LVwG-600244/6/Kof/CG

Linz, 02.05.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Geschäftszeichen:                                                                                                                                                                                                                                                 Datum:

LVwG-600244/6/Kof/CG                                                                        Linz, 2. Mai 2014

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Josef Kofler über die Beschwerde des Herrn X,
X Straße 4, x, vertreten durch die
Dr. X Rechtsanwalt GmbH, X gegen
das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 24. Februar 2014, VerR96-4385-2013 wegen Übertretungen der StVO, nach der am 28. April 2014 durchgeführten mündlichen Verhandlung einschließlich Verkündung des Erkenntnisses, zu Recht  e r k a n n t:

 

 

I.

Betreffend lit.a (§ 20 Abs.2 StVO) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das behördliche Straferkenntnis bestätigt.

Der Beschwerdeführer hat zum Verfahren vor dem Landesverwaltungs-gericht Oberösterreich einen Kostenbeitrag von 20 % der verhängten Geldstrafe zu zahlen.

 

Betreffend lit.b (§ 18 Abs.1 StVO) ist das behördliche Straferkenntnis – durch Zurückziehung der Beschwerde – in Rechtskraft erwachsen.

 

 

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4 B-VG nicht zulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Zu I.:

Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Beschwerdeführer  (Bf) das

in der Präambel zitierte Straferkenntnis – auszugsweise – wie folgt erlassen:

„Sie haben am 24.05.2013 um 15.29 Uhr den PKW mit den Kennzeichen MD-.....  auf der A 1 West-Autobahn im Gemeindegebiet von Sipbachzell in Fahrtrichtung Wien gelenkt, wobei Sie

a) bei Km 188,000 die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten haben (gefahrene Geschwindigkeit: 190 km/h),

b) bei Km 189,200 zu dem vor Ihnen am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten haben, dass jederzeit ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird (zeitlicher Abstand: 0,27 Sekunden).

 

Die Geschwindigkeit wurde mittels Provida Anlage gemessen und wurde

die in Betracht kommende Messtoleranz bereits abgezogen.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

a)  § 20 Abs.2 StVO

b)  § 18 Abs.1 StVO

 

Daher wird über Sie folgende Strafe verhängt:

a) Geldstrafe:  360 Euro  gemäß § 99 Abs.2e StVO

b) Geldstrafe:  300 Euro  gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO

Ersatzfreiheitsstrafe:  a) 96 Stunden    b) 72 Stunden

 

Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe

tritt an deren Stelle die Ersatzfreiheitsstrafe.

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG zu entrichten:

66 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher ...... 726 Euro.“

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bf innerhalb offener Frist die begründete Beschwerde vom 24. März 2014 erhoben.

 

Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter (Art. 135 Abs.1 1. Satz B-VG) erwogen:

 

Am 28. April 2014 wurde beim Oö. LVwG eine öffentliche mündliche Verhandlung (mVh) durchgeführt, an welcher der Bf, dessen Rechtsvertreterin, ein Vertreter der belangten Behörde sowie der Zeuge und Meldungsleger, Herr GI. A.S. teilgenommen haben.

 

Betreffend lit.b (Verwaltungsübertretung nach § 18 Abs.1 StVO) des behördlichen Straferkenntnis haben der Bf sowie dessen Rechtsvertreterin – nach ausführlicher Erörterung der Sach- und Rechtslage – die Beschwerde zurückgezogen.  In diesem Punkt ist dadurch das behördliche Straferkenntnis in Rechtskraft erwachsen.

 

Zu lit.a (Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 StVO) ist auszuführen:

 

Stellungnahme des Beschwerdeführers sowie seiner Rechtsvertreterin:

Das behördliche Straferkenntnis ist mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Der Spruch des Straferkenntnisses entspricht nicht den Erfordernissen des § 44a VStG; dies insbesondere hinsichtlich der Individualisierung und Konkretisierung.

Die Tatzeit ist nicht ausreichend konkretisiert bzw. widersprüchlich.

Dem Beschwerdeführer werden zwei Verwaltungsübertretungen an unterschiedlichen Tatorten jedoch zu ein- und derselben Tatzeit angelastet.

Beim PKW sind Marke, Modell und Farbe nicht näher angeführt.

Das Kennzeichen ist unrichtig. Dieses hätte richtigerweise zu lauten: MD-......

Die Ermächtigung des einschreitenden Meldungslegers liegt nicht vor.

Die Messung ist somit nicht gesetzeskonform.

Weiters wurde ich vom Zivilstreifenfahrzeug bedrängt und habe dadurch eine erhöhte Geschwindigkeit eingehalten, um den Sicherheitsabstand nach hinten
zu erhöhen.

 

Betreffend die Vorbringen des Bf zum Tatort und zur Tatzeit ist auszuführen:

Gemäß § 44 a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Es bedarf daher im Bescheidspruch der Anführung aller wesentlicher Tatbestands-merkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat und die dadurch verletzten Verwaltungsvorschriften erforderlich sind. Wesentlich für die Bezeichnung der Tat ist der Ausspruch über Zeit und Ort der Begehung.

Die Tat ist hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1.   die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehen aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2.   die Identität der Tat insbesondere nach Ort und Zeit unverwechselbar feststeht.

 

Es muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Betreffenden die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten,

 

 

um eben diesen zu widerlegen und der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

In jedem konkreten Fall ist zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem
§ 44a Z1 VStG genügt.

 

Es wird daher das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes – weil an den wiedergegebenen Rechtsschutzüberlegungen zu messendes – Erfordernis sein.

VwGH vom 20.07.2004, 2002/03/0195 mit Vorjudikatur;

Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band II, 2. Auflage, E14 und E15

zu § 44a VStG (Seite 755 ff) mit zahlreichen Judikaturhinweisen.

VwGH vom 27.04.2012, 2011/02/0324.

 

Dass im gegenständlichen Fall

-      der Bf nicht in der Lage wäre, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten und /oder

-      die Gefahr einer „Doppelbestrafung“ besteht

ist für das LVwG OÖ. nicht ersichtlich und behauptet der Bf selbst nicht.

 

Der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses entspricht daher hinsichtlich Tatort, Tatzeit und Tathandlung den zitierten Kriterien.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH bilden das Kennzeichen sowie die Marke und Type eines Fahrzeuges kein wesentliches Tatbestandsmerkmal einer Verwaltungsübertretung nach der StVO;  VwGH vom 24.09.2010, 2010/02/0155; vom 08.07.2005, 2005/02/0027; vom 28.02.2001, 2000/03/0311;

vom 25.05.2007, 2007/02/0133; vom 21.04.1999, 98/03/0350 ua.

 

Betreffend den Antrag des Bf auf Einholung der Ermächtigungsurkunde

des amtshandelnden Beamten  ist auszuführen:

 

Gemäß § 97 Abs.1 lit.b StVO haben Organe der Bundespolizei bei der Vollziehung der StVO (hier: Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens) mitzuwirken. –

Eine gesonderte Ermächtigungsurkunde für die Durchführung

von Geschwindigkeitsmessungen ist nicht erforderlich.

 

Unabhängig davon wird auf die Entscheidung des VwGH im Erkenntnis vom 26.02.2010, 2009/02/0315 verwiesen, wonach die Einholung der Ermächtigungs-urkunde – entgegen dem Antrag des Bf – nicht erforderlich ist.

 

 

Bei der mVh wurde die DVD mit der Videoaufzeichnung der Fahrt des Bf besichtigt.  Bei dem Messgerät handelt es sich um geeichtes Gerät –

der Eichschein wurde bei der mVh vorgelegt.

 

Bei der Besichtigung dieser DVD wurde festgestellt, dass beim Bf eine gefahrene Geschwindigkeit von 200 km/h gemessen wurde.

Im Tachonachfahrbetrieb mit fotografischer Registrierung beträgt der Abzug bei einer Geschwindigkeit über 100 km/h ... 5 %.

Im vorliegenden Fall ergibt sich somit ein vorwerfbarer Wert von ....... 190 km/h.

 

Der Bf hat bei der mVh – nach Besichtigung dieser Videoaufzeichnung – die von ihm gefahrene Geschwindigkeit – vorwerfbarer Wert: 190 km/h – nicht mehr bestritten.

 

Das – vom Bf bei der mVh eingewendete, angebliche – zu knappe Auffahren des hinter ihm fahrenden Fahrzeuges macht die Einhaltung der vorgeschriebenen Fahrgeschwindigkeit nicht unzumutbar; VwGH vom 31.05.2012, 2012/02/0082.

 

Die Beschwerde war somit hinsichtlich des Schuldspruch als unbegründet abzuweisen.

 

Hinsichtlich der Strafbemessung wird insbesondere auf die Entscheidung

des VwGH vom 27.04.2012, 2011/02/0324 verwiesen.

Der VwGH hat in diesem Erkenntnis – in einem gleichgelagerten Fall – eine Geldstrafe von 900 Euro als rechtmäßig bestätigt bzw. die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

Im vorliegenden Fall beträgt die über den Bf verhängte Geldstrafe ……. 360 Euro.

Die Beschwerde war somit auch hinsichtlich der verhängten Strafe abzuweisen.

 

Gemäß § 52 Abs.1 und Abs.2 VwGVG beträgt der Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem LVwG OÖ. ..... 20 % der verhängten Geldstrafe (= 72 Euro).

 

 

Zu II.:  

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage iSd  

Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen  Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.

Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.  Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag
der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim VfGH
und/oder einer außerordentlichen Revision beim VwGH.

Eine Beschwerde an den VfGH ist unmittelbar bei diesem einzubringen,

eine Revision an den VwGH beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision
müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen.

Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

Richter Mag. Josef Kofler

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 29.07.2014, Zl.: Ra 2014/02/0066-3