LVwG-410031/7/WEI/SA

Linz, 24.04.2014

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Wolfgang Weiß aus Anlass der Beschwerde (Berufung) des x, x, vertreten durch Prof. Dr. x, Rechtsanwalt in x, vom 8. Februar 2012 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 1. Februar 2012, Zl. S-58.716/11-2, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach dem § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz gemäß § 31 Abs 1 iVm § 50 VwGVG den

 

B E S C H L U S S

gefasst:

 

 

I.          Es wird festgestellt, dass das angefochtene Straferkenntnis wegen Ablaufs der Entscheidungsfrist über das erhobene Rechtsmittel von Gesetzes wegen außer Kraft getreten ist. Das Verfahren wird daher gemäß § 43 Abs 1 VwGVG als gegenstandslos eingestellt.

 

II.         Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 1. Februar 2012 hatte die Bundespolizeidirektion Linz (nunmehr Landespolizeidirektion Oberösterreich; im Folgenden nur belangte Behörde) den Berufungswerber bzw Beschwerdeführer (im Folgenden nur Bf) wie folgt schuldig erkannt:

 

„Sie haben, wie am 29.11.2011, um 10.20 Uhr in x, im Lokal ‚x‘ von Organen des Finanzamtes Linz anlässlich einer Kontrolle festgestellt worden ist, als das zur Vertretung nach außen berufene Organ der Fa. x AG als Lokalbetreiber und somit als Unternehmer verbotene Ausspielungen zugänglich gemacht, da Sie acht Glücksspielgeräte mit den Gerätebezeichnungen 1) ‚x‘, Seriennummer SN 9070606000748, 2) ‚x‘, Seriennummer SN 9070706000947, 3) ‚x‘, Seriennummer SN 9070706000948, 4) ‚x‘, Seriennummer SN 9070506000443, 5) ‚x‘, Seriennummer SN 9070506000433, 6) ‚x‘, Seriennummer SN 9070606000803, 7) ‚x‘, Seriennummer SN 9070606000838 und 8) ‚x‘, Seriennummer SN 9070606000719,, eingeschaltet und betriebsbereit gehalten haben, bei welchen Glücksspiele in Form von virtuellen Walzenspielen durchgeführt wurden und aufgrund der möglichen Einsätze bis € 6,-- und der in Aussicht gestellten Gewinne in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde, weil die dafür erforderliche Konzession des Bundesministeriums für Finanzen nicht vorlag.“

 

Wegen der so umschriebenen Tat erachtete die belangte Behörde eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs 1 Z 1 drittes Tatbild GSpG als gegeben und verhängte deswegen über den Bf eine Geldstrafe von 8.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 16 Tage).

 

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bf zu Händen seines Rechtsvertreters am 3. Februar 2012 zugestellt wurde, richtet sich die am 8. Februar 2012 rechtzeitig zur Post gegebene Berufung gleichen Datums, die am 9. Februar 2012 bei der Bundespolizeidirektion Linz einlangte. Die Berufung strebt in der Hauptsache die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens, hilfsweise ein Absehen von Strafe oder die Herabsetzung der Strafe an.

 

Die belangte Behörde hatte am 15. Februar 2012 ihren Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

 

 

II. Mit Schreiben vom 16. Juli 2012, zugestellt am 25. Juli 2012, erstattete der Oö. Verwaltungssenat unter Hinweis auf die einschlägige Judikatur des OGH Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft Linz wegen des Verdachts einer strafbaren Handlung gemäß § 168 StGB und übermittelte die Akten der Erstbehörde und des Oö. Verwaltungssenats jeweils im Original.

 

Mit Schreiben vom 5. Februar 2013 urgierte der Oö. Verwaltungssenat eine Mitteilung zum Verfahrensstand und ersuchte um Retournierung der Verwaltungsakten. Daraufhin teilte die Staatsanwaltschaft Linz mit Schreiben vom 22. Februar 2013 mit, dass das Verfahren der Staatsanwaltschaft Wels zu 2 St 122/10a abgetreten worden wäre. Weitere schriftliche Urgenzen vom 9. August 2013 und vom 2. Oktober 2013 und eine telefonische Anfrage vom 2. Dezember 2013 zur Rückstellung der Originalakten blieben vorerst erfolglos. Mit Schreiben vom 13. Jänner 2014 teilte die Staatsanwaltschaft Wels schließlich mit, dass die Verwaltungsakten noch benötigt werden, weil das Ermittlungsverfahren noch nicht abgeschlossen sei.

 

Mit Schreiben vom 28. Jänner 2014, Zl. 2 St 122/10a-1, zugestellt am 4. Februar 2014, teilte die Staatsanwaltschaft Wels die Einstellung des Ermittlungsverfahrens wegen § 168 StGB auf der Grundlage des § 190 Z 2 StPO mit der zusammengefassten Begründung mit, dass ein nicht vorwerfbarer Rechtsirrtum iSd § 9 VStG mit der im Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nicht auszuschließen sei.

 

Zur Rücksendung der seinerzeit im Original übermittelten Verwaltungsakten musste mit weiterem Schreiben vom 13. März 2014 aufgefordert werden. Schließlich langten diese Akten am 3. April 2014 beim Oö. Landesverwaltungsgericht ein.

 

 

III. Gemäß Art 151 Abs 51 Z 8 B-VG (BGBl I Nr. 51/2012) ist die Zuständigkeit zur Weiterführung des gegenständlichen, mit Ablauf des 31. Dezembers 2013 anhängigen Verfahrens auf das Oö. Landesverwaltungsgericht übergegangen.

 

Gemäß § 3 Abs 1 letzter Satz Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz- VwGbk-ÜG (BGBl I Nr. 33/2013 idF BGBl I Nr. 122/2013) gelten zulässige Berufungen als rechtzeitig erhobene Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG. Das Verfahren kann gemäß § 3 Abs 7 Z 1 VwGbk-ÜG vom zuständigen Einzelrichter des Oö. Landesverwaltungsgerichts weitergeführt werden, da dieser der vor dem 31. Dezember 2013 zuständigen Kammer des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich angehört hatte.

 

Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter, soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch einen Senat vorsehen, was im Glücksspielgesetz nicht der Fall ist.

 

Gemäß § 38 VwGVG hat das Landesverwaltungsgericht die Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 mit Ausnahme des 5. Abschnittes des II. Teils und jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen, die die Behörde in dem vorangegangenen Verfahren anzuwenden hatte, sinngemäß anzuwenden.

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

IV.1. Im Berufungsverfahren vor den Oö. Verwaltungssenat war zunächst § 51 Abs 7 VStG in der Fassung der seit dem 1. November 2009 geltenden Kundmachung BGBl I Nr. 142/2008 (Aufhebung einer Wortfolge durch den Verfassungsgerichtshof; vgl VfSlg 18.609/2008) anzuwenden. Diese Fassung des § 51 Abs 7 VStG lautete wie folgt:

 

„Sind in einem Verfahren seit dem Einlangen der Berufung gegen ein Straferkenntnis 15 Monate vergangen, so tritt das Straferkenntnis von Gesetzes wegen außer Kraft; das Verfahren ist einzustellen. Die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist in diese Frist nicht einzurechnen.“

 

Mit Artikel 7 des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetzes 2013, BGBl I Nr. 33/2013, wurde das Verwaltungsstrafgesetz 1991 geändert, wobei uA. eine Änderung des § 51 Abs 7 VStG betreffend die erweiterte Nichteinrechnung von bestimmten Zeiten in die 15-Monatsfrist für Berufungsverfahren mit Ablauf des Kundmachungsmonats und damit am 1. März 2013 in Kraft getreten ist (vgl dazu § 66b Abs 19 Z 2 VStG). In dieser bis 31. Dezember 2013 (vgl § 66b Abs 19 Z 4 VStG) geltenden Fassung lautete § 51 Abs 7 VStG wie folgt:

 

„Sind seit dem Einlangen einer rechtzeitig eingebrachten und zulässigen Berufung des Beschuldigten gegen ein Straferkenntnis 15 Monate vergangen, tritt es von Gesetzes wegen außer Kraft; das Verfahren ist einzustellen. In die Frist werden nicht eingerechnet:

 

1.     die Zeit, während deren wegen der Tat gegen den Täter ein Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft oder beim Gericht anhängig ist;

 

2.     die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Union.“

 

Seit dem 1. Jänner 2014 regelt § 43 Abs 1 VwGVG unter der Überschrift „Verjährung“ der Sache nach analog zu § 51 Abs 7 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 das Außerkrafttreten des Straferkenntnisses durch Nichterledigung der Beschwerde, wenn seit deren Einlangen bei der Behörde 15 Monate vergangen sind. In diese Frist sind nach § 43 Abs 2 VwGVG die Zeiten gemäß § 34 Abs 2 und § 51 VwGVG nicht einzurechnen. Im gegebenen Zusammenhang ist die im § 51 Z 2 VwGVG genannte Zeit der Führung eines Strafverfahrens gegen den Täter wegen der Tat bei Staatsanwaltschaft oder Gericht von Bedeutung. Im Ergebnis gilt nach § 43 VwGVG für den gegenständlichen Fall inhaltlich die Regelung wie nach § 51 Abs 7 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013.

 

IV.2. Zur vergleichbaren Frage der Fristberechnung bei Änderung der Rechtslage betreffend die Nichteinrechnung von gewissen Zeiten während des Laufs der Frist ist auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs VfSlg 11212/1987 zu verweisen, in dem die Verlängerung der Verjährungsfrist des § 31 Abs 3 VStG durch Nichteinrechnung von Zeiten der Anhängigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens als mit Art 7 Abs 1 EMRK vereinbar angesehen wurde. Der Verfassungsgerichtshof hat begründend auf das von ihm näher dargestellte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 23. Mai 1985, Zl. 85/02/0163, hingewiesen und sich dessen Rechtsmeinung angeschlossen. Aus dieser Judikatur geht hervor, dass die nicht einzurechnenden Zeiten ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Gesetzesänderung (damals VStG-Novelle 1984) zu berücksichtigen sind. Dabei war die sog. Übergangszeit, das ist die zwischen dem Inkrafttreten der VStG-Novelle 1984 und der Zustellung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofs liegende Zeit, nicht in die Verjährungsfrist einzurechnen, wodurch deren Ende um diesen Zeitraum hinausgeschoben wird.

 

Im vorliegenden Fall sind seit dem Einlangen der Berufung (nunmehr Beschwerde) bei der belangten Behörde am 9. Februar 2012 bis zum Inkrafttreten der oben zitierten Novelle des § 51 Abs 7 VStG am 1. März 2013 ein Jahr und 19 Tage verstrichen. Seit dem Inkrafttreten dieser Novelle war die Zeit der Anhängigkeit des gegen den Bf wegen der Tat geführten Strafverfahrens bei der Staatsanwaltschaft nicht einzurechnen. Mit dem 31. Dezember 2013 trat § 57 Abs 7 VStG außer Kraft und wurde seit 1. Jänner 2014 durch den § 43 VwGVG mit seiner im Wesentlichen analogen Regelung ersetzt. Von der Einstellung des gegen den Bf geführten Strafverfahrens hat die Staatsanwaltschaft Wels das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Schreiben vom 28. Jänner 2014, Zl. 2 St 122/10a-1, zugestellt am 4. Februar 2014, verständigt. Spätestens mit diesem Zustelldatum kann nicht mehr von einem gegen den Bf geführten Strafverfahren ausgegangen werden, auch wenn die gegenständlichen Verwaltungsakten erst nachträglich am 3. April 2014 beim Oö. Landesverwaltungsgericht einlangten. Seit dem 4. Februar 2014 sind bis dato weitere 2 Monate und 20 Tage verstrichen, was mit der verstrichenen Zeit von einem Jahr und 19 Tagen vor Inkrafttreten des geänderten § 51 Abs 7 VStG in Summe 1 Jahr, 2 Monate und 39 Tage und damit deutlich mehr als 15 Monate ergibt. Das angefochtenen Straferkenntnis ist demnach spätestens am 17. April 2014 von Gesetzes wegen außer Kraft getreten.

 

Da das angefochtene Straferkenntnis wegen Ablaufs der Entscheidungsfrist über das Rechtsmittel von Gesetzes wegen außer Kraft getreten ist, ist das anhängige Beschwerdeverfahren gegenstandslos geworden und war nunmehr gemäß § 43 Abs 1 VwGVG mit Einstellung des Verfahrens vorzugehen.

 

Das Beschwerdeverfahren war als gegenstandslos einzustellen und hatte diese Entscheidung gemäß dem § 31 Abs 1 iVm § 50 VwGVG durch einen Beschluss zu ergehen.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weder ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Schließlich liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,-- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. W e i ß