LVwG-650053/8/Bi/SA

Linz, 17.03.2014

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde des Herrn X, X, vertreten durch seinen Vater Herrn G X, X, vom 11. Dezember 2013 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau/Inn vom 3. Dezember 2013, VerkR21-604-2013/BR, wegen Anordnung einer Nachschulung und der Vorlage des Führerscheins wegen Verlängerung der Probezeit, zu Recht  e r k a n n t:

 

 

 

I.

Gemäß § 28 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen und der in Beschwerde gezogene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass sich der Beschwerdeführer wegen eines schweren Verstoßes gemäß § 4 Abs.3 und 6 Z2 lit.a FSG binnen vier Monaten ab Rechtskraft (= Zustellung) dieses Erkenntnisses einer Nachschulung für verkehrsauffällige Lenker zu unterziehen hat.

 

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungs­gerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid wurde der Beschwerdeführer auf der Grundlage der §§ 4 Abs.3 und 7 sowie 13 Abs.6 FSG aufgefordert, sich auf seine Kosten innerhalb von vier Monaten, gerechnet ab Bescheidzustellung, einer „Nachschulung für alkoholauffällige Lenker“ bei einer von Landeshauptmann ermächtigten Stelle zu unterziehen. Mit der Anordnung der Nachschulung verlängere sich die Probezeit um ein weiteres Jahr; sei die Probezeit bereits abgelaufen, beginne sie mit der Anordnung der Nachschulung für ein Jahr wieder neu zu laufen. Weiters wurde der Beschwerdeführer aufgrund der Probe­zeitverlängerung aufgefordert, sein Führerscheindokument – Führerschein: ausgestellt von der BH Braunau/Inn zu Zl. 12/366381 am 8. März 2013 – innerhalb von zwei Wochen ab Übernahme bzw Hinterlegung des Bescheides (der belangten Behörde) vorzulegen, um die Herstellung eines neuen Führerscheines in die Wege zu leiten.

2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht ein nunmehr als Beschwerde gemäß § 7 VwGVG iVm Art.130 Abs.1 Z1 B-VG anzusehendes Rechtsmittel eingebracht, über das von der belangten Behörde die Berufungsvor­entscheidung vom 17. Dezember 2013, VerkR21-604-2013/BR, erging, gegen die der Beschwerdeführer fristgerecht den Vorlageantrag vom 2. Jänner 2014 einbrachte. Dieser sowie der in Beschwerde gezogene Bescheid wurde von der belangten Behörde dem Landes­verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Eine (nicht beantragte) mündliche Verhandlung konnte entfallen (§ 24 Abs.3 VwGVG).

3. Der Beschwerdeführer macht im Rechtsmittel vom 11. Dezember 2013 im Wesentlichen geltend, ihm sei fälschlicherweise eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker auferlegt worden, was sein Vater am 11. Dezember 2013 bei der belangten Behörde richtigzustellen versucht habe. Allerdings sei der zuständige Sachbearbeiter nicht anwesend gewesen und die Vertreterin habe auf der angeordneten Nachschulung bestanden und diesem gesagt, er solle sie „nicht ansudern“. Sein Vater habe sich nur höflich erkundigen wollen, welche Möglich­keiten er habe, gegen den „falschen, nichtigen und ungültigen“ Bescheid vorzugehen. Man könne wohl erwarten, dass die Behörde einen richtigen Bescheid ausstelle.   

Zum Vergehen sei zu sagen, dass Anfang August eine Anonymverfügung wegen einer Geschwindigkeitsübertretung ergangen sei, ausgestellt auf das Fahrzeug der Mutter des Beschwerdeführers. Der Sohn habe den Betrag von 70 Euro einbezahlt, aber dieser sei ihm auf sein Konto rücküberwiesen worden, was ihm zunächst nicht aufgefallen sei. Nach einiger Zeit sei eine Lenkererhebung gekommen, worauf er sich als Lenker bekannt habe, dann sei eine Strafverfügung mit 100 Euro Strafe gekommen, worauf er den Fehler bemerkt und den Betrag eingezahlt habe. Er sehe nicht ein, eine Nachschulung machen zu müssen. Wegen einer Geschwindigkeitsübertretung 100 Euro Strafe, 500 Euro Nachschulungskosten, 50 Euro Führerscheinkosten und noch ein Jahr länger den Führerschein auf Probe zu bekommen, sei bei einem Einkommen von 1000 Euro nicht „händelbar“. Es sei nicht einmal bekannt, wer die Messung gemacht habe und ob da alles gepasst habe, wobei die Rede von nur 1 km/h zu viel sei. Da keine Bindung an das Ausmaß dieser Übertretung bestehe, ersuche er, die Strafakten der BH Salzburg-Land zu beschaffen zum Beweis dafür, dass die  Geschwindig­keit nicht über 70 km/h betragen habe.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Einholung des Aktes GZ:30308-369/83727-2013 der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung sowie des am 25. Juli 2013 gültigen Eichscheins für das in der Anzeige angeführte Radargerät MUVR 6F BP 50064 278 vom LPK Salzburg samt Wahrung des Parteiengehörs. Der Beschwerdeführer hat nach Zustellung (Hinterlegung) des h. Schreibens am 3. März 2014 keine Äußerung abgegeben.

 

Die Anzeige des Lenkers des Pkw X erfolgte, weil die Radar­messung am 25.7.2013, 13.32 Uhr, auf der L206 bei km 1.000 im Ortsgebiet Neumarkt am Wallersee, Fahrtrichtung Ortsmitte, bei erlaubten 50 km/h eine gemessene Geschwindigkeit von 76 km/h ergab – das Radarfoto zeigt eindeutig den genannten Pkw mit einwandfrei ablesbarem Kennzeichen. Das Radargerät war am genannten Tag insofern ordnungsgemäß geeicht, als der Eichschein des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen eine Eichung am 27. November 2012 mit Nacheichfrist bis 31. Dezember 2015 bestätigt.

Vom Messwert 76 km/h wurden – wie in den Verwendungsbestimmungen von Geschwindigkeits­messern der Bauart MUVR 6F bei gemessenen Geschwindig­keiten bis 100 km/h vorgesehen – ordnungsgemäß 5 km/h, nämlich 3 km/h für Verkehrs- bzw Eichfehlergrenzen und 2 km/h als zusätzlicher Sicherheitsfaktor,  abgezogen, was eine vorwerfbare Geschwindigkeit von 71 km/h ergibt.

 

Das Landesverwaltungsgericht hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:      

Gemäß § 4 Abs.1 FSG unterliegen Lenkberechtigungen für die Klassen A, B, C und D oder die Unterklasse C1, die Personen erteilt werden, die vorher keine in- oder ausländische Lenkberechtigung für eine dieser Klassen besessen haben, einer Probezeit von zwei Jahren. Diese Probezeit ist in den Führerschein nicht einzutragen. Gemäß Abs.3 dieser Bestimmung ist von der Behörde, wenn der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der Probezeit einen schweren Verstoß (Abs.6) begeht oder gegen die Bestimmung des Abs.7 verstößt, unverzüglich eine Nachschulung anzuordnen, wobei die Rechtskraft der Bestrafung wegen eines schweren Verstoßes abzuwarten ist. Berufungen gegen die Anordnung der Nachschulung haben keine aufschiebende Wirkung. Mit der Anordnung einer Nachschulung verlängert sich die Probezeit jeweils um ein weiteres Jahr oder es beginnt eine neuerliche Probezeit von einem Jahr, wenn die Probezeit in der Zeit zwischen der Deliktsetzung und der Anordnung der Nachschulung abgelaufen ist; die Verlängerung oder der Neubeginn der Probezeit ist von der Wohnsitzbehörde dem Führerscheinregister zu melden und in den Führerschein einzutragen. Der Besitzer des Probeführerscheines hat diesen bei der Behörde abzuliefern, die Behörde hat die Herstellung eines neuen Führerscheines gemäß § 13 Abs. 6 in die Wege zu leiten.

Gemäß Abs.6 gelten als schwerer Verstoß gemäß Abs.3 2. mit technischen Hilfsmitteln festgestellte Überschreitungen einer ziffernmäßig festgesetzten erlaubten Höchstgeschwindigkeit im Ausmaß von a) mehr als 20 km/h im Ortsgebiet oder b)  mehr als 40 km/h auf Freiland­straßen.

 

Der Beschwerdeführer wurde mit – in Rechtskraft erwachsener – Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 30. September 2013, GZ 30308-369/83727-2013, der Begehung einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO schuldig erkannt, am 25. Juli 2013, 13.32 Uhr, als Lenker des Pkw X im Ortsgebiet Neumarkt/Wallersee, L206 bei Strkm 1.000 in Fahrtrichtung Ortsmitte die im Ortsgebiet zulässige Höchst­geschwindigkeit von 50 km/h um 21 km/h überschritten zu haben, wobei die in Betracht kommende Messtoleranz bereits zu seinen Gunsten abgezogen worden sei.

 

Km 1.000 der L206 Wiener Straße liegt im Ortsgebiet Neumarkt/Wallersee, wobei die Übertretung „im Ortsgebiet“ aus­drück­lich im Spruch angeführt ist und daher als solche rechtskräftig wurde.

Die belangte Behörde war daher an die Strafverfügung inhaltlich gebunden – ebenso wie das Landesverwaltungsgericht gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl E 14.3.2013, B1103/12: „Sofern die Verwaltungsstrafbehörde darüber rechtskräftig entschieden hat, entfaltet diese Entscheidung über die Vorfrage Bindungswirkung gegenüber der Führerschein­behörde. Die Bindungswirkung der rechtskräftigen Strafverfügung verletzt demnach nicht den Beschwerdeführer in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten.“) und des Verwaltungs­gerichts­hofes (vgl E 24.2.2009, 2007/11/0042; uva), nicht aber in Ansehung des Aus­maßes der Geschwindig­keitsüberschreitung (vgl E 23.5.2003, 2003/11/0127). 

 

Mit Rechtskraft der Strafverfügung steht die Begehung einer Geschwindigkeits­überschreitung im Ortsgebiet Neumarkt am Wallersee, festgestellt mit einem technischen Hilfsmittel, nämlich dem zuletzt vorher am 27. November 2012 mit Nacheichfrist bis 31. Dezember 2015 ordnungsgemäß geeichten Radargerät MUVR 6F Nr.278, fest, wobei der vorge­schriebene Toleranzabzug berücksichtigt wurde – gemessen wurden 76 km/h, angelastet nach Toleranzabzug von 5 km/h ordnungsgemäß 71 km/h, dh eine Überschreitung um 21 km/h.

Die Lenkerauskunft der Zulassungsbesitzerin des Pkw X, der Mutter des Beschwerdeführers, vom 18. September 2013 bezog sich auf den Beschwerde­führer, der als Auftraggeber der Einzahlung der an sie (als Zulassungsbesitzerin) gerichteten Anonymverfügung vom 2. August 2013 aufscheint.

 

Ein Argument für ein Nichtzutreffen des Ausmaßes der Über­schreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit hat der Beschwerdeführer nie vorgebracht und besteht auf dieser Grundlage kein Zweifel daran, sodass im Sinne des § 4 Abs.6 Z2 lit.a FSG von einer Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit um mehr als 20 km/h im Ortsgebiet auszugehen ist.

 

 

Damit tritt die Rechtsfolge des § 4 Abs.1 3. Satz FSG ein, nämlich die Anordnung der Absolvierung einer Nachschulung – wobei allerdings keinerlei Anhaltspunkte für die Anordnung einer solchen für alkoholauffällige Lenker bestehen, sodass die Anordnung, sich einer Nachschulung für verkehrsauffällige Lenker zu unter­ziehen, laut „Berufungsvorentscheidung“ vom 17. Dezember 2013 inhaltlich rechtmäßig war. Die Berufungsvorentscheidung trat aber mit dem Vorlageantrag vom 2. Jänner 2014 außer Kraft.

Aus all diesen Überlegungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 41,60 Euro angefallen.

Zu II.:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. einer bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Bissenberger