LVwG-600109/10/Bi/CG

Linz, 10.03.2014

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde der Frau Mag. M W-O, X, vom 16. Oktober 2013 gegen die Punkte 1), 2) und 4) des Straferkenntnisses des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 3. Oktober 2013, VerkR96-2548-2013-STU, wegen Übertretungen der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 3. März 2014 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht  e r k a n n t:

 

 

 

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das in Beschwerde gezogene Straferkenntnis im Beschwerdeumfang aufgehoben und das Verwaltungs­straf­verfahren jeweils gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.  

 

 

II.

Gemäß § 52 Abs.8 VwGVG entfällt ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

 

III.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs.4 VwGG eine Revision der Beschwerdeführerin an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.6 Z1 B-VG unzulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4   B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Zu I.:

I. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über die Beschuldigte wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 52 lit.a Z10 lit.a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960, 2) und 3) §§ 11 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 und 4)     §§ 97 Abs.5 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 1) und 4) jeweils 58 Euro (je 24 Stunden EFS) und 2) und 3) jeweils 30 Euro (je 12 Stunden EFS) verhängt sowie ihr gemäß § 64 Abs.1 VStG Verfahrenskostenbeiträge von gesamt 40 Euro auferlegt, weil sie am 15. März 2013 um 8.51 Uhr mit dem Pkw L-X 1) im Ortsgebiet Linz, Ebelsberger Umfahrung/Aigengutstraße, einem Bereich, welcher außerhalb eines Ortsgebietes liege, die durch Straßenverkehrs­zeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 23 km/h überschritten habe; die in Betracht kommende Messtoleranz sei bereits zu ihren Gunsten abgezogen worden, 2) im Ortsgebiet Linz, nach dem Mona-Lisa-Tunnel, den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens nicht angezeigt habe, wodurch sich andere Straßenbenützer auf den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens nicht einstellen hätten können (Wechsel von rechts nach links), 3) im Ortsgebiet Linz, Kreisverkehr Wiener Straße B1, Fahrtrichtung stadt­auswärts, den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens nicht angezeigt habe, wodurch sich andere Straßenbenützer auf den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens nicht einstellen hätten können (Wechsel von links nach rechts) und 4) im Ortsgebiet Linz, Kreuzung Wiener Straße/Pichlinger Straße, dem von einem Straßenaufsichtsorgan mittels Rotlicht des Anhaltestabes deutlich sichtbar gegebenen Zeichen zum Anhalten nicht Folge geleistet habe, weil die Fahrt ununterbrochen fortgesetzt worden sei. 

2. Gegen die Punkte 1), 2) und 4) wurde fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der belangten Behörde ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Diese Berufung ist nunmehr als Beschwerde gemäß § 7 VwGVG iVm Art.130 Abs.1 Z1 B-VG anzusehen, über die gemäß Art.131 B-VG das Landes­verwaltungsgericht zu entscheiden hat. Am 3. März 2014 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit der Beschwerdeführerin, des Vertreters der belangten Behörde Herrn G St, der Zeugen Meldungsleger Insp J Z (Ml) und Insp A H (Insp. H) sowie des technischen Amtssachver­ständigen Dipl.HTL-Ing R H (SV) durchgeführt. Auf die mündliche Verkündung des Erkenntnisses wurde verzichtet.   

 

3. Die Beschwerdeführerin macht im Wesentlichen geltend, zwar seien ihre Rechtfertigungen in das Straferkenntnis hineinkopiert, aber nicht im Einzelnen berücksichtigt worden. Der Behörde sei nicht aufgefallen, dass sich der Ml selbst widerspreche, indem er angegeben habe, es habe „fast kein Verkehr“ geherrscht und andererseits gemeint habe, er habe etwas lauter sprechen müssen, weil sie telefoniert habe und Verkehrslärm bestanden habe. Ihr Gatte, mit dem sie telefoniert und der die Amtshandlung mitgehört habe, sei nicht einvernommen worden zu ihrer Aussage, sie sei nicht sofort mit allen Übertretungen konfrontiert worden. Wenn fast kein Verkehr bestanden habe, bleibe ungeklärt, warum sie die Zivilstreife nicht einfach überholt und zum Stehenbleiben aufgefordert habe. Es sei sehr wohl erheblich, dass es sich beim Polizeifahrzeug um eine Zivilstreife gehandelt habe. Das Verhalten der Polizisten sei zwar nicht Teil des Straf­verfahrens, werfe aber ein Licht auf die beiden Beamten hinsichtlich Glaubwürdig­keit.

Bereits im Einspruch von 19. April 2013 hatte die Beschwerdeführerin das Nichtblinken beim Fahrstreifenwechsel im Kreisverkehr zugestanden – trotzdem wurde ihr diese Übertretung im Punkt 3) des Straf­erkenntnisses (samt einem Verfahrenskostenbeitrag von 10 Euro) erneut vorgeworfen. Dagegen hat sie ausdrücklich kein Rechtmittel eingebracht. 

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und in das Digitale Oberösterreichische RaumInformationsSystem (DORIS) sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, bei der beide Parteien gehört und die genannten Polizeibeamten zeugenschaftlich unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 288 StGB einvernommen wurden und ein SV-Gutachten zur Frage der Nachvoll­ziehbarkeit der Tatvorwürfe 1) und 4) in technischer Hinsicht eingeholt wurde.     

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Die Beschwerdeführerin lenkte am Freitag, dem 15. März 2013, gegen 8.30 Uhr den Pkw X von der A7 kommend stadtauswärts über die Abfahrt VÖEST auf die Umfahrung Ebelsberg. Gleichzeitig kam die Zivilstreife, ein VW Golf mit Insp. H als Lenker, vom Chemie-Kreisverkehr und schloss auf dem Pkw der Beschwerdeführerin auf. Den Beamten fiel nach eigenen Angaben auf, dass der Pkw am Beginn der 70 km/h-Beschränkung – die sich laut Verordnung vom 13. Juli 2000, GZ:101-5/19-330090865, in Fahrtrichtung von km 5.172 bis 1.992 erstreckt – beschleunigte. Die von den Zeugen beschriebene Nachfahrt führte über die Umfahrung Ebelsberg von der Kreuzung mit der Turmstraße – hier war die Ampel auf Grün, sodass eine Verminderung der Geschwindigkeit nicht erforderlich war – bis zur Kreuzung mit der Lunzerstraße in einem annähernd gleichbleibenden Abstand, den der Ml als Beifahrer mit ca 30 bis 40 m angab, Insp. H als Lenker aber nicht definieren konnte. Nach seinen Aussagen hätten es auch 100 bis 150 m sein können, aber der Abstand habe sich nicht wesentlich verändert. Nach den Aussagen der beiden Beamten erfolgte von km 4.7 bis 2.6 die Feststellung einer Geschwindigkeitsüberschreitung insofern, als der nicht geeichte Tacho des Zivil­streifenfahrzeuges auf der gesamten Strecke 110 km/h gezeigt habe – in der Anzeige wurden 15%, dh 17 km/h abgezogen, was die Anlastung von 93 km/h in der 70 km/h-Beschränkung, also eine Überschreitung um 23 km/h, ergab.

 

Die Beschwerdeführerin bemerkte von der Nachfahrt durch das Zivilstreifen­fahrzeug nichts. Sie fuhr mit der erlaubten Geschwindigkeit durch den Mona-Lisa-Tunnel, reihte sich dann nach der Kreuzung mit der Traundorfer Straße auf dem linken Fahrstreifen Richtung Kreisverkehr ein und fuhr von diesem in Richtung Asten nach rechts auf der B1 weiter. Die beiden Zeugen gaben an, sie habe in beiden Fällen beim Fahrstreifenwechsel nicht geblinkt. Wer sonst oder inwiefern sie beide sich durch dieses jeweilige Nichtblinken nicht auf das Verhalten der Beschwerdeführerin einstellen konnten, wurde nicht einmal behauptet. Nach den Ausführungen beider fuhren sie der Beschwerdeführerin auf der B1 in Richtung Asten nach, wobei etwa am Beginn der 70 km/h-Beschränkung beim Lokal „X“ Blaulicht auf dem Dach fixiert und die Zivilstreife zum Einsatzfahrzeug wurde. Allerdings gaben die Zeugen übereinstimmend an, dort hätte von der Straßenbreite her keine Möglichkeit bestanden, einem Einsatzfahrzeug Platz zu machen – was der Beschwerde­führerin auch nicht vorgeworfen wurde. Diese telefonierte nach eigenen Angaben während der gesamten Fahrt mit ihrem Gatten über die Freisprech­einrichtung und bemerkte auch das Blaulicht hinter ihrem Pkw nicht. Als sie sich bei der Kreuzung mit der Pichlingerstraße bei Rotlicht auf dem rechten geradeaus führenden Fahrstreifen einordnete, fuhr das Einsatzfahrzeug neben ihr auf die Linkseinbiegespur, der Beifahrer öffnete das Seitenfenster und forderte sie nach eigenen Angaben laut hinüberrufend wörtlich auf, ihnen nach links einbiegend nachzufahren, wobei er beim offenen Fenster die Anhaltekelle hinaushielt. Die Beschwerdeführerin war nach eigenen Angaben überrascht, sah dann aber die Polizeikappe vorne im Fahrzeug liegen, woran sie erkannte, dass es sich beim Zivilstreifenfahrzeug um die Polizei handelte. Allerdings gab sie an, der Beamte habe sie in unangemessener Art und Weise geduzt, Schimpfwörter verwendet  und sie angeschrien, sie solle auf die Seite fahren. Sie habe jedenfalls nichts von Linkseinbiegen gehört und sei bei der Kreuzung rechts in die dortige kleine Straße zugefahren, worauf der Beamte sie weiter anschrie, dort könne sie nicht stehenbleiben, sie solle ihnen nachfahren. Insp. H gab an, er sei etwas verzögert weggefahren und habe, als deutlich geworden sei, dass die Lenkerin nicht quer über die Kreuzung nach links einbiegen werde, deren Pkw in der Kreuzung überholt und sich vor ihm eingeordnet, worauf ihnen die Beschwerdeführerin gefolgt sei bis zur nächsten Bushaltestelle rechts. Dort fand gegen 8.51 Uhr die Amtshandlung statt, die von allen Beteiligten so beschrieben wurde, dass außer der Kontrolle der Papiere, der Warneinrichtungen und des Erste-Hilfe-Sets bei der Beschwerdeführerin auch ein Alkoholvortest gemacht wurde, der 0,0 mg/l ergeben hat, vom Ml aber als völlig normal bei einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle in einer solchen Situation beschrieben wurde, obwohl keinerlei Anzeichen für Alkohol bestanden haben.  Der Beschwerdeführerin wurde vom Ml nach dessen Aussagen vorgeworfen, zu schnell gefahren zu sein und zweimal nicht geblinkt zu haben; die Beschwerde­führerin betonte, ihr sei ohne Ortsangabe vorgeworfen worden, zu schnell gefahren zu sein und beim Kreisverkehr nicht geblinkt zu haben. Sie habe da erst mitbekommen, dass die Beamen schon vor dem Tunnel hinter ihr gefahren seien. Bei der Kontrolle sei alles in Ordnung gewesen; ihr Gatte habe die ganze Amtshandlung am Handy mitgehört. Aufgrund der ihr exzessiv und sogar in Richtung Amtsmissbrauch gehend erscheinenden Amtshandlung beschwerte sie sich schriftlich bei der Landes­polizeidirektion , worauf sich der Vorgesetzte der beiden Beamten bei ihr entschuldigt habe.

 

Zur bei der Nachfahrt festgestellten Geschwindigkeit führte der SV aus, dass zwar bei einem abgelesenen Tachowert von 110 km/h, bei einem Nachfahrabstand von 40 m samt einer Halbierung des Nachfahrabstandes im Zuge der Nachfahrt und Abzug eines Ablesefehlers von 3 km/h Anzeigeun­genauigkeit bei einem ungeeichten Tacho (entsprechend der ECE-Richtlinie 39) eine vorwerfbare Geschwindigkeit von 94 km/h errechnet werden könne, aber aufgrund der vom Lenker des Zivilstreifenfahrzeuges Insp. H eingeräumten Möglichkeit, dass der Nachfahrabstand auch 100 bis 150 m betragen haben könne, es zu Geschwindigkeitsverzerrungen kommen könne, die ohne weiteres auf eine tatsächliche Geschwindigkeit der Beschwerdeführerin im Bereich von 80 km/h schließen lassen – eine exakte Taxierung oder größenordnungsmäßige Einschätzung bei einem derart großen Abstand sei aus technischer Sicht nicht möglich, weil es dabei Einflussparameter gebe, die dem Polizeibeamten gar nicht zu Bewusstsein kommen. Bei einem möglichen Nachfahrabstand von 100 bis 150 m sei die Geschwindigkeitsmessung durch die beschriebene Nachfahrt als vorwerfbarer Ablesewert nicht ausreichend gesichert. Die Toleranzen seien dabei so groß, dass es durchaus möglich sei, dass die Beschwerdeführerin unwesentlich schneller als 70 km/h gefahren sei.

Zum Anhaltevorgang führte der SV aus, dass, wenn man davon ausgehe, dass beide Fahrzeuge das jeweils erste an der Haltelinie waren, die nebeneinander eingereiht waren, das Blaulicht für den Nachfolgeverkehr gut erkennbar war, nicht aber zwingend auch der Auftrag an die rechts davon befindliche Beschwerdeführerin, vom falschen (geradeausführenden) Fahrstreifen aus nach links einzubiegen. Daraus ergebe sich eine Gefahrensituation für den Nach­folgeverkehr, der sich auf das Blaulicht konzentriere. Eine derartige mündliche Anordnung – selbst wenn sie einwandfrei erfolgt sei – erscheine verkehrs­technisch sehr problematisch und möglicherweise auch gefährlich für den Nachfolgeverkehr, der nicht zwingend erkenne, dass dieses Abbiegemanöver von der geradeausführenden Fahrspur nach links auf Polizeianweisung erfolgt.

 

In rechtlicher Hinsicht hat das Landesverwaltungsgericht erwogen:

Zu Punkt 1) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 52 lit.a Z10 lit.a StVO 1960 zeigt das Vorschriftzeichen "Geschwindig­keits­beschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

Die Geschwindigkeitsbeschränkung auf 70 km/h ist auf der Umfahrung Ebelsberg zwischen km 1.992 und km 5.172 (Lunzer Straße bis VÖEST-Knoten) mit Verordnung des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 13. Juli 2000, GZ:101-5/19-330090865, verordnet.

 

Nach den Feststellungen des SV ist nicht mit der für ein Verwaltungsstraf­verfahren erforderlichen Sicherheit davon auszugehen, dass die vom Zivil­streifenfahrzeug offenbar eingehaltene Geschwindigkeit (110 km/h laut Anzeige des ungeeichten Tachos) auch von der Beschwerdeführerin eingehalten wurde. Insbesondere der auf eine bestimmte Strecke erforderliche annähernd gleichbleibende Nachfahrabstand wurde durch die divergierenden Zeugen­angaben des Beifahreres und des Lenkers relativiert, sodass keine ausreichende Beweisgrundlage für die der Beschwerdeführerin vorgeworfene Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit zu finden war – weshalb zu ihren Gunsten mit der Einstellung des Verfahrens gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG vorzugehen war.      

 

Zu Punkt 2) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 11 Abs.2 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges die bevor­stehende Änderung der Fahrtrichtung oder den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens so rechtzeitig anzuzeigen, dass sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen können. Er hat die Anzeige zu beenden, wenn er sein Vorhaben ausgeführt hat oder von ihm Abstand nimmt.

 

Nach der Kreuzung der Umfahrung Ebelsberg mit der Traundorfer Straße hat die Beschwerdeführerin nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens vom rechten geradeaus führenden Fahrstreifen kommend auf den geradeaus führenden Fahrstreifen in Richtung Kreisverkehr mit der B1 Wiener Straße gewechselt – der dort beginnende rechte Fahrstreifen führt in Richtung Ebelsberg und weist laut DORIS Pfeile nach rechts auf – und dabei laut Zeugenaussage der ihr unmittelbar nachfahrenden Beamten nicht geblinkt. Die Beschwerdeführerin hat daher ihre Fahrtrichtung (geradeaus) beibehalten, allerdings sich für den linken der beiden weiter­führenden Fahrstreifen entschieden. Dabei ist den beiden Zeugen die Wahr­nehmung des Nichtblinkens aus ihrer Position hinter dem Pkw zumutbar und ihre Aussagen daher glaubhaft. Die beiden Zeugen, insbesondere Insp H als Lenker, haben jedoch nie behauptet, sie hätten sich auf das Verhalten der Beschwerde­führerin nicht einstellen können; davon, dass dies eventuell anderen Straßenverkehrsteilnehmern nicht möglich gewesen wäre, war ebenfalls keine Rede. Damit ist nicht erwiesen, dass im konkreten Anlassfall die Voraus­setzungen für ein Tätigwerden im Sinne des § 11 Abs.2 StVO auch tatsächlich bestanden haben (vgl VwGH 17.10.1984, 82/03/0061), sodass gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG zu entscheiden war.

 

Zu Punkt 4) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 97 Abs.5 StVO 1960 sind die Organe der Straßenaufsicht berechtigt, durch deutlich sichtbare oder hörbare Zeichen Fahrzeuglenker zwecks Lenker- oder Fahrzeugkontrolle, zwecks anderer, den Fahrzeuglenker oder eine beförderte Person betreffende Amtshandlungen oder zwecks Durchführung von Verkehrserhebungen (wie Verkehrszählungen u dgl) zum Anhalten aufzufordern. Der Fahrzeuglenker hat der Aufforderung Folge zu leisten.

Die Strafsanktionsnorm dazu bildet § 99 Abs.3 lit.j StVO 1960 (vgl VwGH 22.11.1984, 84/02B/0133).

 

Die Beschwerdeführerin hätte nach den mündlich gegebenen Anordnungen des Ml vom geradeaus führenden Fahrstreifen vor der Kreuzung der B1 mit der Pichlinger Straße nach links in Richtung Pichling einbiegen sollen, um dem nunmehr als Einsatzfahrzeug anzusehenden Zivilstreifenfahrzeug zwecks Verkehrskontrolle nachzufahren. Dass die Anhaltung aus Sicherheitsüber­legungen nicht auf der B1 durch­geführt werden sollte, ist verkehrs- und platz­bedingt nachvollziehbar, jedoch ist auch glaubhaft, dass die Beschwerdeführerin bis dahin dem hinter ihr fahrenden Pkw keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt hatte und möglicherweise durch ihr Telefonat (trotz Freisprech­einrichtung) so abgelenkt war, dass ihr auch das ab dem Nachtlokal „X“ (Beginn der 70 km/h-Beschränkung) eingeschaltete Blaulicht nicht auffiel. Nach ihren Angaben bemerkte sie erst bei Ansichtigwerden der vorne im Zivilstreifenfahrzeug liegenden Polizeikappe, dass es sich beim neben ihr auf dem Linkseinbiegestreifen eingeordneten Pkw um eine Zivilstreife und dem nach ihren durchaus glaubwürdigen Schilderungen in nicht gerade höflicher Weise herüberrufenden Beifahrer um einen Polizeibeamten handelte, der ihr Anordnungen zwecks Durchführung einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle gab.

Aus der Sicht des Landesverwaltungsgerichtes ist beim von den Zeugen beschriebenen Anhalteversuch zu berücksichtigen, dass nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens nicht gesichert ist, was die Beschwerdeführerin tatsächlich verstanden hat. Es ist nicht auszuschließen, dass sie im Verkehrslärm vor der Kreuzung lediglich mitbekommen hat, dass sie zwecks Kontrolle auf die Seite fahren solle, aber nicht, dass sie dezidiert aufgefordert wurde, von ihrer Position aus – völlig atypisch und an sich verboten – nach links einzubiegen. Ihre Verantwortung ist insofern glaubwürdig, als sie in dieser Situation das ihr richtig Erscheinende getan hat, indem sie an den rechten Straßenrand gefahren ist – was von den Beamen aber auch nicht goutiert wurde und schließlich mit einer Planänderung der Polizeibeamten und deren Weiterfahrt auf der B1 Richtung Asten endete mit dem Auftrag an die Beschwerdeführerin, ihnen zu folgen, was sie nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens auch sofort getan hat. Im Ergebnis kann daher von einer Erfüllung des ihr zur Last gelegten Tatbestandes nicht ausgegangen werden, weshalb auch hier mit der Verfahrenseinstellung gemäß § 45 Abs.1 Z1 2.Alt. VStG vorzugehen war.

     

Zu II.:

Gemäß § 52 Abs.8 VwGVG entfällt die Vorschreibung jeglicher Verfahrenskosten­beiträge.

 

Zu III.:

Eine ordentliche Revision der Beschwerdeführerin ist auf der Grundlage des §25a Abs.4 VwGG nicht zulässig – gemäß dieser Bestimmung ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art.133 Abs.6 Z1 B-VG) nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungs­strafsache 1. eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und 2. im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde.

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. einer bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Bissenberger