LVwG-550192/5/KLE/AK LVwG-550193/5/KLE/AK

Linz, 28.04.2014

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Karin Lederer über die Beschwerden des X gegr. 1949, vertreten durch den Obmann Mag. J E, und M R, X, je vertreten durch Rechts­anwälte Dr. F H, Dr. O U, Mag. A M,
Mag. T L, Dr. R G, Mag. B F, X, gegen den Bescheid  der Bezirkshauptmann­schaft Vöcklabruck vom 28. Jänner 2014, GZ: Agrar01-141-2013, den

B E S C H L U S S

gefasst:

 

I. Den Beschwerden wird insoweit stattgegeben, als der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 28. Jänner 2014,
GZ: Agrar01-141-2013, aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG zurückverwiesen wird.

 

 

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom
28. Jänner 2014, GZ: Agrar01-141-2013, wurden die Anträge des X, vertreten durch den Obmann Herrn Mag. J E, sowie des Herrn M R vom 16.9.2013 auf Feststellung von Art und Umfang der Duldungspflicht der Antragsgegnerin, Frau J G, und zwar in der Form, dass Frau G den Mitgliedern des X das jederzeitige Betreten ihrer Ufergrundstücke Nummer X, X und X, alle KG X, zum Zweck der Ausübung der Fischerei, zu gestatten hat, abgewiesen. Dieser Bescheid stützt sich auf § 28 Abs. 4 Oö. Fischereigesetz.  

 

Die Behörde führte in der Begründung des Bescheides näher aus, dass sie aufgrund des Ergebnisses des gemeinsam mit den Vertretern der Antragsteller und der Antragsgegnerin durchgeführten Lokalaugenscheines zu der Ansicht gelangt sei, dass der Antrag des X und des Herrn M R abzuweisen sei. Dies deshalb, da an Ort und Stelle festgestellt werden habe können, dass vor und nach den Grundstücken der Frau G Zugangsmöglichkeiten zum Attersee über öffentliche Grundstücke bestehen würden. Überdies würden sich am Attersee zahllose öffentlich zugängliche Ufergrundstücke, auf denen eine Ausübung der Fischerei möglich sei, befinden. Somit sei das Betreten der Ufergrundstücke für Personen, die den Fischfang rechtmäßig ausüben, und auch das Anbringen von Fanggeräten durch diese auf den betreffenden Grundstücken der Frau G auf keinen Fall erforderlich. Nach Ansicht der Behörde entstehe für Frau G durch die Duldung der Ausübung der Fischerei auf den angeführten Grundstücken durch Abfallablagerung, Feueranzünden und Ähnliches ein Schaden, so dass auch nicht mehr von keiner unverhältnismäßigen Behinderung des widmungsgemäßen Gebrauches der in Anspruch genommenen Grundstücke ausgegangen werden könne.

 

In den gegen diesen Bescheid rechtzeitig erhobenen Beschwerden führten die Beschwerdeführer aus, dass § 28 Abs. 2 Oö. Fischereigesetz von der belangten Behörde falsch ausgelegt worden sei, da nach deren Meinung ein Betreten fremder Grundstücke erst dann zulässig wäre, wenn keine öffentlichen Grund­stücke in unmittelbarer Umgebung für den Zugang zum Ufer eines Fischwassers zur Verfügung stehen würden. Auch müsse die Behörde davon ausgehen, dass die Fischerei ordnungsgemäß ausgeübt werde. Das Anzünden von Feuer, Ablagern von Müll usw. sei von diesem Betretungsrecht nicht mitumfasst. Dass der Müll und die Feuerstellen von Fischern entstanden seien bzw. von diesen hinterlassen worden wären, könne die Behörde, ohne dazu Beweise aufzu­nehmen, nicht feststellen. Es werde daher beantragt, den Bescheid aufzuheben und auszusprechen, dass die Antragsgegnerin, Frau J G, als Eigentümerin der Grundstücke Nr. X, X sowie X, KG X, den Mitgliedern des X jederzeit das Betreten der Grundstücke zum Zwecke der Ausübung der Anglerei und der Fischerei und der Anbringung von Fanggeräten zu gestatten habe, in eventu den Bescheid aufzuheben und an die Behörde 1. Instanz zur Verfahrensergänzung zurückzuverweisen.

 

 

II.          Gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 und 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kosten­ersparnis verbunden ist.

 

Gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG kann das Verwaltungsgericht den ange­fochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde die notwendigen Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungs­gericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

 

Gemäß § 28 Abs. 2 Fischereigesetz haben die Eigentümer und sonst Berechtigten das Betreten von Ufergrundstücken, soweit diese nicht unter Abs. 3 fallen, und das Anbringen von Fanggeräten auf diesen durch Personen, die den Fischfang rechtmäßig ausüben, sowie das Betreten von solchen Ufergrundstücken durch Fischereischutzorgane in Ausübung ihres Dienstes im unumgänglich notwendigen Umfang zu dulden, sofern damit keine unverhältnismäßige Behinderung des widmungsgemäßen Gebrauches der in Anspruch genommenen Grundstücke verbun­den ist.

 

Gemäß § 28 Abs. 4 Oö. Fischereigesetz hat die Behörde auf Antrag der Beteiligten Art und Umfang der Duldungspflicht festzustellen.

 

Eine Feststellung im Grunde des § 28 Abs. 4 Oö. Fischereigesetz verlangt, dass die belangte Behörde im Spruch des nach dieser Bestimmung zu erlassenden Feststellungsbescheides Klarheit über Art und Umfang der Duldungspflicht schafft. Der Zweck eines solchen Feststellungsbescheides liegt nämlich insbesondere darin, für den Fall unterschiedlicher Auffassungen über Art und Umfang der Duldungspflicht die Benutzung im Sinne der §§ 28 Abs. 1 bis 3
Oö. Fischereigesetz exakt festzustellen. Von daher ist der Spruch eines solchen Feststellungsbescheides so bestimmt zu fassen, dass über die im konkreten Fall gegebenen strittigen Fragen im Einzelnen abgesprochen wird; dabei ist die strittige Benutzung auch in örtlicher und zeitlicher Hinsicht klar abzugrenzen (vgl. VwGH vom 18.11.1998, 95/03/0138).

 

Im gegenständlichen Fall hat sich die belangte Behörde nicht mit dem Antrag in der Weise auseinandergesetzt, dass sie auf den beantragten Grundstücken den Antrag hinreichend geprüft bzw. Art und Umfang der Duldungspflicht festgestellt hat. Es wurde nur begründet, dass „vor und nach den Grundstücken der Frau x Zugangsmöglichkeiten zum Attersee über öffentliche Grundstücke bestehen“.

 

Die Behörde hat diesbezüglich jegliche Sachverhaltsermittlung unterlassen. Es wurden weder Zugangswege zum Fischwasser über die beantragten Grundstücke erhoben, noch Plätze, an denen Fanggeräte angebracht werden könnten. Die Behörde verkennt, dass die Müllproblematik bzw. das Anlegen von Feuerstellen mit dem Recht des „Betretens“ nicht unmittelbar im Zusammenhang stehen. Die Behörde hat das Anbringen von Fanggeräten und das Recht des Betretens näher zu prüfen. Durch diese Maßnahmen darf keine unverhältnismäßige Behinderung des widmungsgemäßen Gebrauches des Grundstückes stattfinden.

 

Im Sinne des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist somit davon auszugehen, dass der für eine inhaltliche Entscheidung maßgebliche Sachverhalt nicht feststeht. Fraglich ist für eine Anwendung des Abs. 3 Satz 2 leg. cit. daher lediglich, ob die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kosten­ersparnis verbunden ist.

 

Würde man betreffend des Kriteriums der Raschheit auf die mögliche Dauer bis zur Erzielung einer endgültigen Sachentscheidung abstellen, blieben letztlich kaum Fälle für die kassatorische Einschränkung in § 28 Abs. 2 Z 2 VwGVG über und der Bestimmung käme (nahezu) keine praktische Bedeutung zu. Es ist daher davon auszugehen, dass eine Behebung des angefochtenen Bescheides und eine Zurückverweisung an die Behörde zur neuerlichen Entscheidung zulässig sind, wenn die Behörde danach ihr neuerliches Ermittlungsverfahren voraussichtlich mindestens zum gleichen Datum abschließen kann, wie es das Verwaltungs­gericht könnte. Bezüglich des Kriteriums der Kosten dürfte eine Zurückver­weisung zulässig sein, wenn dadurch höchstens etwas höhere Kosten entstünden, als wenn das Verwaltungsgericht sein Ermittlungsverfahren durch­führt (vgl. zur wortgleichen Bestimmung in Art. 130 Abs. 4 Z 2 B-VG Leeb, Das Verfahrensrecht der [allgemeinen] Verwaltungsgerichte unter besonderer Berück­­sich­tigung ihrer Kognitionsbefugnis, in Janko/Leeb [Hrsg], Verwaltungs­gerichtsbarkeit erster Instanz [2013] 85 [99f]; ebenso Fischer, Das Verfah­rensrecht der Verwaltungsgerichte I. Instanz [VwGVG], in Österreichische Juristen­kommission [Hrsg], Justizstaat Chance oder Risiko, in Druck).

 

Im gegenständlichen Fall ist - da von der Behörde jegliche Ermittlungen unter­lassen wurden - für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nicht ersicht­lich, dass die eigene Sachverhaltsermittlung eine Kostenersparnis in welche Richtung auch immer (konkrete Amtshandlung / Gesamtverfahren) bewirken könnte. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass die Behörde ihr Ermittlungs­verfahren erst zu einem späteren Zeitpunkt abschließen wird können als das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ein von ihm geführtes abschließen könnte.

 

 

III.        Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der nach Auffassung des Landesverwal­tungsgerichtes Oberösterreich im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt (Anwendbarkeit des § 28 Abs. 2 Z 2 iVm Abs. 3 VwGVG), und eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (noch) nicht existiert.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und / oder einer ordentlichen Revision beim Verwal­tungs­ge­richtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Beschlusses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. einer bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzu­brin­gen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je
240,- Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Maga. Karin Lederer