LVwG-410078/2/AL/MaS/VS

Linz, 31.03.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Dr. Astrid LUKAS über die Beschwerde des D P, geb. 1979, vertreten durch K W GmbH, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 5. Juni 2013, GZ: Pol96-170-2012, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Glücksspielgesetz

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG iVm § 38 VwGVG eingestellt.

 

II.       Gemäß § 52 Abs 9 VwGVG und § 66 Abs 1 VStG hat der Beschwerdeführer weder einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem
Oö. Landesverwaltungsgericht noch einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde zu leisten.

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden (im Folgenden: belangte Behörde), vom 5. Juni 2013, GZ: Pol96-170-2012, wurde der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wie folgt schuldig erkannt:

 

"Sie haben zu verantworten, dass Sie am 22.06.2012 in X, Lokal 'C' im Zuge einer Kontrolle der Abgabenbehörde, als Organe der öffentlichen Aufsicht gemäß § 50 Abs. 2 Glücksspielgesetz (GSpG), am 22.06.2012 der Duldungs- und Mitwirkungspflicht gemäß § 50 Abs. 4 GSpG nicht nachgekommen sind, indem Sie der Finanzpolizei im Rahmen der Niederschrift mehrmals keine Antwort auf die Ihnen gestellten Fragen gaben, einer weiteren Kontrolle nicht mehr zugestimmt haben und vehement die Beamten zum Verlassen der Betriebsanlage aufgefordert haben, obwohl Sie durch die genannte Gesetzesbestimmung dazu verpflichtet gewesen wären, die Kontrolle zu dulden und bei der Kontrolle mitzuwirken."

 

Als verletzte Rechtsvorschriften führte die belangte Behörde "§ 52 Abs 1 Ziff. 5 iVm § 50 Abs. 4 Glücksspielgesetz idgF" an, verhängte über den Bf eine Geldstrafe in Höhe von 5.000,00 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 76 Stunden) gem § 52 Abs 1 Z 5 GSpG und verpflichtete ihn zur Leistung eines Beitrags zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz in Höhe von 10 % der Geldstrafe.

 

I.2. Begründend führt die belangte Behörde zum Sachverhalt wie folgt aus:

"Am 22.06.2012 wurde gegen 18:00 Uhr von Beamten des Finanzamtes Braunau/Ried/Schärding im Lokal 'C', GmbH, X, eine Kontrolle nach dem GSpG durchgeführt.

Die Beamten x (Einsatzleiter) und x betraten in Zivil das unverschlossene Lokal. Von der anwesenden Mitarbeiterin S M, geb. 1969, wurde Herr P telefonisch verständigt. In der Zeit bis zum Eintreffen von Herrn P um ca. 18:05 Uhr wurden Fotos von 11 Glückspielgeräten angefertigt, welche im betriebsbereiten Zustand waren und zum Teil von Gästen bespielt worden sind.

Nach Ausweisleistung (Vorzeigen des Dienstausweises) und Übergabe einer Visitenkarte des Einsatzleiters wurde Herrn P der Kontrollauftrag der Glückspielgeräte mitgeteilt.

Nach mehrmaliger vergeblicher Kontaktaufnahme zu seinem Rechtsanwalt wurde Herrn P eine Information betreffend seiner Mitwirkungspflichten (samt RIS-Ausdruck) zum Durchlesen übergeben.

Über Handyanruf wurden die in den Dienstwagen befindlichen Beamten zur Durchführung der Kontrolle verständigt und nach Aufforderung von Herrn P wurden vom Einsatzleiter alle Dienstnummern der teilnehmenden Beamten bekanntgegeben und von Herrn P notiert (18:15 Uhr).

Um 18:17 Uhr wurde Herr P aufgefordert die Kameraanlage abzuschalten, was von ihm verweigert wurde.

Um 18:18 Uhr zeigten alle 11 Geräte auf dem Bildschirm 'connection lost' an.

Um 18:30 Uhr wurde begonnen die Niederschrift zu erstellen, wobei P sich anschließend weigerte, seine Unterschrift zu leisten.

Nach einem neuerlichen Telefonat mit seinem Rechtsanwalt gab P bekannt, dass er die Namen der Beamten haben wolle und diese nicht mehr zu kontrollieren haben, da er auf sein Hausrecht bestehe.

 

Von der Finanzpolizei wurde die Amtshandlung abgebrochen und mit Schreiben vom 26.06.2012 eine Anzeige bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden eingebracht.

 

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 28.06.2012 wurde Herr P D zur Rechtfertigung bezüglich dieses Sachverhaltes aufgefordert.

 

Mit Fax vom 03.07.2012 gab die Rechtsanwaltskanzlei K W Rechtsanwälte GmbH die rechtsfreundliche Vertretung bekannt und beantragte die Übermittlung des Verfahrensaktes und eine Fristverlängerung.

 

Am 31.07.2012 langte die Stellungnahme der rechtsfreundlichen Vertretung bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden ein. Diese lässt sich wie folgt zusammenfassen:

Die Amtshandlung der Finanzpolizei sei rechtswidrig gewesen, weil sich die anwesenden Beamten nicht ausgewiesen hätten und weil in der Verhandlungsschrift auch entgegen den Bestimmungen des § 14 Abs. 2 Z. 2 AVG nicht alle Beteiligten in der Niederschrift genannt worden wären. Aufgrund dieser Rechtswidrigkeit habe Herr P von seinem Hausrecht Gebrauch gemacht und hätte die Beamten des Lokals verwiesen. Die an ihn gestellten Fragen seien alle beantwortet worden, soweit er über das Fragethema Informationen gehabt habe. Verbindungsprobleme mit dem Internet würden immer wieder vorkommen und so sei es auch an diesem Nachmittag geschehen, dass ein technischer Fehler aufgetreten sei. Ein Neustart der Geräte hätte den Fehler behoben, aber dazu sei Herr P auch nicht aufgefordert worden. Dementsprechend habe Herr P auch Testspiele nicht verhindert.

Das Bestehen einer pauschalen Mitwirkungspflicht werde mit Hinweis auf ein VwGH Erkenntnis bestritten. Zudem habe Herr P nur sein Aussageverweigerungsrecht in Anspruch genommen, da er sich sonst - betreffend einer strafgerichtlichen Verfolgung nach § 168 StGB -selbst belastet hätte."

 

I.3. In rechtlicher Hinsicht führt die belangte Behörde nach Wiedergabe der einschlägigen Verwaltungsnormen aus:

 

"Eine Rechtswidrigkeit der Kontrolle, so wie sie vom rechtsfreundlichen Vertreter von Herrn P behauptet wurde, liegt nicht darin begründet, dass keine adäquate Ausweisleistung oder Niederschrift erfolgte. Betreffend der Niederschrift ist auszuführen, dass zwar § 14 Abs. 2 Z 2 AVG die Nennung aller Beteiligten vorsieht, doch führt ein Verstoß gegen diese Norm nur dazu, dass eine dadurch begründete Einwendung gegen die Niederschrift die volle Beweiskraft gemäß § 15 AVG zu mindern vermag. Abgesehen davon wurden alle bei Erstellung der Niederschrift Beteiligten genannt. Die restlichen Organe waren zu diesem Zeitpunkt noch mit der Kontrolle des Lokals beschäftigt. Somit gehen die Behauptungen der rechtsfreundlichen Vertretung wohl völlig ins Leere.

 

Entgegen der Ausführung der rechtsfreundlichen Vertretung hat sich der Einsatzleiter auch mit seinem Dienstausweis ausgewiesen. Er gab Herrn P seine Visitenkarte nur zusätzlich. Von allen anderen Beamten erhielt dieser auch die Dienstnummern. Die Beamten sind weiters nur angehalten ihren Dienstausweis auf Verlangen herzuzeigen, wobei auf der Vorderseite - und mehr muss nicht gezeigt werden - der Name des jeweiligen Beamten nicht vermerkt ist. Entsprechend der Verordnung der Bundesministers für Finanzen scheinen auf der Vorderseite nur folgende Merkmale auf: der Schriftzug 'Dienstausweis Republik Österreich', das Bundeswappen, ein Lichtbild, die Behördenbezeichnung, die Dienst- und Personalnummer und das Gültigkeitsdatum. Mit mehr Informationen müssen sich die Beamten nicht ausweisen.

 

Die Rechtsansicht des rechtsfreundlichen Vertreters ist bezüglich der Mitwirkungspflicht insofern falsch, da der Grundsatz der Amtswegigkeit des AVG eine Mitwirkung innerhalb gewisser Grenzen vorsieht, doch in diesem Fall eine speziellere Norm eine Duldungs- und Mitwirkungspflicht im § 50 Abs. 4 GSpG explizit anordnet.

 

Ein Verweigern der Duldungs- und Mitwirkungspflicht mit dem Aussageverweigerungsrecht zu begründen, geht insofern auch fehl, da dieses Recht darauf abzielt, dass jemand auf eine Frage keine Antwort geben braucht, wenn diese ihn belastet und niemand zu einer Antwort gezwungen werden darf. Zudem muss man nicht 'freiwillig' belastende Informationen preisgeben. Die Duldungs- und Mitwirkungspflicht zielt primär darauf ab, dass eine Kontrolle nicht behindert werden darf und auf Verlangen der Organe diesen entsprechende Gegenstände auszuhändigen sind.

 

Im gegenständliche[n] Fall wurden einige Fragen - deren Beantwortung Herrn P nicht belastet hätten - gar nicht beantwortet, die Unterschrift unter die fertig gestellte Niederschrift wurde ohne Begründung verweigert. Auch die Fortführung der Kontrolle wurde behindert und die Beamten unter Berufung auf das Hausrecht zum Gehen aufgefordert. Herr P hat somit die Kontrolle nicht geduldet, er hat die Kontrolle verweigert. Herr P hat zudem keine Auskünfte erteilt und hat umfassende Überprüfungen durch sein Vorgehen verhindert.

 

Der Umstand, dass Testspiele nicht mehr möglich waren, weil im Rahmen der Kontrolle alle Geräte die Internetverbindung plötzlich verloren haben, scheint jedenfalls ein sehr merkwürdiger Zufall zu sein. "

 

Die Behörde schließt mit Erwägungen zur Strafbemessung.

 

I.4. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bf zu Händen seines Rechtsvertreters am 25. Juni 2013 zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitige Berufung, welche am 8. Juli 2013 per Mail übermittelt wurde.

 

Darin wird vorgebracht, dass die Vernehmung des Bf im Rahmen eines verwaltungsstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens erfolgt sei, wobei der Bf in diesem Stadium bereits als Beschuldigter geführt worden sei und dass der Bf daher nicht zur Beantwortung von Fragen oder zu einer sonstigen Mitwirkung verpflichtet gewesen sei.

 

Der Bf beantragt daher, eine mündliche Berufungsverhandlung durchzuführen, der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

I.5. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 9. Juli 2013 die Berufung und ihren Bezug habenden Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vor.

 

II.1. Gemäß Art 151 Abs 51 Z 8 B-VG iVm § 50 Abs 1 Glücksspielgesetz – GSpG idF BGBl I 70/2013 ist die Zuständigkeit zur Weiterführung des gegenständlichen Verfahrens auf das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich übergegangen.

 

Gemäß § 3 Abs 1 letzter Satz VwGbk-ÜG, BGBl I 2013/33 idF BGBl I 2013/122, gilt die Berufung als rechtzeitig erhobene Beschwerde gem Art 130 Abs 1 Z 1 B‑VG und kann das Verfahren gemäß § 3 Abs 7 Z 1 VwGbk-ÜG von der zuständigen Richterin des Oö. Landesverwaltungsgerichts weitergeführt werden, weil sie bereits vor dem 31. Dezember 2013 dem zuständigen Senat des Unabhängigen Verwaltungssenates angehört hat.

 

II.2. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde (einschließlich der Schriftsätze der Parteien). Da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war, konnte gemäß § 44 Abs 2 VwGVG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

Gemäß § 2 VwGVG hat das Oö. Landesverwaltungsgericht in der verfahrensgegenständlichen Sache durch eine Einzelrichterin zu entscheiden.

 

II.3. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht sohin von dem unter Pkt. I.1. und I.2. dargestellten, in den entscheidungswesentlichen Passagen unbestrittenen Sachverhalt aus. Zusammengefasst ist festzuhalten:

 

Am 22.6.2012 wurde gegen 18 Uhr von Beamten des Finanzamtes Braunau/Ried/Schärding bei Durchführung einer Glücksspielkontrolle im Lokal mit der Bezeichnung "C" in X, eine einzige Arbeitskraft angetroffen. Diese nahm mit ihrem Vorgesetzten, dem Bf, telefonisch Kontakt auf, welcher fünf Minuten später im Lokal eintraf. Bei Kontrollbeginn befanden sich elf Glücksspielgeräte im betriebsbereiten Zustand und wurden auch einzelne Geräte von Gästen bespielt.

 

Nach telefonischer Rücksprache mit dessen Anwalt erklärte sich der Bf dazu bereit, Aussagen zu tätigen. Er verweigerte im Verlauf der weiteren Kontrolle die Abschaltung der Kameras und zeigten die im Lokal befindlichen Geräte kurze Zeit später "Connection Lost" an.

Der niederschriftlich einvernommene Bf gab ua an, dass sich die Geräte seit ca. Mai 2012 im Lokal befinden würden. Die Firma "R G" aus der Slowakei habe die Geräte geliefert bzw. die Aufstellung vermittelt. Er wisse nicht, wer Eigentümer der Geräte sei, schätze aber, es sei diese Firma. Wenn er mit der Handhabung der Geräte ein Problem habe, rufe er jemanden an. Weiter gab er an, dass er über Schlüssel zum Aufsperren und Reinigen der Geräte, nicht aber zur Geldlade verfüge. Zur Überprüfung der Auszahlungen und der Buchhaltung, bzw. zur Leerung der Gerätekassen und Abrechnung der Gewinne komme einmal im Monat jemand ins Lokal. Diese Person sei zuletzt Ende Mai im Lokal gewesen und werde wohl am Monatsende zum nächsten Mal kommen. Ende Mai seien auch die Geräte zuletzt geleert worden. Im Zusammenhang mit der Abrechnung gab der Bf an, dass er eine Provision bekomme, zur Höhe machte er jedoch keine Angaben. Die diesbezügliche Abrechnung sei in seiner Buchhaltung bei seinem Steuerberater aufgeschlüsselt. Auf die Frage, ob es einen (schriftlichen) Vertrag mit dem Aufsteller gebe, gab der Bf an, dass der Vertrag mit dem Aufsteller mündlich sei. Die laufenden Gebühren für das Internet bezahle er selbst. Darüber, wie laufende Gewinne in die Buchhaltung aufgenommen werden, sei sein Steuerberater zu befragen.

 

Auf die übrigen Fragen zum Veranstalter und zur Funktionsweise der Automaten bzw. zu den darauf befindlichen Spielen, zu Spieleinsätzen, zu den möglichen Höchstgewinnen, zu den Auszahlungsmodalitäten hinsichtlich der Gewinne, zur Kontaktperson im Fall einer Störung, wer Wartungs-, Reinigungs- und Servicearbeiten durchführe, antwortete der Bf mit "Keine Ahnung", "Weiß ich nicht" oder er gab keine Antwort.

 

Schließlich verweigerte der Bf die Unterschrift auf der Niederschrift. Nach erneutem Telefonat mit seinem Rechtsanwalt verlangte er die Namen der Beamten und forderte diese sodann unter Berufung auf sein Hausrecht auf, das Lokal zu verlassen.

 

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

III.1. Gemäß § 50 Abs 1 Glücksspielgesetz, BGBl 620/1989 in der zur Tatzeit geltenden Fassung BGBl I 73/2010 (in der Folge: GSpG), waren für Strafverfahren und Betriebsschließungen nach diesem Bundesgesetz in zweiter Instanz die Unabhängigen Verwaltungssenate gemäß § 51 Abs 1 VStG zuständig. Wie unter Pkt II.1 bereits ausgeführt, ist die Zuständigkeit für das gegenständliche Verfahren auf das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich übergegangen.

 

III.2. Gemäß § 50 Abs 4 GSpG (idF BGBl I 73/2010) haben Veranstalter, Anbieter und Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, der Behörde nach § 50 Abs 1 GSpG, dem Amtssachverständigen (§ 1 Abs 3 GSpG) und den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen, umfassende Überprüfungen und Testspiele zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen sowie die nach diesem Bundesgesetz aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren.

 

Gemäß § 52 Abs 1 Z 5 GSpG in der zur Tatzeit geltenden Fassung BGBl I 111/2010 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 22 000 Euro zu bestrafen, wer gegen eine Bestimmung der in § 2 Abs 3 GSpG vorgesehenen Verordnung, gegen die Auflageverpflichtung von Spielbeschreibungen, die Anzeigeverpflichtung gemäß § 4 Abs 6 GSpG oder eine Duldungs- oder Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs 4 GSpG verstößt.

 

Gemäß § 31 Abs 1 VStG (idF BGBl I 33/2013) beträgt die Verjährungsfrist für Verfolgungshandlungen ein Jahr.

 

III.3. § 50 Abs 4 GSpG normiert eine "umfassende" Mitwirkungs- und Duldungspflicht, welche sich an verschiedene Adressaten richtet. Im Grunde soll diese Mitwirkungs- und Duldungspflicht die Effizienz der Kontrolle im Rahmen des GSpG steigern (vgl grundlegend EBRV 658 BlgNR 24. GP, 3) und zur Gewinnung der notwendigen Informationen zur Durchführung der Überwachungsaufgaben im Rahmen des GSpG führen, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG erforderlich ist (vgl dazu § 50 Abs 4 1. Satz GSpG).

 

Schon aus dem Wortlaut der Bestimmung wird eine erste Grenze der Duldungs- und Mitwirkungspflicht ersichtlich. Diese Pflichten erstrecken sich nur auf den Bereich der Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG. Liegt hingegen der Verdacht – welcher im Kern des Begriffes notwendig ein begründeter, d.h. auf Tatsachen zurückzuführender, ist (siehe zum retrospektiv diagnostischen Element des Verdachtsbegriffes im Rahmen der abduktiven Entdeckung und Bewertung von Hypothesen Schulz, Normiertes Misstrauen, 224 ff, 312 ff und 528 f) – auf den Verstoß gegen das GSpG vor, so endet die Duldungs- und Mitwirkungspflicht. Ab diesem Zeitpunkt handelt es sich nicht mehr um die Durchführung von Überwachungsaufgaben zum Zwecke (arg.: "erforderlich") der Einhaltung des GSpG, sondern zum Zwecke der Tataufklärung und Ermittlung wegen eines angenommenen Verstoßes gegen das GSpG.

 

Diese Auslegung korreliert jedenfalls betreffend die Mitwirkungspflicht in den überwiegenden Fallkonstellationen mit den Vorgaben des verfassungsrechtlich verankerten Prinzips "nemo tenetur se ipsum accusare", nach dem der Gesetzgeber keine Regelung treffen darf, die eine im Verdacht einer strafbaren Handlung stehende Person verpflichtet, Beweise gegen sich selbst zu liefern (dazu mwN Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10 [2007] Rz 786).

 

Darüber hinaus ist aus dem Wortlaut abzuleiten, dass die Duldungs- und Mitwirkungspflicht nicht nur ad personam durch die Anwendbarkeit des Selbstbezichtigungsverbotes begrenzt ist, sondern dass das Entstehen der Verdachtslage auch generell die Zäsur darstellt.

 

Ist somit aus der objektiven Sichtweise ex ante eine Verdachtslage auf einen Verstoß gegen das Glücksspielgesetz gegeben, so endet zumindest die Mitwirkungs- und Duldungspflicht (siehe zur vorzunehmenden Art der Abgrenzung in ähnlichen Konstellationen Lienbacher, Ist staatsanwaltliches Handeln ein zulässiger Kontrollgegenstand, in Lienbacher/Wielinger, Jahrbuch Öffentliches Recht 2010, 73 f). Denn es geht dann nicht mehr nur um die Wahrnehmung von Überwachungsaufgaben zur Kontrolle der Einhaltung des Glücksspielgesetzes, sondern um strafrechtliche Verfolgungsmaßnahmen im Hinblick auf den Verdacht einer Übertretung des Glücksspielgesetzes.

 

Selbst wenn man im bloßen Einschreiten von Hilfsorganen – deren Verhalten der zuständigen Verwaltungsstrafbehörde zuzurechnen ist – der öffentlichen Aufsicht (Finanzpolizei) noch keinen formalen Beginn eines Strafverfahrens im Sinne des § 31 VStG (arg.: keine behördliche Verfolgungshandlung) erkennen wollte, vermag dies am oben dargelegten, verfassungsrechtlich gebotenen Interpretationsergebnis, das nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs aus der materiellen Bedeutung des Anklageprinzips nach Art 90 Abs 2 B-VG folgt und daher auch im Verwaltungsstrafverfahren gilt (vgl mN Mayer, B-VG4 [2007] Art 90 B‑VG Anm III), sachlich nichts zu ändern. Es liegt auf der Hand, dass das bloße Abstellen auf behördliche Verfolgungshandlungen und ein Ausblenden des Verfolgungsverhaltens von Hilfsorganen nur ein der Aushöhlung und Umgehung dienender Formalismus wäre, der dem Wesensgehalt des verfassungsrechtlichen Selbstbezichtigungsverbots und der Unschuldsvermutung des Art 6 Abs 2 EMRK diametral zuwiderliefe. Denn wegen des unmittelbaren Zusammenhangs mit dem Strafverfahren wegen verbotenen Glücksspiels wäre eine strafbeschwerte Mitwirkungspflicht an einer zum Zwecke der Strafverfolgung durchgeführten Glücksspielkontrolle unverhältnismäßig und dem Kerngehalt der Garantie eines fairen Verfahrens widersprechend (vgl dazu eingehend mN Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention5 [2012] 456 ff Rz 123).

 

Vor diesem Hintergrund ergibt sich aus dem Akteninhalt sowie aus dem Umstand, dass in Oberösterreich auch das kleine Glücksspiel immer verboten war (weshalb keine Übergangsfristen gemäß § 60 Abs 25 GSpG in Betracht kommen), klar und deutlich, dass Gegenstand der finanzpolizeilichen Amtshandlung die Aufklärung des Verdachts strafbarer Handlungen mit Glücksspielgeräten und Eingriffsgegenständen war. So fanden die Kontrollorgane nach der Anzeige des Finanzamtes vom 26. Juni 2012 beim Eintreffen im Lokal sämtliche Geräte eingeschaltet und betriebsbereit vor.

 

Auch die von der Finanzpolizei am Kontrolltag mit dem Bf aufgenommene Niederschrift mit ihren Fragen zu den Spielgeräten, über Gewinnauszahlungen und betreffend Schlüssel zum Betrieb der Geräte diente offenkundig dem Ziel der strafrechtlichen Aufklärung (= Strafverfolgung). Schon zu Beginn der Kontrolle lag offenkundig die oben beschriebene Verdachtslage vor und endete bei verfassungskonformer Auslegung die Mitwirkungspflicht gem dem § 50 Abs 4 GSpG. Mangels einer Mitwirkungspflicht an der Strafverfolgung und Aufklärung von Delikten war auch keine mit Strafe bedrohte Handlung möglich.

 

Die Bestrafung des Bf wegen Nichterteilung von Auskünften im Rahmen der Niederschrift (vgl den Spruch des Straferkenntnisses: "Sie haben zu verantworten, dass Sie … der Duldungs- und Mitwirkungspflicht … nicht nachgekommen sind, indem Sie der Finanzpolizei im Rahmen der Niederschrift mehrmals keine Antwort auf die Ihnen gestellten Fragen gaben") erfolgte damit aus diesem Grund nicht zu Recht.

 

III.4. Aber auch die weitere Tathandlung, welche dem Bf im Spruch ("Sie haben zu verantworten, dass Sie … der Duldungs- und Mitwirkungspflicht … nicht nachgekommen sind, indem Sie … einer weiteren Kontrolle nicht zugestimmt haben und vehement die Beamten zum Verlassen der Betriebsanlage aufgefordert haben") vorgeworfen wurde, stellt keine Verletzung der Duldungs- und Mitwirkungspflicht gem § 50 Abs 4 GSpG dar. Auch wenn sich der Bf verbal negativ hinsichtlich der weiteren Kontrolle äußerte, stellt dieses Verhalten noch keinen Verstoß gegen die in § 50 Abs 4 GSpG normierte Duldungs- und Mitwirkungspflicht dar. Durch diese Äußerungen wurde den Kontrollorganen die Fortsetzung ihrer Kontrolle keinesfalls faktisch unmöglich gemacht, sodass das Verhalten des Bf noch kein Tatverhalten darstellt, welches mit Strafe bedroht war.

 

III.5.1. Darüber hinaus hat die belangte Behörde dem Bf im Wesentlichen angelastet, dass er entgegen der gesetzlichen Anordnung des § 50 Abs 4 GSpG nicht umfassend Auskunft erteilt habe, "indem [er] der Finanzpolizei im Rahmen der Niederschrift mehrmals keine Antwort auf die [ihm] gestellten Fragen" gegeben hätte.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass diese erstens nach Tatort und Tatzeit unverwechselbar feststeht sowie zweitens eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und damit auch die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit verst. Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985); im Spruch sind daher alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind.

 

Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl VwGH 18.10.2011, Zl. 2011/02/0281 unter Bezugnahme auf Vorjudikatur) und damit der Gefahr einer allfälligen Doppelbestrafung ausgesetzt zu sein (vgl speziell für Übertretungen nach dem GSpG VwGH 12.03.2010, Zl. 2010/17/0017). Eine Umschreibung der Tat bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).

 

Der im Spruch lapidar formulierte Vorwurf, dass der Bf mehrmals keine Antworten auf die ihm gestellten Fragen gegeben hätte, wurde jedoch nicht einmal in der Begründung näher konkretisiert. Zum Tatvorwurf der Nichterteilung von Auskünften findet sich auch in der Begründung lediglich der Hinweis, dass [i]m gegenständliche[n] Fall […] einige Fragen - deren Beantwortung Herrn x nicht belastet hätten - gar nicht beantwortet [wurden].

 

Sowohl der Spruch als auch die Begründung genügen daher im Lichte der verfassungsrechtlich gebotenen Vorgaben nicht einem hinreichend determiniert dargelegten Tatvorwurf. Es ist daher davon auszugehen, dass der Bf mangels entsprechend konkretisierten Tatvorwurfs durch das vorliegende Straferkenntnis nicht in die Lage versetzt wurde, sich bezüglich eines konkret vorgeworfenen Verhaltens entsprechend verantworten zu können. Zudem ist der Bf durch das vorliegende Straferkenntnis der Gefahr einer allfälligen Doppelbestrafung ausgesetzt.

 

Vor der Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt, dass die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis hat, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl allgemein VwGH 25.03.1994, Zl. 93/02/0228; VwGH 19.05.1993, Zl. 92/09/0360; VwGH 28.02.1997, Zl. 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde war durch den Spruchgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl VwGH 23.11.1993, Zl. 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung bestand nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs 4 AVG (vgl etwa VwGH 25.09.1992, Zl. 92/09/0178; VwGH 08.02.1995, Zl. 94/03/0072; VwGH 03.09.1996, Zl. 96/04/0080). Dabei war Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl u.a. VwGH 24.03.1994, Zl. 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, Zl. 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, Zl. 96/07/0103; VwGH 19.03.1997, Zl. 93/11/0107). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führte zur Anlastung einer anderen Tat und war daher unzulässig (vgl VwGH 20.11.1997, Zl. 97/06/0170).

 

Diese Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auf § 50 VwGVG zu übertragen, da § 50 VwGVG ebenso wie § 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG das Verwaltungsgericht zur Entscheidung "in der Sache" verpflichtet, sofern die Beschwerde gem Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

IV. Da weder im Spruch noch in der Begründung der Tatvorwurf der Nichterteilung von Auskünften konkretisiert wurde, war das Straferkenntnis diesbezüglich im Lichte der oben ausgeführten höchstgerichtlichen Vorgaben zu beheben. Mangels einer geeigneten behördlichen Verfolgungshandlung ist insofern nach Ablauf der Jahresfrist des § 31 Abs 1 VStG auch die Verfolgungsverjährung eingetreten.

 

Dem Oö. Landesverwaltungsgericht war es außerdem als Rechtsmittelinstanz, die gemäß § 50 VwGVG bei ihrer Entscheidungsbefugnis auf den Gegenstand des Spruches des Straferkenntnisses beschränkt ist, verwehrt, eine ganz neue Anlastung vorzunehmen und dabei wesentliche Tatmerkmale auszutauschen.

 

Im Ergebnis war das angefochtene Straferkenntnis daher aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 3 VStG iVm § 38 VwGVG einzustellen.

 

Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bf gemäß § 52 Abs 9 VwGVG und § 66 Abs 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Oö. Landesverwaltungsgericht vorzuschreiben.

 

V. Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil teilweise eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den zu lösenden Rechtsproblemen – konkret zur Frage, ob die Versagung der Zustimmung zur Kontrolle und die Aufforderung der einschreitenden Beamten zum Verlassen des Lokals eine Verletzung der Duldungs- und Mitwirkungspflicht darstellt – fehlt. Zu der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bezüglich den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG ist auf die obigen Zitate zu verweisen.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. L u k a s