LVwG-600133/5/MS/KR

Linz, 31.03.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Dr. Monika Süß über die Beschwerde von Frau S V, vertreten durch J:M Rechtsanwälte GesbR, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 25. November 2013, GZ: VerkR96-6881-2013, wegen der Verwaltungsübertretung nach § 82 Abs. 8 KFG

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

 

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 25. November 2013, VerkR96-6881-2013, wurde der Beschwerdeführerin angelastet, es unterlassen zu haben als Benutzerin eines Fahrzeuges mit ausländischen Kennzeichen den Zulassungsschein und die Kennzeichentafel nach Ablauf eines Monats nach Einbringen des Fahrzeugs in Österreich der Behörde, in deren Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern, obwohl Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht und in diesem verwendet werden, zum Beweis des Gegenteils als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen sind.

Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 sei nur während eines Monats unmittelbar nach ihrer Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Nach Ablauf dieser Frist seien der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in der örtlichen Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Das Kraftfahrzeug sei am 17. Jänner 2012 in Österreich eingebracht worden. Der Standort in Österreich sei in X. Die Beschwerdeführerin habe bis zum 25. Februar 2013 die Kennzeichen und den Fahrzeugschein nicht abgeliefert.

 

Der Beschwerdeführerin wird vorgeworfen, dadurch die Rechtsvorschrift des § 82 Abs. 8 KFG verletzt zu haben und wurde eine Geldstrafe in Höhe von € 220 und im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 96 Stunden gemäß § 134 Abs. 1 KFG verhängt.

 

Dagegen richtet sich die von der Beschwerdeführerin durch ihre Rechtsvertreter eingebrachte Berufung (nunmehr Beschwerde).

 

Gemäß § 3 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 2013/33 idgF gilt eine bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 erhobene Berufung gegen einen Bescheid, der vor Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen wurde, als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG.

 

Beantragt wird, eine mündliche Berufungsverhandlung durchzuführen, das Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben und das Verfahren einzustellen bzw. in eventu aufgrund der Geringfügigkeit des Verschuldens sowie der unbedeutenden Folgen der gegenständlichen Verwaltungsübertretung es bei einer Ermahnung gemäß § 45 Abs. 1 VStG bewenden zu lassen.

 

Im Wesentlichen wird die Beschwerde wie folgt begründet:

Die Berufungswerberin habe bereits im Einspruch vom 19. März 2013 bekannt gegeben, sie habe zum angeblichen Zeitpunkt ihren Hauptwohnsitz in X, X, gehabt, wo sich auch der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen befunden habe. Dies habe die Beschwerdeführerin bereits in ihrem Einspruch vom 19. März 2013 bekannt gegeben. Die Wohnung in X, X, habe sie aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit in T angemietet und habe sie diesen Wohnsitz als Nebenwohnsitz genutzt und registriert. Der Hauptwohnsitz habe sich allerdings aufgrund ihrer deutschen Staatsbürgerschaft sowie aufgrund ihrer sozialen Integration in L, X, befunden. Dort habe die Beschwerdeführerin nicht nur ihren Hauptwohnsitz gemeldet, sondern habe sich dort eben auch der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen befunden. Im Berufungsverfahren zur Last gelegte Tat sei sowie nicht verwirklicht.

 

Soweit die Behörde nun den angefochtenen Straferkenntnis ausführe, es sei nicht entscheidend wo jemand gemeldet sei, sondern tatsächlich der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen sei ist entgegenzuhalten, dass daraus für die Behörde nichts zu gewinnen sein. Die die Beschwerdeführerin habe in ihrem bisherigen Vorbringen, nämlich nicht nur ausgeführt, sie habe ihren Hauptwohnsitz in DX gemeldet, sondern eben auch dass sich dort der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen befindet. Daher sei bereits Einspruch vom 19.3.2013 ein entsprechend geeignetes Tatsachenvorbringen erstattet worden.

 

Im angefochtenen Bescheid sei zu Unrecht davon ausgegangen worden, die Beschwerdeführerin habe bis dato kein zu ihrer Entlastung geeignetes Tatsachenvorbringen erstattet. Die von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zitierte Rechtsprechung des VwGH könne daher nicht auf den gegenständlichen Fall angewendet werden. Die Bezirkshauptmannschaft habe selbst zitiert, die Beschuldigte habe alles darzulegen was für ihre Entlastung spreche und dies habe in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen zu geschehen. Ein solches geeignetes Tatsachenvorbringen habe die Beschwerdeführerin bereits im Einspruch vorgebracht und habe sie eine Anmeldebestätigung über den Hauptwohnsitz in L und eine Meldebestätigung über den Nebenwohnsitz in X, vorgelegt. Aus all diesen Gründen sei daher das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

 

II.            Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 03. Februar 2014 vorgelegten verfahrensgegenständlichen Akt sowie der am 24. März 2014 durchgeführten mündlichen Verhandlung.

 

 

Das OÖ. Landesverwaltungsgericht geht von folgendem Sachverhalt aus:

Die Berufungswerberin hatte aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit in der Rechtsanwaltskanzlei J:M Rechtsanwälte GesbR in T, X, eine Wohnung in X, angemietet und diesen Wohnsitz als Nebenwohnsitz vom 17. Jänner 2012 bis 18. März 2013, gemeldet. Der Hauptwohnsitz der Berufungsverfahren befand sich im Tatzeitpunkt in X, L.

Die Beschwerdeführerin nutzte im fraglichen Zeitraum ein Fahrzeug mit deutschen Kennzeichen, X.

Die Beschwerdeführerin fuhr regelmäßig nach Deutschland zurück. Sofern dies möglich war, jedes Wochenende sowie im Urlaub, da sie in Deutschland noch ihren Freundeskreis und vor allem ihre Großmutter hatte.

Das Arbeitsverhältnis war von Anfang an auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, jedoch war sich die Beschwerdeführerin nicht sicher, ob ihre Tätikgeit in der Rechtsanwaltskanzlei eine Tätigkeit auf Dauer sein werde aufgrund der vorhandenen Unterschiede des deutschen vom österreichischen Recht und der Akzeptanz der Klienten der Kanzlei.

 

 

III.           Gemäß § 82 Abs. 8 KFG sind Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von einer Person mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 ist nur während eines Monats ab Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Nach Ablauf dieser Frist sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in der örtlichen Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Wenn glaubhaft gemacht wird, dass innerhalb dieses Monats die inländische Zulassung nicht vorgenommen werden konnte, darf das Fahrzeug ein weiteres Monat verwendet werden. Danach sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, der örtlichen Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Die Ablieferung begründet keinen Anspruch auf Entschädigung.

 

Gemäß § 134 Abs. 1 KFG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu € 5000 im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu 6 Wochen zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz, den aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Art. 5 bis 9 und10 Abs. 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006, der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 oder den Art. 5 bis 8 und 10 des europäischen Übereinkommens über die Arbeit des internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR), BGBl. Nr. 518/1975 in der Fassung BGBl. Nummer 203/1993, zuwiderhandelt. Bei der Einbringung von Fahrzeugen in das Bundesgebiet sind solche Zuwiderhandlungen auch strafbar, wenn sie auf dem Weg von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen wurden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann anstelle der Geldstrafe Arrest bis zu 6 Wochen verhängt werden. Wurde der Kläger wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits seine bestraft, so können Geld-und Arreststrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Arreststrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen in der gleichen Art abzuhalten. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.

 

 

IV.          Zu welchem Zeitpunkt und unter welchen Voraussetzungen ein Fahrzeug mit ausländischen Kennzeichen im Inland zuzulassen ist, richtet sich danach, ob es über einen dauernden Standort im Inland oder im Ausland verfügt. Bei der Bestimmung des dauernden Standortes kommt es darauf an, von wem das Fahrzeug im Inland verwendet wird (VwGH vom 27.01.2010, 2009/16/0107).

Um die Standortvermutung des § 82 Abs. 8 KFG und damit die Zulassungspflicht des Fahrzeuges im Inland zu erfüllen, ist es notwendig, dass die Person, die das Fahrzeug nutzt, in Österreich einen Hauptwohnsitz hat.

 

Aus der im ggst. vorgelegten Verwaltungsakt enthaltenen Abfrage des zentralen Melderegisters ist ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin, die das Fahrzeug mit dem deutschen Kennzeichen X nutze, an der Adresse X, vom 17. Jänner 2012 bis zum 18.März 2013, mit Nebenwohnsitz gemeldet war. Während des im ggst. Straferkenntnis vorgeworfenen Zeitraumes vom 17. Jänner 2012 bis zum 25. Februar 2013 hatte die Beschwerdeführerin keinen Hauptwohnsitz in Österreich.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ist für die Beurteilung der Frage, wo eine Person ihren Hauptwohnsitz hat, nicht die polizeiliche Meldung maßgeblich, sondern ist darauf abzustellen, wo sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen befindet. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung legte die Beschwerdeführerin glaubhaft dar, dass sie aufgrund der Tatsache, dass sich ein Teil ihrer Familie, vor allem ihre Großmutter, und auch ihre Freunde sich in Deutschland befunden habe, die Beschwerdeführerin regelmäßig, wenn möglich jedes Wochenende, und im Urlaub zurück nach Deutschland fuhr. Die Beschwerdeführerin legte darüber hinaus dar, dass sie sich, trotz eines unbefristeten Dienstverhältnisses, anfangs auch nicht sicher war, ob es sich um eine längerfristige Tätigkeit handeln würde. Es ist daher davon auszugehen, dass im fraglichen Zeitraum die Lebensinteressen der Beschwerdeführerin nicht in Österreich, sondern in Deutschland gelegen waren und daher in Österreich, in Übereinstimmung mit der polizeilichen Meldung, kein Hauptwohnsitz begründet worden ist.

 

 

V.           Da Eine Übertretung des § 82 Abs. 8 KFG daher nicht gegeben ist, war der Beschwerde stattzugeben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen.

 

 


 

VI.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Dr. Süß