LVwG-350271/2/Bm/TO

Linz, 09.11.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Michaela Bismaier über die Beschwerde des Herrn P.S., x, L., gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 10.08.2016, GZ: SJF, wegen bedarfsorientierter Mindestsicherung (Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der behördliche Bescheid bestätigt.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz (in der Folge: belangte Behörde) vom 10.08.2016, GZ: SJF, wurde in Spruchpunkt I. ausgesprochen, dass dem Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) aufgrund seines Antrages vom 20.07.2016 Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes in Form von laufenden monatlichen Geldleistungen gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 lit.a Oö. BMSV zuerkannt wird. Die Leistung wurde ab 20.07.2016 bis 19.01.2017 befristet zuerkannt.

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe der Rechtsgrundlagen aus, dass beim Bf keine Einschränkungen bei der Erwerbssuche festzustellen seien, er im Rahmen des Einsatzes seiner Arbeitskraft gemäß § 11 Oö. BMSG zur Annahme aller angebotenen Tätigkeiten verpflichtet sei, um sich aus der sozialen Notlage zu befreien. Da davon auszugehen sei, dass bei täglicher intensiver Arbeitssuche, der Annahme jeder angebotenen Tätigkeit und des Hervorstreichens der Arbeitswilligkeit bei Bewerbungsgesprächen nach spätestens einem halben Jahr ab Leistungs­zuerkennung auch ein Beschäftigungsverhältnis zustande komme, war die Leistung zu befristen.

 

2. Dagegen brachte der Bf rechtzeitig Beschwerde gegen den in Spruch­punkt I. angeführten Mindeststandard für volljährige Personen, die in Haushaltsgemeinschaft leben, ein. Begründend führt der Bf dazu Folgendes (wortwörtlich wiedergeben) aus:

„Da es sich um keine „Lebensgemeinschaft – Partnerschaft“ sondern um eine Wohngemeinschaft handelt, darf nach VwGH das Einkommen des Mitbewohners nicht angerechnet werden. Herr B. und ich, leben im selben Haushalt, haben keine wirtschaftlichen Verbindungen, getrennte Haushaltsführung, getrennte Bezahlung der Mietkosten usw. sowie getrennten Wohnbereich.“

 

3. Mit Schreiben vom 05.10.2016 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberöster­reich vor, das gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen ist.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG unterbleiben, da sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus dem Verfahrensakt ergibt und die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtslage nicht erwarten lässt. Zudem wurden die Wohnverhältnisse des Bf in seinem Beschwerdevorbringen ausreichend dargestellt.

 

4.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Ent­scheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bf ist am x geboren und wohnt in L., x. Diese Wohnung wurde von Herrn W.B. von der GWG angemietet, und wird von diesem ebenfalls bewohnt. Es gibt getrennte Wohnbereiche (Zimmer). Küche, Vorraum, Badezimmer und WC werden gemeinsam benutzt.

 

4.2. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt der belangten Behörde sowie aus dem Beschwerdevorbringen und dem Ansuchen um Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes vom 20.07.2016 und ist in dieser Form unbestritten. Im Ansuchen vom 20.07.2016 wird vom Bf angegeben, in Wohngemeinschaft zu leben.

 

5. In rechtlicher Hinsicht hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

5.1. § 4 Oö. Mindestsicherungsgesetz – Oö. BMSG, LGBl. Nr. 74/2011 idgF, lautet:

(1) Bedarfsorientierte Mindestsicherung kann, sofern dieses Landesgesetz nicht anderes bestimmt, nur Personen geleistet werden, die

1. ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Oberösterreich haben und die Voraussetzungen des § 19 oder des § 19a Meldegesetz, BGBl. Nr. 9/1992, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2009, erfüllen und

2. a) österreichische Staatsbürgerinnen und -bürger oder deren Familien­angehörige,

b) Asylberechtigte oder subsidiär Schutzberechtigte,

c) EU-/EWR-Bürgerinnen oder -Bürger, Schweizer Staatsangehörige oder deren Familienangehörige, jeweils soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,

d) Personen mit einem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt - EG“ oder „Dauer-aufenthalt - Familienangehörige“ oder mit einem Niederlassungsnachweis oder einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung,

e) Personen mit einem sonstigen dauernden Aufenthaltsrecht im Inland, soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,

sind.

(2) Bedarfsorientierte Mindestsicherung kann im Einzelfall – abweichend von Abs. 1 – auf der Grundlage des Privatrechts geleistet werden, soweit

1. der Lebensunterhalt nicht anderweitig gesichert ist oder gesichert werden kann und

2. dies zur Vermeidung besonderer Härten unerlässlich ist.

 

Gemäß § 5 Oö. Mindestsicherungsgesetz – Oö. BMSG, LGBl. Nr. 74/2011 idgF, ist Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung, dass eine Person im Sinn des § 4

1. von einer sozialen Notlage (§ 6) betroffen ist

2. bereit ist, sich um die Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen (§ 7).

 

Gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 Oö. BMSG liegt eine soziale Notlage bei Personen vor, die ihren eigenen Lebensunterhalt und Wohnbedarf nicht decken können. Nach Abs. 2 leg.cit. umfasst der Lebensunterhalt den Aufwand für die regelmäßig wiederkehrenden Bedürfnisse zur Führung eines menschenwürdigen Lebens, insbesondere für Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Beheizung und Strom sowie andere persönliche Bedürfnisse für die angemessene soziale und kulturelle Teilhabe.

 

Gemäß § 1 der Verordnung der Oö. Landesregierung über die Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung und den Einsatz der eigenen Mittel (Oö. Mindestsicherungsverordnung – Oö. BMSV) wird die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes geregelt. Entsprechend § 1 Abs. 1 Z 1 Oö. BMSV betragen die laufenden monatlichen Geldleistungen (Mindest-standards) zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes für allein-stehende oder alleinerziehende Personen ab 01.01.2016  914 Euro.

 

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 lit. a Oö. BMSV betragen die laufenden monatlichen Geld­leistungen (Mindeststandards) zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes für volljährige Personen, die in Hausgemeinschaft leben, pro Person ab 01.01.2016  643,90 Euro.

 

5.2. Vom Bf wird als Beschwerdegrund vorgebracht, dass ihm der Mindest­standard gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 Oö. BMSV für alleinstehende oder alleiner­ziehende Personen zu gewähren wäre und nicht jener gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 lit. a Oö. BMSV für volljährige Personen, die in Haushaltsgemeinschaft leben.

 

Das durchgeführte Beweisverfahren hat ergeben, dass der Bf eine Wohnung in L., x, mit einer weiteren Person bewohnt, welche Hauptmieter ist. Ob der Bf mit ihm nun einen Untermietvertrag abgeschlossen hat oder unentgeltlich dort wohnt, wurde nicht erhoben. Er verfügt aber in dieser Wohnung über ein Zimmer, es bestehen gemeinsame Einrichtungen, nämlich Küche, Bad, WC, mit dem Hauptmieter.

 

Der Bf begründet seine Beschwerde damit, dass er nicht in einer Lebensgemeinschaft-Partnerschaft mit Herrn B. wohnt, sondern als „alleinstehende Person“ ein Zimmer bei ihm bewohnt. Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht davon ausgeht, dass zwischen dem Bf und Herrn B. eine Lebensgemeinschaft besteht. Die belangte Behörde hat auch zu keinem Zeitpunkt die Einkommens- und Vermögensnachweise von Herrn B. angefordert, um dessen Einkommen (z.B. Lohn, Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Krankengeld, div. Beihilfen ...) bei der Berechnung des Anspruchs auf Mindestsicherung zu berücksichtigen.

Zur Frage, was als „Haushaltsgemeinschaft“ zu gelten hat, darf auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom 23.10.2012, Zl. 2012/10/0020, zum Nö. Mindestsicherungsgesetz verwiesen werden: „Nach dem Willen des Gesetzgebers liegt ein „gemeinsamer Haushalt“ vor, wenn das Zusammenleben von Personen zu einer deutlichen Kostenersparnis gegenüber getrennten Haushalten führt. Ein gemeinsamer Haushalt liegt nicht dann bereits vor, wenn ein Teil der Wohneinheit (unter)vermietet wird. Es kommt vielmehr darauf an, dass zumindest in Teilbereichen eine gemeinsame Wirtschaftsführung besteht. Eine solche gemeinsame Wirtschaftsführung in Teilbereichen ist etwa dann gegeben, wenn der (Unter-)Mieter auch Einrichtungen, die für die Haushaltsführung notwendig sind, wie Küche, Badezimmer oder Waschmaschine mitbenützt. Weist der (unter)gemietete Bereich einer Wohneinheit also etwa keine eigenen Einrichtungen zum Kochen, zur Körperreinigung und zum Waschen der Wäsche auf, so wird das Bestehen einer Haushaltgemeinschaft im Sinn des Nö MSG anzunehmen sein, wenn der Hilfesuchende nicht nachweist, diese Bedürfnisse außerhalb der Wohneinheit zu befriedigen“.

 

Auch im gegenständlichen Fall verfügt der Bf über ein Zimmer in einer von einer weiteren Person verwendeten Wohnung. Vom Bf wurde nicht vorgebracht, dass er über eine eigene Einrichtung zum Kochen, zur Körperreinigung etc. verfügt, vielmehr hat er im Ansuchen hinsichtlich der Wohnsituation angeführt, an der Adresse L., x, in einer Wohngemeinschaft zu leben. Es ist davon auszugehen, dass die allgemeinen Einrichtungen wie Küche, Bad und WC von beiden Bewohnern gemeinsam verwendet werden. Insofern ist eine deutliche Kostenersparnis gegenüber einem alleinigen Haushalt anzunehmen. In den Erläuterungen zur Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über eine bundesweite bedarfsorientierte Mindestsicherung, BGBl. I Nr. 96/2010, RV 677 BlgNR, XXIV GP, 14, wird dazu festgehalten, dass in Anlehnung an EU-SILC (Statistik der Europäischen Union über Einkommen und Lebensbedingungen) davon ausgegangen wird, dass der Regelbedarf eines Haushaltes mit zwei volljährigen Personen 150 % dessen einer alleinstehenden Person beträgt.

 

Die Qualifikation der gegenständlichen Wohnsituation des Bf als in Haushalts­gemeinschaft lebend erfolgte daher von der belangten Behörde zu Recht und war daher der Mindeststandard gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 lit.a Oö. BMSV der Berechnung über die Höhe der dem Bf zuerkannten bedarfsorientierten Mindestsicherung zugrunde zu legen. Diese rechtliche Würdigung steht im Übrigen auch im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Beurteilung einer Haushaltsgemeinschaft und des zugrunde zu legenden Mindeststandards (vgl. LVwG-350041/15/KLi/TK vom 19.5.2014, LVwG-350075/6/GS/BD/IH vom 27.10.2014, LVwG-350157/4/KLi/PP vom 17.7.2015 u.a.).

 

Der Beschwerde war daher keine Folge zu geben und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

 

 

II.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Michaela Bismaier