LVwG-601544/2/SCH/MSt

Linz, 20.09.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter            Dr. Schön über die Beschwerde des Herrn W G, vertreten durch Dr. W und K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18. August 2016, GZ: VerkR96-38702-2015, wegen einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer als Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren den Betrag von 60 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat über Herrn W G mit Straferkenntnis vom 18. August 2016, GZ: VerkR96-38702-2015, wegen einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 eine Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

 

Im Spruch des Straferkenntnisses heißt es:

„Sie wurden mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 07.04.2016, per internationalem Rückschein zugestellt am 18.04.2016, als Zulassungsbesitzer aufgefordert, binnen 2 Wochen ab Zustellung der anfragenden Behörde bekanntzugeben, wer das angeführte Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen x am 26.06.2015 um 13:35 Uhr in Ansfelden auf der A1 bei Strkm 172.020, Richtungsfahrbahn Staatsgrenze Walserberg, gelenkt hat. Mit Schreiben vom 20.04.2016 haben Sie die Auskunft, unter Berufung auf ein Aussageverweigerungs- bzw. Auskunfts-verweigerungsrecht bezüglich derjenigen Person, die das Fahrzeug gelenkt hat, verweigert; andere Erklärungen erfolgten Ihrerseits innerhalb der 2-wöchigen Frist nicht. Sie haben daher der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land die Auskunft gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist erteilt und auch keine andere Person benannt, die die Auskunft erteilen hätte können.

Tatort: Gemeinde Linz, Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, Kärntnerstraße 16 in 4020 Linz

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 103 Abs. 2 Bundesgesetz vom 23. Juni 1967 über das Kraftfahrwesen (Kraftfahrgesetz 1967 - KFG 1967), StF: BGBl. Nr. 267/1967, idF BGBl. I Nr. 40/2016

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist, gemäß

Ersatzfreiheitsstrafe von

300,00 Euro       60 Stunden § 134 Abs. 1 KFG 1967

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

30,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, mindestens jedoch 10,00 Euro (ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100,00 Euro).

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 330,00 Euro.“

 

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde erhoben. Diese ist von der belangten Behörde samt Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt worden.

Dieses hatte gemäß § 2 VwGVG durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter zu entscheiden.

Gemäß § 44 Abs. 3 Z1 und Z3 VwGVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung Abstand genommen werden. Eine Verhandlung ist zudem nicht beantragt worden.

 

3. Eingangs wird, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, auf die Begründung des in Beschwerde gezogenen Straferkenntnisses verwiesen. Die belangte Behörde hat sich hier bemerkenswert ausführlich mit sämtlichen Facetten des Falles auseinandergesetzt.

 

In Ergänzung dazu wird vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich Folgendes angefügt:

Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer Zulassungsbesitzer (Halter) des angefragten PKW ist. Weiters steht außer Zweifel, dass ihm eine Aufforderung zur Bekanntgabe des Lenkers im Sinne des § 103 Abs. 2 KFG 1967 zu einem bestimmten Zeitpunkt zugegangen ist. Ebenso wenig ist strittig, dass er die begehrte Auskunft im Wege seines Rechtsvertreters insofern nicht erteilt hat, als dieser im Schriftsatz vom 20. April 2016 ausführte, er habe bezüglich derjenigen Person, die das Fahrzeug im angeblichen Tatzeitpunkt gelenkt habe, ein Aussageverweigerungs- bzw. ein Auskunftsverweigerungsrecht.

Im Beschwerdeschriftsatz verweist der Rechtsmittelwerber wiederum auf das in Deutschland geltende Verbot des Zwangs zur Selbstbezichtigung, macht einen Ausflug in die Geschichte („Führerwille“), verweist weiters auf die mangelnde Möglichkeit der Vollstreckung einer österreichischen Verwaltungsstrafe in Deutschland, auf den Umstand, dass er sich eines Rechtsanwalts in der Angelegenheit bedient habe, auf dessen Aktivitäten er vertrauen durfte, und behauptet letztlich, dass ihm die Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe nicht nur im Wege des Rechtsanwaltes, sondern auch persönlich zuzustellen gewesen wäre.

 

Dazu ist im Einzelnen Folgendes zu bemerken:

Nicht nur die deutsche, sondern auch die österreichische Rechtsordnung kennt durchaus Aussageverweigerungsrechte, etwa für Beschuldigte in einem Strafverfahren oder bestimmte Zeugen aufgrund ihrer Stellung zu einem Beschuldigten.

Der österreichische Bundesverfassungsgesetzgeber hat allerdings in § 103 Abs. 2 KFG 1967 eine Anordnung aufgenommen, die die Frage allfälliger Entschlagungsrechte klar und deutlich regelt. Dort heißt es:

Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Damit ist eindeutig klargestellt, dass der Zulassungsbesitzer (Halter) bzw. die von ihm namhaft gemachte Auskunftsperson ohne Wenn und Aber gehalten ist, die gewünschte Auskunft zu erteilen. Im Interesse der Sicherheit im Straßenverkehr, aber auch um aus anderen Gründen einen Lenker ausforschen zu können, ist eine solche Bestimmung geboten, als bekanntermaßen Verkehrsdelikte immer wieder begangen werden, ohne dass der Lenker im Zuge einer anschließenden Anhaltung festgestellt wird. Für solche Fälle, etwa Radar- und Lasermessungen, automatische Mautkontrollen oder bei Delikten im ruhenden Verkehr, wo der Lenker im Regelfall nicht beim Fahrzeug anwesend ist, bedarf es einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage, um auch solche Delikte verfolgen zu können.

 

Im Ergebnis bedeutet die oben erwähnte Verfassungsrechtslage, dass die Verweigerung der Auskunft unter Hinweis auf vermeintliche Verweigerungsrechte stets ins Leere gehen muss.

 

4. Bezüglich der aufgeworfenen Frage, inwieweit sich die Behörde als Zustellbevollmächtigter des ausgewiesenen Rechtsanwaltes bedienen darf, wenn sie eine Lenkeranfrage im Sinne der obzitierten Bestimmung zustellen möchte, ist zu bemerken, dass vorliegend der Beschwerdeführer im vorangegangenen Verwaltungsstrafverfahren wegen dem Grunddelikt, einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes, bereits durch seinen Rechtsfreund vertreten war.

Hier sieht die Judikatur vor, dass ein Auskunftspflichtiger, der sich in einem Strafverfahren, das Anlass zu einer Anfrage gegeben hat, durch einen Bevollmächtigten vertreten lässt, damit rechnen muss, dass das Auskunftsverlangen zu Handen dieses Bevollmächtigten ergeht, und für diesen Fall in geeigneter Weise vorzusorgen hat, etwa durch Erteilung einer entsprechenden Information an den Bevollmächtigten, dass die Auskunft rechtzeitig erteilt werden kann (VwGH 23.11.2001, 98/02/0214).

Der belangten Behörde kann daher kein Vorwurf gemacht werden, wenn sie im Sinne dieser Judikatur vorgegangen ist. Eine zusätzliche Zustellung an den Beschwerdeführer selbst war nicht erforderlich.

 

5. Zur Strafbemessung:

Auch in diesem Zusammenhang kann vorweg auf die Ausführungen im Straferkenntnis verwiesen werden, worin sich die belangte Behörde mit der konkreten Strafbemessung ausführlich auseinandersetzt.

Die verhängte Geldstrafe in der Höhe von 300 Euro bewegt sich im unteren Bereich des Strafrahmens des § 134 Abs. 1 KFG 1967, der bis 5.000 Euro reicht.

Der Beschwerdeführer hat nach der Lage des Falles offenkundig ganz bewusst unter Hinweis auf ein vermeintliches Entschlagungsrecht die gewünschte Auskunft nicht erteilt, es muss also von der Schuldform des Vorsatzes ausgegangen werden. In Anbetracht dessen ist es geboten, mit einer entsprechenden Geldstrafe vorzugehen, um ihn künftighin zur Einhaltung der einschlägigen Bestimmung zu bewegen.

Die vom Beschwerdeführer eventualiter zur Einstellung des Verfahrens begehrte Verhängung bloß einer Ermahnung konnte gegenständlich auch nicht Platz greifen, zumal die Voraussetzungen hiefür nicht vorliegen. Weder die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes noch die Intensität seiner Beeinträchtigung und auch nicht das Verschulden des Beschuldigten können im Sinne des § 45 Abs. 1 Z4 VStG als gering angesehen werden. Dazu wird auf die obigen Ausführungen zum Schutzzweck der gegenständlich übertretenen Bestimmung sowie auf jene zum Verschulden des Beschwerdeführers verwiesen.

 

Wenn der Beschwerdeführer bezweifelt, dass eine in Österreich wegen eines Auskunftsverweigerungsdeliktes verhängte Geldstrafe in der Bundesrepublik Deutschland von den dortigen Behörden vollstreckt werden würde (Stichwort: „ordre public“), so ist ihm entgegenzuhalten, dass davon die Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens grundsätzlich nicht abhängig gemacht werden kann.

 

 

Zu II.

Die Entscheidung über den Verfahrenskostenbeitrag ist in den zitierten gesetzlichen Bestimmungen begründet.

 

 

Zu III.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr.  S c h ö n