LVwG-301109/15/KLi

Linz, 11.11.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Lidauer über die Beschwerde vom 19. Mai 2016 der S S, geb. X, p.A. X GmbH, X, X, D, vertreten durch die X Rechtsanwälte GmbH, Straße, R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 26. April 2016,GZ: SanRB96-81-2015, wegen Übertretung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

 

zu Recht erkannt:

 

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde im Hinblick auf die Spruchpunkte 1 und 5 Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

Die Beschwerdeführerin hat weder einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor der belangten Behörde noch zum Beschwerde­verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu leisten.

 

 

II.      Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde im Hinblick auf die Spruchpunkte 2, 3 und 4 insofern Folge gegeben, als gemäß § 20 VStG die Geldstrafen auf jeweils 500 Euro, insgesamt 1.500 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf 33 Stunden, insgesamt
99 Stunden herabgesetzt werden.

Darüber hinaus wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde reduziert sich auf jeweils 50 Euro, insgesamt 150 Euro; im Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Ober­österreich fallen keine Kosten an.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde vom
26. April 2016, GZ: SanRB96-81-2015, wurden der Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) Übertretungen des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes wie folgt vorgeworfen:

 

„1) Sie haben es in Ihrer Eigenschaft als zur Vertretung nach § 9 VStG nach außen Berufene der X GmbH mit Sitz in X, X, zu verantworten, dass Organe der Finanzpolizei als Organ der Abgabenbehörde bei den erforderlichen Erhebungen in X, X am 04.11.2015 09:30 die Unterlagen zur Überprüfung des Arbeitnehmer nicht bereitgestellt werden konnten, obwohl Arbeitgeber/innen jene Unterlagen, die zur Überprüfung des dem/der entsandten (überlassenen) Arbeitnehmer/in für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts erforderlich sind (Lohnunterlagen), in deutscher Sprache für die Dauer der Beschäftigung der Arbeitnehmer/innen am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten haben. Arbeitnehmer: F B Geb: X,

Staatsangehörigkeit: D Tätigkeit: Kirchenrestaurierung Arbeitsantritt: 29.06.2015

Tatort: K, X, X.

Tatzeit: 04.11.2015, 09:30 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 7i Abs. 4 Ziffer 1 i.V.m. § 7d Abs. 1 AVRAG

 

2) Sie haben es in Ihrer Eigenschaft als zur Vertretung nach § 9 VStG nach außen Berufene der X GmbH mit Sitz in X, X, zu verantworten, dass Organe der Finanzpolizei als Organ der Abgabenbehörde bei den erforderlichen Erhebungen in X, X am 04.11.2015 09:30 die Unterlagen zur Überprüfung des Arbeitnehmer nicht bereitgestellt werden konnten, obwohl Arbeitgeber/innen jene Unterlagen, die zur Überprüfung des dem/der entsandten (überlassenen) Arbeitnehmer/in für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts erforderlich sind (Lohnunterlagen), in deutscher Sprache für die Dauer der Beschäftigung der Arbeitnehmer/innen am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten haben. Arbeitnehmer: J H Geb: X Staatsangehörigkeit: D Tätigkeit: Kirchenrestaurierung Arbeitsantritt: 26.10.2015

Tatort: K, X, X

Tatzeit: 04.11.2015, 09:30 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

 § 7i Abs. 4 Ziffer 1 i.V.m. § 7d Abs. 1 AVRAG

 

3) Sie haben es in Ihrer Eigenschaft als zur Vertretung nach § 9 VStG nach außen Berufene der X GmbH mit Sitz in X, X, zu verantworten, dass Organe der Finanzpolizei als Organ der Abgabenbehörde bei den erforderlichen Erhebungen in X, X am 04.11.2015 09:30 die Unterlagen zur Überprüfung des Arbeitnehmer nicht bereitgestellt werden konnten, obwohl Arbeitgeber/innen jene Unterlagen, die zur Überprüfung des dem/der entsandten (überlassenen) Arbeitnehmer/in für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts erforderlich sind (Lohnunterlagen), in deutscher Sprache für die Dauer der Beschäftigung der Arbeitnehmer/innen am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten haben. Arbeitnehmer: O K Geb: X Staatsangehörigkeit: U Tätigkeit: Kirchenrestaurierung Arbeitsantritt: 01.09.2015

Tatort: K, X, X.

Tatzeit: 04.11.2015, 09:30 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§7i Abs. 4 Ziffer 1 i.V.m. §7d Abs. 1 AVRAG

 

4) Sie haben es in Ihrer Eigenschaft als zur Vertretung nach § 9 VStG nach außen Berufene der X GmbH mit Sitz in X, X, zu verantworten, dass Organe der Finanzpolizei als Organ der Abgabenbehörde bei den erforderlichen Erhebungen in X, X am 04.11.2015 09:30 die Unterlagen zur Überprüfung des Arbeitnehmer nicht bereitgestellt werden konnten, obwohl Arbeitgeber/innen jene Unterlagen, die zur Überprüfung des dem/der entsandten (überlassenen) Arbeitnehmer/in für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts erforderlich sind (Lohnunterlagen), in deutscher Sprache für die Dauer der Beschäftigung der Arbeitnehmer/innen am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten haben. Arbeitnehmer: M K Geb: X Staatsangehörigkeit: D Tätigkeit: Kirchenrestaurierung Arbeitsantritt: 13.07.2015

Tatort: K,. X, X.

Tatzeit: 04.11.2015, 09:30 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften) verletzt:

§ 7i Abs. 4 Ziffer 1 i.V.m. § 7d Abs. 1 AVRAG

 

5) Sie haben es in Ihrer Eigenschaft als zur Vertretung nach § 9 VStG nach außen Berufene der X GmbH mit Sitz in X, X, zu verantworten, dass Organe der Finanzpolizei als Organ der Abgabenbehörde bei den erforderlichen Erhebungen in X, X am 04.11.2015 09:30 die Unterlagen zur Überprüfung des Arbeitnehmer/in nicht bereitgestellt werden konnten, obwohl Arbeitgeber/innen jene Unterlagen, die zur Überprüfung des dem/der entsandten (überlassenen) Arbeitnehmer/in für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts erforderlich sind (Lohnunterlagen), in deutscher Sprache für die Dauer der Beschäftigung der Arbeitnehmer/innen am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten haben. Arbeitnehmer: R S Geb: X Staatsangehörigkeit: D Tätigkeit: Kirchenrestaurierung Arbeitsantritt: 06.07.2015

Tatort: K, X, X.

Tatzeit: 04.11.2015, 09:30 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften) verletzt:

§ 7i Abs. 4 Ziffer 1 i.V.m. § 7d Abs. 1 AVRAG“

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurden über die Bf Geldstrafen von jeweils 2.000 Euro, insgesamt 10.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 132 Stunden, insgesamt 660 Stunden, gemäß
§ 7i Abs. 4 AVRAG verhängt. Ferner wurde die Bf verpflichtet, einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens von 1.000 Euro zu zahlen.

 

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass aufgrund des Strafantrages der Finanzpolizei Team 44 eine Aufforderung zur Rechtfertigung an die Bf ergangen sei. Aufgrund des Strafantrages der Finanzpolizei stehe fest, dass am 4.11.2015 um 9.45 Uhr durch Organe der Finanzpolizei eine Kontrolle gemäß AuslBG, AVRAG und § 89 Abs. 3 EStG auf der Baustelle „Kirche“, K, durchgeführt worden sei. Bei dieser Kontrolle seien drei Arbeiter der Fa. X GmbH, X, X, D, bei Restaurierungsarbeiten/Pause angetroffen worden, nämlich O K, M K und J H. Zwei weitere Arbeiter der oben genannten Firma, die auch schon auf der Baustelle „Kirche“, K, gearbeitet hätten, seien durch die Bf nachträglich bekanntgegeben worden, nämlich R S und F B. Die Lohnunterlagen der Arbeitnehmer seien nicht am Arbeits- oder Einsatzort aufgelegen bzw. hätten auch nicht vorgelegt werden können.

 

Unter Wiedergabe der gesetzlichen Bestimmungen werde in rechtlicher Hinsicht ausgeführt, dass die dargelegten Tatvorwürfe in der Sache unbestritten geblieben seien und diese aufgrund des vorliegenden Erhebungsergebnisses objektiv erwiesen seien.

 

Im Hinblick auf die Strafzumessung sei § 19 VStG zugrunde zu legen. Nach der Rechtsprechung des VwGH entschuldige gemäß § 5 Abs. 2 VStG die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwider gehandelt habe, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet sei und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen habe können. Die Unkenntnis des Gesetzes müsse somit unverschuldet sein. Daraus abgeleitet treffe die Bf zumindest der Verschuldensgrad der Fahrlässigkeit auf der subjektiven Tatseite und habe sie die vorliegenden Verwaltungsüber­tretungen zu verantworten.

 

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten seien bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Es käme der Bf der allgemeine Milderungsgrund der verwaltungsstraf­rechtlichen Unbescholtenheit (in Österreich) zugute. Erschwerungsgründe seien im Verfahren nicht hervorgekommen. Die verhängten Strafen, im weitgehend untersten möglichen Bereich, seien dem Unrechtsgehalt der Taten sowie den Einkommens- und Vermögensverhältnissen angepasst und würden diese als ausreichend erachtet, um die Bf von der Begehung weiterer einschlägiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten und sie im Hinblick auf die künftige Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen des AVRAG – insbesondere auch zur Verbesserung der betriebsinternen Administration – zu sensibilisieren.

 

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Beschwerde vom 19. Mai 2016, mit welcher die Bf das Straferkenntnis dem gesamten Inhalt nach anficht. Als Beschwerdegründe werden inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie mangelhafte Strafzumessung geltend gemacht.

 

Zusammengefasst bringt die Bf vor, dass wegen des gegenständlichen Vorfalles noch drei weitere Verwaltungsstrafverfahren zu den GZ: SanRB96-80-2015, SanRB96-77-2015 und SanRB96-82-2015 anhängig seien. Gemäß dem gegenständlichen Straferkenntnis sei über die Bf wegen Nichtbereitstellens von Lohnunterlagen gemäß den §§ 7i Abs. 4 Z 1 iVm 7d Abs. 1 AVRAG eine Verwaltungsstrafe von gesamt 10.000 Euro – 2.000 Euro pro Arbeitnehmer – verhängt worden. Der Bf komme der allgemeine Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit (in Österreich) zugute. Erschwerungsgründe seien nicht hervorgekommen.

 

Wie bereits in der Rechtfertigung vom 28.1.2016 ausgeführt, habe die Bf zum ersten Mal Arbeitnehmer nach Österreich bzw. in das EU-Ausland entsandt. Bei diesem Unternehmen handle es sich um ein klassisches Familienunternehmen, welches vom Vater der Bf als vormals alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer Ende des Jahres 2014 an seine Tochter und Bf übergeben worden sei. Die Bf sei nunmehr Alleingesellschafterin und -geschäftsführerin.

 

Die Bf sei sich der diesbezüglichen Verpflichtungen nach der österreichischen Rechtslage, insbesondere nach dem AVRAG, nicht bewusst gewesen. Klar sei ihr, dass dies keinen Rechtfertigungsgrund darstelle und sie sich über die maßgebenden Rechtsvorschriften vorab informieren hätte müssen.

 

Die Einschreiterin sei bisher, wie von der belangten Behörde richtig festgestellt, verwaltungsstrafrechtlich – weder in Österreich noch in Deutschland – in Erscheinung getreten. Als weiterer Milderungsgrund sei ihr darüber hinaus anzurechnen, das sie maßgeblich zur Aufklärung des Sachverhaltes beigetragen habe, indem sie der Finanzpolizei von sich aus noch zwei weitere Arbeitnehmer genannt habe, welche ebenfalls mit Kirchenrestaurierungsarbeiten in der besagten Pfarrkirche in Kollerschlag beschäftigt gewesen seien. Die Bf sei weiters bemüht gewesen, einen dem AVRAG entsprechenden Rechtszustand herzustellen, indem sie zumindest einen Teil der Lohnunterlagen, nämlich die Lohn-/Gehaltsabrechnungen unverzüglich nach Aufforderung durch die Finanzpolizei  nachgeholt und in der Folge rechtzeitig an diese übermittelt habe. Die nur teilweise Nachreichung der Lohnunterlagen beruhe auf einem Versehen bzw. einer falschen Auslegung des Begriffes der „Lohnunterlagen“ seitens der Bf. Die unvollständige Nachreichung der Lohnunterlagen habe keinesfalls den Hintergrund, Unterentlohnungen oder dergleichen zu „verschleiern“ oder die Kontrollbefugnisse der Finanzpolizei „zu vereiteln“ oder „zu erschweren“. Es könne davon ausgegangen werden, dass davon auch die Finanzpolizei ausgehe, da bis dato noch nicht einmal eine Anzeige wegen des Verdachtes einer Übertretung des § 7i Abs. 5 AVRAG erfolgt sei.

 

Die belangte Behörde sei in ihrem Straferkenntnis nicht darauf eingegangen, aus welchen Gründen mit einer Ermahnung gemäß § 45 Abs. 1 VStG oder einem Vorgehen nach § 20 VStG bei Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe nicht das Auslangen gefunden werden hätte können.

 

Wie sich aus den obigen Ausführungen ergebe, sei von einem bloß geringen Verschulden der Einschreiterin auszugehen – sie habe sich in fahrlässiger Unkenntnis der Gesetzesbestimmungen befunden und diese nicht „vorsätzlich ignoriert“. Gegenständlich hätte daher mit einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden können. Eine solche hätte ausgerecht um die Bf für künftig auf die Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen des AVRAG und insbesondere auch zur Verbesserung der diesbezüglichen betriebsinternen Administration zu sensibilisieren. Insbesondere sei die Einschreiterin nunmehr von ihrem Rechtsvertreter über die sie nach dem AVRAG betreffenden Verpflichtungen aufgeklärt worden.

 

In eventu sei jedenfalls von einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungs­gründe über die Erschwerungsgründe auszugehen, sodass die in den von der belangten Behörde herangezogenen Straftatbeständen vorgesehene Mindest­strafe aus den oben angeführten Gründen bis zur Hälfte unterschritten werden hätte können.

 

Die Bf stelle daher den Antrag, das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich wolle 1. eine mündliche Verhandlung anberaumen, in der Sache selbst erkennen, der Beschwerde Folge geben und das angefochtenen Straferkenntnis ersatzlos aufheben; 2. in eventu das angefochtenen Straferkenntnis aufheben und die Verwaltungsstrafsache zur Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurückverweisen; 3. in eventu die Einschreiterin gemäß § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG ermahnen; 4. in eventu die vom AVRAG vorgesehenen Mindeststrafen gemäß § 20 VStG wegen Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe um die Hälfte unterschreiten; 5. in eventu die zu verhängende Verwaltungsstrafe jedenfalls lediglich im untersten Bereich festsetzen.

 

I.3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich beraumte daraufhin für den 10. Oktober 2016 eine öffentliche mündliche Verhandlung an, zu welcher sowohl die Bf und der Bf-Vertreter als auch die belangte Behörde und das Finanzamt geladen wurden. Die belangte Behörde war für ihre Abwesenheit entschuldigt. Mit dem Bf-Vertreter und dem Vertreter des Finanzamtes wurde die Sach- und Rechtslage umfassend erörtert.

 

Ferner wurden die Arbeitnehmer M K und J H als Zeugen vernommen. Auf die Vernehmung der übrigen Arbeitnehmer, F B, R S und O K wurde allseits verzichtet.

II. Nachfolgender Sachverhalt steht fest:

 

II.1. Das Unternehmen der Bf, X GmbH hat seinen Sitz in D, X, X. Unternehmens­gegenstand ist die Restaurierung von Kirchen.

 

Bei diesem Unternehmen handelt es sich ursprünglich um das Unternehmen des Vaters der Bf, der Gesellschafter und Geschäftsführer dieser GmbH war. Ende 2014 übergab er sein Unternehmen an seine Tochter, die Bf. Die Bf ist seither Alleingesellschafterin und Alleingeschäftsführerin des Unternehmens.

 

Bei dem verfahrensgegenständlichen Auftrag in Österreich handelte es sich für die Bf um die erste Entsendung von Arbeitnehmern nach Österreich bzw. überhaupt in das EU-Ausland. Der Bf waren aufgrund mangelnder Information die Bestimmungen nach dem AVRAG nicht bekannt.

 

Die Bf ist sowohl in Österreich als auch in Deutschland unbescholten und liegen keine Übertretungen nach dem AVRAG oder anderen arbeitsrechtlichen Bestimmungen vor.

 

Sie ist sorgepflichtig für ein Kind im Alter von 10 Jahren. Für die Schaffung eines Eigenheimes hat sie Kreditraten iHv 500 Euro monatlich zu bezahlen. Die Bf verfügt über kein wesentliches Vermögen.

 

II.2. Am 4.11.2015 um 9.30 Uhr fand in der Gemeinde K, X, im Bereich der dortigen Pfarrkirche eine Kontrolle der Finanzpolizei statt. Im Zuge dieser Kontrolle wurde das Unternehmen der Bf u.a. im Hinblick auf die Bestimmungen des AVRAG und des AuslBG kontrolliert.

 

II.3. Im Zuge dieser Kontrolle wurden drei Arbeitnehmer der Bf angetroffen. Es handelte sich um die Arbeitnehmer J H, O K und M K. Darüber hinaus gab die Bf nachträglich und freiwillig zwei weitere Arbeitnehmer bekannt, die ebenfalls im Zuge der Kirchensanierung tätig waren, nämlich F B und R S. Hätte die Bf diese beiden Arbeitnehmer nicht aus eigenem Antrieb namhaft gemacht, wäre nicht festgestellt worden, dass auch sie auf der Baustelle tätig waren.

 

F B war von 29.6.2015 bis 15.10.2015 auf der Baustelle tätig.

R S war von 6.7.2015 bis 15.10.2015 auf der Baustelle tätig.

J H war von 26.10.2015 bis 18.12.2015 auf der Baustelle tätig.

O K war von 1.9.2015 bis 6.11.2015 auf der Baustelle tätig.

M K war von 13.7.2015 bis 18.12.2015 auf der Baustelle tätig.

 

II.4. Für die drei im Kontrollzeitpunkt angetroffenen Arbeiter ‒ J H, M K und O K – waren im Zeitpunkt der Kontrolle keine Lohnunterlagen auf der Baustelle vorhanden. Im Zuge der Kontrolle war nicht bekannt, dass vormals noch zwei weitere Arbeitnehmer – die von der Bf nachträglich genannten Arbeiter, F B und R S – auf der Baustelle gearbeitet haben bzw. dorthin entsendet waren; demnach lagen auch für diese beiden Arbeitnehmer keine Lohnunterlagen vor.

 

Inwiefern allenfalls nur für die drei angetroffenen Arbeiter oder andernfalls auch für die beiden weiteren Arbeiter Lohnunterlagen vorhanden sein mussten, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung.

 

Hinsichtlich der beiden namhaft gemachten Arbeiter, F B und R S, endete die Entsendung am 15.10.2015, also schon vor der Kontrolle am 4.11.2015. Hinsichtlich O K endete die Entsendung am 6.11.2015, im Hinblick auf M K und J H endete die Entsendung am 18.12.2015. Für diese drei Arbeitnehmer war daher die Entsendung im Zeitpunkt der Kontrolle aufrecht.

 

II.5. Die Frage, inwiefern eine Herabsetzung der Strafe bzw. eine Ermahnung in Betracht kommt, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung.

 

 

III. Beweiswürdigung

 

III.1. Die Feststellungen zum Unternehmen der Bf ergeben sich aus dem Akteninhalt sowie den Erhebungen der Finanzpolizei.

 

Ferner wurde in der Verhandlung vor dem erkennenden Gericht die Bf befragt. Insofern steht fest, dass sie das Familienunternehmen ihres Vaters von diesem Ende des Jahres 2014 übernommen hat.

 

Die Bf hat auch glaubwürdig geschildert, dass es sich bei dem vorliegenden Verfahrensgegenstand um die erstmalige Entsendung von Arbeitnehmern nach Österreich bzw. in das EU-Ausland handelte. Ebenso gestand die Bf zu, dass ihr die Bestimmungen des AVRAG nicht bekannt waren und führte dazu aus, davon ausgegangen zu sein, dass besondere gesetzliche Bestimmungen nicht bestehen würden, zumal sowohl Deutschland als auch Österreich Mitglied der Europäischen Union seien. Sie habe insofern nicht in der Absicht gehandelt, gegen gesetzliche Bestimmungen zu verstoßen. Die Bf zeigte sich auch dahingehend einsichtig, dass sie sich im Vorfeld der Entsendung über die geltenden Bestimmungen informieren hätte müssen.

 

Darüber hinaus ergeben sich die persönlichen Verhältnisse der Bf bereits aus ihrer Rechtfertigung vor der belangten Behörde.

 

III.2. Die Feststellungen zur Kontrolle der Finanzpolizei am 4.11.2015 ergeben sich unstrittig aus dem Akteninhalt. Ebenso unstrittig ist, dass im Zuge der Kontrolle lediglich drei (und nicht fünf) Arbeitnehmer der Bf angetroffen wurden. Die weiteren beiden Arbeitnehmer wurden nur deshalb verfahrensgegenständlich, weil die Bf diese freiwillig nachträglich bekannt gegeben hat. Ohne diese Eigeninitiative der Bf wäre wohl nicht bekannt geworden, dass auch diese beiden weiteren Arbeitnehmer auf der Baustelle tätig waren. Das Strafverfahren gegen die Bf wäre dann von vorn herein nur wegen drei Arbeitnehmern geführt worden.

 

III.3. Dass die Lohnunterlagen hinsichtlich aller fünf Arbeitnehmer nicht auf der Baustelle vorgewiesen werden konnten, ist unbestritten. Strittig ist allerdings die (Rechts-)frage, ob nur für drei Arbeitnehmer oder für alle fünf Arbeitnehmer Lohnunterlagen auf der Baustelle vorhanden sein mussten.

 

III.4. Die Fragen der Strafzumessung und die Würdigung der Erschwerungs- und Milderungsgründe sowie der persönlichen Verhältnisse sind Fragen der rechtlichen Beurteilung.

 

 

IV. Rechtslage:

 

§ 7b. (1) Ein/e Arbeitnehmer/in, der/die von einem/einer Arbeitgeber/in mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europä­ischen Wirtschaftsraumes als Österreich zur Erbringung einer Arbeitsleistung nach Österreich entsandt wird, hat unbeschadet des auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Rechts für die Dauer der Entsendung zwingend Anspruch auf

1.

zumindest jenes gesetzliche, durch Verordnung festgelegte oder kollektiv­vertragliche Entgelt, das am Arbeitsort vergleichbaren Arbeitnehmern/Arbeit­nehmerinnen von vergleichbaren Arbeitgebern/Arbeitgeberinnen gebührt (aus­genommen Beiträge nach § 6 BMSVG und Beiträge oder Prämien nach dem BPG);

2.

bezahlten Urlaub nach § 2 Urlaubsgesetz, sofern das Urlaubsausmaß nach den Rechtsvorschriften des Heimatstaates geringer ist; nach Beendigung der Ent­sendung behält dieser/diese Arbeitnehmer/in den der Dauer der Entsendung entsprechenden aliquoten Teil der Differenz zwischen dem nach österreichi­schem Recht höheren Urlaubsanspruch und dem Urlaubsanspruch, der ihm/ihr nach den Rechtsvorschriften des Heimatstaates zusteht; ausgenommen von dieser Urlaubsregelung sind Arbeitnehmer/innen, für die die Urlaubsregelung des BUAG gilt;

3.

die Einhaltung der kollektivvertraglich festgelegten Arbeitszeitregelungen;

4.

die Bereithaltung der Aufzeichnung im Sinne der Richtlinie des Rates über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen (91/533/EWG) in Österreich durch den Arbeitgeber oder den mit der Ausübung des Weisungsrechts des Arbeitgebers gegenüber den entsandten Arbeitneh­mern Beauftragten.

Ein/e Beschäftiger/in mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes als Österreich gilt hinsichtlich der an ihn/sie überlassenen Arbeitskräfte, die zu einer Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, in Bezug auf die Abs. 3 bis 5 und 8, § 7d Abs. 1, § 7f Abs. 1 Z 3 sowie § 7i Abs. 1 und Abs. 4 Z 1 als Arbeitgeber/in. Sieht das nach Abs. 1 Z 1 anzuwendende Gesetz, der Kollektivvertrag oder die Verordnung Sonderzahlungen vor, hat der/die Arbeitgeber/in diese dem/der Arbeitnehmer/in aliquot für die jeweilige Lohnzahlungsperiode zusätzlich zum laufenden Entgelt (Fälligkeit) zu leisten.

[...]

(3) Arbeitgeber/innen im Sinne des Abs. 1 haben die Beschäftigung von Arbeitnehmer/innen, die zur Erbringung einer Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, spätestens eine Woche vor der jeweiligen Arbeitsaufnahme der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungs­gesetz des Bundesministeriums für Finanzen zu melden und dem/der im Abs. 1 Z 4 bezeichneten Beauftragten, sofern nur ein/e Arbeitnehmer/in entsandt wird, diesem/dieser, die Meldung in Abschrift auszuhändigen oder in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen. Die Meldung hat ausschließlich automationsunter­stützt über die elektronischen Formulare des Bundesministeriums für Finanzen zu erfolgen. In Katastrophenfällen, bei unaufschiebbaren Arbeiten und bei kurzfristig zu erledigenden Aufträgen ist die Meldung unverzüglich vor Arbeitsaufnahme zu erstatten. Die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäf­tigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen hat die Meldung an den zuständigen Krankenversicherungsträger (§§ 26 und 30 ASVG), und sofern es sich um Bautätigkeiten handelt, der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse elektronisch zu übermitteln.

[...]

(5) Arbeitgeber/innen im Sinne des Abs. 1 haben, sofern für den/die ent­sandten Arbeitnehmer/innen in Österreich keine Sozialversicherungspflicht be­steht, Unterlagen über die Anmeldung des Arbeitnehmers oder der Arbeitneh­merin zur Sozialversicherung (Sozialversicherungsdokument E 101 nach der Ver­ordnung (EWG) Nr. 1408/71, Sozialversicherungsdokument A 1 nach der Verord­nung (EG) Nr. 883/04) sowie eine Abschrift der Meldung gemäß den Abs. 3 und 4 am Arbeits(Einsatz)ort im Inland bereitzuhalten oder diese den Organen der Abgabebehörden oder der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse unmittel­bar vor Ort in elektronischer Form zugänglich zu machen. Sofern für die Beschäf­tigung der entsandten Arbeitnehmer/innen im Sitzstaat des/der Arbeitgebers/Ar­beitgeberin eine behördliche Genehmigung erforderlich ist, ist auch die Genehmi­gung bereitzuhalten. Bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Ein­satz)orten sind die erforderlichen Unterlagen am ersten Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten oder in elektronischer Form zugänglich zu machen. Ist die Bereit­haltung oder Zugänglichmachung der Unterlagen am Arbeits(Einsatz)ort nicht zumutbar, sind die Unterlagen jedenfalls im Inland bereitzuhalten und der Abgabenbehörde auf Verlangen nachweislich zu übermitteln, wobei die Unter­lagen bis einschließlich des der Aufforderung zweitfolgenden Werktags abzusen­den sind. Für die Übermittlung gebührt kein Ersatz der Aufwendungen.

[...]

(8) Wer als Arbeitgeber/in im Sinne des Abs. 1

1.

die Meldung oder die Meldung über nachträgliche Änderungen bei den Anga­ben (Änderungsmeldung) entgegen Abs. 3 nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig erstattet oder

2.

in der Meldung oder Änderungsmeldung nach Abs. 3 wissentlich unrichtige An­gaben erstattet oder

3.

die erforderlichen Unterlagen entgegen Abs. 5 nicht bereithält oder den Orga­nen der Abgabebehörden oder der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungs­kasse vor Ort nicht unmittelbar zugänglich macht oder

4.

die erforderlichen Unterlagen entgegen Abs. 5 oder § 7h Abs. 2 nicht über­mittelt,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jede/n Arbeitnehmer/in mit Geldstrafe von 500 Euro bis 5 000 Euro, im Wiederholungsfall von 1 000 Euro bis 10 000 Euro zu bestrafen. Bei grenzüber­schreitender Entsendung gilt die Verwaltungsübertretung als in dem Sprengel der Bezirksverwaltungsbehörde begangen, in dem der Arbeits(Einsatz)ort der nach Österreich entsandten Arbeitnehmer/innen liegt, bei wechselnden Arbeits(Ein­satz)orten am Ort der Kontrolle.

(9) Die Abs. 1 bis 8 gelten auch für Arbeitnehmer/innen, die von einem/einer Arbeitgeber/in mit Sitz in der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Erbringung einer Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden.

 

§ 7d. (1) Arbeitgeber/innen im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 und 9 haben während des Zeitraums der Entsendung insgesamt (§ 7b Abs. 4 Z 6) den Arbeitsvertrag oder Dienstzettel (§ 7b Abs. 1 Z 4), Lohnzettel, Lohn­zahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege, Lohnaufzeichnungen, Arbeits­zeitaufzeichnungen und Unterlagen betreffend die Lohneinstufung zur Überprü­fung des dem/der entsandten Arbeitnehmers/in für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts in deutscher Sprache am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten, auch wenn die Beschäftigung des/der einzelnen Arbeitnehmers/in in Österreich früher geendet hat. Bei inner­halb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten sind die Lohnunter­lagen am ersten Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten. Ist die Bereithaltung der Unterlagen am Arbeits(Einsatz)ort nicht zumutbar, sind die Unterlagen jedenfalls im Inland bereitzuhalten und der Abgabenbehörde auf Aufforderung nachweislich zu übermitteln, wobei die Unterlagen bis zum Ablauf des der Aufforderung zweit­folgenden Werktags abzusenden sind. Für die Übermittlung gebührt kein Ersatz der Aufwendungen.

[...]

 

§ 7f. (1) Die Organe der Abgabenbehörden sind berechtigt, das Bereithalten der Unterlagen nach §§ 7b Abs. 5 und 7d zu überwachen sowie die zur Kontrolle des dem/der nicht dem ASVG unterliegenden Arbeitnehmer/in unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien zustehenden Entgelts im Sinne des § 7i Abs. 5 erforderlichen Erhebungen durchzuführen und

1.

die Betriebsstätten, Betriebsräume und auswärtigen Arbeitsstätten oder Arbeitsstellen sowie die Aufenthaltsräume der Arbeitnehmer/innen ungehindert zu betreten und Wege zu befahren, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist,

2.

von den dort angetroffenen Personen Auskünfte über alle für die Erhebung nach Abs. 1 maßgebenden Tatsachen zu verlangen, wenn Grund zur Annahme besteht, dass es sich bei diesen Personen um Arbeitgeber/innen oder um Arbeitnehmer/innen handelt, sowie

3.

in die zur Erhebung erforderlichen Unterlagen (§§ 7b Abs. 5 und 7d) Einsicht zu nehmen, Abschriften dieser Unterlagen anzufertigen und die Übermittlung von Unterlagen zu fordern, wobei die Unterlagen bis zum Ablauf des der Aufforderung zweitfolgenden Werktags abzusenden sind. Erfolgt bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten die Kontrolle nicht am ersten Arbeits(Einsatz)ort, sind die Unterlagen der Abgabenbehörde nachweis­lich zu übermitteln, wobei die Unterlagen bis zum Ablauf des der Aufforderung zweitfolgenden Werktags abzusenden sind. Für die Übermittlung gebührt kein Ersatz der Aufwendungen.

(2) Die Organe der Abgabenbehörden haben die Ergebnisse der Erhebungen nach Abs. 1 dem Kompetenzzentrum LSDB zu übermitteln und auf Ersuchen des Kompetenzzentrums LSDB konkret zu bezeichnende weitere Erhebungen zu übermittelten Erhebungsergebnissen oder Erhebungen auf Grund von begrün­deten Mitteilungen durch Dritte durchzuführen.

 

§ 7i. (1) Wer die erforderlichen Unterlagen entgegen § 7d Abs. 1 oder § 7f Abs. 1 Z 3 nicht übermittelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jede/n Arbeitnehmer/in mit Geldstrafe von 500 Euro bis 5 000 Euro, im Wiederholungsfall von 1 000 Euro bis 10 000 Euro zu bestrafen. Ebenso ist zu bestrafen, wer entgegen § 7g Abs. 2 oder § 7h Abs. 2 die Unterlagen nicht übermittelt.

(2) Wer entgegen § 7f Abs. 1 den Zutritt zu den Betriebsstätten, Betriebs­räumen und auswärtigen Arbeitsstätten oder Arbeitsstellen sowie den Aufent­haltsräumen der Arbeitnehmer/innen und das damit verbundene Befahren von Wegen oder die Erteilung von Auskünften verweigert oder die Kontrolle sonst er­schwert oder behindert, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Wiederholungsfall von 2 000 Euro bis 20 000 Euro zu bestrafen.

(2a) Wer die Einsichtnahme in die Unterlagen nach den §§ 7b Abs. 5 und 7d verweigert, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist für jede/n Arbeitneh­mer/in von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Wiederholungsfall von 2 000 Euro bis 20 000 Euro zu bestra­fen.

(3) Ebenso ist nach Abs. 2a zu bestrafen, wer als Arbeitgeber/in entgegen § 7g Abs. 2 die Einsichtnahme in die Unterlagen verweigert.

(4) Wer als

1.

Arbeitgeber/in im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 und 9 entgegen § 7d die Lohnunterlagen nicht bereithält, oder

2.

Überlasser/in im Falle einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung nach Österreich entgegen § 7d Abs. 2 die Lohnunterlagen dem/der Beschäf­tiger/in nicht nachweislich bereitstellt, oder

3.

Beschäftiger/in im Falle einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung entgegen § 7d Abs. 2 die Lohnunterlagen nicht bereithält

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jede/n Arbeitnehmer/in mit einer Geldstrafe von 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Wiederholungsfall von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, sind mehr als drei Arbeit­nehmer/innen betroffen, für jede/n Arbeitnehmer/in von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, im Wiederholungsfall von 4 000 Euro bis 50 000 Euro zu bestrafen.

(5) Wer als Arbeitgeber/in einen/e Arbeitnehmer/in beschäftigt oder beschäf­tigt hat, ohne ihm/ihr zumindest das nach Gesetz, Verordnung oder Kollektiv­vertrag zustehende Entgelt unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien, ausgenommen die in § 49 Abs. 3 ASVG angeführten Entgeltbestandteile, zu leis­ten, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungs­behörde mit einer Geldstrafe zu bestrafen. Bei Unterentlohnungen, die durch­gehend mehrere Lohnzahlungszeiträume umfassen, liegt eine einzige Verwal­tungsübertretung vor. Auf Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag beruhende Überzahlungen bei den nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag gebühren­den Entgeltbestandteilen sind auf allfällige Unterentlohnungen im jeweiligen Lohnzahlungszeitraum anzurechnen. Hinsichtlich von Sonderzahlungen für die in § 7g Abs. 1 Z 1 und 2 genannten Arbeitnehmer/innen liegt eine Verwaltungs­übertretung nach dem ersten Satz nur dann vor, wenn der/die Arbeitgeber/in die Sonderzahlungen nicht oder nicht vollständig bis spätestens 31. Dezember des jeweiligen Kalenderjahres leistet. Sind von der Unterentlohnung höchstens drei Arbeitnehmer/innen betroffen, beträgt die Geldstrafe für jede/n Arbeitnehmer/in 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Wiederholungsfall 2 000 Euro bis 20 000 Euro, sind mehr als drei Arbeitnehmer/innen betroffen, für jede/n Arbeitnehmer/in 2 000 Euro bis 20 000 Euro, im Wiederholungsfall 4 000 Euro bis 50 000 Euro.

[...]

 

 

V. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat hiezu erwogen:

 

V.1. Zu den Spruchpunkten 1 und 5:

 

Gemäß § 7d Abs. 1 AVRAG sind Lohnunterlagen für die entsendeten Arbeit­nehmer während des Zeitraums der Entsendung insgesamt bereitzuhalten. Diese Lohnunterlagen sind auch dann bereitzuhalten, wenn die Beschäftigung einzelner Arbeitnehmer in Österreich früher geendet hat.

 

Ausgehend von dieser Gesetzeslage könnte man zunächst – so wie die belangte Behörde – zu dem Ergebnis gelangen, das für alle fünf – somit auch für die beiden nachträglich von der Bf namhaft gemachten Arbeitnehmer – Lohnunterlagen auf der genannten Baustelle bereitgehalten werden hätten müssen. Man könnte nämlich davon ausgehen, dass die Entsendung insgesamt erst am 18.12.2015 – nämlich mit den letzten beiden Arbeitnehmern, M K und J H, geendet hat und daher bis zum 18.12.2015 für alle fünf Arbeitnehmer Lohnunterlagen auf der Baustelle bereitgehalten werden hätten müssen.

 

Tatsächlich hat das Beweisverfahren allerdings ergeben, dass im Hinblick auf die beiden Arbeitnehmer, F B und R S, nicht nur die Beschäftigung sondern auch die Entsendung am 15.10.2015 geendet hat.

 

Nach dem § 7d Abs. 1 AVRAG ist insofern zwischen dem Ende der Beschäftigung und dem Ende der Entsendung zu unterscheiden. Nachdem sich nunmehr ergeben hat, dass im Hinblick auf die beiden Arbeitnehmer, F B und R S, sowohl die Beschäftigung als auch die Entsendung am 15.10.2015 endeten, mussten Lohnunterlagen nur bis zu diesem Zeitpunkt auf der Baustelle vorliegen.

 

Im Hinblick auf diese beiden Arbeitnehmer hat sich im Beweisverfahren ergeben, dass diese die Baustelle am 15.10.2015 endgültig verlassen haben und nicht etwa zu einem späteren Zeitpunkt wieder dorthin zurückgekehrt sind, um weitere Arbeiten zu verrichten. Vielmehr wurden diese beiden Arbeiter nach dem 15.10.2015 auf anderen Baustellen (in Deutschland) eingesetzt.

 

Dementsprechend bestand keine Verpflichtung mehr, auch deren Lohnunterlagen noch auf der Baustelle bereitzuhalten.  

 

V.2. Zu den Spruchpunkten 2, 3 und 4:

 

V.2.1. Nachdem sich die Bf zu dem gegen sie erhobenen Tatvorwurf geständig verantwortet hat, sind im Hinblick auf die Strafhöhe die Milderungs- und Erschwerungsgründe gegeneinander abzuwägen bzw. sind die Voraussetzungen für das Vorgehen mittels Ermahnung oder außerordentlicher Strafmilderung zu prüfen.

 

V.2.2. Bei der Strafbemessung handelt es sich laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 28.11.1966, 1846/65) innerhalb des gesetzli­chen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Demgemäß obliegt es der Behörde in der Begrün­dung ihres Bescheides die für die Ermessensausübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfung des Ermessensaktes auf eine Überein­stimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (VwSlg. 8134 A/1971).

 

V.2.3. Gemäß § 38 VwGVG iVm § 19 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe, die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.

 

Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

V.2.4. Zunächst ist festzuhalten, dass sich die Bf zu den gegen sie erhobenen Tatvorwürfen (reumütig) geständig verantwortet. Die Bf ist unbescholten. Die Bf erfüllt daher den Milderungsgrund gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 StGB, nachdem sie bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt hat. Die Bf hat kurz vor dem nunmehrigen Tatvorwurf das Unternehmen ihres Vaters übernommen; es handelte sich für die Bf um ihren ersten Auftrag in Österreich bzw. überhaupt um ihren ersten grenzüberschreitenden Auftrag. Ebenso ist der Milderungsgrund des § 34 Abs. 1 Z 17 StGB, das Vorliegen eines Geständnisses, erfüllt.

 

Die Bf hat sich auch darum bemüht, die von ihr begangene Verwaltungs­übertretung dahingehend wieder gut zu machen, als sie die fehlenden Lohnunterlagen – zumindest teilweise – nachgereicht hat. Aus den im Akt befindlichen Unterlagen ergibt sich, dass eine Unterentlohnung der entsendeten Arbeitnehmer nicht vorlag. Der Schutzzweck der übertretenen Norm wurde insofern nicht beeinträchtigt. Die Vorgehensweise der Bf kommt insofern dem Milderungsgrund des § 34 Abs. 1 Z 15 StGB – der Schadensgutmachung – gleich.

 

Letztendlich haben sich aus den persönlichen Verhältnissen der Bf keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass eine Wiederholungsgefahr bestehen könnte und daher aus spezialpräventiven Gründen jedenfalls die Verhängung einer Strafe erforderlich wäre.

 

Dem gegenüber konnten keine Erschwerungsgründe festgestellt werden. Den fehlenden Erschwerungsgründen stehen drei Milderungsgründe gegenüber. Auch aus den gesamten Umständen des Sachverhaltes ergibt sich darüber hinaus, dass das Verschulden der Bf als im unteren Bereich gelegen gewertet werden kann.

 

Darüber hinaus hat eben eine Unterentlohnung der entsendeten Arbeitnehmer nicht stattgefunden, sodass der eigentliche Schutzzweck, die Verhinderung von Lohn- und Sozialdumping, nicht verletzt wurde.

 

V.2.6. Nachdem das Strafverfahren hinsichtlich der Arbeitnehmer F B (Spruchpunkt 1) und R S (Spruchpunkt 5) einzustellen war, entfällt der qualifizierte Straftatbestand der Beschäftigung von mehr als drei Arbeitnehmern. Dadurch gelangt der erste Strafrahmen von 1.000 Euro bis 10.000 Euro zur Anwendung.

 

Insofern kann im Hinblick auf die Spruchpunkte 2, 3 und 4 gerade noch mit einer außerordentlichen Strafmilderung vorgegangen werden. Die Bf wird allerdings darauf hingewiesen, dass sie für den Fall einer weiteren Übertretung des AVRAG jedenfalls mit der Verhängung einer höheren Geldstrafe zu rechnen hat.

 

V.3. Zusammengefasst war betreffend Spruchpunkte 1 und 5 mittels Einstellung sowie betreffend Spruchpunkte 2, 3 und 4 gemäß § 20 VStG mittels außerordentlicher Strafmilderung vorzugehen. Die Kosten im Verfahren vor der belangten Behörde reduzieren sich auf jeweils 50 Euro, insgesamt daher
150 Euro; im Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich fallen keine Kosten an. Darüber hinaus war die Beschwerde abzuweisen.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

VI.1. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtspre­chung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

VI.2. Die Beurteilung und Abwägung der Milderungs- und Erschwerungsgründe sowie das Vorgehen mittels außerordentlicher Strafmilderung iSd § 20 VStG ist außerdem im Hinblick auf die Bf in concreto und den speziellen Sachverhalt vorzunehmen. Diese Würdigung ist stets einzelfallbezogen sowie ein Ergebnis der jeweiligen Beweiswürdigung und daher nicht verallgemeinerungsfähig. Auch aus diesem Grund ist die ordentliche Revision ausgeschlossen.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichts­hof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwal­tungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwer­de bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s e

 

1. Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

2. Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

3. Gemäß § 7n Abs. 2 AVRAG wird darauf hingewiesen, dass mit der rechts­kräftigen Bestrafung die Eintragung in die Evidenz des Kompetenzzentrum LSDB verbunden ist.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Lidauer