LVwG-410196/3/MB/BZ

Linz, 20.04.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde der x, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Freistadt vom 29. Jänner 2013, GZ Pol01-40-2011, betreffend Einziehung nach § 54 Abs 1 Glücksspielgesetz

 

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der bekämpfte Bescheid ersatzlos behoben.

 

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bezirkshauptmanns von Freistadt (im Folgenden: belangte Behörde) vom 29. Jänner 2013, Pol01-40-2011, wurde wie folgt abgesprochen:

 

"Bescheid

 

Mit den im Spruch ersichtlichen Eingriffsgegenstand wurde von der x als Unternehmer iSd. § 2 Abs. 2 GSpG Glücksspiele iSd. § 1 Abs. 1 GSpG in Form von verbotenen Ausspielungen iSd. § 2 Abs. 4 GSpG, an denen vom Inland aus teilgenommen werden konnte, vom 01. Juni bis 22. September 2011 im Lokal mit der Bezeichnung 'Pizzeria x veranstaltet. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt, Zl. Pol01-40-2011, vom 29. November 2011 wurden dieser Eingriffsgegenstand gem. § 53 Abs. 1 Ziff. 1 lit. a GSpG beschlagnahmt. Dieser Bescheid wurde vom Unabhängigen Verwaltungssenat mit Erkenntnis vom 13. August 2012 bestätigt und ist in Rechtskraft erwachsen.

 

Von der Bezirkshauptmannschaft Freistadt ergeht aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung in erster Instanz nachstehender

 

Spruch

 

Die Einziehung der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt, Zahl: Pol01-40-2011, vom 13. August 2012, gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a Glücksspielgesetz beschlagnahmte Eingriffsgegenstand, nämlich

-      Sweet Beat (Funwechsler), keine Seriennummer und der von den Kontrollorganen angebrachten Kennummer 06383-06386, wird angeordnet.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 54 Glücksspielgesetz BGBl. Nr. 62071989 i.d.g.F."

 

Begründend führte die belangte Behörde dazu wie folgt aus:

"Anlässlich einer am 22. September 2011 um 13.16 Uhr durchgeführten Kontrolle durch Organe der Abgabenbehörde als Organe der öffentlichen Aufsicht iSd. § 50 Abs. 2 GSpG im Lokal mit der Bezeichnung x wurde das vorstehend angeführten elektronische Glücksspielgerät, mit dem in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde, deshalb vorläufig beschlagnahmt, weil der hinreichend begründete Verdacht vorlag, dass damit gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wurde.

 

Von den Kontrollorganen wurden nachweislich umfangreich dokumentierte Testspiele in Form von virtuellen Walzenspielen mit einem Mindesteinsatz in der Höhe vom € 1,00 und mit einem maximalen Einsatz in der Höhe von € 4,00, denen jeweils ein in Aussicht gestellter Höchstgewinn in der Höhe von € 20,00 bzw., € 80,00 gegenüber stand, durchgeführt. Bei diesen Walzenspielen konnten die Spieler nach Geldeingabe nur einen Einsatz samt dazugehörendem Gewinnplan wählen und das Spiel durch Tastenbetätigung auslösen. Nach Abzug des gewählten Einsatzes vom vorgelegten Spielguthaben begann für eine sehr kurze Zeitspanne der 'Walzenumlauf', das heißt, es wurden die am Bildschirm dargestellten Symbole so ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert, dass der optische Eindruck von rotierenden Walzen entstand. Nach Stillstand der 'Walzen' konnten die neu zusammengesetzten Walzensymbole mit den im Gewinnplan angegebenen Symbolkombinationen verglichen und somit allenfalls ein Gewinn oder der Verlust des Einsatzes festgestellt werden.

Die einem Spieler bei diesen virtuellen Walzenspielen möglichen Spielhandlungen hatten in keiner Weise Einfluss auf das Spielergebnis.

Die Entscheidung über das Spielergebnis erfolgte somit ausschließlich zufallsbestimmt.

 

Die Spiele wurden also in Form von Glücksspielen im Sinne des § 1 Abs. 1 GSpG durchgeführt.

 

Die Glücksspiele konnten nur gegen Erbringung einer vermögenswerten Leistung durch den Spieler ausgelöst werden, für welche vom Veranstalter der Glücksspiele in Verbindung mit bestimmten Spielerfolgen vermögenswerte Gewinne in Aussicht gestellt wurden. Die Glücksspiele wurden von der x als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG veranstaltet.

 

Die Glücksspiele wurden also in Form von Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 1 GSpG durchgeführt.

 

Die festgestellten, von den Kontrollorganen dokumentierten Glücksspiele waren nachweislich weder von einer Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz umfasst, noch nach § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen.

 

Die gegenständlichen Ausspielungen wurden somit in Form von verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG durchgeführt.

 

Von der bescheiderlassenden Behörde konnte die x als Eigentümer der gegenständlichen ermittelt werden. Der anlässlich der vorläufigen Beschlagnahme gerechtfertigt bestehende Verdacht bezüglich eines Verstoßes gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG konnte bis heute nicht entkräftet werden.

 

Aufgrund des wegen der Versiegelung der Geräte nicht bloß unverändert vorliegenden Verdachtes, sondern durch die vorstehend dargelegte Dokumentation der Organe der öffentlichen Aufsicht zweifelsfrei nachgewiesenen Verstoßes gegen § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG, wurde die Beschlagnahme mit Bescheid vom 29. November 2011, Zahl: Pol01-40-2011, bestätigt mit Erkenntnis vom Unabhängigen Verwaltungssenat vom 13. August 2012, angeordnet. Im Rahmen der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme wurde Ihnen die Möglichkeit gegeben, zum dargelegten Sachverhalt – Einziehung des Glücksspielgerätes – Stellung zu nehmen. Eine Stellungnahme wurde durch Ihre Rechtsvertretung am 26. November 2012 eingebracht.

 

Im Wesentlichen wurde unter Vorlage eines Antrages auf Vorabentscheidung des UVS Oö. beim Gerichtshof der Europäischen Union vorgebracht, dass die zugrunde liegenden Bestimmungen des GSpG gegen Unionsrecht verstoßen und wurde beantragt, von der Einziehung Abstand zu nehmen und das beschlagnahmte Gerät unter gleichzeitiger Aufhebung der Beschlagnahme an den Eigentümer auszufolgen, in eventu wurde beantragt, das Verfahren bis zur Entscheidung über den Antrag des UVS auszusetzen.

 

Mit den in der Berufung vorgebrachten unionsrechtlichen Bedenken gegen die österreichische Rechtslage hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits in mehreren Erkenntnissen befasst. Dabei hat dieser ausgesprochen, dass aus der jüngsten Judikatur des EuGH nicht abgeleitet werden könne, dass das Gemeinschaftsrecht (Unionsrecht) der Anwendung jeglicher nationaler Vorschrift auf dem Gebiet des Glücksspielwesens entgegenstünde, sobald nur eine Regelung auf diesem Gebiet nicht unionsrechtskonform ist. Die Verpflichtung zur Nichtanwendung nationaler Rechtsvorschriften bestehe nach der Rechtsprechung des EuGH nur für solche Rechtsvorschriften, die im Widerspruch zum Unionsrecht stehen. So könne eine nationale Vorschrift, die das Erfordernis einer bestimmten Rechtsform (Aktiengesellschaft) für die Verleihung einer Konzession auf dem Gebiet des Glücksspielwesens normiere, für sich nicht unionsrechtlich bedenklich sein. Eine aus der Rechtsprechung des EuGH ableitbare Unanwendbarkeit von Sanktionen gegenüber Personen, denen unionsrechtswidrigerweise die Erlangung einer Konzession verwehrt worden wäre, greife etwa gegenüber einem Rechtsträger in Form einer GmbH nicht. Der EuGH hat in seiner Entscheidung zur österreichischen Rechtslage festgehalten, dass ein Mitgliedsstaat, der bestrebt ist, ein besonderes Schutzniveau für Verbraucher im Glücksspielsektor zu gewährleisten, Grund zur Annahme haben kann, dass ihm nur die Errichtung eines Monopols zugunsten einer einzigen Einrichtung, die von den Behörden genau überwacht wird, erlaubt, die Kriminalität in diesem Sektor zu beherrschen und hinreichend wirksam zu verfolgen. In diesem Zusammenhang können auch gewisse verhältnismäßige Beschränkungen des Monopolinhabers erforderlich sein. Der Gerichtshof hält auch fest, dass es den Mitgliedstaaten grundsätzlich frei steht, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele, im Einklang mit ihrer eigenen Wertordnung, festzulegen. Daher kann den Bedenken wegen Unionsrechtswidrigkeit nicht gefolgt werden und ist auch keine Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung über den Antrag des UVS OÖ. auf Vorabentscheidung vorzunehmen.

 

Aufgrund der vorstehend dargelegten Tathandlung war der Verstoß nicht geringfügig, da in gegenständlichem Fall in geradezu typischer Art und Weise – nämlich durch öffentlich zugängliche Aufstellung – in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde.

Für eine Geringfügigkeit iSd § 54 Abs 1 muss sich es sich entsprechend des Schutzzweckes des Glücksspielgesetzes um einen von der tatbestandstypischen Form abweichenden gelinderen Eingriff, ja einen geradezu marginalen Eingriff handeln. Die Aufstellung und der Betrieb von einem Glücksspielgerät in öffentlich zugänglicher Art stellt demnach jedenfalls keinen geringfügigen Eingriff in das Glücksspielmonopol dar.

 

Die Einziehung war somit anzuordnen.

 

Gemäß § 54 Abs. 2 Glücksspielgesetz ist die Einziehung mit selbständigem Bescheid zu verfügen. Dieser ist all jenen der Behörde bekannten Personen zuzustellen, die ein Recht auf die von der Einziehung bedrohten Gegenständen haben oder ein solches geltend machen und kann, soweit die Einziehung betroffen ist, von diesen mit Berufung angefochten werden. Deshalb war der Bescheid an die X GmbH zu adressieren."

 

I.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende rechtzeitige Berufung vom 14. Februar 2013, mit der im Wesentlichen beantragt wird, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben und das gegenständliche Gerät auszufolgen.

 

Begründend führt die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bfin) zusammengefasst aus, dass es sich aufgrund eines Gutachtens nicht um ein Glücksspielgerät handle. Darüber hinaus seien die im angefochtenen Bescheid herangezogenen Normen unionsrechtswidrig und damit nicht anzuwenden, sodass die Einziehung zu unterbleiben habe.

 

I.3. Mit Schreiben vom 20. Februar 2013 übermittelte die belangte Behörde unter gleichzeitiger Vorlage der Berufung den bezughabenden Verwaltungsakt.

 

Gemäß Art 151 Abs 51 Z 8 B-VG iVm § 50 Abs 1 Glücksspielgesetz – GSpG idF BGBl I Nr 70/2013 ist die Zuständigkeit zur Weiterführung des gegenständlichen Verfahrens auf das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich übergegangen.

 

Gemäß § 3 Abs 1 letzter Satz Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz -VwGbk-ÜG, BGBl I 2013/33 idgF, gilt eine bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 erhobene Berufung gegen einen Bescheid, der vor Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen wurde, als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG und kann das Verfahren gemäß § 3 Abs 7 Z 2 VwGbk-ÜG von dem zuständigen Richter des Oö. Landesverwaltungsgerichts weitergeführt werden, da das Verfahren vor dem 31. Dezember 2013 bereits zur Zuständigkeit dieses Einzelmitglieds des Unabhängigen Verwaltungssenates gehört hat.

 

I.4. Weiters ist darauf hinzuweisen, dass mit Bescheid vom 29. November 2011, Pol01-40-2011, das verfahrensgegenständliche Gerät gemäß § 53 GSpG beschlagnahmt wurde. Die dagegen eingebrachte Berufung wurde mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenats vom 13. August 2012, VwSen-301134/4/MB/Wb, als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Beschlagnahmebescheid bestätigt. Dieses Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenats ist in Rechtskraft erwachsen.

 

I.5. Bezugnehmend auf das wegen dem gegenständlichen Geräts durchgeführten Verwaltungsstrafverfahrens wird angemerkt, dass das hiezu ergangene Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Freistadt vom 31. Jänner 2012, GZ Pol96-142-2011, vom Oö. Verwaltungssenat mit Erkenntnis vom 3. April 2013, VwSen-301198/5/MB/BZ/WU im Hinblick auf wesentliche Feststellungsmängel und mangels einer zutreffend und ausreichend angelasteten Verwaltungsübertretung aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG eingestellt wurde. Diese Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates ist ebenso in Rechtskraft erwachsen.

 

II.1. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde. Aus diesen Unterlagen ließ sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt widerspruchsfrei feststellen.

 

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs 2 VwGVG abgesehen werden.

 

Gemäß § 2 VwGVG hat das Oö. Landesverwaltungsgericht in der verfahrensgegenständlichen Sache durch einen Einzelrichter zu entscheiden.

 

II.2. Dem Verfahrensakt der belangten Behörde kann nicht zweifelsfrei entnommen werden, um welches Glücksspielgerät es sich gegenständlich handelt. Zum einen ist der Bescheinigung der Finanzpolizei über die vorläufige Beschlagnahme vom 22. September 2011 zu entnehmen, dass es sich beim gegenständlichen Gerät mit der FA-Nr. 6 um einen "Sweet Beat (Funwechsler)" handelt. Im Aktenvermerk vom 23.09.2011 über die von den Organen der Abgabenbehörde durchgeführten Testspiele ist jedoch der Spielablauf eines Walzenspielgerätes festgehalten. Auch befindet sich keine Fotodokumentation oder eine GSp26-Dokumentation im Akt, anhand derer Näheres über das gegenständliche Gerät festgestellt werden könnte. Zum anderen sind auch dem angefochtenen Einziehungsbescheid eklatante Widersprüche zu entnehmen, da im Spruch die Einziehung des beschlagnahmten Eingriffsgegenstandes "Sweet Beat (Funwechsler)" angeordnet und in der Begründung der Spielablauf eines Walzenspielgerätes wiedergegeben wird. Der konkrete Spielablauf des verfahrensgegenständlichen Gerätes kann demnach nicht zweifelsfrei festgestellt werden.

II.3. Die Bfin ist unbestritten Eigentümerin des verfahrensgegenständlichen Gerätes.

II.4. Weiters informierte am 31. März 2013 die rechtsfreundliche Vertretung der Bfin das Oö. Landesverwaltungsgericht, dass die Fun Wechsler GmbH sämtliche Geräte umbaue, um Rechtskonformität herzustellen. Hinsichtlich der Einzelheiten des Umbaus werde auf eine Auftragsbestätigung der Fun Wechsler GmbH in einem beim Oö. Verwaltungssenat anhängigen Parallelverfahren, protokolliert zu VwSen-360294/AL, verwiesen (vgl den unter ON 2 protokollierten Aktenvermerk samt Beilagen.)

Der Rückbau erfolge so, dass die ursprüngliche Glücksspielfunktion unwiederbringlich gelöscht werde und eine neue Aktivierung dieser Funktion nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erfolgen könne. Im Zuge des Rückbaus würden sämtliche Funktionen für die Aktivierung der Glücksspielfunktion ausgebaut – wie zB die Taste zum Kaufen des Liedes. Es bleibe nur mehr die Geldwechseltaste auf dem Gerät erhalten, mit der man tatsächlich ausschließlich Geld wechseln könne. Der Anschluss der "Kaufen-Taste" werde verlötet, sodass ein neuerliches Einsetzen der Taste nicht mehr möglich sei.

 

 

III. Mit der GSpG-Novelle BGBl I Nr. 73/2010 wurde das Glücksspielwesen einem grundsätzlich neuen System unterstellt, und zwar derart, dass neben den dem Monopol des Bundes unterliegenden Ausspielungen in Form von Lotterien und Spielbanken nunmehr auch das für vergleichsweise geringere Einsätze und Gewinne konzipierte sog. "kleine Glücksspiel" mittels Automaten explizit einer Konzessionspflicht unterstellt und damit für zulässig erklärt ist, wobei die darauf bezüglichen Vorschriften vom Landesgesetzgeber zu erlassen sind; hinsichtlich derartiger "Landesausspielungen" besteht sohin (mangels eines entsprechenden Kompetenztatbestandes in Art 12 B-VG) eine ergänzende, inhaltlich allerdings auf jener des Bundes notwendig aufbauende Regelungszuständigkeit der Länder (die jedoch – im Gegensatz zum Verhältnis zwischen Grundsatz- und Ausführungsgesetz gemäß Art 12 B-VG – von Letzteren nicht in Anspruch genommen werden muss, also auch ungenutzt bleiben kann).

 

Gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lit a) GSpG kann die Behörde die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, sonstigen Eingriffsgegenständen und technischen Hilfsmitteln anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn der Verdacht besteht, dass mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wird.

 

Nach § 52 Abs 1 GSpG (idF BGBl I 76/2011) begeht in den Fällen der Z 1 eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit einer Geldstrafe von bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 daran beteiligt.

 

Nach § 52 Abs 1 Z 6 GSpG  ist mit bis zu 22 000 Euro zu bestrafen, wer die Teilnahme an verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 – insbesondere durch die Vermittlung der Spielteilnahme, das Bereithalten von anderen Eingriffsgegenständen als Glücksspielautomaten oder die unternehmerische Schaltung von Internet-Links – fördert oder ermöglicht.

 

Gemäß § 52 Abs 3 GSpG unterliegen Gegenstände, mit deren Hilfe eine verbotene Ausspielung im Sinne des § 2 Abs 4 durchgeführt oder auf andere Weise in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, sofern sie nicht gemäß § 54 einzuziehen sind, dem Verfall.

 

§ 54 GSpG regelt die Einziehung und lautet wie folgt:

"(1) Gegenstände, mit denen gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wird, sind zur Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs. 1 einzuziehen, es sei denn der Verstoß war geringfügig.

 

(2) Die Einziehung ist mit selbständigem Bescheid zu verfügen. Dieser ist all jenen der Behörde bekannten Personen zuzustellen, die ein Recht auf die von der Einziehung bedrohten Gegenstände haben oder ein solches geltend machen und kann, soweit die Einziehung betroffen ist, von ihnen mit Berufung angefochten werden. Kann keine solche Person ermittelt werden, so hat die Zustellung solcher Bescheide durch öffentliche Bekanntmachung zu erfolgen.

 

(3) Eingezogene Gegenstände sind nach Rechtskraft des Einziehungsbescheides binnen Jahresfrist von der Behörde nachweislich zu vernichten.

 

(4) § 54 Abs. 1 gilt auch für vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes beschlagnahmte Gegenstände."

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

IV.1. Der bekämpfte Bescheid wurde der Bfin gegenüber als Eigentümerin des gegenständlichen Glücksspielgerätes erlassen. Der Bfin kommt als Geräteeigentümerin unzweifelhaft "ein Recht" auf das in Rede stehende Gerät iSd § 54 Abs 2 GSpG zu.

Die Beschwerde gegen den Einziehungsbescheid ist daher zulässig.

 

IV.2. Voraussetzung für eine Einziehung gemäß § 54 GSpG ist somit einerseits eine bereits mit dem verfahrensgegenständlichen Gerät begangene Verwaltungsübertretung gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG, zusätzlich erfordert der Tatbestand des § 54 Abs 1 GSpG die Gefahr der Begehung weiterer – in der Zukunft liegender – Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG.

 

IV.3. Wie unter Punkt II.2. dargelegt, steht mangels konkreter Feststellungen nicht fest, dass mit dem verfahrensgegenständlichen Gerät eine Verwaltungsübertretung gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG begangen wurde. Es liegt somit bereits die erste Voraussetzung für die Einziehung gemäß § 54 GSpG nicht vor.

 

IV.4. Zudem ergibt sich durch die Einschränkung der Zulässigkeit der Einziehung auf die Erforderlichkeit der Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG, dass eine Einziehung unzulässig ist, sobald feststeht, dass mit dem Gerät keine weiteren Verwaltungsübertretungen gemäß § 52 Abs 1 GSpG mehr begangen werden können.

 

Dies ist im Rahmen der verfassungsrechtlich gebotenen Verhältnismäßigkeitsprüfung von besonderer Relevanz. So wird durch eine Einziehung in besonders intensiver Weise in das verfassungsrechtlich gewährleistete Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums eingegriffen, kommt doch der Einziehung nach § 54 GSpG der Charakter einer Enteignung zugunsten des Bundes zu (vgl 1067 BlgNR, 17. GP, 22), da der Sacheigentümer damit seine Verfügungsmacht endgültig verliert. Sowohl für Enteignungen als auch für Eigentumsbeschränkungen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes der Verhältnismäßigkeits­grundsatz maßgeblich. Demnach muss das Ziel einer gesetzlichen Regelung im öffentlichen Interesse liegen, die Regelung zur Erreichung dieses Zieles geeignet und überdies erforderlich in dem Sinn sein, dass sie ein möglichst schonendes (das gelindeste) Mittel zur Erreichung dieses Zieles bildet. Sie muss also jenes Mittel darstellen, das die Grundrechtsposition so wenig wie möglich einschränkt (vgl mN aus der Rechtsprechung Öhlinger, Verfassungsrecht5, Rz 872 sowie 716). Eine Enteignung muss ultima ratio sein (vgl 1067 BlgNR, 17. GP, 22).

 

Im Lichte dieses Grundrechts kann § 54 GSpG grundrechtskonform nur dahingehend ausgelegt werden, dass eine Einziehungsanordnung ausschließlich dann verhältnismäßig sein kann, wenn sie zur Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen unbedingt erforderlich ist.

 

Schon aus dem Wortlaut des § 54 Abs 1 GSpG ergibt sich, dass weitere Verwaltungsübertretungen gemäß § 52 Abs 1 GSpG nur dann mit demselben Gerät begangen werden können, wenn dieses hinsichtlich seines Charakters als Glücksspielgerät unverändert bleibt. Diese Einschränkung muss – nicht zuletzt im Lichte des verfassungsrechtlich gewährleisteten Schutzes des Eigentumsrechts – dahingehend zu verstehen sein, dass der Bfin die Möglichkeit gegeben werden muss, die Geräteeigenschaften so zu verändern, dass damit keine weiteren Verwaltungsübertretungen gemäß § 52 Abs 1 GSpG mehr begangen werden können. Andernfalls wäre die Einziehung nicht ultima ratio sondern die zwangsläufige und unvermeidbare Konsequenz einer rechtskräftigen Bestrafung wegen § 52 Abs 1 GSpG.

 

IV.5. Ergänzend wird diesbezüglich auf die RN 85 ff der Schlussanträge der  Generalanwältin des Europäischen Gerichtshofs Eleanor Sharpston vom 14. November 2013 in der Rechtssache C-390/12 hingewiesen, wonach ein Mitgliedstaat, der eine durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigte und deshalb nicht nach Art 56 AEUV verbotene Beschränkung einführt, diese auch durch die Verhängung von Sanktionen – wie etwa die Einziehung – im Fall ihrer Verletzung durchsetzen darf. Diese Sanktionen müssen jedoch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und die Grundrechte beachten.

 

Die für den Fall der Durchführung von Glücksspielen mittels Automaten ohne Konzession in § 54 GSpG geregelte automatische Einziehung und anschließende Vernichtung der Geräte, die kein alternatives Vorgehen je nach dem Grad des Verschuldens des Automateneigentümers oder der anderen Personen, denen ein Recht an dem Gerät zusteht, bzw nach der Schwere der Rechtsverletzung zulässt, erscheint der Generalanwältin unverhältnismäßig und sowohl nach Art 56 AEUV selbst als auch nach den Art 15, 16 und 17 der Europäischen Grundrechtscharta unzulässig.

 

IV.6. Die Bfin hat dem Oö. Landesverwaltungsgericht durch seine rechtsfreundliche Vertretung ergänzend zu ihrer Beschwerde mitgeteilt, dass zwischen ihr und der Fun Wechsler GmbH ein aufrechter Vertrag über den sofortigen Umbau des verfahrensgegenständlichen Geräts zum reinen Geldwechselautomaten besteht.

 

Durch die Beschreibung der technischen Umsetzung dieses Umbaus, wonach durch Ausbau der entsprechenden Taste und Verlöten der dazugehörigen Anschlüsse die Glücksspielfunktionen deaktiviert werden und ein erneutes Einsetzen dieser Taste unmöglich gemacht wird, steht für das Oö. Landesverwaltungsgericht fest, dass es sich dabei um eine endgültige bauliche Veränderung des Geräts handelt, durch die jene Eigenschaften des Geräts beseitigt werden, die Glücksspiele darauf ermöglicht haben. Ein Rückbau des Geräts in den ursprünglichen Zustand ist – wie die Fun Wechsler GmbH in ihrer Auftragsbestätigung schlüssig darlegt – aufgrund der Entfernung und Verlötung der entsprechenden Anschlüsse und Tasten nur mit unverhältnismäßigem Aufwand zu bewerkstelligen und daher schon aus wirtschaftlichen Überlegungen für die Bfin unrentabel.

 

Anders als in dem der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 30.1.2013, 2012/17/0370 zugrundeliegenden Sachverhalt, steht im vorliegenden Fall die Möglichkeit, die besondere Beschaffenheit des "Sweet-Beat"-Wechsler-Gerätes, die zu einer Qualifikation als Glücksspielgerät führt, zu entfernen, somit für das Oö. Landesverwaltungsgericht sehr wohl fest.

 

Somit ist im gegenständlichen Fall auch die "leichte Manipulierbarkeit", die gemäß den Erläuterungen zur Stammfassung des § 54 GSpG, 1067 BlgNR, 17. GP, 22, eine Einschränkung der Einziehung wie in § 26 StGB, "wenn dies nach der besonderen Beschaffenheit der Gegenstände geboten erscheint, um der Begehung mit Strafe bedrohten Handlungen entgegenzuwirken", für Glücksspielgeräte nicht sinnvoll erscheinen lässt, nicht gegeben. Es ist indessen davon auszugehen, dass das Gerät durch die angekündigte bauliche Veränderung endgültig seine Glücksspieleigenschaften verlieren wird und danach nur mehr als reiner Geldwechsler eingesetzt werden kann.

 

Der in der Auftragsbestätigung beschriebene Umbau kommt einer Vernichtung der Glücksspieleigenschaft des gegenständlichen Geräts gleich und entspricht somit nach Auffassung des erkennenden Richters des Oö. Landesverwaltungsgerichts jener Sicherungsfunktion des § 54 GSpG, wonach künftige Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verhindert werden sollen.

 

Selbst wenn daher aus den zitierten Gesetzesmaterialien allein abgeleitet werden könnte, dass die Entfernung von Adaptionen am Gerät unter keinen Umständen eine Einziehung verhindern kann, so muss dem § 54 GSpG doch aus verfassungsrechtlicher Sicht sehr wohl ein differenziertes Verständnis zugrunde gelegt werden. Da im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung die Einziehung als ultima ratio nur dann in Frage kommt, wenn kein anderes gelinderes Mittel zur Zielerreichung – nämlich der Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen – geeignet ist, ein solches schonenderes Mittel gegenständlich aber sehr wohl im dargelegten, geplanten Umbau der Geräte durch einen Dritten zu erkennen ist, steht schon das Verfassungsrecht einer Einziehung des in Rede stehenden Geräts entgegen. Dies wird im Übrigen auch durch die unionsrechtlichen Ausführungen zu Art 56 AEUV und der Grundrechtscharta im unter Punkt IV.5. zitierten Schlussantrag der Generalanwältin bestärkt.

 

 

V. Im Ergebnis war daher der Beschwerde Folge zu geben und die Einziehung aufzuheben, weil einerseits nicht feststeht, ob mit dem verfahrensgegenständlichen Gerät überhaupt eine Verwaltungsübertretung gemäß § 52 Abs 1 GSpG begangen wurde, und andererseits aufgrund der vertraglich vereinbarten Vernichtung der Glücksspieleigenschaften des gegenständlichen Geräts jedenfalls weitere Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG nicht mehr begangen werden können. Eine Einziehung iSd § 54 GSpG ist bei verfassungs- und unionsrechtskonformer Auslegung dieser Bestimmung somit nicht zulässig.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Markus Brandstetter