LVwG-301215/22/Kl/SH

Linz, 29.11.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des Herrn J. A. B., M., D., vertreten durch W. O. G. R., x, S., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt S. vom 10. Mai 2016, Ge-673/15, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 20. Oktober 2016 folgenden

B E S C H L U S S

gefasst:

 

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungs­strafverfahren eingestellt.

 

 

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG entfällt ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

 

III. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt S. vom 10. Mai 2016, Ge-673/15, wurden über den Beschwerdeführer Geldstrafen in vier Fällen von je 500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von je 30 Stunden, wegen jeweils einer Verwaltungsübertretung gemäß § 17 Abs. 7 i.V.m. § 22 Abs. 1 Z 2 AÜG verhängt, weil er als Geschäftsführer der Firma B. V. GmbH in M., x, D. (welche unbeschränkt haftende Gesellschafterin der Firma B. E. GmbH & Co. KG in M., X, D., ist) verwaltungs­strafrechtlich zu vertreten hat, dass durch die Firma B. E. GmbH & Co. KG als Beschäftigerin

1.   Hr. T. G., geb. am x, welcher eine nicht in Österreich sozialversicherungspflichtig überlassene Arbeitskraft ist, zumindest am 18.5.2015 am Arbeits(Einsatz)ort, in S., x, mit Elektroinstallationsarbeiten beschäftig wurde, ohne dass die Unterlagen über dessen Anmeldung zur Sozialversicherung (Dokumente gem. § 17 Abs. 7 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes) auf oa. Arbeits(Einsatz)ort bereitgehalten und zugänglich gemacht wurden.

2.   Hr. A. K., geb. am x, welcher eine nicht in Österreich sozialversicherungspflichtig überlassene Arbeitskraft ist, zumindest am 18.5.2015 am Arbeits(Einsatz)ort, in S., x, mit Elektroinstallationsarbeiten beschäftig wurde, ohne dass die Unterlagen über dessen Anmeldung zur Sozialversicherung (Dokumente gem. § 17 Abs. 7 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes) auf oa. Arbeits(Einsatz)ort bereitgehalten und zugänglich gemacht wurden.

3.   Hr. I. M., geb. am x, welcher eine nicht in Österreich sozialversicherungspflichtig überlassene Arbeitskraft ist, zumindest am 18.5.2015 am Arbeits(Einsatz)ort, in S., x, mit Elektroinstallationsarbeiten beschäftig wurde, ohne dass die Unterlagen über dessen Anmeldung zur Sozialversicherung (Dokumente gem. § 17 Abs. 7 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes) auf oa. Arbeits(Einsatz)ort bereitgehalten und zugänglich gemacht wurden.

4.   Hr. D. V., geb. am x, welcher eine nicht in Österreich sozialversicherungspflichtig überlassene Arbeitskraft ist, zumindest am 18.5.2015 am Arbeits(Einsatz)ort, in S., x, mit Elektroinstallationsarbeiten beschäftig wurde, ohne dass die Unterlagen über dessen Anmeldung zur Sozialversicherung (Dokumente gem. § 17 Abs. 7 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes) auf oa. Arbeits(Einsatz)ort bereitgehalten und zugänglich gemacht wurden.

Da der Beschäftiger für jede nicht in Österreich sozialversicherungspflichtige überlassenen Arbeitskraft Unterlagen über die Anmeldung dieser Arbeitskraft zur Sozialversicherung (Dokumente gem. § 17 Abs. 7 Arbeitskräfteüberlassungs­gesetz) bereitzuhalten und zugänglich zu machen hat, stellen die unter 1. bis 4. angeführten Tatbestände eine Übertretung des Arbeitskräfteüberlassungs­gesetzes (AUG) dar.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass ein verantwort­licher Beauftragter iSd § 9 Abs. 2 VStG bestellt worden sei, nämlich der Geschäftsführer E. D.. Dieser sei nach vorgelegtem Organigramm zuständig für den Sachbereich Produktion/Dienstleistung und in örtlicher Hinsicht für die Niederlassung in S. Es fehle daher an der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers.

Zur Sache selbst wurde ausgeführt, dass die namentlich genannten Personen nicht bei der B. E. GmbH & Co. KG beschäftigt gewesen seien, sondern tatsächlich bei der Firma I. M. GmbH & Co. KG. Eine Arbeits­kräfteüberlassung liege nicht vor, da zwischen der B. E. GmbH & Co. KG und der I. M. GmbH & Co. KG ein Werkvertrag abgeschlossen worden sei. Nach Ziffer 1.2 des Werkvertrages sei die Firma I. M. d.o.o. verpflichtet, die Leistungen eigenverantwortlich zu erbringen. Die Abrechnung der geleisteten Arbeiten erfolge nach gemeinsamem Aufmaß zu den vereinbarten Einheitspreisen und Konditionen. Beim Werkvertrag sei ein Leistungsverzeichnis beigefügt, aus dem sich die vertraglich vereinbarten Einheitspreise für die Erbringung der definierten Leistungen ergeben. Der Werk­lohn sei demnach bestimmbar und handle es sich um eine absolut übliche Regelung in einem Werkvertrag. Auch sei von den Mitarbeitern der I. d.o.o. eigenes Werkzeug verwendet worden und hätten die Mitarbeiter der Firma I. auch nicht im Verbund mit den Mitarbeitern der Firma B. E. GmbH & Co. KG Leistungen ausgeführt. Von Seiten der Firma B. seien keine einzelnen Arbeitsanweisungen erteilt worden und seien die Arbeitskräfte der Firma I. d.o.o. auch nicht organisatorisch in den Betrieb des Werkbestellers eingegliedert worden und hätten auch nicht unter dessen Dienst- oder Fachauf­sicht gestanden. Lediglich hinsichtlich des zeitlichen Ablaufes seien Vorgaben gemacht worden, was im Verhältnis zwischen Auftraggeber und Werk­unternehmer gängig sei. Auch dass die Arbeiten auf ihre Vertragsgemäßheit von einem Mitarbeiter der Firma B. überprüft werden, sei lediglich Ausfluss der Tatsache, dass der entsprechende Werklohn nach vollständiger und mangelfreier Ausführung des Gewerkes geschuldet werde. Die Zurückbehaltung des Werk­lohnes bis zur mängelfreien Ausführung sei wesentliches Merkmal des Werk­vertrages. Es liege daher ein Werkvertrag und keine Arbeitskräfteüberlassung vor. Die Rechtsauffassung, wonach eine Arbeitskräfteüberlassung vorliegen würde, wenn einer der in § 4 Abs. 2 AÜG aufgezeigten Alternativen zutreffen würde, sei angesichts des Urteils des Europäischen Gerichtshofes vom 18. Juni 2015, C-586/13, Rechtssache M M, nicht mehr haltbar, sondern würde diese Rechtsauffassung gegen zwingendes Unionsrecht verstoßen. In diesem Urteil habe der Europäische Gerichtshof seine Grundsätze zur Abgrenzung von Arbeitnehmerüberlassung und Arbeitnehmerentsendung im Sinn der Richtlinie 96/71/EG konkretisiert. Auch die Firma I. d.o.o. habe völlig frei die Anzahl der Mitarbeiter, die die werkvertragliche Verpflichtung ausführen, selbst bestimmt und hafte gegenüber der Firma B. für eine mangelhafte Erfüllung der Werkleistung. Dies ergebe sich insbesondere aus Ziffer 6 des Werkvertrages. Irrelevant sei aber, ob das verbaute Material vom Werkbesteller zur Verfügung gestellt werde oder nicht. Die Werkleistung sei von der Firma I. d.o.o. mittels von ihr zur Verfügung gestellten Werkzeugs erfolgt. Weiters werde auf die Entscheidung des EuGH vom 10.02.2011, Rechtssache Vicoplus, C-307/09 bis C-309/09, verwiesen.

Es haben daher die Arbeitnehmer weder in einem Arbeitsverhältnis noch in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis bzw. Ausbildungsverhältnis zur B. E. GmbH & Co. KG gestanden. B. E. GmbH & Co. KG sei auch nicht Beschäftiger gewesen.

 

3. Der Magistrat der Stadt Steyr hat die Beschwerde samt dem Bezug habenden Verwaltungsstrafakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Es wurde mitgeteilt, dass gegen den Beschwerdeführer keine ver­waltungsstrafrechtlichen Vormerkungen aufscheinen.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffent­lichen mündlichen Verhandlung am 20. Oktober 2016, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden und mit Ausnahme der belangten Behörde erschienen sind. Weiters wurden die Zeugen M. H., Mag. (FH) J. S., W. H., R. U. und C. K. geladen und einvernommen. Der geladene Zeuge D. V ist zur münd­lichen Verhandlung nicht erschienen, die Ladung wurde nicht behoben.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht als erwiesen fest und wird der Ent­scheidung zugrunde gelegt:

 

Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der B. V. GmbH mit Sitz in M. D. Diese ist Komplementärin der B. E. GmbH & Co. KG mit Sitz in M. D. Die B. V. GmbH hat eine Zweigniederlassung in Österreich, S., x. Der Sitz der Zweigniederlassung befindet sich auf einem „Gewerbe­gebiet“, auf dem mehrere Firmen ansässig sind, darunter auch die Zweignieder­lassung der B. V. GmbH. Am Sitz der Zweigniederlassung befinden sich Büro und Lager. Zum Tatzeitpunkt für die Niederlassung zuständig und verantwortlich als Abteilungsleiter war Herr G. In der Regel ist jede Niederlassung eine Abteilung. In der Zweigniederlassung S. sind ständig etwa 15 Mitarbeiter tätig, darunter in leitender Funktion Herr H., der dort ständig tätig ist als Bauleiter und gelernter Elektriker. Der Auftrag wird ausgeführt durch Monteure unter der Leitung eines Obermonteurs. Von den 15 Mitarbeitern der Zweigniederlassung S. sind 12 Mitarbeiter im IT-Bereich tätig, welche im engeren Sinn gar keine Elektriker sind. Zum Zeitpunkt Mai 2015 war die Zweigniederlassung S. nur für das B. M. tätig und hatte daher der Bauleiter und Obermonteur H. auch ein Büro im M.. Das B. M. (B. M. GmbH) hat den Sitz in S., x, und ist etwa 300 m Luftlinie von der Zweigniederlassung B. entfernt.

Der konkrete Auftrag, welcher von Ende 2014 bis Oktober 2015 lief, betraf die Errichtung eines Neubaus für die B.-Werke und lautete auf Elektromontage­arbeiten.

Zuständiger Abteilungsleiter für den Einkauf für die Firma B. E. GmbH & Co. KG ist Herr U. Dieser erledigt auch den Einkauf im Namen und für Rechnung der Zweigniederlassung S. Er besorgt die Materialbeschaffung für die Zweigniederlassung in S., also auch das für die Erfüllung des Auftrages erforderliche Material. Sein Mitarbeiter und Sachbearbeiter ist Herr K. Hin­sichtlich des für die Auftragsausführung erforderlichen Personals ist das Personal an der Zweigniederlassung in S. nicht ausreichend, sodass Werkverträge bzw. Subverträge mit Fremdfirmen geschlossen werden. Für den konkreten Auftrag für das B.-Werk in S. wurde von Herrn U. ein Werkvertrag mit der Firma I. M. d.o.o. in S. abgeschlossen. Mit dieser Firma arbeitete die Firma B. öfter zusammen, insbesondere in D. Die Firma I. hat eine Gewerbeberechtigung für Elektromontagen und auch in kleinerem Umfang für Stahlbau-Montagen und Schlosserarbeiten. Der Obermonteur H. war bei Abschluss des Werkvertrages nicht dabei, sondern wurde ihm der fertige Werkvertrag dahingehend mitgeteilt, dass nunmehr diesen Auftrag die Firma I. ausführt. Die Elektromontageleistungen wurden zur Gänze an die Firma I. weitergegeben und wurden für diesen Auftrag keine Leistungen durch Mitarbeiter der Firma B. erbracht. Erst Nachlaufarbeiten nach Beendigung durch die Firma I. wurden in Folge von Mitarbeitern der Firma B. ausgeführt. Die Mitarbeiter der Firma B. waren hinsichtlich anderer Aufträge im B.-M. vor Ort. Für die Zweigniederlassung S. hat die Firma I. zum ersten Mal, nämlich zu diesem genannten Auftrag gearbeitet.

Die Planung selbst hat das B.-M. durchgeführt, die Ausführungspläne wurden von der Zweigniederlassung ausgeführt. Die Pläne und das Leistungsverzeichnis wurden der Firma I. zur Verfügung gestellt und es wurde auch der Zeitplan, der von B. vorgegeben wurde, der Firma I. weitergegeben. Es wurden der Bauzeitplan und die zeitlichen Einteilungen an die Firma I. weitergegeben. Bei den wöchentlichen Baubesprechungen für diesen Neubau war der Obermonteur H. anwesend, ein Vertreter der Firma I. war bei den Baubesprechungen nicht anwesend. Die jeweiligen Anordnungen anlässlich der Baubesprechung wurden an die Firma I. weitergegeben. Vorgaben, wann die jeweiligen Abschnitte fertig sein mussten, wurden an die Firma I. gemacht, die nähere Arbeitseinteilung, also an welchem Tag zu welcher Uhrzeit gearbeitet wird, wurde von der Firma I. selbst bestimmt. Auch die Zahl der Arbeiter wurde von der Firma I. bestimmt. Abmeldungen der Arbeiter erfolgten bei ihrem Vorgesetzten der Firma I. Der Obermonteur der Firma B. wusste teilweise nicht, wie viele Leute von I. gerade auf der Baustelle anwesend waren. Der Obermonteur hat gelegentlich die konkrete Baustelle besichtigt, ob der Auftrag entsprechend den Anforderungen von B. ausgeführt wurde. Zweimal wöchentlich gab es eine Begehung mit dem Ingenieur der Firma B. Hinsichtlich der Mitarbeiter der Firma I. war ein sogenanntes Stammpersonal von drei bis vier Mitarbeitern ständig anwesend, je nach Bedarf wurden dann noch weitere Mitarbeiter von I. zugezogen, wobei diese sich das selber bestimmte. Die Unterkunft für die Mitarbeiter der Firma I. wurden von der Firma I. selber besorgt. Das für den Auftrag erforderliche Werkzeug brachten die Mitarbeiter der Firma I. selber mit. Werkzeug der Firma B. wurde nicht benutzt. Das erforderliche Material wurde zur Gänze von der Firma B. zur Verfügung gestellt und war im Lager der Zweigstelle oder wurde direkt auf die Baustelle geliefert. Die persönliche Schutzausrüstung hatten die Arbeiter selbst mitzubringen. Hinsichtlich technischer Fragen wandten sich die Mitarbeiter der Firma I. an Herrn H. von der Firma B. Wenn dieser die Fragen nicht klären konnte, ging er ins Ingenieurbüro der Firma B. Kontakt des Obermonteurs H. bestand hauptsächlich mit dem Partieführer der Firma I. Von Arbeitszeitaufzeichnungen der Mitarbeiter der Firma I. weiß Herr H. nichts und führte er nicht durch. Bei festgestellten Mängeln wandte er sich an den Partieführer und ordnete Verbesserungen an. Der Obermonteur war gegenüber B. für die ordnungsgemäße Ausführung verantwortlich, gab aber die Mängelbehebung weiter an die Firma I. Hinsichtlich der Antragsausführung wurden lediglich planliche Änderungen oder Änderungswünsche der Firma B. an I. weitergegeben. Konkrete Arbeitsanweisungen, wie Leistungen konkret auszuführen sind, wurden von B. nicht gemacht. Mitarbeiter der Firma B. haben nicht parallel zu diesem Auftrag mit Mitarbeitern der Firma I. zusammen gearbeitet, sondern waren beim Altbau im B.-Werk beschäftigt, was aber nicht den ggst. Auftrag betroffen hat. Hingegen hat die Firma I. außer im angesprochenen Neubau des B.-Werks nirgends im B.-Werk gearbeitet.

Hinsichtlich des Auftrages gab es ein Leistungsverzeichnis bzw. eine Auftragsliste, die von B. erstellt und von der Firma B. an die Zweigniederlassung zur Verfügung gestellt wurde und auch so vertraglich mit der Firma I. vereinbart wurde. Zu jeder Positionsnummer gibt es eine Leistungsbeschreibung, den diesbezüglichen Einheitspreis, die angeforderte Menge und der daraus errechnete Gesamtpreis. Danach wurde auch abgerechnet. Jene Leistungen, die nicht von der Firma I. erbracht wurden, wurden mit 0 ausgepreist. Steht in einer Position eine Stückzahl und wurde mit 0 ausgepreist, so heißt dies, dass diese Leistung nicht von der Firma I. geleistet wurde. Es heißt aber nicht, dass die Leistung grundsätzlich nicht erbracht wurde, sondern wurden auch einige Komponenten vorgefertigt und gesamt angeliefert. Eine Mängelbehebung hat die Firma I. durchzuführen. Solang Mängel nicht behoben sind, findet eine Abnahme nicht statt. Im Rahmen der Abnahme wird auch die Leistungsliste kontrolliert. Die Leistungserbringung erfolgt nach Aufmaßerstellung, wobei das Aufmaß für die Mitarbeiter der Firma B. von Herrn H. genommen wurde, hinsichtlich der Leistungserbringung durch Mitarbeiter der Firma I. hat diese das Aufmaß selber zu nehmen und wird dieses Aufmaß vom Obermonteur kontrolliert. Danach erfolgt die Abrechnung.

Hinsichtlich der erforderlichen Meldungen und Unterlagen wusste der Obermonteur, dass er solche Unterlagen hinsichtlich einer Anmeldung zur Sozialversicherung hat, allerdings für wen genau wusste er nicht und sie waren nicht im Büro. Der Abteilungsleiter für den Einkauf der Firma B., welcher den Vertrag mit der Firma I. abgeschlossen hat, wusste über die erforderlichen Meldungen zur Sozialversicherung und sollten diese Unterlagen auf der Baustelle aufliegen. Das österreichische Arbeitskräfteüberlassungsgesetz sowie auch das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz kennt er nicht und wusste er nicht über das Erfordernis einer Meldung im Falle einer Entsendung. Allerdings verweist er auf Vertragsbestimmungen mit der Firma I., wonach diese Firma sämtliche Unterlagen zu besorgen und zur Verfügung zu stellen hat.

 

Am 15. Mai 2015 wurde ein s. Firmenfahrzeug angehalten und die Insassen kontrolliert. Dabei wurden im Fahrzeug 4 Personen angetroffen, welche bei einer s. Firma, nämlich der I. M. d.o.o., beschäftigt waren. Die Personen arbeiteten im B.-Werk in S. Die Arbeiten wurden für die Firma B. ausgeführt. Es wurden von den 4 Personen Personenblätter in s. Sprache ausgefüllt und eine Niederschrift mit einem Mitarbeiter, Herrn V., aufgenommen. Es wurde dabei auch bei der Kontrolle darauf hingewiesen, dass Lohnunterlagen und Meldungen am Arbeitsort aufliegen müssen und wurde auch eine diesbezügliche Kontrolle in der Folge angekündigt. Die Anhaltung erfolgte an einem Freitag zur Mittagszeit. Es wurde daraufhin eine Kontrolle am darauffolgenden Montag, den 18.5.2015, vorgenommen im B.-Werk in S., nämlich im Büro des Herrn H. im M. Eine Kontrolle und Betretung der Arbeitnehmer am Arbeitsort bzw. in der Produktionsstätte fand nicht statt. Es wurde lediglich Kontakt mit dem für die Zweigniederlassung Verantwortlichen der Firma B. aufgenommen und mit diesem dann auch eine Niederschrift abgefasst. Sozialversicherungsdokumente für die Arbeitnehmer wurden nicht bereit gehalten.

 

Für die B. V.-GmbH sind 4 Geschäftsführer eingetragen. Diese haben jeweils einen Geschäftsführervertrag, in welchem auch jener Bereich angeführt ist, welcher auch aus dem Organigramm ersichtlich ist. Die Geschäftsführer sind einzelvertretungsbefugt. Zusätzliche Vereinbarungen oder Zustimmungen außerhalb des Geschäftsführervertrages und des vorgelegten Organigrammes gibt es nicht. Jeder Geschäftsführer ist für den im Geschäftsführervertrag zugewiesenen Bereich verantwortlich und hat auch für die Einhaltung der diesen Bereich betreffenden rechtlichen Vorschriften zu sorgen. Die Geschäftsführer haben mit der operativen Auftragsabwicklung nichts zu tun. Sie kommen nur gelegentlich bzw. überhaupt nicht in die Zweigniederlassung nach S. Für den Bereich Produktion und Dienstleistung ist der Geschäftsführer D. zuständig.

 

4.2. Dieser Sachverhalt gründet sich auf die Aussagen des Beschwerdeführers und der einvernommenen Zeugen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung sowie die vorgelegten Unterlagen. Für das Landesverwaltungsgericht Oö. haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, an der Glaubwürdigkeit der einvernommenen Zeugen zu zweifeln. Anhaltspunkte und Nachweise dafür, dass die Mitarbeiter der Firma B. gemeinsam mit Arbeitern der Firma I. den Auftrag ausführten, gab es nicht und traten nicht hervor. Auch gab es keinen Nachweis dafür, dass konkrete Anweisungen hinsichtlich der Auftragsausführung durch die Firma B. erfolgten. Ebenfalls konnte nicht die Bestimmung der Zahl der Arbeitnehmer für die Auftragsausführung durch die Firma B. nachgewiesen werden. Angesichts des unbestritten gebliebenen Umstandes, dass von 15 Mitarbeitern der Zweigniederlassung in S. 12 Mitarbeiter im IT-Bereich arbeiten, von den übrigen 3 Mitarbeitern einer der im Büro befindliche und leitende Obermonteur ist, und von der Firma B. (nur mehr 2 übrige Mitarbeiter) auch im Altbestand des B.-M. gearbeitet wurde, ist eine Beteiligung beim ggst. Auftrag bzw. dessen Ausführung eher unwahrscheinlich. Es sprechen daher die Umstände für eine Weitergabe des Auftrages an die Firma I. Hingegen ist eindeutig erwiesen, dass geschäftliche Dispositionen vom Firmensitz in D., M., erfolgen, so der Abschluss des Vertrages mit der Firma I., wie auch die gesamte erforderliche Materialbeschaffung für die Erfüllung des Auftrages. Auch die Besorgung und Kontrolle der entsprechenden Unterlagen erfolgt dort. Dispositionen am Sitz der Zweigniederlassung werden nicht durchgeführt.

 

5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Verwaltungsstrafgesetz - VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist (Abs. 1).

 

Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden (Abs. 2).

Verantwortlicher Beauftragter kann nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist. Das Erfordernis des Hauptwohnsitzes im Inland gilt nicht für Staatsangehörige von EWR-Vertragsstaaten, falls Zustellungen im Verwaltungsstrafverfahren durch Staatsverträge mit dem Vertragsstaat des Wohnsitzes des verantwortlichen Beauftragten oder auf andere Weise sichergestellt sind (Abs. 4).

 

Der Beschwerdeführer ist einer von 4 bestellten handelsrechtlichen Geschäftsführern der B. V.-GmbH, welche ihrerseits Komplementärin der B. E. GmbH & Co.KG ist. In der Beschwerde wird die Bestellung des handelsrechtlichen Geschäftsführers E. D. zum verantwortlichen Beauftragten gem. § 9 Abs. 2 und 4 VStG geltend gemacht. Außer einem Organigramm zum Nachweis der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit des Beschwerdeführers wurden keine weiteren Nachweise vorgelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 23.3.2016, Ra 2016/02/002, zur Frage der Bestellung eines handelsrechtlichen Geschäftsführers zum verantwortlichen Beauftragten ausgeführt: „Nach der Rechtsprechung ist ein verantwortliches Vertretungsorgan (§ 9 Abs. 1 VStG) ex lege umfassend und kumulativ neben anderen Vertretungsorganen (also "überlappend") strafrechtlich verantwortlich. Seine Bestellung nach § 9 Abs. 2 erster Satz VStG lässt seine strafrechtliche Verantwortlichkeit als Vertretungsorgan unberührt, sie bewirkt nur (nach Maßgabe ihres Umfanges) den Entfall der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der übrigen Vertretungsorgane bzw. deren Einschränkung auf den Fall vorsätzlicher Nichtverhinderung (§ 9 Abs. 6 VStG), ihre Wirksamkeit hängt nicht von der Mitteilung an das zuständige Arbeitsinspektorat ab. Einer solchen bedarf es nicht (vgl. das Erkenntnis vom 9. Februar 1999, Zl. 97/11/0044 und 0095).

Die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten muss nicht durch eine Urkunde nachgewiesen werden, die von dem zur Vertretung nach außen Berufenen gefertigt ist. Die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten und die Zustimmung des zum verantwortlichen Beauftragten Bestellten können grundsätzlich formfrei erfolgen. Erforderlich ist nur, dass die Zustimmung gemäß § 9 Abs. 4 VStG nachweislich erfolgt ist, was nach der ständigen Rechtsprechung bedeutet, dass nur ein die Zustimmung zur Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten betreffendes Beweisergebnis aus der Zeit vor der Begehung der strafbaren Handlung zur Erbringung des Nachweises geeignet ist (vgl. das Erkenntnis vom 24. März 1994, Zl. 92/18/0176, mwN). …

Bei einer schlichten Aufgabenverteilung unter mehreren Geschäftsführern einer GmbH handelt es sich für sich genommen ohne Hinzutreten eines hinreichend erkennbaren Übertragungsaktes mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten nicht um eine Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 erster Satz VStG, sondern um eine interne Aufteilung der Zuständigkeiten im Unternehmen, die die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit der (Mit)Geschäftsführer nicht berührt (zur internen Aufteilung vgl. das Erkenntnis vom 4. Juli 2008, Zl. 2008/17/0072).

 

Im Unterschied zu der vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung ist im vorliegenden Fall alleine die Erklärung, ein Geschäftsführer sei für eine Baustelle "zuständig", nicht als Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten zu werten. Daran ändert auch die Nennung des Namens von W. K. in der "Vorankündigung von Bauarbeiten" nichts, zumal dies weder weiteren Erklärungswert besitzt, noch als Zustimmung gemäß § 9 Abs. 4 VStG zu sehen ist.“

 

Unter Zugrundelegung dieser Judikatur war daher die vom Beschwerdeführer vorgenommene Berufung auf ein auch vorgelegtes Organigramm lediglich als eine interne Aufteilung der Zuständigkeiten im Unternehmen anzusehen. Eine Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit kann daraus nicht von vornherein abgeleitet werden und geht auch nicht klar aus einer Erklärung hervor. Gleiches gilt auch für einen abgeschlossenen Geschäftsführervertrag, in welchem Unternehmensbereiche zugewiesen werden. Allein mit der Zuweisung eines Aufgabenbereiches kann noch nicht eine ausdrückliche Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit nach § 9 Abs. 2 VStG abgeleitet werden. Ein diesbezüglich „hinreichend erkennbarer Übertragungsakt“ war jedoch nicht vorgelegt und nachgewiesen und daher nicht erkennbar. Allein aus der Zuweisung eines Aufgabenbereiches in einem Arbeitsvertrag (hier Geschäftsführervertrag) kann noch nicht eine ausdrückliche Zustimmung zur verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit für diesen Bereich abgeleitet werden. Es ist daher die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers gem. § 9 Abs. 1 VStG grundsätzlich gegeben.

 

5.2. Gemäß § 17 Abs. 7 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz – AÜG, BGBl. Nr. 196/1988 idF BGBl I. Nr. 94/2014 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung) hat der Beschäftiger für jede nicht in Österreich sozialversicherungspflichtige überlassene Arbeitskraft Unterlagen über die Anmeldung der Arbeitskraft zur Sozial­versicherung (Sozialversicherungsdokument A1 nach der Verordnung (EG) Nr. 883/04 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, ABl. Nr. L 166 vom 30.4.2004 S. 1, zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) Nr. 465/2012, ABl. Nr. L 149 vom 8.6.2012 S. 4) sowie die Meldung gemäß den Abs. 2 und 3 am Arbeits(Einsatz)Ort in geeigneter Form zur Überprüfung bereitzuhalten oder zugänglich zu machen.

Gemäß § 22 Abs. 1 Z 2 AÜG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet mit Geldstrafe von 500 Euro bis zu 5.000 Euro, im Wiederholungsfall von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, wer die Meldungen gemäß § 17 Abs. 2 nicht oder nicht rechtzeitig oder nicht vollständig oder wissentlich unrichtig erstattet oder die erforderlichen Unterlagen entgegen § 17 Abs. 7 nicht zur Überprüfung bereithält oder nicht zugänglich macht.

Gemäß § 22 Abs. 4 AÜG gilt bei grenzüberschreitender Arbeitskräfteüberlassung die Verwaltungsübertretung als in jenem Sprengel der Bezirksverwaltungs­behörde begangen, in dem der Arbeits(Einsatz)ort der nach Österreich überlassenen Arbeitnehmer/innen liegt, bei wechselnden Arbeits(Einsatz)orten am Ort der Kontrolle.

 

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Bf als Beschäftiger vorgeworfen, die hier namentlich genannten Arbeitnehmer am 18.5.2015 mit Elektroinstallationsarbeiten beschäftigt zu haben, ohne dass die Unterlagen über die Anmeldung zur Sozialversicherung auf dem Arbeits(Einsatz)ort bereitgehalten und zugänglich gemacht wurden.

 

5.3. Nach dem relevanten festgestellten Sachverhalt leisteten die Arbeiter Elektromontagearbeiten für einen Neubau der B. M.e GmbH in S. Sie leisteten die gesamten Elektroinstallationsarbeiten für den Neubau, ausgenommen Vor- und Nachlaufarbeiten. Das Material wurde zur Gänze von der Firma B. zur Verfügung gestellt, das Werkzeug wurde zur Gänze von der Firma I. bereitgestellt. Außer einem generellen Zeitplan und allgemeinen Vorgaben, die bereits vom Bauherrn B. M. vorgegeben waren, wurden organisatorische Vorgaben sowie auch zeitliche Vorgaben im Detail nicht von der Firma B., sondern von der Firma I. bestimmt. Arbeitszeitaufzeichnungen wurden nicht von der Firma B. durchgeführt. Die Zahl der Arbeiter für die Installationsarbeiten bestimmte nicht die Firma B. sondern die Firma I. So waren ständig drei bis vier Arbeiter der Firma I. anwesend, manchmal nach Erfordernis auch mehr. Das Erfordernis bestimmte die Firma I. Ausführungsdetails für die Arbeiten werden von der Firma I. bestimmt. Die Firma B. kontrolliert nur stichprobenartig ob der Auftrag auftragsgemäß und gemäß den Wünschen des Bauherrn B. M. ausgeführt wurde. Konkrete Weisungen hinsichtlich einzelner Arbeiten und wer diese Arbeiten durchführt stammen nicht von der Firma B. Allfällige Mängel in der Ausführung hat die Firma I. zu verbessern. Eine Abnahme der Leistung erfolgt erst nach erfolgter Verbesserung von Mängeln. Das Aufmaß wird von der Firma I. erstellt und von der Firma B. kontrolliert. Abgerechnet wird dann nach dem kontrollierten Aufmaß.

 

Es kann daher schon nach diesen Feststellungen keine eindeutige Zuordnung zu den Z 1 – 4 des § 4 Abs. 2 AÜG vorgenommen werden und war daher schon aus diesem Grund nicht mit Sicherheit eine Arbeitskräfteüberlassung gemäß § 4 Abs. 2 AÜG festzustellen.

 

5.4. Wie aber der Bf in seiner schriftlichen Beschwerde berechtigt vorbringt, hat der Europäische Gerichtshof in richtungsweisenden Entscheidungen in den Rechtssachen C-307/09 – C-309/09 (Vicoplus) vom 10.2.2011 und in der die Republik Österreich betreffenden Rechtssache C-586/13 (M M) vom 18.6.2015 entscheidende Erfordernisse für eine Entsendung von Arbeitnehmern nach der Richtlinie 96/71/EG bzw. Abgrenzungskriterien zur Arbeitskräfteüberlassung festgelegt.

In der Rechtssache Vicoplus definiert der Europäische Gerichtshof die Überlassung von Arbeitnehmern als eine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung

im Sinne des Art. 57 Abs. 1 AEUV, bei der der zur Verfügung gestellte Arbeitnehmer im Dienst des Dienstleistungserbringers bleibt, ohne dass ein Arbeitsvertrag mit dem Entleiher geschlossen wird (Rz 43). Entgegen einer Überlassung ist eine Entsendung lediglich ein vorübergehender Ortswechsel von Arbeitnehmern, die in einen anderen Mitgliedstaat entsandt werden, um dort im Rahmen von Dienstleistungen ihres Arbeitgebers Arbeiten auszuführen (Rz 45). Im Gegensatz dazu stellt bei einer Überlassung nach Art. 1 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 96/71 der Wechsel der Arbeitnehmer in einen anderen Mitgliedstaat anders als bei einem nur vorübergehenden Ortswechsel der eigentliche Gegenstand einer länderübergreifenden Dienstleistung dar (Rz 46). Als drittes Kriterium führt der Gerichtshof an, dass der Arbeitnehmer unter der Aufsicht und Leitung des verwendenden Unternehmens arbeitet also seine Arbeit nicht im Rahmen einer Dienstleistung verrichtet, die sein Arbeitgeber im Aufnahmemitgliedstaat erbringt (Rz 47).

Eine genauere Unterscheidung trifft die Generalanwältin in ihren Schlussanträgen zur Rechtssache C-586/13 (M M) und unterscheidet darin streng zwischen Entsendung und Überlassung. In Rz 41 stützt sie sich auf die Schlussanträge des Generalanwalts Bot in der Rechtssache Vicoplus, nämlich das Beispiel eines Dienstleistungsvertrages, durch den sich ein auf die Installation von Software spezialisiertes Unternehmen A mit Sitz in einem Mitgliedstaat verpflichtet, seine Ingenieure zu einem Unternehmen B mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat zu senden um das EDV-System von B aufzubauen. Ein solcher Vertrag beinhaltet zwar eine transnationale Beschäftigung von Arbeitnehmern, sein Gegenstand ist jedoch die Erbringung von Dienstleistungen der Informationstechnologie (womöglich verbunden mit der Lieferung elektronischer Ausstattung). Es handelt sich deshalb um eine Entsendung von Arbeitnehmern. Nehmen wir stattdessen an, dass A sich zur Abstellung von Personal verpflichtet, das ein Jahr lang innerhalb eines auf die Entwicklung von Spielen spezialisierten Unternehmens C arbeiten soll, um bei der Entwicklung eines neuen Spiels mitzuhelfen. A erhält von C jeden Monat ein Honorar, das auf einen Pauschalbetrag pro Arbeitnehmer und Arbeitstag beruht. Der Gegenstand eines solchen Vertrags ist eindeutig, C bestimmtes Personal zur Verfügung zu stellen. Sofern die abgestellten Arbeitnehmer ihre Aufgaben unter Aufsicht und Leitung des verwendenden Unternehmens wahrnehmen, handelt es sich ohne Zweifel um eine Überlassung von Arbeitskräften.

Zur Rechtssache M M wurde dargelegt, dass M M verpflichtet war, jede Woche 25 Rinderhälften für A zu verarbeiten und das Fleisch in Stücke geschnitten zu verpacken. M M hat nach freiem Ermessen die Anzahl der zur Erfüllung des Vertrags erforderlichen Arbeitnehmer festgelegt und richtete sich die M M zustehende Vergütung nach der verarbeiteten Fleischmenge. A war zur Herabsetzung der Vergütung berechtigt, falls das Fleisch mangelhaft verarbeitet war. Nach diesen Faktoren war der Ortswechsel der in Rede stehenden ungarischen Arbeitnehmer nicht der „eigentliche Gegenstand“ des Vertrags, er ging mit der Erbringung der in der Fleischverarbeitung und -verpackung bestehenden Dienstleistung an A einher. Die Tragung des wirtschaftlichen Risikos sah die Generalanwältin nicht als entscheidenden Faktor an. Werde dieses Risiko in erster Linie vom Dienstleister getragen, sei dies im allgemeinen ein Indiz dafür, dass der Vertrag nicht eine Überlassung, sondern eine Entsendung von Arbeitnehmern umfasse; sie sah darin ein Charakteristikum des Marktes für die betreffende Dienstleistung und der von den Parteien im Einzelfall vereinbarten konkreten Vertragsbedingungen (Rz 44, 45 und 46). Sie sah in der Fleischverarbeitung und -verpackung die Erbringung einer gegenüber der Arbeitskräfteüberlassung eigenständigen Dienstleistung (Rz 48). Für die Abgrenzung einer Überlassung und einer Entsendung kommt es auch nicht entscheidend darauf an, ob der Vertrag in den Räumlichkeiten des Kunden/verwendenden Unternehmens erfüllt wird, ob in diesem Fall Miete gezahlt wird, ob die betreffenden Arbeitnehmer vom Kunden/verwendenden Unternehmen geschult werden und ob es sich um den einzigen Kunden/das einzige verwendende Unternehmen im Aufnahmemitgliedstaat handelt (Rz 49). Vielmehr erkannte sie es als nicht ungewöhnlich, dass entsandte Arbeitnehmer eines Dienstleisters in den Räumlichkeiten des Kunden arbeiten und dessen Werkzeuge und Ausrüstungsgegenstände benutzen (Rz 50). Ebenso ist nicht entscheidend, dass die betreffenden Arbeitnehmer vom Kunden/verwendenden Unternehmen geschult werden oder dass der Kunde eine Schulung über Arbeitsschutzmaßnahmen am Arbeitsplatz durchführt (Rz 51). Zur Aufsicht und Leitung des verwendenden Unternehmens wird darauf hingewiesen, dass bei einer Überlassung es das verwendende Unternehmen ist, dass die Arbeit organisiert, dem einzelnen Arbeitnehmer Weisungen erteilt, wie er seine Aufgabe zu erfüllen hat, und kontrolliert, ob er diese Weisungen befolgt (Rz 53). Der Vertragsgegenstand liefert in der Regel nützliche Anhaltspunkte dafür, wer die Aufsicht über den/die betreffenden Arbeitnehmer ausübt und die Leitung innehat. Falls sich die Vergütung im Wesentlichen nach dem Umfang der von den einzelnen Arbeitnehmer verrichteten Arbeit und nicht nach einer gegenüber der Arbeitskräfteüberlassung eigenständigen Dienstleistung bemisst, wird das verwendende Unternehmen höchstwahrscheinlich von der Möglichkeit Gebrauch machen, den Arbeitnehmern genaue Weisungen zu erteilen, wie sie ihre Aufgaben zu erfüllen haben, und auch die Befolgung dieser Weisungen überwachen. Dadurch will das verwendende Unternehmen schlichtweg die überlassenen Arbeitskräfte optimal einsetzen. Wird die Vergütung hingegen anhand einer gegenüber der Arbeitskräfteüberlassung eigenständigen Dienstleistung berechnet, werden die Arbeitnehmer sehr wahrscheinlich unter der Aufsicht und Leitung des Dienstleisters verbleiben. In diesem Fall ist es der Dienstleister und nicht der Kunde, der ein Interesse daran hat, das seine Arbeitnehmer möglichst effizient für die Erbringung der in Rede stehenden Dienstleistung eingesetzt werden (Rz 54). In diesem Zusammenhang ist zu unterscheiden zwischen der Beaufsichtigung und Leitung der Arbeitnehmer selbst und der vom Kunden durchgeführten Überprüfung der ordnungsgemäßen Erfüllung eines Dienstleistungsvertrages (Rz 55). Wenn wie in der Rechtssache M

M der Vorarbeiter von A dem Vorarbeiter von M M Weisungen erteilte, welches Fleisch auf welche Weise zu verarbeiten war, und überprüfte, ob die hergestellten Fleischpackungen diesen Weisungen entsprachen, und A offenbar auch über Arbeitsschutzvorschriften belehrte, die die Arbeitnehmer von M M bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu beachten hatten, und M M für die Arbeitsorganisation verantwortlich geblieben ist, wobei ihr Vorarbeiter die Aufgaben auf die Arbeitnehmer verteilt und ihnen auf Ungarisch individuelle Weisungen erteilt hat, auf welche Weise das Fleisch zu verarbeiten und zu verpacken gewesen ist, und die Befolgung dieser Weisungen überwacht hat, bestehen keine Bedenken, dass die streitige grenzüberschreitende Beschäftigung der Arbeitnehmer eine Entsendung und nicht eine Überlassung darstellt (Rz 56 und 57).

Unter Zugrundelegung des Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 96/71 und der §§ 3 und 4 AÜG kam daher der Gerichtshof im Urteil vom 18.6.2015, C-586/13, zu dem Ergebnis, dass bei der Feststellung, ob der eigentliche Gegenstand der Dienstleistung die Entsendung (gemeint wohl Überlassung) des Arbeitnehmers in den Aufnahmemitgliedstaat ist, insbesondere jeder Anhaltspunkt dafür zu berücksichtigen ist, dass der Dienstleistungserbringer nicht die Folgen einer nicht vertragsgemäßen Ausführung der vertraglich festgelegten Leistung trägt. Ergibt sich daher aus dem Vertrag, dass der Dienstleistungserbringer verpflichtet ist, die vertraglich vereinbarte Leistung ordnungsgemäß auszuführen, ist es grundsätzlich weniger wahrscheinlich, dass es sich um eine Arbeitskräfteüberlassung handelt, als wenn er die Folgen der nicht vertragsgemäßen Ausführung dieser Leistung nicht zu tragen hat (Rz 36). Dabei deutet der Umstand, dass die Vergütung des Dienstleistungserbringers nicht nur von der Menge des verarbeiteten Fleisches, sondern auch von dessen Qualität abhängt, darauf hin, dass der Dienstleistungserbringer zur ordnungsgemäßen Ausführung dieser Leistung verpflichtet ist. Zudem kann der Umstand, dass es dem Dienstleistungserbringer frei steht, die Zahl der Arbeitnehmer zu bestimmen, deren Entsendung in den Aufnahmemitgliedstaat er für sachgerecht hält, dafür sprechen, dass der Gegenstand der betreffenden Leistung nicht der Wechsel des Arbeitnehmers in den Aufnahmemitgliedstaat ist, sondern dieser Wechsel mit der Erfüllung der in dem in Rede stehenden Vertrag vereinbarten Leistung einhergeht, und dass es sich somit um eine Entsendung von Arbeitnehmern handelt (Rz 38). Weder der Umstand, dass der Dienstleistungserbringer nur einen einzigen Kunden im Aufnahmemitgliedstaat hat, noch die Tatsache, dass er die Räumlichkeit, in denen die Dienstleistung erbracht wird, und die Maschinen mietet, liefern einen sachgerechten Hinweis für die Beantwortung der Frage ob der tatsächliche Gegenstand der in Rede stehenden Erbringung von Leistungen der Wechsel von Arbeitnehmern in diesem Mitgliedstaat ist. Außerdem ist zwischen der Beaufsichtigung und Leitung der Arbeitnehmer selbst und der vom Kunden durchgeführten Überprüfung der ordnungsgemäßen Erfüllung eines Dienstleistungsvertrags zu unterscheiden. Bei der Erbringung von Dienstleistungen ist es nämlich üblich, dass der Kunde überprüft, ob die Dienstleistung vertragsgemäß erbracht wird. Zudem kann der Kunde bei der Erbringung von Dienstleistungen den Arbeitnehmern des Dienstleistungserbringers bestimmte allgemeine Anweisungen erteilen, ohne dass damit in Bezug auf diese Arbeitnehmer die Ausübung einer Leitungs- und Aufsichtsbefugnis verbunden ist, sofern der Dienstleistungserbringer seinen Arbeitnehmern die genauen und individuellen Weisungen erteilt, die er für die Ausführung der betreffenden Dienstleistungen für erforderlich hält. In der Rz 41 hält daher der Gerichtshof für die Feststellung, ob ein Vertragsverhältnis als Arbeitskräfteüberlassung iSd Art. 1 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 96/71 einzustufen ist, fest, dass jeder Anhaltspunkt dafür zu berücksichtigen ist, ob der Wechsel des Arbeitnehmers in den Aufnahmemitgliedstaat den eigentlichen Gegenstand der Dienstleistung, auf den sich dieses Vertragsverhältnis bezieht darstellt oder nicht. Einen Hinweis darauf, dass ein solcher Wechsel nicht der eigentliche Gegenstand der betreffenden Dienstleistung ist, stellen grundsätzlich u.a. der Umstand dar, dass der Dienstleistungserbringer die Folgen der nicht vertragsgemäßen Ausführung der vertraglich vereinbarten Leistung trägt, sowie der Umstand, dass es dem Dienstleistungserbringer frei steht, die Zahl der Arbeitnehmer zu bestimmen, deren Entsendung in den Aufnahmemitgliedstaat er für sachgerecht hält. Hingegen erlaubt der Umstand, dass das Unternehmen, dem die betreffende Leistung zukommt, kontrolliert, ob diese vertragsgemäß ist, oder allgemeine Anweisungen an die Arbeitnehmer des Dienstleistungserbringers erteilen kann, als solcher nicht die Schlussfolgerung, dass eine Überlassung von Arbeitskräften vorliegt.

 

5.5. Da auch die gegenständliche Dienstleistungserbringung Auslandsbezug aufweist und den mit der Richtlinie 96/71/EG geregelten freien Dienstleistungsverkehr betrifft, war die Auslegung des Europäischen Gerichtshofes in den obzitierten Entscheidungen auch bei der Rechtsanwendung des nationalen Rechts heranzuziehen. Nach den Erwägungen der Generalanwältin und des Gerichtshofes liegen daher auch im vorliegenden Fall Anhaltspunkte vor, die für eine Entsendung sprechen, insbesondere, dass Gegenstand des Vertrags die Erbringung von Installationsleistungen und nicht eine Arbeitskräfteüberlassung ist, sowie dass für die vertragsgemäße Ausführung bzw. für eine Mängelbehebung das entsendende Unternehmen haftet sowie dass genaue Anweisungen für die Ausführung der Leistung sowie die Zahl der Arbeitnehmer, die die Leistung erbringen, vom entsendenden Unternehmen stammen und dass letztlich konkrete Anweisungen hinsichtlich der Erbringung der Leistung im Detail nicht vom Beschuldigten sondern ebenfalls vom entsendenden Unternehmen kommen. Angesichts dieser Anhaltspunkte war die von der belangten Behörde angenommene Arbeitskräfteüberlassung nicht nachweisbar und nicht mehr aufrecht zu erhalten.

 

Es war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Bf gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG einzustellen.

 

6. Weil die Beschwerde Erfolg hatte, entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG.

 

7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Die Entscheidung stützt sich auf die in der Begründung zitierten Urteile des Europäischen Gerichtshofes.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

H i n w e i s e

1. Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichts­hof einzu­bringen.

 

2. Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Ent­scheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig.

 

Dr. Ilse Klempt