LVwG-600154/8/Sch/SA/CG

Linz, 25.04.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Schön über die Beschwerde des Herrn S H, X, vertreten durch Herrn RA X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 12.12.2013, GZ: VerkR96-17941-2013, betreffend Übertretung der StVO 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 22.4.2014

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das behördliche Straferkenntnis bestätigt.

 

II.         Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 14 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat S H (dem nunmehrigen Beschwerdeführer) im angefochtenen Straferkenntnis vom 12.12.2013, GZ: VerkR96-17941-2013, die Begehung einer Verwaltungs-übertretung nach § 52 lit.a Z.10a StVO 1960, BGBl. Nr.159 i.d.g.F. vorgeworfen und über ihn gemäß § 99 Abs. 3 lit.a StVO 1960, BGBl. Nr.159 i.d.g.F. eine Geldstrafe in Höhe von 70 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe 30 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe,  verhängt.

Weiters wurde er von der belangten Behörde zur Zahlung eines Verfahrens-kostenbeitrages in der Höhe von 10 Euro verpflichtet.

 

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde (auszugsweise Wiedergabe):

 

„Sie haben folgende Verwaltungsübertretung(en) begangen:

Taten (einschließlich Ort, Datum und Zeit der Begehung)

 

Sie haben die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 25 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten abgezogen.

 

Tatort: Gemeindegebiet Bad Schallerbach, Bezirk Grieskirchen, Oberösterreich,

Innviertier Straße B 137, Höhe Strkm.12,000, in Fahrtrichtung Grieskirchen Tatzeit: 03. Oktober 2013, um 14 Uhr 12

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 52 lit.a Zf.10a StVO 1960, BGBl. Nr.159 i.d.g.F.

 

Fahrzeug: PKW, Marke Audi, behördliches Kennzeichen X (D)

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von  70 Euro

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von --- Stunden

gemäß § 99 Abs. 3 lit.a StVO 1960, BGBI.Nr.159 i.d.g.F.

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

5 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, mindestens jedoch 10 Euro (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 100 Euro angerechnet);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 80 Euro.

 

2.  Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Beschwerdeführer nachweislich am 14.1.2014 zugestellt wurde, richtet sich seine rechtzeitig mit Schriftsatz vom 27.1.2014 erhobene Beschwerde. Die Entscheidung hat gemäß § 2 VwGVG durch einen Einzelrichter des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zu erfolgen.

 

 

3.  Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens wurden vom Landesverwaltungs-gericht Oberösterreich nachstehende Veranlassungen getroffen:

In Anbetracht des Umstandes, dass auf den relevanten Radarfotos zwei Fahrzeuge zu sehen sind, eines im ankommenden Verkehr, jenes des Beschwerdeführers im abfließenden Verkehr, wurde das Gutachten eines verkehrstechnischen Amtssachverständigen zu der Frage eingeholt, ob unbeschadet dessen das Messergebnis verlässlich dem Fahrzeug des Beschwerdeführers zugeordnet werden könne. Im Gutachten, das den Verfahrensparteien mit der Ladung zur öffentlichen mündlichen Verhandlung für den 22.4.2014 zugegangen ist, heißt es:

 

„Gutachten:

 

Bei der gegenständlichen Messung wurde ein mobiles Radargerät verwendet. Es war mit einem 35 mm Objektiv (Kamerawinkel 19 Grad) ausgerüstet.

Die gegenständliche Geschwindigkeitsmessung erfolgte im abfließenden Verkehr, von links nach rechts.

 

Am vorstehenden Radarfoto wurde zur einfacheren Nachvollziehbarkeit der Auswertebereich (1) und der Freibereich (2) der Radarmessung größenordnungsmäßig dargestellt.

 

Lt. Auswertevorschrift des österr. Eichamtes muss sich das gemessene KFZ zumindest teilweise im Auswertebereich (1) befinden und im Auswertebereich (1 ) und im Freibereich (2) darf sich kein KFZ befinden, das in gleiche Richtung fährt.

 

Wenn man davon ausgeht, das unmittelbar vor dem Berufungswerber kein anderes KFZ fuhr, das möglicherweise durch den Gegenverkehr abgedeckt worden ist, dann ist die Messung dem PKW im abfließenden Verkehr zuzuordnen.

Da es sich um eine mobiles Radargerät handelt und kein zweites Radarfoto vorliegt, kann die Frage ob unmittelbar vor dem Berufungswerber ein KFZ fuhr nur vom Messbeamten im Zuge des " aufmerksamen " Messbetriebes sicher ausgeschlossen werden.

Im Hinblick auf die Bildperspektive ist festzustellen, das vor dem Berufungs-werber mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit kein anderes KFZ gefahren ist. Wenn ein " Vordermann " vorhanden gewesen ist, so müssten die beiden Fahrzeuge praktisch Stoßstange an Stoßstange gefahren sein ohne einen Tiefenabstand zueinander einzuhalten.

Im Zuge des " aufmerksamen " Messbetriebes müsste dem Messbeamten dieser Umstand aufgefallen sein.

 

Im Hinblick auf die Auswertevorschriften des österreichischen Eichamtes ist daher festzustellen, das die gegenständliche Radarmessung mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit dem PKW (KZ: X) im abfließenden Bereich zuzuordnen ist.“

 

 

4.  Dazu ist anzumerken, dass eine Tatsache nicht erst dann als erwiesen anzunehmen ist, wenn sie mit „absoluter Sicherheit“ erweislich ist. Es genügt, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (VwGH 26.4.1995, 94/07/0033).

Wenn also der Sachverständige im vorliegenden Fall von sehr hoher Wahrscheinlichkeit spricht, mit welcher das Messergebnis dem Fahrzeug des Beschwerdeführers zu geordnet werden kann, so ist dies im Lichte der obzitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine absolut ausreichende Aussage, um das zweite abgelichtete Fahrzeug auszuscheiden.

 

 

5.  Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat, wie schon eingangs angeführt, am 22.4.2014 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung abgeführt, die allerdings von den Verfahrensparteien entschuldigt (belangte Behörde) bzw. unentschuldigt (Beschwerdeführer und Rechtsfreund) unbesucht geblieben ist.

Wenn der Beschwerdeführer einwendet, seine Lenkeigenschaft sei keinesfalls hinreichend erwiesen, zumal er sich bei der relevanten Fahrt beim Lenken mit seinem Bruder abgelöst habe und er nach der während des Verfahrens schon verstrichenen Zeit nicht mehr angeben könne, wer tatsächlich zum exakten Zeitpunkt das Fahrzeug gelenkt habe, so ist ihm Folgendes entgegen zu halten:

 

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 22.9.2011, B1369/10, Nachstehendes ausgeführt:

"Im Fall K hatte der EGMR eine Verletzung des Artikel 6 Abs.1 und 2 EMRK festgestellt. Der Beschwerdeführer war ebenfalls wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung bestraft worden. Zu seiner Rechtfertigung hat er vorgebracht, dass er das Fahrzeug zum fraglichen Zeitpunkt nicht gelenkt habe. Er habe sich nicht einmal in Österreich aufgehalten und könne auch nicht angeben, wer das Fahrzeug gelenkt hat. Die Berufungsbehörde hatte den Beschwerdeführer ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung bestraft, weil anzunehmen sei, dass er als Halter das Fahrzeug auch gelenkt habe. Der EGMR erblickte darin eine unzulässige Überwälzung der Beweislast auf den Beschwerdeführer. Nach Ansicht des EGMR wäre die Berufungsbehörde zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung verpflichtet gewesen, wenn sie aus der – dargestellten – Verantwortung des Beschwerdeführers den Schluss ziehen möchte, er selbst habe die Verwaltungsübertretung begangen. Im Rahmen einer mündlichen Verhandlung hätte sich die Behörde nämlich ein Bild von der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers machen können.

Im vorliegendem Fall ist das Ergebnis der Beweiswürdigung durch den UVS Salzburg nicht zu beanstanden, wonach die Beschwerdeführerin zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens glaubhaft dargelegt habe, dass sie zum fraglichen Zeitpunkt das Fahrzeug nicht gelenkt hätte. Die Beschwerdeführerin hatte mehrmals im Verlauf des Verwaltungsstrafverfahrens die Möglichkeit, eine Stellungnahme abzugeben, hat aber nie nähere Angaben gemacht oder Beweismittel vorgelegt. Aus diesem Versäumnis hat der UVS Salzburg mit nachvollziehbarer Begründung seine Schlüsse gezogen.

Überdies hat der UVS Salzburg im Unterschied zum Fall K eine mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der die Beschwerdeführerin aber nicht persönlich erschienen ist. Wie aus dem Protokoll zur mündlichen Verhandlung ersichtlich, wurde von ihrem rechtsfreundlichen Vertreter vor dem UVS Salzburg nicht vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin erkrankt sei. Ebenso wenig wurde die Vertagung der mündlichen Verhandlung beantragt. Es ist daher der benannten Behörde kein Vorwurf zu machen, dass sie die mündliche Verhandlung nicht vertagt hat und ohne weitere amtswegige Ermittlungen davon ausgegangen ist, dass die Beschwerdeführerin als Halterin des KFZ dieses zum Tatzeitpunkt auch gelenkt hat."

 

 

6.  Auch im konkreten Fall hat der Beschwerdeführer nach Zustellung einer Lenkeranfrage gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 angegeben, dass ein Familienangehöriger, nämlich sein Bruder, den er namentlich auch nennt und dessen Adresse bekannt gegeben wurde, als möglicher Fahrzeugführer in Betracht komme. Das von der Behörde übermittelte Foto sei nicht geeignet, zu ermitteln, ob er selbst oder der Bruder gefahren sei.

Konkrete Beweisanbote wurden allerdings nicht gemacht. Zur Beschwerdeverhandlung ist auch niemand von der Beschuldigtenseite erschienen, also weder dieser selbst noch sein Rechtsfreund.

Es bestand daher für das erkennende Gericht keine Möglichkeit, sich von der Glaubwürdigkeit des Vorbringens durch einen persönlichen Eindruck zu überzeugen. Des Weiteren spricht der Beschwerdeführer von der bloßen Möglichkeit, dass sein Bruder zum Messzeitpunkt das Fahrzeug gelenkt hatte, ein Beweisanbot dahingehend, dass das Lenken tatsächlich durch den Bruder zum fraglichen Zeitpunkt stattgefunden hatte, wurde von ihm aber nicht unterbreitet.

Es kann grundsätzlich als der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechend angenommen werden, dass im Regelfall der Zulassungsbesitzer (Halter) jene Person ist, die das Fahrzeug benützt. Im anderen Fall hätte es – bei einer Privatperson als Zulassungsbesitzer – ja keinen Sinn, ein Kraftfahrzeug überhaupt auf seinen Namen behördlich zuzulassen. Immerhin treffen den Zulassungsbesitzer auch mehrere Pflichten, die in § 103 KFG 1967 normiert sind. Dies schließt naturgemäß keinesfalls aus, dass das Fahrzeug auch von anderen Personen benützt werden kann. Der bloße Hinweis eines Zulassungsbesitzers, sich nicht mehr erinnern zu können, wer das Fahrzeug zum angefragten Zeitpunkt gelenkt hatte, bzw. einen Nachweis in Form eines Radarfotos mit einem darauf abgelichteten Lenker zu verlangen, reicht noch nicht aus, den Verdacht der eigenen Lenkereigenschaft zu entkräften (UVS OÖ VwSen-167735 vom 13.5.2013).

Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Annahme der Lenkereigenschaft seitens des Beschwerdeführers im Lichte der obigen Ausführungen und der einschlägigen Judikatur als hinreichend schlüssig begründbar angenommen werden muss.

 

 

7. Zur Strafbemessung:

 

Hier wird, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, auf die Ausführungen in dem in Beschwerde gezogenen Straferkenntnis verwiesen. Gegenständlich wurde der Strafrahmen von bis zu 726 Euro zu nicht einmal 10 % ausgeschöpft, sodass schon aus diesem Grund keinesfalls von einer unangemessenen Straffestsetzung die Rede sein kann.

Dazu kommt noch, dass der Beschwerdeführer im Zuständigkeitsbereich der belangten Behörde bereits zwei Mal einschlägig in Erscheinung getreten ist, welche Tatsache einen Erschwerungsgrund darstellt.

Die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe von 70 Euro erscheint aus diesen Erwägungen heraus sohin jedenfalls angemessen bzw. stellt die Untergrenze dar, um dem general- und spezialpräventiven Zweck der Bestrafung nachkommen zu können.

Auf die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers war nicht weiter einzugehen, da von jedermann, der Zulassungsbesitzer eines Kraftfahrzeuges ist und am Straßenverkehr teilnimmt, erwartet werden muss, dass er zur Bezahlung von Verwaltungsstrafen in dieser Höhe jederzeit in der Lage ist.

 

 

 

 

 

Zu III.:

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde/der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

S c h ö n