LVwG-600018/5/Bi/KR

Linz, 20.03.2014

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde des Herrn P W, R, L, vom 7. November 2013 gegen den in Form einer „Ermahnung“ ergangenen Bescheid des Landespolizeidirektors von vom 28. Oktober 2013, Cst-38682/13, wegen Übertretung der StVO 1960, zu Recht  e r k a n n t:

 

 

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, der in Beschwerde gezogene Bescheid aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt.

 

 

II. Gemäß § 52 Abs.8 VwGVG entfällt ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

 

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs.4 VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.6 Z1 B-VG unzulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid wurde dem Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 52a Z2 StVO 1960 iVm § 45 Abs.1 letzter Satz VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung erteilt, weil er am 9. August 2013, 8-40 Uhr in L, F, stadtaus­wärts fahrend das Kraftfahrzeug X gelenkt und das deutlich sichtbar aufgestellte Verbotszeichen „Einfahrt verboten“ nicht beachtet habe.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht „Einspruch“ eingebracht, der seitens der belangten Behörde ohne Berufungsvorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht vorgelegt wurde. Dieser „Einspruch“ ist nunmehr als Beschwerde gemäß § 7 VwGVG iVm Art.130 Abs.1 Z1 B-VG anzusehen, über die gemäß Art.131 B-VG das Landes­verwaltungsgericht OÖ  zu entscheiden hat. Eine (nicht beantragte) mündliche Verhandlung konnte entfallen (§ 44 Abs.2 VwGVG).

 

3. Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, sein Elternhaus befinde sich im F. Nach einer Verordnung aus dem Jahr 2000 sei die Zufahrt für Anrainer gestattet gewesen und ihm sei nicht bekannt gewesen, dass diese geändert worden sei, obwohl er selbst bis vor zwei Jahren dort gewohnt habe. Ihm sei bewusst, dass sich jeder Straßenbenützer laufend von der Verkehrsregelung zu überzeugen habe, aber er sei sich sicher gewesen, dort fahren zu dürfen. Die Änderung der Verordnung sei keinem Anrainer bekannt gewesen. Er habe über die durchgeführten Kontrollen mit anderen Anrainern gesprochen und die Information erhalten, dass es ab August sowieso eine neue Verordnung geben werde wegen der neuen Siedlung in der D. Bei seinem letzten Besuch der Eltern habe er auf der Zusatztafel überdies die Hausnummer angeführt gesehen. Er habe nicht vorsätzlich gehandelt und auch sei kein Schaden entstanden, sodass er die Verfahrenseinstellung beantrage.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie weitere Erhebungen.

Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer am 9. August 2013 um 8.40 Uhr den Pkw X auf Höhe des Hauses F stadtauswärts gelenkt hat und seine Eltern im Haus Nr. X wohnen.

 

Erhoben wurde, dass laut Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 5. September 2000, GZ:101-5/19-330106993, in Abänderung einer Verordnung vom 31. Juli 2000 die damals bestehende Ausnahme vom Einfahrts­verbot für die Zufahrt zu den Häusern F, X, X und X auf die Zufahrt zu den Häusern F, X und X ausgedehnt wurde. Jedoch wurde bereits mit Verordnung vom 21. November 2003 die Ausnahme wieder umgeändert auf: „Zufahrt zu den Häusern F, Radfahrer, land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge, Abschleppfahrzeuge, Linienbusse“, dh seit dieser Zeit war die Hausnummer X nicht mehr enthalten.

 

Dazu befragt, warum die Häuser X, X und  X in der Verordnung vom Jahr 2003 nicht mehr enthalten waren, wurde vonseiten des Magistrats Linz mit Schreiben vom 25. Februar 2014, GZ: 0006453/2014, ausgeführt, mit der Verordnung vom 21. November 2003 sei das neugebaute Objekt F  in die Ausnahmen miteinbezogen worden, das sich wie die Häuser X, X, X und X in der S befinde; um die Häuser nicht aufzählen zu müssen, sei der Begriff F-X gewählt worden. Dabei seien offensichtlich die Häuser X, X und X wieder aus der Ausnahme heraus­gefallen. Da die Polizei bis 2013 nicht gestraft habe, sei dieser Umstand niemandem aufgefallen. Die Bewohner der Häuser X, X und X seien nie befragt oder informiert worden – die StVO sehe keine Parteistellung für einzelne BürgerInnen vor. Von der Südseite her sei die Zufahrt zum Haus X aber immer legal gewesen.

 

Der Anzeiger RI L hat – in einem ähnlich gelagerten Fall zeugenschaftlich einvernommen – am 18. März 2014 vor dem Landesverwaltungsgericht zum ggst Fall befragt ausgeführt, der tatsächliche vom Einfahrtverbot umfasste Bereich sei nur etwa 20 m lang gewesen, der Umweg hätte für den Beschwerde­führer aber sicher 2 km betragen, um vom Norden her zum Haus Nr.X zu gelangen. Da eine Anhaltung nicht erfolgt sei, sei auch nicht festgestellt worden, wohin der Lenker tatsächlich gefahren sei. Insgesamt seien während seiner Überwachungstätigkeit bei 10 Einzelüberwachungen ca 1.700 Anzeigen erfolgt, einmal sogar mit dem Spitzenwert von 323 Anzeigen in einer Stunde. Dass die Zusatztafel realistischer Weise nicht lesbar gewesen sei, habe sich dadurch gezeigt, dass Lenker sogar angehalten hätten, vermutlich um sie lesen zu können. Die Überwachung sei aber immer offen erfolgt, dh die Polizei sei mit dem als solches erkennbaren Streifenfahrzeug sichtbar aus Richtung Norden gesehen links vor der Ein­mündung der Stichstraße zu den Häusern X gestanden. Der Anzeiger hat auch bestätigt, dass lange Zeit dort überhaupt nicht kontrolliert wurde bis zum Jahr 2013.

Er hat die – nunmehr gültige – Verordnung des Bürgermeisters der Landes­hauptstadt Linz vom 30. Juli 2013, GZ: 0006141/2013, vorgelegt, wonach

1) die Verordnung vom 31.7.2000, GZ: 101-5/19-330106993, in der Fassung der Verordnung vom 5.9.2000 und die Verordnung vom 21.11.2003 betreffend Einfahrtverbote am F aufgehoben wird und

2) auf dem Franz laut Beschilderungsplan des Magistrates Linz, Stadtplanung, vom 20.6.2013 ein Einfahrtverbot verordnet wird mit Ausnahme einerseits der Zufahrt zu den Häusern F und Radfahrer- Innen sowie andererseits der Zufahrt zu den Häusern F, X, X, X, X, X, X, X, X und D, RadfahrerInnen, land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge, Abschleppfahrzeuge und Linienbusse.

Der Anzeiger hat außerdem mitgeteilt, dass das Auswechseln der Zusatztafeln laut Bestätigung des Tiefbauamtes erst am 22. August 2013 erfolgt sei und ein weiterer Austausch wegen eines Schreibfehlers nochmals im September 2013.

 

Damit ergibt sich in rechtlicher Hinsicht die Konstellation, dass der Beschwerdeführer, der wegen einer Übertretung am 9. August 2013 angezeigt wurde, an dem die Zusatztafel zur Verordnung vom 21.11.2003 mit dem Wortlaut „ausgenommen Zufahrt zu den Häusern F …“ angebracht war, gerade noch aufgrund der alten Verordnung beanstandet wurde, während die neue Verordnung vom 30. Juli 2013 – aus nicht nachvollziehbaren Gründen – noch nicht kundgemacht war und daher noch nicht in Geltung stand. Damit hat er zwar am 9. August 2013 den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt, wäre aber nach der neuen – zwar existenten aber nicht kundgemachten – Verordnung als unter die Ausnahme „Zufahrt zu den Häusern …. X“ fallend nicht bestraft worden.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Aus den obigen Überlegungen gelangt das Landesverwaltungsgericht zur Überzeugung, dass die Voraussetzungen der Z4 im ggst Fall gegeben sind, wobei aber aufgrund der neuen Verordnung die Fahrt des Beschwerdeführers unter die Ausnahme fallen würde und daher keine spezialpräventiven Überlegungen mehr zu begründen sind, weil er wegen der seit 22. August 2013 für ihn geltenden Ausnahmeregelung von der „Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art“ nicht mehr abgehalten werden muss.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

Zu II:

 

Der Entfall eines Beitrages zum Beschwerdeverfahren gründet sich auf § 52 Abs.8 VwGVG.   

 

 

 

 

 

 

 

 

Zu III:

 

Eine ordentliche Revision des Beschwerdeführers ist auf der Grundlage des §25a Abs.4 VwGG nicht zulässig – gemäß dieser Bestimmung ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art.133 Abs.6 Z1 B-VG) nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungs­strafsache 1. eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und 2. im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde.

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. einer bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs.4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art 133 Abs.6 Z1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde und der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht einzubringen ist.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Bissenberger