LVwG-600228/2/MZ/CG

Linz, 03.04.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Zeinhofer über die Beschwerde des x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 9.12.2013, GZ: VerkR96-15362-2013, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung, zu Recht

e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.           Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 30,- Euro zu leisten.

 

III.           Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 9.12.2013, GZ: VerkR96-15362-2013, wurde der Beschwerdeführer (in Folge: Bf) belangt, weil er am 19.10.2013 um 16.13 Uhr im Gemeindegebiet Ort im Innkreis auf der A 8 bei StrKm 62,055 mit dem PKW mit dem behördlichen (deutschen) Kennzeichen x die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 50 km/h überschritten habe.

 

Der Bf habe daher eine Übertretung des § 20 Abs 2 StVO 1960 begangen, weshalb gegen ihn gem § 99 Abs 2d leg cit eine Geldstrafe in der Höhe von € 150,-, ersatzweise eine Freiheitsstrafe von 44 Stunden, verhängt wurde.

 

II.          Gegen diesen Bescheid erhob der Bf innerhalb offener Frist im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung das Rechtsmittel der Berufung, welches nunmehr als Beschwerde anzusehen ist.

 

Auf das Wesentliche verkürzt bringt der Bf vor, die Tat könne ihm aufgrund seiner Tätigkeit als Konsul von x in der x nicht vorgeworfen werden, da er sich dienstlich am Weg zur Botschaft seines Heimatlandes in Wien befunden habe.

 

III.           a) Die belangte Behörde legte die nunmehr als Beschwerde anzusehende Berufung vom 27.12.2013 unter Anschluss des Bezug habenden Verwaltungsstrafaktes mit Schreiben vom 20. März 2014 (!) dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vor. Eine Beschwerdevorentscheidung wurde nicht erlassen; damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

b) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus Punkt I. und II.. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde von keiner der Parteien beantragt. Von dieser konnte daher gem § 44 Abs 3 Z 1 VwGVG abgesehen werden, da es sich bei der hier zu beurteilenden Frage um eine reine Rechtsfrage handelt.

 

IV.          Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

a) § 20 Abs 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), BGBl 1960/159 in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung lautet: „Sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erläßt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, darf der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.“

 

§ 99 Abs 2d StVO 1960 lautet: „Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 70 bis 2180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis zu sechs Wochen, zu bestrafen, wer die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 30 km/h überschreitet.“

 

b) Im ggst Fall steht sowohl die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes des § 20 Abs 2 StVO 1960 wie auch die Schuld des Bf außer Streit. Fraglich ist lediglich, ob der Bf als Konsul für x in x wegen der Begehung der Tat nicht verfolgt werden darf.

 

Der Status eines Konsuls ergibt sich aus völkerrechtlichen Verträgen, konkret aus dem „Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen“, BGBl 1969/318 idgF. Als Vertragsparteien scheinen ua die Bundesrepublik Deutschland, Bosnien-Herzegowina und die Bundesrepublik Österreich auf.

 

Art 1 Abs 1 lit d WrÜbk zufolge bezeichnet der Ausdruck „Konsul“ jede in dieser Eigenschaft mit der Wahrnehmung konsularischer Aufgaben beauftragte Person einschließlich des Leiters der konsularischen Vertretung. Gem Art 2 Abs 1 leg cit erfolgt die Aufnahme konsularischer Beziehungen zwischen Staaten in gegenseitigem Einvernehmen. Schließlich legt Art 4 Abs 2 WrÜbk fest, dass Sitz, Rang und Konsularbezirk der konsularischen Vertretung vom Entsendestaat bestimmt wird und der Genehmigung des Empfangsstaates bedarf.

 

Art 43 Abs 1 WrÜbk regelt schließlich die Immunität von Konsuln von der Gerichtsbarkeit. Der Bestimmung zufolge sind Konsuln in Bezug auf die von ihnen in Wahrnehmung konsularischer Aufgaben gesetzten Handlungen der Jurisdiktion der Gerichts- und Verwaltungsbehörden des Empfangsstaats nicht unterworfen.

 

c) Der Bf ist – was im vorliegenden Fall nicht strittig ist – als Konsul iSd oben genannten Bestimmung für den Entsendestaat x in der x tätig. Der Konsularbezirk kann daher, da er der Zustimmung des Empfangsstaats bedarf, sich nicht über das Staatsgebiet x hinaus erstrecken. Dass der Bf auch nach Österreich als Konsul entsandt wurde und die Republik Österreich als Empfangsstaat dem zugestimmt hat, hat der Bf nicht ins Treffen geführt und finden sich auch sonst keine dahingehenden Anhaltspunkte.

 

Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass dem Bf bei der Wahrnehmung seiner konsularischen Aufgaben in der x als dessen Empfangsstaat Immunität vor behördlicher bzw gerichtlicher Verfolgung zukommt. Dies trifft jedoch nicht auch für die Republik Österreich bzw auf andere Länder zu, in denen sich der Bf lediglich im Zuge der Dienstausübung aufhält. Oder anders gewendet: Die einem Konsul von einem Staat gewährte Immunität bindet nicht sämtliche Vertragspartner des Wiener Übereinkommens dahingehend, als ihm in allen den Vertrag ratifizierenden Ländern ein Schutz vor behördlicher bzw gerichtlicher Verfolgung zukommt.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich kann der belangten Behörde daher nicht entgegentreten wenn diese zur Auffassung gelangt ist, dass der Bf wegen der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung zu bestrafen ist.

 

c) § 9 Abs 1 Z 3 VwGVG zufolge hat eine Beschwerde „die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt“, Z 4 leg cit zufolge „das Begehren“ zu enthalten. § 27 VwGVG normiert, dass, soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid „auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4)“ zu überprüfen hat.

 

Im Gegensatz zum Rechtsmittelverfahren nach dem AVG bindet das VwGVG die Rechtsmittelinstanz damit an die in der Beschwerde vorgebrachten Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit der angefochtenen behördlichen Entscheidung stützt.

 

Im ggst Fall hat der Bf lediglich eine falsche rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde geltend gemacht; es war daher auch nur dieses Vorbringen einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung zu unterziehen.

 

V.           Gem § 52 Abs 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens zu leisten hat. Dieser Beitrag ist Abs 2 leg cit zufolge für das Beschwerdeverfahren – worauf in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Straferkenntnisses auch hingewiesen wurde – mit 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit € 10,- zu bemessen. Im vorliegenden Fall war daher ein Betrag in der Höhe von € 30,- vorzuschreiben.

 

VI.          Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist zulässig, da es sich bei der Frage, ob sich die Immunität eines im Auslands akkreditierten Konsuls auch auf Dienstreisen in die Bundesrepublik Österreich erstreckt, um eine über den Einzelfall hinausgehende Frage mit grundsätzlicher Bedeutung handelt und – soweit ersichtlich – eine diesbzgl Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht besteht.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Markus Zeinhofer

 

 

LVwG-600228/2/MZ vom 3. April 2014

 

Erkenntnis

 

Rechtssatz

 

Art 43 Abs 1 WrÜbk

 

 

Art 43 Abs 1 WrÜbk zufolge sind Konsuln in Bezug auf die von ihnen in Wahrnehmung konsularischer Aufgaben gesetzten Handlungen der Jurisdiktion der Gerichts- und Verwaltungsbehörden des Empfangsstaats nicht unterworfen.

Der Bestimmung kann nicht entnommen werden, dass eine in der Bundesrepublik Deutschland als Konsul tätige Person auch in Österreich Immunität vor behördlicher und gerichtlicher Verfolgung zukommt, auch wenn sie sich bei der Begehung der Verwaltungsübertretung in Ausübung der konsularischen Tätigkeit befand.

 

 

Beschlagwortung:

Konsul; Ausübung konsularischer Tätigkeit in Drittstaat