LVwG-600025/2/MZ/Bb/SA

Linz, 01.04.2014

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Zeinhofer über die Beschwerde (vormals Berufung) des Dr. X, p. A. Rechtsanwälte Dr. X., Dr. X vom 3. Dezember 2013 gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 11. November 2013, GZ VS-25222/13, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960),

 

zu Recht  e r k a n n t :

 

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das behördliche Straferkenntnis ersatzlos behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 3 VStG iVm § 38 VwGVG eingestellt.

 

II.         Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG entfällt für den Beschwerdeführer die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

a) Die Landespolizeidirektion Oberösterreich (im Folgenden: belangte Behörde) hat Dr. X (dem nunmehrigen Beschwerdeführer) im angefochtenen Straferkenntnis vom 11. November 2013, GZ S-25222/13, die Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs. 1 lit. d  StVO vorgeworfen und über ihn gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von 36 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 18 Stunden, verhängt. Weiters wurde er von der belangten Behörde zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in der Höhe von 10 Euro verpflichtet.

 

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde (auszugsweise Wiedergabe):

„Sie haben am 28.02.2013 um 15:00 Uhr in Linz, Hirschgasse 30 das Kfz, Kz. X im Bereich von weniger als 5 Meter vom nächsten Schnittpunkt einander kreuzender Fahrbahnränder abgestellt.“

 

Begründend stützte die Behörde den Schuldspruch im Wesentlichen auf die dienstliche Wahrnehmung eines Straßenaufsichtsorgans sowie das behördlich durchgeführte Ermittlungsverfahren. Die mit 36 Euro bemessene Geldstrafe wurde unter Hinweis auf § 19 VStG begründet.

 

b) Gegen dieses Straferkenntnis – zugestellt am 21. November 2013 – erhob der Beschwerdeführer innerhalb offener Frist die Berufung vom 3. Dezember 2013, mit der beantragt wird, dem Rechtsmittel Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 VStG einzustellen, in eventu mit einer Ermahnung vorzugehen bzw. die Strafe tat- und schuldangemessen herabzusetzen. 

 

Diese Berufung ist mit Wirksamkeit 1. Jänner 2014 gemäß § 3 Abs.1 letzter Satz VwGbK-ÜG als Beschwerde im Sinne des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG und der Berufungswerber im Sinne des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG als Beschwerdeführer anzusehen.

 

Als Beschwerdegründe werden Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht.

 

Zur näheren Begründung führt der Beschwerdeführer – auf das Wesentliche zusammengefasst - an, dass dem Straferkenntnis nicht zu entnehmen sei, wo der von ihm benützte Pkw tatsächlich abgestellt gewesen sei.

 

Es sei lediglich angegeben worden, dass der tatsächliche Abstellort im Bereich von weniger als fünf Metern vom nächsten Schnittpunkt einander kreuzender Fahrbahnränder gelegen sei, ohne konkreten Hinweis darauf, etwa durch Einzeichnen auf einer Skizze, wo das Fahrzeug tatsächlich abgestellt gewesen sei. Auch die beantragte Vornahme eines Ortsaugenscheines sei unterblieben.

 

Dies gelte in gleicher Weise für die Umstände in Bezug auf die Strafe, da die Behörde angegeben habe, es würden weder mildernde noch erschwerende Umstände vorliegen, was unrichtig sei. Unberücksichtigt sei nämlich seine bislang völlige Unbescholtenheit geblieben und auch der Unrechtsgehalt sei deutlich hinter dem sonst damit verbundenen Unrechts- und Schuldgehalt zurückgeblieben, weshalb der Beschwerdeführer die Auffassung vertritt, dass auch mit einer Ermahnung vorgegangen hätte werden können. Schließlich handle es sich um keine gefährliche Kreuzung und seien andere Verkehrsteilnehmer in keiner Weise beeinträchtigt oder gefährdet worden.

 

Bezüglich seiner persönlichen Verhältnisse erläuterte der Beschwerdeführer, dass er verheiratet und für zwei Töchter sorgepflichtig sei und sein aktuelles Einkommen unter 2.000 Euro liege.

 

Weiters sei nicht nachvollziehbar, warum die Behörde 10 Euro als Verfahrenskostenbeitrag festgesetzt habe; das gelte auch für die Festsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe. Die belangte Behörde habe übersehen, dass zur gegenständlichen Tatzeit die Bestimmungen des VStG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 33/2013 anzuwenden gewesen wären und seien; die erwähnte Gesetzesnovelle sei erst zu einem späteren Zeitpunkt in Kraft getreten.

 

Darüber hinaus wendete der Beschwerdeführer Verfolgungsverjährung gemäß    § 31 Abs. 1 und 2 VStG ein. Die erste Verfolgungshandlung seitens der Behörde gegen ihn sei die Strafverfügung vom 27. August 2013 gewesen. Da aber dieser Tag der letzte Tag der Verfolgungsverjährungsfrist gewesen und ihm die Strafverfügung erst am 2. September 2013 zugstellt worden sei, sei von Verfolgungsverjährung auszugehen, da laut Briefkuvert die Strafverfügung nämlich erst am 30. August 2013 – sohin zu spät - zur Post gegeben worden sei. Gemäß § 1 Abs. 2 VStG sei auch hier die Bestimmung des § 31 VStG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 33/2013 anzuwenden.

 

c) Die Landespolizeidirektion Oberösterreich hat die Berufung (Beschwerde) unter Anschluss des Bezug habenden Verwaltungsstrafaktes ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Damit ergab sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates (seit 1. Jänner 2014 des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich) zur Entscheidungsfindung (Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG iVm § 3 Abs. 7 Z 2 VwGbk-ÜG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 3 Abs. 7 Z 2 VwGbk-ÜG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt.

Gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung angesichts der Tatsache, dass bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, unterbleiben. 

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

a) § 24 Abs. 1 lit. d StVO normiert, dass das Halten und das Parken im Bereich von weniger als 5 m vom nächsten Schnittpunkt einander kreuzender Fahrbahnränder verboten ist.

 

Nach § 99 Abs. 3 lit. a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer unter anderem als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist.

 

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch (eines Straferkenntnisses), wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

 

aa) Dieser letztgenannten Vorschrift ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Beschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen bzw. sich rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Demnach ist die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die vorgeworfene Tat in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale exakt beschrieben wird und die Identität der Tat auch nach Ort und Zeit unverwechselbar feststeht. Dies bedeutet, dass der Tatort ein wesentliches Tatbestandsmerkmal darstellt.

 

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Straferkenntnis sowie überhaupt im gesamten Verfahren als Tatort der gegenständlichen Verwaltungsübertretung die Hirschgasse 30 in Linz bezeichnet. Fraglich ist, ob diese Tatortumschreibung den Anforderungen des § 44a Z 1 VStG (iVm § 38 VwGVG) genügt.

Nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung ist hinsichtlich der im ruhenden Verkehr begangenen Delikte an die Exaktheit der Tatortumschreibung ein verhältnismäßig strenger Maßstab anzulegen (vgl. z. B. VwGH 25. Oktober 1989, 89/03/0015 uvm.). Wesentlich ist nach der Judikatur, dass der Tatort eindeutig und unverwechselbar umschrieben ist.

 

Diese Voraussetzung ist im Anlassfall allerdings nicht erfüllt, da die von der belangten Behörde gewählte Tatortumschreibung mit „Linz, Hirschgasse 30“, unzureichend ist und den gesetzlich geforderten Voraussetzungen des § 44a Z 1 VStG nicht gerecht wird. Die Tatformulierung lässt nämlich für den konkreten Fall keine eindeutige Individualisierung und Konkretisierung des tatsächlichen Abstellortes des verfahrensgegenständlichen Pkws zu, ergeben sich doch im Bereich Hirschgasse 30 – wie aus den vorliegenden Lichtbildern ersichtlich ist - zumindest zwei Möglichkeiten des Abstellens eines Kraftfahrzeuges, und zwar südöstlich bzw. südwestlich des Hauses Hirschgasse 30.  

 

Im Hinblick auf die ständige strenge Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Tatortörtlichkeit aufgrund fehlender zusätzlicher präziser Angaben damit nicht mit einer solchen Genauigkeit beschrieben, dass der Tatort unverwechselbar bestimmbar und der Beschwerdeführer nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt wäre.

 

Eine Korrektur des Spruches in Form einer Tatortergänzung war dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich aufgrund der Tatsache, dass mittlerweile Verfolgungsverjährung im Sinne des § 31 VStG eingetreten ist, verwehrt.

 

b) Gemäß § 45 Abs. 1 Z 3 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

 

bb) Infolge des Eintrittes des Verfolgungshindernisses der Verjährung gemäß     § 31 VStG war –  ohne auf die konkreten Beschwerdevorbringen näher eingehen zu müssen – das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren aus formellen Erwägungen gemäß § 45 Abs. 1 Z 3 VStG (iVm § 38 VwGVG) einzustellen.

 

 

Zu II.:

Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG die Verpflichtung des Beschwerdeführers zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Zu III.:

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Für den Beschwerdeführer ist die Möglichkeit zur Revisionserhebung gemäß       § 25a Abs. 4 VwGG ex lege ausgeschlossen.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

 

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde/der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

Dr. Markus  Z e i n h o f e r