Bf nicht mit der so bedeutsamen Frage des korrekten Zustelldatums im schriftliche Auftrag an die Rechtsvertretung befasst hat und sich daher nicht weiter darum kümmerte, ob sein Rechtsanwalt voraussichtlich eine Berufung rechtzeitig wird einbringen können oder nicht, hat er auffallend sorglos gehandelt.

 


 

Von einem unvorhergesehenen Ereignis, dessen Eintritt die Partei auch unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwarten konnte, kann nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenats keine Rede mehr sein.

 

Im Ergebnis ist daher mit der belangten Behörde davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vorliegen. Es war daher die Berufung bzw Beschwerde gegen den abweisenden Bescheid als unbegründet abzuweisen.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechungdes Verwaltungsgerichtshofs. Diese ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. W e i ß