LVwG-680018/18/ZO/CG

Linz, 29.11.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter          Mag. Zöbl über die Beschwerde des Herrn D P, geb. x vertreten durch H N Rechtsanwälte, B, vom 21.6.2016 wegen der behaupteten Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 25.5.2016 durch dem Bezirkshauptmann des Bezirkes Gmunden zurechenbare Organe

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Der Beschwerdeführer wird verpflichtet, dem Land (Verfahrenspartei Bezirkshauptmannschaft Gmunden) den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 887,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG keine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Zu I.:

1. Der Beschwerdeführer erhob mit Schreiben vom 21.6.2016 eine Maßnahmenbeschwerde wegen der behaupteten Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 25.5.2016. Er sei an diesem Tag dadurch in seinem Recht auf persönliche Freiheit verletzt worden, dass ihm für die Dauer von ca. 1 Stunde durch behördliche Befehlsgewalt das Verlassen der Diensträume der PI Bad Ischl untersagt worden sei. In eventu sei er dadurch in seinen Rechten verletzt worden, dass Beamte der PI Bad Ischl von ihm eine Urinprobe verlangt hätten, dass er zu diesem Zweck so viel Wasser trinken musste, bis er urinieren konnte und ihm das Verlassen der Diensträume für die Dauer von ca. 1 Stunde untersagt und er damit zur Mitwirkung an einer Amtshandlung rechtsgrundlos angehalten worden sei.

 

Dieser Beschwerde wurde zusammengefasst damit begründet, dass der Beschwerdeführer am 25.5.2016 gegen 06:50 Uhr von Beamten der PI Bad Ischl einer Verkehrskontrolle unterzogen worden sei und ihm die Beamten gedroht hätten, den Führerschein und die Kennzeichen abzunehmen, da zu breite Reifen montiert gewesen seien. Die Polizisten hätten verlangt, dass er zur PI Bad Ischl mitkomme, dort sei es zu einer längeren Diskussion gekommen. Der Beschwerdeführer sei unter Zeitdruck gestanden, da er zu seinem Dienst in die Kaserne habe fahren müssen, was die Polizisten aber nicht interessiert habe. Letztlich sei von ihm ein Alkotest verlangt worden, welcher negativ ausgefallen sei. Um ca. 08:00 Uhr habe er die Polizeiinspektion verlassen. Ein Polizist sei ihm

nach draußen nachgelaufen und habe verlangt, dass er nochmals in die PI komme und einen Drogentest machen müsse. Er sei dieser Aufforderung nachgekommen, es sei ihm aber nicht gleich möglich gewesen, zu urinieren. Die Polizei habe ihm daraufhin gesagt, dass er so viel Wasser trinken müsse, bis er urinieren könne. Er habe gefragt, ob er nach draußen gehen dürfe, um eine Zigarette zu rauchen, ein Polizist habe ihm jedoch das Verlassen der Diensträumlichkeiten untersagt und ihm erklärt, er solle in der Zelle rauchen. Nach ca. 1 Stunde, gegen 09:00 Uhr, sei er in der Lage gewesen zu urinieren. Erst danach habe er die Diensträumlichkeiten wieder verlassen dürfen.

 

Mangels gesetzlicher Verpflichtung gehe er davon aus, dass die Polizei sich auf einen freiwilligen Urintest berufe. Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Freiwilligkeit nach § 4 RLV seien nicht vorgelegen.

 

Der Beschwerdeführer sei in seiner persönlichen Freiheit verletzt worden, indem ihm untersagt wurde, ca. 1 Stunde lang die Diensträumlichkeiten der PI zu verlassen und die Zigarette im Haftraum zu rauchen; In eventu dadurch, dass der Beamte der PI Bad Ischl von ihm eine Urinprobe verlangt habe, dass er zu diesem Zweck so viel Wasser trinken musste bis er urinieren konnte.

2. Die belangte Behörde hat zum Beschwerdevorbringen mit Schreiben vom 14.7.2016 wie folgt Stellung genommen:

Der Beschwerdeführer sei am 25.5.2016 aufgrund seiner auffälligen Fahrweise – extrem überhöhte Geschwindigkeit, Missachtung mehrerer Überholverbote bzw. Missachtung der Sperrlinien - zu einer Verkehrskontrolle angehalten worden. Zur Durchführung weiterer Überprüfungen (KFG) sei er aufgefordert worden,  zur  Dienststelle der PI Bad Ischl zu kommen.

Sein Verhalten - sehr große Unruhe sowie stark gerötete Bindehäute - hätten den Verdacht einer Übertretung nach § 5 StVO begründet, weshalb um ca. 07.30 Uhr ein Alkomattest durchgeführt worden sei, welcher negativ verlaufen sei.

 

 

 

Die Polizeibeamten hätten im Gespräch mit der Kollegenschaft erfahren, dass gegen den Beschwerdeführer bereits eine Amtshandlung nach dem SMG durchgeführt worden sei. Aufgrund dieser Hinweise und des Umstandes, dass das Verhalten des Beschwerdeführers auf eine mögliche Beeinträchtigung hingedeutet habe (krass situationsunangepasstes Verhalten sowie große Unruhe und gerötete Augenbindehäute), sei er im Anschluss an den negativen Alkomattest aufgefordert worden, einen „freiwilligen Urintest" abzugeben. Diesen Urintest deshalb, um ihm eine Fahrt zum Amtsarzt zu ersparen, da dies sicher eine längere Dauer der Amtshandlung bewirkt hätte. Die Fahrt nach Gmunden und zurück einschließlich der Untersuchung hätte annähernd zwei Stunden gedauert. Dies sei dem Beschwerdeführer mitgeteilt worden, weshalb er dem freiwilligen Urintest zugestimmt habe.

 

 

 

Anschließend habe der Beschwerdeführer gemeinsam mit einem Polizeibeamten ein Schreiben der Salzburger Landesregierung aus seinem Fahrzeug geholt, dies dürfte um ca. 07:35 Uhr gewesen sein. Die Amtshandlung sei jedoch noch nicht beendet gewesen, da erst noch Rückfragen bei der BH Gmunden und auch mit der Salzburger Landesregierung ausständig gewesen seien, was um ca. 08:15 Uhr erledigt gewesen sei. Es sei nie die Rede davon gewesen, dass die Amtshandlung schon beendet gewesen sei, vor allem deshalb, weil der Verdacht des Suchtmittelmissbrauches noch nicht ausgeschlossen habe werden können.

 

 

 

Der Beschwerdeführer habe keinen Harn abgeben können, weshalb es ihm ermöglicht worden sei, Wasser zu sich zu nehmen, was er auch regelmäßig getan habe. Der Gang vor das Gebäude sei ihm untersagt worden, um ihm keine Möglichkeit der Manipulation des Testes zu geben. Es sei nicht erlaubt, in öffentlichen Gebäuden zu rauchen, dennoch sei es ihm ermöglicht worden, im Verwahrungsraum, in welchem sich auch die Toilette befindet, zu rauchen. Dieser Vorraum verfüge über ein Fenster, wel­ches zu diesem Zweck geöffnet worden sei.

 

Der Beschwerdeführer habe zudem die Möglichkeit gehabt mit seinem Vater zu telefonieren, was er auch ausreichend getan habe. Er habe auch die Möglichkeit gehabt, seinen Vorgesetzten von der Amtshandlung zu informieren. Die Zellentür habe er nur von außen gesehen. Nach Abgabe des Harns und dessen Auswertung habe der Beschwerdeführer die Dienststelle um ca. 09:00 Uhr verlassen können, da die Amtshandlung beendet war.

 

 

 

Die Behörde führte aus, dass eine Festnahme weder ausgesprochen noch angedroht worden sei. Sämtliche Maßnahmen seien erfolgt, um die Amtshandlung so kurz als möglich zu gestalten. Während der Amtshandlung sei das Verbleiben im Gebäude erforderlich gewesen, um von vornherein eine Manipulation des Harntests auszuschließen. Dem Beschwerdeführer sei es jederzeit frei gestanden, den Vorraum der Arrestzelle zu verlassen, wenn er nicht hätte rauchen wollen. Es sei insoweit überhaupt keine Befehls- oder Zwangsmaßnahme vorgelegen. Es sei weder physischer Zwang ausgeübt noch unmittelbar angedroht worden.

 

 

 

Selbst wenn man von der Ausübung von Befehlsgewalt ausgehen würde, sei diese nicht auf die Beschränkung der Bewegungsfreiheit gerichtet gewesen, sondern es sollte dem Beschwerdeführer bloß das Rauchen ermöglicht und eine etwaige Manipulation des Harntests verhindert werden. Dem Beschwerdeführer sei lediglich der Aufenthalt außerhalb des Gebäudes kurzfristig verwehrt worden, was in der konkreten Ausgestaltung keinen Eingriff in seine Bewegungsfreiheit dargestellt habe. Es wurde daher beantragt, die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen, in eventu als unbegründet abzuweisen.

 

 

 

Zu dieser Stellungnahme und den angeschlossenen schriftlichen Ausführungen der beteiligten Polizeibeamten führte der Beschwerdeführer an, dass die Darstellung des Sachverhaltes nicht richtig sei. Es wurde daher eine öffentliche mündliche Verhandlung am 27.9. sowie 10.11.2016 durchgeführt. An dieser haben der Beschwerdeführer und sein Rechtsvertreter sowie ein Vertreter der belangten Behörde teilgenommen. Weiters wurden die Zeugen N P, GI K und GI T zum Sachverhalt einvernommen.

 

 

 

3.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

 

 

Der Beschwerdeführer lenkte seinen PKW auf der B145 in Fahrtrichtung Ischl. Er fiel dabei den beiden Polizeibeamten GI T und GI K auf, wobei diese der Meinung waren, dass er eine überhöhte Geschwindigkeit einhielt und sie trotz Sperrlinie bzw. Sperrfläche überholte. In weiterer Folge bog der Beschwerdeführer wegen des Rotlichtes einer Ampel vor einer Baustelle von der B145 ab und fuhr durch das Ortsgebiet Lauffen, wobei die nachfahrenden Polizeibeamten dabei wiederum eine deutliche Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit wahrnahmen. Sie hielten ihn deshalb zu einer Verkehrskontrolle an, wobei einer der Polizeibeamten Uniform trug und ihm der zweite den  Dienstausweis zeigte. Bei der Lenker- und Fahrzeugkontrolle fielen dem Polizeibeamten Reifen auf, deren Dimension ihrer Ansicht nach nicht genehmigt war. Sie forderten ihn daher auf, ihnen zur Polizeiinspektion Bad Ischl zu folgen, wobei der Beschwerdeführer dieser Aufforderung nachkam. Im Rahmen der weiteren Amtshandlung wurde beim Beschwerdeführer ein Alkotest durchgeführt, welcher ein Ergebnis von 0,00 mg/l ergab. Im Rahmen dieser Amtshandlung wurden auch Telefonate mit der Bezirkshauptmannschaft Gmunden geführt, dies im Wesentlichen zur Abklärung einer von den Polizeibeamten als möglich angesehenen Abnahme der Kennzeichentafeln bzw. allenfalls auch des Führerscheines.

 

 

 

3.2. Bezüglich des Ablaufes der Amtshandlung auf der PI Bad Ischl weichen die Schilderungen der Beteiligten deutlich voneinander ab.

 

 

 

3.2.1. Der Beschwerdeführer führte zusammengefasst aus, dass vorerst die Frage der Bereifung abgeklärt und er in weiterer Folge zu einem Alkotest aufgefordert worden sei. Nach dem Alkotest sei er gegangen und einer der Polizisten habe ihm gesagt, dass die Angelegenheit erledigt sei. Als er bereits außerhalb des Gebäudes gewesen sei, habe der zweite Polizist ihm nachgerufen, dass er nochmals zurückkommen müsse. Er sei deshalb nochmals in die Dienststelle gegangen und dort sei ihm gesagt worden, dass er für einen Drogentest Harn abgeben müsse. Er habe zum Rauchen das Gebäude verlassen wollen, die Polizisten hätten ihm dies aber untersagt und ihm gesagt, dass er in der Zelle rauchen dürfe. Er sei in einen Raum gebracht worden, in dem sich  ein Wasserhahn und eine Toilette sowie eine Pritsche befunden hätten, die Tür in die anderen Räumlichkeiten der Polizeiinspektion sei geschlossen aber nicht versperrt gewesen. Einer der Polizisten habe ihm einen Becher gegeben und ihm gesagt, dass er so viel Wasser trinken solle, bis er Harn abgeben könne. Er habe seinen Vater angerufen und diesem gesagt, dass er eingesperrt sei. Auf Anraten seines Vaters habe er die Polizisten nach der Rechtsgrundlage der Anhaltung bzw. der Harnabgabe gefragt, sein Vater habe daraufhin mit einem Rechtsanwalt telefoniert und von diesem erfahren, dass er gar nicht zu einer Harnabgabe aufgefordert werden dürfe sondern allenfalls nur zum Amtsarzt vorgeführt werden könnte. Er sei dann aus der Zelle hinausgegangen und habe dies den Polizisten gesagt, woraufhin einer der Polizisten geantwortet habe, dass sie dann eben zum Amtsarzt fahren würden. Er wollte jedoch nicht zum Amtsarzt fahren sondern Harn abgeben. Der Harntest sei seiner Meinung nach eindeutig negativ gewesen, einer der Polizisten habe dies jedoch vorerst in Frage gestellt und erst, nachdem er darauf bestanden habe, dann zum Amtsarzt vorgeführt zu werden, habe der Polizist eingeräumt, dass der Test doch negativ sei. Die Polizisten hätten nicht begründet, weshalb er einen Drogentest machen müsse, zwischen der Aufforderung zur Harnabgabe und der tatsächlichen Harnabgabe sei ein Zeitraum von 1 bis 1½ Stunden vergangen.

 

 

 

3.2.2. Der Zeuge P bestätigte die Telefonate mit dem Beschwerdeführer und dass ihm dieser gesagt habe, er sei auch noch zu einem Drogentest aufgefordert worden. Als Rechtsgrundlage für diesen Drogentest sei dem Beschwerdeführer auf dessen Nachfrage von den Polizisten § 5 angegeben worden. Er habe dann den nunmehrigen Rechtsvertreter des Beschwerdeführers angerufen und diesem den Fall geschildert, wobei er erfahren habe, dass der Beschwerdeführer zwar verpflichtet sei, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, nicht aber zur Harnabgabe. Diese Informationen habe er dem Beschwerdeführer weitergegeben.

 

 

 

3.2.3. Der Zeuge GI K gab dazu an, dass auf der Polizeiinspektion vorerst die Bereifung abgeklärt wurde. Der Beschwerdeführer sei zu einem Alkotest aufgefordert worden, welcher negativ verlaufen sei. Aufgrund des auffälligen Verhaltens sei eine Suchtgiftbeeinträchtigung im Raum gestanden. Dieses auffällige Verhalten schilderte der Zeuge damit, dass die Augenbindehäute gerötet gewesen seien und der Beschwerdeführer zittrig und schläfrig gewesen sei. Es sei den Polizisten auch bekannt gewesen, dass im Bekanntenkreis des Beschwerdeführers Suchtmittel (Cannabis) konsumiert wird. Der Beschwerdeführer selbst sei bisher nicht als Suchtmittelkonsument bekannt gewesen. Eine Kollegin habe ihnen gesagt, dass sie relativ kurz vorher mit dem Beschwerdeführer einen freiwilligen Harntest durchgeführt habe, welcher negativ verlaufen sei. Sie hätten den Beschwerdeführer zu einem Urintest aufgefordert, es habe lange gedauert, bis dieser habe Harn abgeben können.

 

 

 

Bei der Aufforderung zum Harntest hätten sie dem Beschwerdeführer gesagt, dass dieser Test freiwillig ist, wenn er ihn nicht macht, sei er zu einer amtsärztlichen Untersuchung verpflichtet, welche aber schätzungsweise mindestens 2 Stunden dauern würde. Der Beschwerdeführer habe dann gesagt, dass er lieber Harn abgeben wolle, allerdings sei ihm dies nicht gleich möglich gewesen. Sie hätten ihm dann Wasser zum Trinken gegeben und ihm auch die Möglichkeit gegeben, im Arrestraum neben der Zelle zu rauchen, weil ansonsten im Dienstgebäude nicht geraucht werden dürfe. Dort sei ein Fenster geöffnet gewesen, der Arrestraum habe sich direkt neben dem Vernehmungsraum befunden, in welchem er gesessen sei, die Tür zwischen den beiden Räumen sei offen gewesen. Das Verlassen des Dienstgebäudes sei dem Beschwerdeführer nicht erlaubt worden, um eine eventuelle Manipulation des Harntests auszuschließen.

 

 

 

Zum Zeitablauf führte dieser Zeuge aus, dass die gesamte Amtshandlung beginnend von der Anhaltung in Lauffen bis zur Beendigung bei der PI Bad Ischl ca. 2 Stunden gedauert haben dürfte. Zum Alkotest sei der Beschwerdeführer von seinem Kollegen aufgefordert worden, der Grund sei das Fahrverhalten gewesen. Die Aufforderung zum Harntest dürfte er gemacht haben, wobei er sich daran nicht konkret erinnern konnte. Zwischen dem Alkotest und der Aufforderung zum Harntest dürfte nur wenig Zeit vergangen sein. Die Aufforderung zum Harntest müsse irgendwann zwischen Alkotest und der Abklärung bzw. dem Telefonat mit der Bezirkshauptmannschaft Gmunden also irgendwann zwischen 07:35 Uhr und 08:15 Uhr erfolgt sein.

 

 

 

Dem Zeugen wurde die Angabe des Beschwerdeführers vorgehalten, wonach diesem nach dem Alkotest gesagt worden sei, dass die Amtshandlung beendet sei und er zu seinem Auto gegangen sei, wobei er vom Polizeibeamten T begleitet worden sei, weil ihm dieser noch Dokumente aushändigen wollte und er dem Beschwerdeführer nachgerufen habe, dass er wegen des Harntests noch einmal in die Dienststelle kommen müsse. Dazu gab der Zeuge an, dass dies möglich sei. Konkret konnte er sich daran nicht mehr erinnern. Zwischen der Aufforderung zur Harnabgabe und der tatsächlichen Harnabgabe sei mindestens eine halbe Stunde vergangen, in dieser Zeit hätte der Beschwerdeführer die Diensträume nicht verlassen dürfen, weil die Amtshandlung noch nicht beendet gewesen sei, dies deshalb, weil der Beschwerdeführer ja einen freiwilligen Harntest hätte machen sollen. Wenn er den nicht gemacht hätte, wäre er zur amtsärztlichen Untersuchung vorgeführt worden.

 

 

 

In seiner schriftlichen Stellungnahme am 5.7.2016 hatte der Beschwerdeführer den Vorfall betreffend die Aufforderung zur Harnabgabe im Wesentlichen gleich geschildert. Im Gespräch mit Kollegen sei bekannt geworden, dass es bereits früher eine Amtshandlung mit dem Beschwerdeführer wegen des Verdachtes einer Übertretung nach dem SMG gegeben habe. Wegen des krass situationsunangepassten Verhaltens sowie der großen Unruhe und der geröteten Augenbindehäute sei eine mögliche Beeinträchtigung durch Suchtmittel im Raum gestanden. Zum freiwilligen Urintest sei er aufgefordert worden, um dem Beschwerdeführer die Fahrt zum Amtsarzt zu ersparen, da dies sicher zu einer längeren Dauer der Amtshandlung geführt hätte. Dem Beschwerdeführer sei es untersagt worden, vor das Gebäude zu gehen, um ihm keine Möglichkeit einer Manipulation des Testes zu ermöglichen. Es sei ihm erlaubt worden, im Verwahrraum, in dem sich die Toilette befindet, zu rauchen.

 

 

 

3.2.4. Der Zeuge GI T schilderte die Amtshandlung betreffend die Aufforderung zur Harnabgabe in der mündlichen Verhandlung zusammengefasst wie folgt:

 

Der Beschwerdeführer sei während der Amtshandlung nervös und auffällig redselig gewesen und habe gerötete Augenbindehäute gehabt. Es sei zuerst ein Alkomattest durchgeführt worden, welcher negativ gewesen sei. Dennoch sei ihm der Beschwerdeführer aufgrund seines Verhaltens nicht „koscher“ erschienen. Im Gespräch mit Kollegen sei auch die Möglichkeit einer Suchtgiftbeeinträchtigung erwähnt worden. Mit dem Beschwerdeführer sei vor einiger Zeit eine entsprechende Kontrolle durchgeführt worden. Er habe den Beschwerdeführer dann zu einem Drogentest aufgefordert, wobei er ihm erklärt habe, dass es diesbezüglich zwei Möglichkeiten gebe. Einerseits die amtsärztliche Untersuchung bei der BH, wobei der Zeitaufwand etwa 2 Stunden betragen würde, andererseits einen „freiwilligen“ Schnelltest. Wenn dieser negativ sei, wäre die Amtshandlung erledigt. Zum Drogentest sei der Beschwerdeführer sowohl von ihm als auch von seinem Kollegen aufgefordert worden. Die Durchführung des Harntests habe dann sein Kollege gemacht, weil er selbst mit Suchtgiftkontrollen keine Erfahrung habe.

 

 

 

Der Beschwerdeführer habe nicht gleich Harn abgeben können, in der Wartezeit seien sie noch einmal zum Auto gegangen, weil der Beschwerdeführer behauptet habe, dort ein Dokument zu haben, wonach die Reifen genehmigt seien. Während der Wartezeit habe der Beschwerdeführer gesagt, dass er rauchen möchte, sie hätten ihm die Möglichkeit gegeben, im Haftraum bzw. im Vorraum zu diesem Haftraum zu rauchen. Dort befindet sich auch ein Fenster. Der Beschwerdeführer habe gesagt, dass er zum Rauchen die Dienststelle verlassen möchte, das hätten sie ihm jedoch nicht erlaubt, um eine mögliche Manipulation des Harntests zu verhindern. Der Vorraum des Haftraumes sei nicht versperrt gewesen, der Beschwerdeführer habe diesen nach dem Beendigen des Rauchens verlassen können. Er selbst habe den Beschwerdeführer jedenfalls schon zum Drogentest aufgefordert, bevor sie zum Auto gegangen sind. Er habe ihm zu diesem Zeitpunkt sicher nicht gesagt, dass die Amtshandlung insgesamt erledigt sei, möglicherweise habe er ihm gesagt, dass die Angelegenheit bezüglich des Alkohols erledigt ist. Es sei möglich, dass die Aufforderung zum Drogentest von seinem Kollegen K zu jenem Zeitpunkt, als er selbst mit dem Beschwerdeführer im Freien bei dessen PKW war, nochmals bzw. auch von diesem zum ersten Mal erfolgt ist. Zum Zeitablauf führte der Zeuge aus, dass zwischen dem Alkotest und der Aufforderung zum Drogentest 10 – 15 Minuten vergangen sein könnten, genau konnte er sich daran aber nicht mehr erinnern. Seiner Erinnerung nach, sei die Aufforderung zum Drogentest jedoch bereits erfolgt, bevor er mit dem Beschwerdeführer zum Auto gegangen ist.

 

 

 

In seiner schriftlichen Stellungnahme am 5.7.2016 hatte dieser Zeuge den Vorfall im Wesentlichen gleichlautend geschildert. Der Beschwerdeführer sei sehr unruhig gewesen und es sei eine starke Bindehautrötung aufgefallen, weshalb er zum Alkomattest aufgefordert worden sei. Dieser sei negativ verlaufen. Im Gespräch mit Kollegen sei auch bekannt geworden, dass es mit dem Beschwerdeführer bereits eine Amtshandlung nach dem SMG gegeben habe. Der Beschwerdeführer sei im Anschluss an den negativen Alkomattest zu einem freiwilligen Urintest aufgefordert worden, weil auch ein Suchtmittelmißbrauch sein Verhalten bzw. seine Bindehäute hätte erklären können. Die Aufforderung zum Urintest sei deshalb erfolgt, um dem Beschwerdeführer die Fahrt zum Amtsarzt zu ersparen, dies sei dem Beschwerdeführer auch erklärt worden, woraufhin dieser dem freiwilligen Urintest zugestimmt habe.

 

 

 

 

 

3.3. Zu diesen unterschiedlichen Angaben wird in freier Beweiswürdigung Folgendes erwogen:

 

Der Beschwerdeführer wurde von Polizeibeamten zu einer Suchtgiftuntersuchung nach den Bestimmungen des § 5 StVO aufgefordert. Aufgrund der diesbezüglich klaren und übereinstimmenden Aussagen beider Polizeibeamten ist als erwiesen anzusehen, dass sie ihn in diesem Zusammenhang auf seine Verpflichtung zur amtsärztlichen Untersuchung sowie den damit verbundenen Zeitaufwand hingewiesen haben. Sie haben ihm jedoch auch die Möglichkeit eingeräumt, anstelle der amtsärztlichen Untersuchung einen Drogenschnelltest seines Harns durchzuführen, wobei bei einem negativen Harntest die amtsärztliche Untersuchung nicht erforderlich wäre. Der Beschwerdeführer behauptet zwar, dass er nur zu einem Harntest aufgefordert worden sei und erst er selbst – nach entsprechender anwaltlicher Beratung – die Polizisten darauf hingewiesen habe, dass sie ihn zu diesem gar nicht verpflichten könnten sondern lediglich zu einer amtsärztlichen Untersuchung. Sowohl aus den schriftlichen Stellungnahmen beider Polizeibeamter als auch aus deren Aussagen in der mündlichen Verhandlung ergibt sich jedoch, dass dem Beschwerdeführer ein „freiwilliger“ Harntest angeboten wurde, um ihm den mit der grundsätzlich vorgesehenen amtsärztlichen Untersuchung verbundenen Zeitaufwand zu ersparen. Aus diesen Stellungnahmen und Aussagen der Beamten ergibt sich, dass ihnen die diesbezügliche Rechtslage des § 5 StVO bekannt ist und es ist kein Grund ersichtlich, weshalb die Beamten bei Kenntnis dieser Rechtslage nur zu einem Harntest und nicht zur amtsärztlichen Untersuchung aufgefordert haben sollten. Die Angaben der Beamten stimmen in diesem Punkt im Wesentlichen überein und sie machten auch insgesamt einen glaubwürdigen Eindruck.

 

 

 

Der Zeitpunkt dieser Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung bzw. „freiwilligen“ Harnabgabe kann nicht mehr genau festgestellt werden. Entsprechend der vom Beschwerdeführer vorgelegten Telefonprotokolle kann dies frühestens kurz nach 07:27 Uhr gewesen sein (zu diesem Zeitpunkt behauptet der Beschwerdeführer, seinen Vater vom angeblichen Ende der Amtshandlung informiert zu haben), spätestens muss diese Aufforderung kurz vor 08:09 Uhr erfolgt sein, weil zu diesem Zeitpunkt der Beschwerdeführer bereits ein SMS mit der Rechtsgrundlage für die Untersuchung an seinen Vater gesendet hat. Auch aus den Angaben der Polizisten lässt sich der Zeitpunkt nicht genauer eingrenzen.

 

 

 

Es ist davon auszugehen, dass die Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung bzw. zur „freiwilligen“ Harnabgabe relativ kurze Zeit nach Durchführung des Alkotests erfolgte. Dies deshalb, weil es naheliegend ist, dass die Polizeibeamten nach Kenntnis des Alkotestergebnisses eine andere Erklärung für das von ihnen geschilderte auffällige Verhalten sowie die geröteten Bindehäute des Beschwerdeführers gesucht haben. Der Zeuge T schildert diesbezüglich glaubwürdig die Gespräche innerhalb der Kollegenschaft und es ist gut nachvollziehbar, dass diese innerhalb der Dienststelle der PI Bad Ischl stattfanden. Es ist auch nachvollziehbar, dass diese Aufforderung von beiden Polizeibeamten – wenn auch zu unterschiedlichen Zeitpunkten und mit einem anderen Wortlaut – ausgesprochen wurde. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Aufforderung durch den Polizeibeamten K erst zu einem Zeitpunkt erfolgte, als sich der Beschwerdeführer gemeinsam mit dem zweiten Polizeibeamten bereits bei seinem Auto befand, kann jedenfalls ausgeschlossen werden, dass dieser zweite Polizeibeamte die Amtshandlung zu diesem Zeitpunkt bereits als erledigt bezeichnet hätte. Der Zeuge hat dies in der Verhandlung glaubwürdig verneint und es würde jeder Lebenserfahrung widersprechen, wenn der Polizeibeamte trotz der von ihm geschilderten auffälligen Symptome des Beschwerdeführers die Amtshandlung für beendet erklärt hätte. Dass die Amtshandlung insgesamt bereits vorher beendet war, wird auch dadurch widerlegt, dass diese Aufforderung jedenfalls vor 08:09 Uhr erfolgt sein musste, während die aus Sicht der Polizeibeamten erforderlichen Abklärungen betreffend eine mögliche Abnahme der Kennzeichentafeln bzw. des Führerscheines erst um ca. 08:15 Uhr abgeschlossen werden konnte.

 

 

 

Die vom Beschwerdeführer vorgelegten „Telefonprotokolle“ können darüber keinen genaueren Aufschluss ergeben, aus diesen ist lediglich ableitbar, dass zwischen 06:59 Uhr und 07:27 Uhr sowie weiters zwischen 08:05 Uhr und 08:44 Uhr regelmäßig ein telefonischer Kontakt zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Vater bestand. Über den Inhalt dieser Gespräche kann den Protokollen nichts entnommen werden. Auch der Zeuge P konnte nicht sicher sagen, ob es sich bereits beim Telefonat um 07:27 Uhr um jenen Anruf seines Sohnes gehandelt hatte, bei welcher dieser angeblich behauptet habe, dass die „Angelegenheit erledigt sei“. Sicher ist hingegen, dass der Zeuge P den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers um 08:10 Uhr angerufen hat und es ist naheliegend, dass er den Rechtsanwalt relativ rasch nach Kenntnis der Aufforderung zum Drogentest informiert hat. Jedenfalls ist kein Grund ersichtlich, dass der Zeuge P diesbezüglich mehr als eine halbe Stunde hätte warten sollen.

 

 

 

Bezüglich der beim Beschwerdeführer von den Polizeibeamten festgestellten Auffälligkeiten haben beide Polizeibeamten übereinstimmend die Rötung der Augenbindehäute angegeben. Das Verhalten wurde vom Zeugen T als nervös und auffällig redselig, vom Zeugen K als zittrig und schläfrig beschrieben. Mit den Wörtern „unruhig“, „zittrig“ und „nervös“ wird im Wesentlichen das gleiche Verhalten beschrieben, soweit die Beschreibung des Verhaltens als „auffällig redselig“ und „schläfrig“ scheinbar voneinander abweichen, ist zu berücksichtigen, dass die gesamte Amtshandlung eine erhebliche Zeit gedauert hat und nicht beide Polizeibeamten die gesamte Zeit  mit dem Beschwerdeführer verbracht haben. Es ist daher durchaus denkbar, dass er zu manchen Zeiten auffällig redselig, zu anderen hingegen schläfrig erschienen ist. Darin ist kein Widerspruch zwischen den Aussagen der Polizeibeamten zu erblicken.

 

 

 

Anzuführen ist in diesem Zusammenhang, dass unmittelbar bei der Amtshandlung keine Protokollierung jener Symptome vorgenommen wurde, aus denen die Polizeibeamten auf eine Suchtgiftbeeinträchtigung geschlossen haben. Eine derartige Protokollierung würde die Glaubwürdigkeit der Polizeiangaben zwar massiv stützen, andererseits kann allein aus dem Fehlen eines Protokolles nicht geschlossen werden, dass die Angaben der Polizisten unglaubwürdig seien. Beide Polizeibeamten machten bei ihrer Einvernahme einen im Wesentlichen glaubwürdigen und seriösen Eindruck und es kann ihnen nicht unterstellt werden, dass sie den Beschwerdeführer zu einer Suchtmitteluntersuchung aufgefordert hätten, wenn sie keinerlei in diese Richtung deutende Symptome wahrgenommen hätten. Dies wäre einerseits grob rechtswidrig und es ist andererseits auch kein Grund ersichtlich, weshalb die Polizeibeamten diese nicht nur für den Beschwerdeführer sondern auch für sie selbst langwierige Amtshandlung durchgeführt haben sollten, wenn sie dazu gar keinen Anlass gehabt hätten.

 

 

 

4. Darüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

 

 

4.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 2 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit.

 

 

 

Gemäß Art. 132 Abs. 2 B-VG kann gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch sie in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

 

 

 

§ 28 Abs. 6 VwGVG lautet:

 

Ist im Verfahren wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen, so hat das Verwaltungsgericht die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären und gegebenenfalls aufzuheben. Dauert die für rechtswidrig erklärte Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt noch an, so hat die belangte Behörde unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Zustand herzustellen.

 

 

 

Gemäß § 5 Abs. 5 StVO sind die Organe der Straßenaufsicht weiters berechtigt, Personen, von denen vermutet werden kann, dass sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden, zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden, bei einer Landespolizeidirektion tätigen, bei einer öffentlichen Krankenanstalt diensthabenden oder im Sinne des § 5a Abs. 4 ausgebildeten und von der Landesregierung hierzu ermächtigten Arzt zu bringen, sofern eine Untersuchung gemäß Abs. 2

 

1.

keinen den gesetzlichen Grenzwert gemäß Abs. 1 erreichenden Alkoholgehalt ergeben hat oder

2.

aus in der Person des Probanden gelegenen Gründen nicht möglich war.

Wer zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem Arzt gebracht wird, hat sich einer Untersuchung durch diesen zu unterziehen; die genannten Ärzte sind verpflichtet, die Untersuchung durchzuführen.

 

 

Gemäß § 5 Abs. 9 StVO gelten die Bestimmungen des Abs. 5 auch für Personen, von denen vermutet werden kann, daß sie sich in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befinden; wer zum Arzt gebracht wird, hat sich der Untersuchung zu unterziehen. Die in Abs. 5 genannten Ärzte sind verpflichtet, die Untersuchung durchzuführen.

 

 

 

§ 5 Abs. 9a StVO lautet:

 

Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, den Speichel von in Abs. 2 und 2b genannten Personen auf das Vorliegen von Suchtgiftspuren zu überprüfen, sofern zwar keine Vermutung im Sinne des Abs. 9 vorliegt, aber vermutet werden kann, dass sie sich nicht in einer solchen körperlichen und geistigen Verfassung befinden oder zum Zeitpunkt des Lenkens befunden haben, in der sie ein Fahrzeug zu beherrschen und die beim Lenken eines Fahrzeuges zu beachtenden Rechtsvorschriften zu befolgen vermögen. Die Überprüfung des Speichels ist mit Speichelvortestgeräten oder -streifen, die das Vorliegen von Suchtgiftspuren im Speichel anzeigen, vorzunehmen. Ergibt die Überprüfung des Speichels das Vorliegen von Suchtgiftspuren oder wird die Überprüfung verweigert, so gilt dies als Vermutung der Beeinträchtigung durch Suchtgift. Diesfalls haben die genannten Organe gemäß Abs. 9 vorzugehen; andernfalls hat ein Vorgehen gemäß Abs. 9 zu unterbleiben.

 

 

 

4.2. Die in der Beschwerde bekämpfte Freiheitsbeschränkung war nicht der eigentliche Zweck der Amtshandlung sondern eine Folge daraus, dass der Beschwerdeführer der an ihn gerichteten Aufforderung zur Harnabgabe nicht sofort nachkommen konnte. Bei dieser Aufforderung zur Harnabgabe handelte es sich um eine von den Polizisten vorgeschlagene und vom Beschwerdeführer akzeptierte Möglichkeit, die zur Abklärung der vermuteten Suchtgift-beeinträchtigung grundsätzlich vorgesehene amtsärztliche Untersuchung (und den damit verbundenen Zeitaufwand) zu vermeiden. Dazu ist vorerst festzuhalten, dass eine Harnanalyse zur Feststellung einer eventuellen Suchtmittelbeeinträchtigung eines Fahrzeuglenkers gesetzlich nicht vorgesehen ist. § 5 Abs. 9a StVO 1960 sieht lediglich einen sogenannten „Speichelvortest“ vor. Dies bedeutet jedoch nicht zwingend, dass jede andere Art eines „Vortestes“ zur Überprüfung einer allfälligen Suchtmittelbeeinträchtigung unzulässig wäre.    

 

 

 

§ 5 Abs. 9 iVm § 5 Abs. 5 StVO sieht vor, dass Personen, von denen vermutet werden kann, dass sie sich in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befinden, zum Zweck der Feststellung der Suchtgiftbeeinträchtigung einer ärztlichen Untersuchung zugeführt werden können. Die Durchführung eines Harntests auf Suchtgiftspuren ist eine Möglichkeit, um die bei den Organen der Straßenaufsicht bestehende Vermutung einer Suchtgiftbeeinträchtigung zu erhärten oder zu entkräften. Die Abgabe einer Harnprobe darf aber von den Polizeibeamten rechtlich nicht erzwungen werden (dass dies faktisch nicht möglich ist, bedarf ohnedies keiner näheren Ausführung). Wenn der Betroffene die Harnabgabe verweigert, so hat dies keine unmittelbaren rechtlichen Konsequenzen für ihn, sondern führt lediglich dazu, dass er – sofern die Vermutung der Suchtgiftbeeinträchtigung aufrecht bleibt – zu einer amtsärztlichen Untersuchung aufgefordert werden kann. Die gegenständliche Amtshandlung war nicht auf die Erzwingung einer Harnabgabe oder eine Freiheitsbeschränkung gerichtet, sie hat nur deshalb eine erhebliche Zeit in Anspruch genommen, weil der Beschwerdeführer nicht sofort Harn abgeben konnte, er war mit der Harnabgabe aber grundsätzlich einverstanden.

 

 

 

Die Rechtmäßigkeit der gegenständlichen Amtshandlung ist daher wesentlich davon abhängig, ob die Polizeibeamten berechtigt waren, den Beschwerdeführer zu einer amtsärztlichen Untersuchung hinsichtlich einer Suchtgiftbeeinträchtigung aufzufordern. Nur dann, wenn diese Aufforderung der Rechtslage entsprochen hat, war auch die Aufforderung zur Harnabgabe als zeitsparende Alternative zur amtsärztlichen Untersuchung zulässig. Die Polizeibeamten sind dann berechtigt, eine Person zur ärztlichen Untersuchung im Hinblick auf eine Suchtgiftbeeinträchtigung aufzufordern, wenn sie aufgrund konkreter Symptome zu Recht vermuten können, dass sich diese Person in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet. Im Gegensatz zu den typischen Alkoholisierungssymptomen sind jene Symptome, welche auf eine Suchtgift-beeinträchtigung hinweisen, nicht so eindeutig. So ist z.B. der typische Geruch nach Cannabis nur kurze Zeit nach dem Rauchen dieser Substanz wahrnehmbar, weshalb aus dem Fehlen dieses Geruches nicht geschlossen werden kann, ob der Betroffene einige Zeit vor Fahrtantritt außerhalb des Fahrzeuges Cannabis geraucht hat. Ein bei Cannabiskonsum häufig auftretender körperlicher Effekt sind jedenfalls gerötete Augen. Die von beiden Polizeibeamten festgestellten geröteten Bindehäute des Beschwerdeführers sind daher ein Hinweis auf eine mögliche Suchtgiftbeeinträchtigung. Dies alleine würde aber nicht ausreichen, um die Vermutung der Suchtgiftbeeinträchtigung im Sinne des § 5 Abs. 9 StVO zu rechtfertigen, weil sie auch zahlreiche andere Ursachen haben kann.

 

 

 

Das Fahrverhalten des Beschwerdeführers, welcher nach der Einschätzung der Polizeibeamten mehrere erhebliche Verkehrsverstöße begangen hat, kann ein Hinweis auf eine Suchtmittelbeeinträchtigung sein, aber auch naheliegend damit erklärt werden, dass es der Beschwerdeführer auf seinem morgendlichen Weg zur Arbeitsstelle eilig hatte. Die von den Polizeibeamten festgestellte Nervosität, Unruhe und das zittrige Verhalten können auf eine Suchtmittelbeeinträchtigung hinweisen, aber auch andere Ursachen haben. Auch die dem Polizeibeamten T aufgefallene Redseligkeit kann auf die Wirkung psychotroper Stoffe zurückgeführt werden, genauso gut aber zahlreiche andere Erklärungen haben.

 

 

 

Insgesamt kommt es darauf an, ob die Summe und Intensität der beim Beschwerdeführer festgestellten körperlichen Symptome und dessen Verhalten eine Suchtgiftbeeinträchtigung objektiv vermuten lassen oder nicht. Wäre nur eine der von den Polizeibeamten dafür als Indiz gewerteten Auffälligkeiten vorgelegen, so wäre nach hs. Ansicht die Vermutung der Suchtgiftbeeinträchtigung jedenfalls nicht gerechtfertigt gewesen. Da jedoch mehrere derartige Auffälligkeiten vorlagen (Fahrverhalten, gerötete Bindehäute, Unruhe und Zittern, Redseligkeit) welche jeweils auf die Wirkung von Suchtgiften hinweisen können, war die Vermutung der Polizeibeamten, dass sich der Beschwerdeführer in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befunden haben könnte, aus hs. Sicht noch gerechtfertigt. Der Umstand, dass der in weiterer Folge durchgeführte Harntest diese Vermutung widerlegt hat, ändert daran nichts, weil es nur darauf ankommt, ob die Einschätzung der Polizeibeamten zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Untersuchung die Vermutung der Suchtgiftbeeinträchtigung rechtfertigte. Darauf, ob diese Einschätzung im Nachhinein durch das Ergebnis des Harntests bestätigt oder widerlegt wird, kommt es hingegen nicht an.

 

 

 

Die Polizeibeamten waren daher gemäß § 5 Abs. 9 iVm § 5 Abs. 5 StVO berechtigt, den Beschwerdeführer zur ärztlichen Untersuchung aufzufordern. Sie haben anstelle dieser zeitaufwändigen Untersuchung die Möglichkeit eingeräumt, die Vermutung der Suchtgiftbeeinträchtigung durch einen Harntest wesentlich schneller und mit weniger Aufwand zu widerlegen. Mit dieser Vorgangsweise war der Beschwerdeführer letztlich auch einverstanden.

 

 

 

Die grundsätzlich gerechtfertigte Amtshandlung war erst mit der Auswertung des vom Beschwerdeführer abgegebenen Harns beendet. In dieser Zeit war die Bewegungsfreiheit des Beschwerdeführers insofern eingeschränkt, als er jenen Bereich, in welchem die Amtshandlung durchgeführt wurde, nicht verlassen durfte. Die Amtshandlung war jedoch zu keinem Zeitpunkt darauf gerichtet, den Beschwerdeführer in seiner persönlichen Freiheit einzuschränken, sondern war diese Einschränkung lediglich eine Folge des Umstandes, dass der Beschwerdeführer an der Amtshandlung (durch Abgabe von Harn) mitwirken musste. Da es grundsätzlich die Möglichkeit gibt, Harnproben zu verfälschen (z.B. durch Abgabe eines anderen am Körper versteckt angebrachten Harns, usw.) und nicht völlig auszuschließen war, dass der Beschwerdeführer entsprechende Geräte in seinem Auto bei sich führte, erscheint es gerechtfertigt, dass die Polizeibeamten dem Beschwerdeführer untersagt haben, die Dienststelle alleine zu verlassen. Es war auch nicht Aufgabe der Polizeibeamten, diesen ins Freie zu begleiten, um ihm das Rauchen zu ermöglichen. Sie haben ihm die Möglichkeit zum Rauchen (sowie auch zum ungestörten Telefonieren) in der Weise ermöglicht, dass sie ihm dafür einen Raum zugewiesen haben, welcher nur in Ausnahmefällen von Parteien betreten wird (nämlich den Vorraum der Arrestzelle) und welcher auch problemlos gelüftet werden konnte. Der Beschwerdeführer war in diesem Raum allerdings nie eingesperrt; er hatte die Möglichkeit diesen jederzeit zu verlassen und sich in den sonstigen Räumlichkeiten, in denen die Amtshandlung durchgeführt wurde, zu bewegen. Die Einschränkung seiner Bewegungsfreiheit während der Dauer der Amtshandlung war daher lediglich eine Folge seiner Mitwirkungsverpflichtung an der Amtshandlung, sie war nie damit motiviert, ihn in seiner Freiheit zu beschränken. Der Umstand, dass ihm das Rauchen nicht in den allgemein zugänglichen Räumlichkeiten der Polizeiinspektion erlaubt wurde, ist in § 13 Abs. 1 TNRSG begründet. Nach dieser Bestimmung gilt nämlich ein generelles Rauchverbot in Räumen öffentlicher Orte.

 

 

 

Schließlich ist noch festzuhalten, dass der Beschwerdeführer jederzeit die Möglichkeit gehabt hätte, die Harnabgabe zu verweigern. In diesem Fall wäre er von den Polizeibeamten zu einer amtsärztlichen Untersuchung hinsichtlich einer allfälligen Suchtgiftbeeinträchtigung aufgefordert worden. Auch diese Untersuchung hätte er verweigern können, was zu einer Anzeige und einem Verwaltungsstrafverfahren, nicht jedoch zu einer Festnahme des Beschwerdeführers geführt hätte. Diese ergibt sich eindeutig aus den Ausführungen des Zeugen T welcher die Frage, ob dem Beschwerdeführer während der Amtshandlung eine Festnahme angedroht worden sei, klar verneint hat. Festzuhalten ist, dass die gesamte Amtshandlung zwar ungewöhnlich lange gedauert hat, jedoch zu keinem Zeitpunkt auf eine Freiheitsbeschränkung des Beschwerdeführers gerichtet war, sondern darauf, eine allfällige Suchtgiftbeeinträchtigung eines Fahrzeuglenkers festzustellen. Da die diesbezügliche Vermutung einer Suchtgiftbeeinträchtigung durch die Polizeibeamten aufgrund der von ihnen wahrgenommenen Symptome noch ausreichend begründet war, war die Amtshandlung im Ergebnis rechtmäßig und lag keine unberechtigte Beschränkung der persönlichen Freiheit des Beschwerdeführers vor. Aus diesem Grund waren die Beschwerde sowie die „Eventualbeschwerden“ abzuweisen.

 

 

 

 

 

 

 

Zu II.:

 

Bei diesem Ergebnis ist die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als obsiegende Partei anzusehen, weshalb sie gemäß § 35 VwGVG Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch den Beschwerdeführer hat. Gemäß § 1 VwG-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 517/2013 beträgt dieser Kostenersatz für die Vorlage der Akten, die Erstattung der Gegenschrift und die Teilnahme an der Verhandlung insgesamt 887,20 Euro.

 

 

 

 

 

Zu III.:

 

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Feststellung einer Suchtgiftbeeinträchtigung sowie zu den für die Vermutung einer solchen Beeinträchtigung erforderlichen Symptomen ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Zöbl

 

Beachte:

Das angefochtene Erkenntnis wurde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

VwGH vom 18. Oktober 2017, Zl.: Ra 2017/02/0041-7

Beachte: Verfassungsgerichtshofbeschwerde anhängig