LVwG-411465/13/KLe

Linz, 30.11.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Lederer über die Beschwerde des Finanzamtes Braunau Ried Schärding, Gerichtsplatz 2, 4780 Schärding, gegen den Bescheid der Bezirkshaupt­mannschaft Ried im Innkreis vom 10.5.2016, Pol96-66-2015, (mitbeteiligte Partei: J.E., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F.M., x, W.) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. 

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Mit dem angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis (im Folgenden: belangte Behörde) wurde folgender Spruch erlassen:

„Das mit Aufforderung zur Rechtfertigung der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 11.04.2016, zu Pol96-66-2015 eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren gegen Herrn J.E., geb. x, wegen des Verdachtes einer Verwaltungs­übertretung nach § 52 Abs. 1 Z. 1 viertes Tatbild Glücksspielgesetz (unternehmerische Beteiligung an verbotenen Ausspielungen) wird eingestellt.“

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitige Beschwerde, mit der beantragt wird, der Beschwerde Folge zu geben, den angefochtenen Bescheid zu beheben, in der Sache eine Entscheidung zu treffen und eine Bestrafung auszusprechen.

 

Begründend wird Folgendes ausgeführt:

„Bei einer durch die Finanzpolizei (FPT42) am 11.08.2015, um 12:08 Uhr, im Lokal mit der Bezeichnung ‚L.S.W.‘, in R., x, Betreiberin: P. GmbH, durchgeführten Kontrolle wurde ein Eingriffsgegenstand mit der Finanzamtskennzeichnung ‚FA 10‘, afric2go, betriebsbereit und eingeschaltet vorgefunden.

 

Mit Anzeige vom 18.08.2015 wurde eine Bestrafung des Beschuldigten als vertretungs­befugtes Organ der Firma A. GmbH wegen unternehmerischer Beteiligung an Glücksspielen in Form von verbotenen Ausspielungen iSd. § 2 Abs. 4 GSpG, an denen vom Inland aus teilgenommen werden konnte beantragt.

 

Mit Bescheid der BH Ried im Innkreis vom 10.05.2016 wurde von der Fortführung des Verwaltungsstrafverfahrens wegen des Verdachts einer Übertretung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 des Glücksspielgesetzes 1989 bezüglich des Eingriffsgegenstandes mit der Finanzamtskennzeichnung ‚FA 10‘, afric2go, abgesehen und das Verwaltungs­strafverfahren mit der Begründung eingestellt, dass mit Erkenntnis des LVwG (LVwG‑411102/8/WIE-411103/2 vom 22.03.2016) das Landesverwaltungsgericht den Beschlagnahmebescheid aufgehoben habe, da beim verfahrensgegenständlichen Gerät keine Ausspielung iSd GSpG vorliegen würde. Aufgrund dieser Begründung des Landesverwaltungsgerichtes beim Beschlagnahmeverfahren wurde auch das Verwaltungsstrafverfahren von der BH Ried im Innkreis eingestellt.

 

Dazu wird ausgeführt:

 

Der Verwaltungsgerichtshof befasste sich in seiner Entscheidung vom 20.04.2016, Zl. Ro 2015/17/0020-5, mit der Glücksspieleigenschaft des verfahrensgegenständlichen Gerätes afric2go und führte dazu aus:

 

‚Durch den Einwurf einer 1-Euro-Münze erwirbt man die Chance, bei Aufleuchten einer entsprechenden Zahl und anschließender Betätigung der ‚Rückgabe-Taste‘ einen Gewinn zu realisieren. Da das über einen Gewinn entscheidende Aufleuchten eines Zahlen­symbols vom Gerät selbsttätig herbeigeführt wird, liegt ein Spiel vor, dessen Ausgang vom Spieler nicht beeinflusst werden kann.

Ob dabei Zusatzleistungen wie eine Geldwechselfunktion oder die Möglichkeit, ein Musikstück abzuspielen oder durch Download auf einen USBStick zu erwerben, geboten wird, ist für die Beurteilung, ob das Gerät eine vom Zufall abhängige Gewinnchance bietet, ohne Belang. Zu weichem (weiteren) Zweck das Gerät bestimmt ist oder benutzt wird, ist für die Beurteilung, ob ein Glücksspielgerät vorliegt, ebenso wenig relevant.

 

Wie in der hg. Entscheidung vom 28. Juni 2011, 2011/17/0068, bereits festgehalten wurde, vermag die Feststellung, welches Musikstück vor dem Weiterspielen eines Benutzers des Geräts zur allfälligen Realisierung eines Gewinns abgespielt wird (und ob es diesbezüglich eine Auswahlmöglichkeit des Spielers gibt oder nicht bzw. ob überhaupt ein Musikstück gespielt wird), an dem Umstand, dass dem Spieler die Möglichkeit geboten wird, allenfalls für seinen Einsatz zufallsabhängig etwas zu gewinnen, nichts zu ändern.

 

Auch die Ansicht des Verwaltungsgerichts, dass der mögliche Erwerb eines Musiktitels für den geleisteten Einsatz eine adäquate Gegenleistung darstelle, ändert nichts an der Eigenschaft des vorliegenden Geräts als Glücksspielgerät (vgl VwGH vom 06. März 2014, 2013/17/0802, zur Wiedergabe eines Musikstücks).‘

 

Und weiter (Hervorhebungen nicht im Original):

‚Für die Erfüllung des § 2 Abs 1 Z 2 GSpG ist lediglich Voraussetzung, dass Im Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel eine Vermögenswerte Leistung erbracht wird. Der Einsatz von € 1,00 steht nach den Feststellungen des Landesverwaltungsgerichts in unmittelbarem Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel, da gleichzeitig mit der Betätigung der „Musik kopieren/hören—Taste der zufallsabhängige Beleuchtungsumlauf in Gang gesetzt wird, mit dem dieser Einsatz vervielfacht werden kann. Aber selbst ein zeitversetztes Starten der Gewinnspielfunktion könnte den Zusammenhang zwischen der Einsatzleistung und dem Gewinnspiel verfahrensgegenständlich nicht durchbrechen: Auch wenn für den Einsatz von € 1,00 zuerst ein Musikstück abgespielt oder abgespeichert würde und erst danach ein Zufallsgenerator das Gewinnspiel starten würde, stünde das derart verzögert in Gang gesetzte Glücksspiel noch in einem engen Zusammenhang mit der

Einsatzleistung, weil die Vermögenswerte Leistung des Anwenders eben nicht auf den Erwerb eines Musiktitels beschränkt Ist, sondern auch die (nachfolgende) Gewinnchance umfasst.

Das beschlagnahmte Gerät ‚afric2go‘ mit der vom Landesverwaltungsgericht festgestellten Funktionsweise eröffnete daher dem Benutzer nach Einsatzleistung eine Gewinnchance, weshalb es unter diesem Aspekt geeignet war, den Verdacht des Eingriffs in das Glücksspielmonopol des Bundes zu begründen. Ein bloßer Musikapparat (gleich einem Warenautomaten) liegt jedenfalls nicht vor.‘

 

Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes geht hervor, dass es sich beim Gerät afric2go um ein Glücksspielgerät handelt, unabhängig davon, ob ein Musikstück erworben, gespielt, oder dergleichen wird.

 

Es wird weiters darauf hingewiesen, dass das Landesverwaltungsgericht Salzburg bereits in einer Vielzahl an Entscheidungen (u.a. LVwG-10/210/7-2015 vom 23.02.2015, LVwG‑10/230/6-2015 vom 18.05.2015) die Glücksspieleigenschaft des Afric2go-Gerätes festgestellt hat. Auch das Landesverwaltungsgericht NÖ hat dies in einer seiner Entscheidungen bestätigt (LVwG-NK-13-0058 vom 15.12.2014).

Im Übrigen wird bemerkt, dass es sich beim Beschlagnahme-, Verwaltungsstraf- und Einziehungsverfahren nach dem GSpG um voneinander unabhängige Verfahren handelt.

Die Einstellung der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis ist daher rechtswidrig.“

 

Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 23.5.2016 die Beschwerde dem Landesverwaltungsgericht Oö. zur Entscheidung vor. Eine Beschwerdevorent­scheidung wurde nicht erlassen.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oö. hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt, sowie in das Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen F.M. vom 11. Februar 2013, Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen Mag. M.S. vom 8. August 2013 sowie in das Schreiben des Amtes der Oö. Landesregierung, Direktion Inneres und Kommunales vom 25. März 2013 und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung. An dieser nahmen die Vertreterin des Finanzamtes, der Rechtsvertreter der mitbeteiligten Partei und ein Zeuge teil.

 

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 2. Juli 2016, kundgemacht im BGBl. I Nr. 57/2016 am 12. Juli 2016, ausgesprochen, dass bei ihm eine erhebliche Anzahl von Verfahren über Beschwerden im Sinne des § 86a Abs. 1 VfGG anhängig ist, in denen gleichartige Rechtsfragen zu lösen sind. Gemäß § 86a Abs. 3 VfGG durften daher vom Verwaltungsgericht in Rechtssachen, welche die im Beschluss genannten Rechtsvorschriften - im Wesentlichen §§ 52 bis 54 GSpG - anzuwenden und eine darin genannte Rechtsfrage zu beurteilen hatten, nur solche Handlungen vorgenommen oder Anordnungen und Entscheidungen getroffen werden, die durch das Erkenntnis des Verfassungs­gerichtshofes nicht beeinflusst werden konnten oder die die Frage nicht abschließend regelten und keinen Aufschub gestatteten. Im Erkenntnis vom 15. Oktober 2016, E 945/2016-24, E 947/2016-23, E 1054/2016-19, kundgemacht im BGBl. I Nr. 91/2016 am 3. November 2016, hat der Verfassungsgerichtshof seine Rechtsanschauung zusammengefasst, womit die oben genannten Wirkungen gemäß § 86a Abs. 3 VfGG geendet haben und das Verfahren fortzuführen war.

 

 

Es steht folgender entscheidungsrelevanter   S a c h v e r h a l t   fest:

 

Anlässlich einer von den Organen des Finanzamts Braunau Ried Schärding am 11.8.2015 im Lokal mit der Bezeichnung „L.S.“, x, R., durchgeführten Kontrolle wurde das Gerät mit der Bezeichnung „afric2go" betriebsbereit vorgefunden, von den Kontrollorganen durch aufgeklebte Nummerierung (FA-Nr. 10, Versiegelungs­plaketten Nr. A049085 bis A049092) gekennzeichnet und beschlagnahmt.

 

Das Gerät war zumindest von 10.8.2015 bis 11.8.2015 im verfahrensgegen­ständlichen Lokal in einem öffentlich zugänglichen Bereich eingeschaltet aufge­stellt und wurden zur selbstständigen und nachhaltigen Einnahmenerzielung betrieben.

 

Die mitbeteiligte Partei ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der A. GmbH, einer österreichischen GmbH mit Sitz in E., die Eigentümerin des verfahrensgegenständlichen Geräts ist und dieses dem Lokal­betreiber überlassen hat. Das gegenständliche Lokal wurde von der P. GmbH betrieben. Im Lokal wurden Einsätze an den Geräten geleistet und Gewinne ausgezahlt.

 

Keine dieser Personen war im Besitz einer Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG für dieses Gerät und diesen Standort. Es lag auch keine Konzession oder Bewilligung für damit in Oberösterreich stattfindende Ausspielungen vor.

 

Die Gutachten sowie das Schreiben der oberösterreichischen Landesregierung zum Gerätetyp „afric2go" waren der mitbeteiligten Partei vor Aufstellung des Geräts bekannt.

 

Beim gegenständlichen Gerät mit der Gehäusebezeichnung "afric2go" handelt es sich um ein Gerät, welches unter anderem für Geldwechselzwecke verwendet werden kann. Auf dem Gerät befinden sich eine rote und eine grüne Taste. Mittels Drücken der grünen Taste kann zunächst zwischen Stufe 1, 2 und 4 gewechselt werden. Durch Einwerfen von Münzen oder Einführen von Banknoten in den Banknoteneinzug kommt es zur Anzeige eines entsprechenden Guthabens auf dem Kreditdisplay. Durch erneutes Drücken der grünen Taste kann das Guthaben in 1 Euro oder 2 Euro Münzen gewechselt werden. Durch Drücken der roten Taste können jedoch - abhängig vom gewählten Multiplikator (der gewählten Stufe) - 1, 2 oder 4 (je nach Stufe) Lieder am Automaten angehört oder auf einen USB-Stick, welcher am Automaten anzuschließen ist und in der Tankstelle zur Verfügung gestellt wird, kopiert werden. Wird die rote Taste bei Stufe 1 gedrückt, so verringert sich der Kreditstand um einen Euro, bei gewählter Stufe 2 verringert sich der Kreditstand um 2 Euro, bei gewählter Stufe 4 um 4 Euro.

 

Während des Anhörens oder Kopierens der Musik, also bereits aufgrund des Drückens der roten Taste, kommt es automatisch zur Aktivierung eines zufallsabhängigen Bonussystems am Gerät, bei dem der Beleuchtungsumlauf in den Zahlenfeldern und Notensymbolen in der Gerätemitte ausgelöst wird. Sofern am Ende des vom Kunden nicht beeinflussbaren Beleuchtungsumlaufs ein Zahlenfeld beleuchtet bleibt, bleibt ein Guthaben auf dem Anzeigedisplay stehen, welches dem Kredit zugezählt werden kann. Das aktivierte zufallsabhängige Bonussystem ermöglicht in der Stufe 1 einen Bonus (ein weiteres Guthaben) von 2/4/6/8 oder 20, in Stufe 2 einen Bonus (ein weiteres Guthaben) in doppelter Höhe und in der Stufe 4 in vierfacher Höhe. Durch Drücken der grünen Taste kann der Kredit inklusive eines allfällig erzielten Bonus ausgeworfen werden. Dieser Spielablauf entspricht dem Gutachten von F.M.

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ‒ insbesondere der Fotodokumentation und dem GSp26 Formular ‒ und der Aussage des in der öffentlichen mündlichen Verhandlung einver­nommenen Zeugen, der als Kontrollorgan bei der gegenständlichen Kontrolle anwesend war, sowie dem Gutachten von F.M.

 

Dass das verfahrensgegenständliche Gerät zwecks selbstständiger und nachhaltiger Einnahmenerzielung im Lokal betrieben wurde, folgt bei wirklichkeitsnaher Betrachtung bereits daraus, dass die Aufstellung von einem Gerät, an dem gegen In-Aussicht-Stellen von Gewinnen Einsätze geleistet werden können, in einem öffentlich zugänglichen Bereich des Lokals letztlich mit der Absicht erfolgte, Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen auf diesem Gerät zu erzielen. Es sind im Verfahren auch keinerlei Gründe hervorgekommen, die dafür sprechen würden, dass die Überlassung des Geräts durch dessen Eigentümer aus reiner Freigiebigkeit vorgenommen worden wären. Weiters sind im Verfahren auch keine Umstände hervorgekommen, dass das Gerät nicht zur Durchführung von Glücksspielen zur Verfügung gestellt worden wäre, sowie dass das Gerät nicht freiwillig vom Eigentümer zur Verfügung gestellt worden wäre.

 

Dass die mitbeteiligte Partei bzw die A. GmbH im Besitz einer Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG für Ausspielungen am verfahrensgegenständlichen Standort mit dem verfahrensgegenständlichen Gerät gewesen wäre oder eine Konzession oder Bewilligung für in Oberösterreich stattfindende Ausspielungen vorgelegen wäre, wurde von ihr zu keinem Verfahrenszeitpunkt behauptet. Ebenso ist eine solche der Homepage des BMF https://www.bmf.gv.at/steuern/gluecksspiel-spielerschutz/in-oesterreich/gspg-konzessionaere.html nicht entnehmbar.

 

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 Glücksspielgesetz - GSpG in der zum Zeitpunkt der Tat geltenden Fassung BGBl I Nr 105/2014 begeht derjenige eine Verwaltungs­übertretung und ist von der Behörde mit einer Geldstrafe von bis zu 60.000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt.

 

Gemäß § 1 Abs. 1 GSpG ist ein Glücksspiel im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt.

 

Gemäß § 2 GSpG sind Ausspielungen Glücksspiele, die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

 

Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 GSpG ist Unternehmer, wer selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein. Wenn von unterschiedlichen Personen in Absprache miteinander Teilleistungen zur Durchführung von Glücksspielen mit vermögenswerten Leistungen im Sinne der Z 2 und 3 des Abs. 1 an einem Ort angeboten werden, so liegt auch dann Unternehmereigenschaft aller an der Durchführung des Glücksspiels unmittelbar beteiligten Personen vor, wenn bei einzelnen von ihnen die Einnahmenerzielungs­absicht fehlt oder sie an der Veranstaltung, Organisation oder dem Angebot des Glücksspiels nur beteiligt sind.

 

Gemäß § 2 Abs. 4 GSpG sind Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind, verboten.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

Aufgrund der nunmehr vorliegenden Entscheidungen des VwGH (VwGH 20. April 2016, Ro 2015/17/0020 und 0021) zum Gerät „afric2go" kann die bisherige Judikatur des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich, die zusammengefasst davon ausging, dass aufgrund der Zurverfügungstellung eines Musiktitels, welcher auf einem Datenträger gespeichert und mitgenommen werden kann und des daraus resultierenden Erhalts eines Wertäquivalents, keine Einsatzleistung und insofern keine Ausspielung vorliegt, nicht mehr aufrechterhalten werden.

Das Landesverwaltungsgericht Oö. stützte sich bei dieser Rechtsprechung insbesondere auf die oben dargestellten Gutachten, die den Schluss zuließen, dass es sich bei Geräten, die diesen Gutachten entsprechen, um Musikautomaten handle. Dieser Ansicht war auch der Leiter der Stabstelle der Finanzpolizei, worauf die zuständige Abteilung der Oö. Landesregierung mit Schreiben vom 25. März 2013 mitteilte, dass Geräte, die den Gutachten entsprechen würden, als Musikautomaten zu qualifizieren seien.

 

Der Verwaltungsgerichtshof stellt nunmehr klar (Ro 2015/17/0020), dass für die Erfüllung des § 2 Abs. 1 Z 2 GSpG lediglich Voraussetzung ist, dass im Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel eine vermögenswerte Leistung erbracht wird. Der Einsatz von 1 Euro stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel, da gleichzeitig mit der Betätigung der „Musik kopieren/hören"-Taste der zufallsabhängige Beleuchtungs­umlauf in Gang gesetzt werde, mit dem der Einsatz vervielfacht werden könne. Selbst ein zeitversetztes Starten der Gewinnspielfunktion könne den Zusammenhang zwischen Einsatzleistung und Gewinnspiel nicht durchbrechen, da selbst ein verzögert in Gang gesetztes Glücksspiel noch in einem engen Zusammenhang mit der Einsatzleistung stehe, weil die vermögenswerte Leistung des Anwenders nicht auf den Erwerb eines Musiktitels beschränkt ist, sondern auch die (nachfolgende) Gewinnchance umfasse.

 

Entsprechend der jüngsten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ist - trotz Übereinstimmung der Funktionsweise des gegenständlichen Geräts mit dem Gutachten von F.M. - festzuhalten, dass mit dem gegenständlichen Gerät mit der FA-Nr 5 Spiele durchgeführt werden können, deren Ergebnis ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängt. Es gibt keine Hinweise, dass der Spieler durch besonderes Geschick, Erfahrung oder besondere Kenntnisse den Spielausgang bewusst beeinflussen könnte. Da die Spieler Einsätze leisteten und für diese ein Gewinn in Aussicht gestellt war, handelt es sich um Ausspielungen i.S.d. GSpG, wobei für diese keine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG vorlag und die mitbeteiligte Partei von diesem auch nicht ausgenommen war, weshalb diese Ausspielungen gemäß § 2 Abs. 4 GSpG verboten waren.

 

Wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt, wurde das gegenständliche Gerät im vorgeworfenen Tatzeitraum im verfahrensgegenständlichen Lokal zur Erzielung selbstständigen und nachhaltigen Einnahmenerzielung betrieben. Wie eben dargestellt, wurden am Gerät verbotene Ausspielungen durchgeführt. Die A. GmbH, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer die mitbeteiligte Partei ist, hat sich als Unternehmerin durch das Überlassen des Geräts im verfahrensgegenständlichen Lokal an diesen verbotenen Ausspielungen beteiligt.

 

Der rechtsfreundliche Vertreter der mitbeteiligten Partei brachte jedoch in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor, dass der mitbeteiligten Partei bereits vor Aufstellung des gegenständlichen Geräts die Gutachten von F.M., Mag. S. sowie das Schreiben des Amtes der Oö. Landesregierung, in dem auf die Stellungnahme des Leiters der Stabstelle der Finanzpolizei Bezug genommen wird, bekannt waren.

 

Die mitbeteiligte Partei beruft sich damit einen Verbotsirrtum.

 

Entschuldigend wirken dabei nach stRspr nur das Vertrauen auf die einschlägige und einhellige höchstgerichtliche Rsp zum Tatzeitpunkt (VwGH 22.3.1994, 93/08/0177), von der zuständigen Behörde selbst erteilte Auskünfte über ihre Verwaltungspraxis (VwSlg 14.020 A/1994) bzw. eine tatsächlich bestehende „ständige Verwaltungsübung" (VwGH 22.3.1994, 93/08/0177) sowie Rechtsauskünfte auf Grundlage einer vollständigen Sachverhaltsmitteilung, wenn sie von einer fachkompetenten Stelle/Person stammen und bestimmte wesentliche Kriterien erfüllen. Entschuldigend wirkt hiebei eine Rechtsauskunft der zuständigen Behörde (VwGH 4.10.2012, 2012/09/0134, 18.9.2008, 2008/09/0187), einer anderer fachkompetenter Institutionen, zB der gesetzlichen beruflichen Vertretungen (zB VwGH 16.11.1993, 93/07/0022, 0023), der Gebietskrankenkasse (VwSlg 14.020 A/1994) oder auch des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (VwSlg 13.257 A/1990) bzw in sehr eingeschränktem Ausmaß die Rechtsauskunft berufsmäßiger Parteienvertreter (zB von Rechtsanwälten). Diese muss sich jedenfalls an der maßgeblichen Rsp der Höchstgerichte und gegebenenfalls an der Rechtsmeinung der zuständigen Behörde (VwSlg 11.744 A/1985) orientieren. Das Vertrauen auf die (falsche) Rechtsauskunft ist dem Auskunftssuchenden insbesondere dann vorwerfbar, wenn dem Beschuldigten das Spannungsverhältnis zur gegenteiligen Behörden­auffassung bekannt ist oder sich unmittelbar aus dem Inhalt der Auskunft auch für den Nicht-Fachmann ersichtliche Zweifel ergeben (VwGH 22.2.2006, 2005/17/0195); (vgl. Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 5 Rz 21 [Stand 1.7.2013, rdb.at]).

 

Obwohl durch das Aufstellen des gegenständlichen Geräts ein Verstoß gegen einen der objektiven Tatbestände des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG begangen wurde, fehlt es im konkreten Fall an einem vorwerfbaren Verhalten. Die mitbeteiligte Partei durfte auf die - ihr bereits vor Aufstellung des gegenständlichen Geräts bekannte - Rechtsansicht der Oö. Landesregierung bzw des Leiters der Stabstelle Finanzpolizei, wonach es sich bei einem derartigen Gerät um einen Musikauto­maten handle, soweit es dem Sachverständigengutachten entspricht, vertrauen.

 

Diesbezüglich ist auch festzuhalten ist, dass die oben genannte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zum Gerät „afric2go“ erst nach der Erlassung des gegenständlichen Bescheides ergangen ist.

 

Die mitbeteiligte Partei konnte sich somit erfolgreich auf einen Verbotsirrtum berufen.

 

Im Ergebnis war die Beschwerde abweisen, da sich die mitbeteiligte Partei erfolgreich auf einen entschuldigenden Verbotsirrtum berufen konnte.

 

 

 

II.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt:

Zwar fehlt im Hinblick auf das Gerät „afric2go“ die höchstgerichtliche Rechtsprechung bislang, jedoch existiert Judikatur des VwGH zur Frage des Verbotsirrtums. Die Entscheidung weicht nicht von dieser Judikatur ab. Es liegen sohin keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Lederer