LVwG-700039/11/BP/WU

Linz, 05.05.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des J K, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P P, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 11. Februar 2014,  GZ: Sich96-76/17-2013, wegen einer Übertretung des Sicherheitspolizeigesetzes,

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 VwGVG iVm. § 82 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes – SPG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.       Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 10 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.               

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 11. Februar 2014, GZ. Sich96-76/17-2013, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) gemäß § 82 Abs.1 SPG BGBl. Nr. 566/1991 idF. BGBl.Nr. 114/2007 iVm. § 20 VStG BGBl. 1991/52 idgF., eine Geldstrafe in der Höhe von 50,- Euro sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 16 Stunden verhängt.

 

Die belangte Behörde führt dabei folgenden Tatvorwurf aus:

 

Sie haben sich am 14.6.2013 um 20.10 Uhr in X, trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht, während dieses seine gesetzliche Aufgabe wahr nahm, aggressiv verhalten und dadurch eine Amtshandlung behindert. Sie haben anlässlich einer Befragung durch einen Beamten der Polizeiinspektion Großraming, diesen angeschrien: "Schleich di du scheiß Kiwara. I kann auf meinem Grund ein Lagerfeuer anzünden, wie ich will." Dabei gestikulierten Sie mit den Händen wild um sich.

 

In ihrer Begründung führt die belangte Behörde Folgendes aus:

 

Aufgrund der Anzeige der Polizeiinspektion Großraming vom 16.6.2013 wurde über Sie mit Strafverfügung vom 25.6.2013, Zahl: Sich96-76/2-2013, wegen Übertretung nach § 82 Abs. 1 SPG eine Geldstrafe von 50 Euro, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 16 Stunden, verhängt.

 

Innerhalb der Rechtsmittelfrist hat Ihr Sachwalter Dr. P P gegen diese Strafverfügung Einspruch erhoben und diesen im Wesentlichen damit begründet, dass es richtig sei, dass es am 14.6.2013 um 20.10 Uhr in X eine Amtshandlung auf Ihrer Liegenschaft gegeben hat. Es handelt sich - wie den Behörden bekannt sein dürfte - keinesfalls um den ersten derartigen Einsatz, da die Polizeiinspektion Großraming seitens der Grundstücksnachbarin, Ihrer Schwester, laufend mit Anzeigen gegen Sie behelligt wird. Auch der einschreitende RI J A hat bereits zahlreiche Amtshandlungen im Zusammenhang mit den bekannten Nachbarschaftsstreitigkeiten absolviert. Wohl aufgrund des Umstandes, dass dem einschreitenden Beamten die ständigen Amtshandlungen auf meiner Liegenschaft bekannt waren, reagierte dieser schon bei seinem Eintreffen sehr emotional.

 

Es ist richtig, dass es auch einen Wortwechsel zwischen mir und dem Beamten gegeben hat. Die in der Strafverfügung vorgeworfene Behauptung habe ich aber nicht getätigt. Die auf beiden Seiten geäußerten Unmutsäußerungen gingen über das in X übliche nicht hinaus. Von einem aggressiven Verhalten kann keine Rede sein. Im Übrigen ist festzuhalten, dass gemäß § 82 Abs. 1 ein Sicherheitspolizeigesetz nur zu bestrafen ist, wer durch ein aggressives Verhalten eine Amtshandlung behindert. Die Amtshandlung erschöpfte sich darin, mich auf einen angeblichen Verstoß wegen § 3 Abs. 1 Bundeslufthaltegesetz hinzuweisen. Auf welche Weise das inkriminierte Verhalten - selbst wenn vorgelegen wäre - geeignet sein sollte, diese Amtshandlung zu verhindern oder zu behindern ist nicht ersichtlich.

Ich habe daher keine Verwaltungsstrafe bewirkt. Es wird daher das Verfahren einzustellen sein.

 

(...)

 

GI J A von der Polizeiinspektion Großraming hat am 17.7.2013 niederschriftlich bei der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land Folgendes angegeben:

"Am 14.6.2013 um 20.10 Uhr ging bei der PI Großraming telefonisch eine Anzeige ein, dass Herr K ein Feuer mit Resten von Schlägerungsarbeiten macht. Ich bin in der Folge alleine zu seinem Haus X gefahren und habe schon von weitem eine Rauchsäule wahrnehmen können. Bei meinem Eintreffen konnte ich wahrnehmen, dass Herr K hinter seinem Haus ein Feuer mit halbtrockenen Fichtenästen entfacht hat. Herr K hat mit Reisig nachgelegt, was ich fotografiert habe. Ich bin dann zu K und habe ihn aufgefordert, er muss das Feuer löschen, sonst schicke ich ihm die Feuerwehr. Herr K hat mich sofort angeschrien: „Schleich die du scheiß Kiwara. i kann auf meinem Grund ein Lagerfeuer anzünden, wie ich will." Daraufhin habe ich ihn aufgefordert, sein Verhalten einzustellen.

Als er sein Verhalten nicht einstellte und weiter nachlegte, machte ich ein weiteres Foto, worauf er mit den Händen wild gestikulierend auf mich zukam (siehe Fotobeweise).

Ich habe Herrn K darauf aufmerksam gemacht, dass ich die Feuerwehr verständige, wenn er nicht aufhört zu heizen. Daraufhin bin ich wieder weggefahren. Ich habe in der Folge mit Frau Mag. L von der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land telefonisch über einen möglichen Feuerwehreinsatz Rücksprache gehalten (falls K weiterheizen würde).

Es ist diesbezüglich (betreffend Feuer) an diesem Abend zu keinen weiteren Anzeigen gekommen."

 

Mit Schreiben vom 17.7.2013 wurde Ihr Sachwalter Dr. P P vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt. Dazu haben Sie mit 5.8.2013 wie folgt Stellung genommen:

 

"(...) Selbst aus der Einvernahme des einschreitenden Beamten ergibt sich, dass sich dessen geplantes Einschreiten darin beschränken sollte, dem Beschuldigten die „Verständigung der Feuerwehr" für den Fall des Nichtlöschens des angeblich entzündeten Feuers anzukündigen.

 

Welche Amtshandlung der Beschuldigte durch sein angebliches Verhalten behindert haben sollte, wird aus dem Akteninhalt nicht ersichtlich. Es wird daher das Verfahren schon aus diesem Grunde einzustellen sein."

 

(...) Im Schreiben vom 16.9.2013 teilt Herr Dr. P mit, dass Ihr monatliches Einkommen 1.287 Euro beträgt. Davon werden 560 Euro für Sorgepflichten für 4 Kinder abgezogen, Sie besitzen kein Vermögen.

 

(...)

 

Am 3.12.2013 teilte Herr J K in seiner schriftlichen Stellungnahme, übermittelt vom Sachwalter Dr. P P Folgendes mit:

 

(...)

 

Zum Vorfall vom 14.6.2013 ist festzuhalten, dass auch diese Äußerungen nie gefallen sind. Der Beschuldigte hat aufgrund seiner bisherigen Erfahrung mit den einschreitenden Polizeibeamten bewusst keine Äußerungen abgegeben.

 

(...)

 

Die Ihnen zur Last gelegte Verwaltungsübertretung beruht auf einer dienstlichen Wahrnehmung von einem Polizeibeamten und ist auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass deren Aussagen sowohl in strafrechtlicher als auch in disziplinarrechtlicher Verantwortlichkeit stehen, als erwiesen anzunehmen.

 

(...)

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, durch die rechtsfreundliche Vertretung des Bf rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom 17. März 2014, in welcher begründend wie folgt ausgeführt wird:

 

Richtig ist, dass es am 14.06.2013 um 20:10 Uhr in X eine Amtshandlung auf der Liegenschaft des Einschreiters gegeben hat. Es handelt sich - wie den Behörden bekannt sein dürfte - keinesfalls um den ersten derartigen Einsatz, da die Polizeiinspektion Großraming seitens der Grundstücksnachbarin und Schwester des Einschreiters laufend mit Anzeigen gegen den Einschreiter behelligt wird. Auch der einschreitende Revierinspektor Herr J P hat bereits zahlreiche Amtshandlungen im Zusammenhang mit den bekannten Nachbarschaftsstreitigen absolviert. Wohl aufgrund des Umstandes, dass der einschreitende Beamte die ständigen Amtshandlungen auf der Liegenschaft des Einschreiters bekannt waren, reagierte dieser schon bei seinem Eintreffen sehr emotional.

 

Es ist richtig, dass es auch einen Wortwechsel zwischen dem Einschreiter und dem Beamten gegeben hat. Die in der Strafverfügung vorgeworfene Behauptung hat der Einschreiter aber nicht getätigt. Die auf beiden Seiten geäußerten Unmutsäußerungen gingen über das im X übliche nicht hinaus. Von einem aggressiven Verhalten kann keine Rede sein. Im Übrigen ist festzuhalten, dass gemäß § 82 Abs. 1 ein Sicherheitspolizeigesetz nur zu bestrafen ist, wer durch ein aggressives Verhalten eine Amtshandlung behindert. Die Amtshandlung erschöpfte sich darin, den Einschreiter auf einen angeblichen Verstoß wegen § 3 Abs. 1 Bundeslufthaltegesetz hinzuweisen. Auf welche Weise das inkriminierte Verhalten - selbst wenn vorgelegen wäre -geeignet sein sollte, diese Amtshandlung zu verhindern oder zu behindern ist nicht ersichtlich.

 

Die behauptete Äußerung hat der Einschreiter nie getätigt. Es ist im Übrigen auch nicht ersichtlich, in wie fern durch eine derartige Aussage eine Amtshandlung (Welche?) -eigentlich behindert worden sein soll. Der in der Strafverfügung geschilderte Sachverhalt ist in diesem Sinne auch unschlüssig, weil unvollständig.

 

(...)

 

Die Beweiswürdigung der Behörde - so man angesichts eines einzigen Nebensatzes in der Entscheidungsbegründung überhaupt von einer solchen ausgehen will - erschöpft sich darin, dass den einschreitenden Beamten zu glauben sei, da sie aufgrund ihrer dienstlicher Stellung bzw. ihrer dienst- und disziplinarrechtlichen Verantwortlichkeit zur wahrheitsgemäßen Aussage verpflichtet wäre. Eine derartige „Beweiswürdigung", die völlig vom zu prüfenden Sachverhalt abstrahiert, ist naturgemäß eine reine Scheinbegründung. Könnte sich die Behörde mit einem derartigen Pauschalverweis auf die dienstrechtliche Verantwortlichkeit der Verantwortung zur Prüfung der vorliegenden Beweismittel entschlagen, wäre einer an Willkür grenzenden Scheinbegründung Tür und Tor geöffnet.

 

Es wird daher beantragt, den Bescheid aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

 

3. Mit Schreiben vom 20. März 2014 legte die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor.

 

4.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und das Beschwerdevorbringen.

 

Zusätzlich wurde am 29. April 2014 eine öffentliche Verhandlung vor dem Landesgericht Oberösterreich durchgeführt.

 

4.2. Mit Schreiben vom 24. April 2014 entschuldigte sich die belangte Behörde für die Nichtteilnahme an der öffentlichen Verhandlung aus terminlichen Gründen und gab dabei eine ergänzende Stellungnahme ab.

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem relevanten Sachverhalt aus:

 

Am 14. Juni 2014, ca. 20:10 Uhr begab sich GI A von der PI Großraming aufgrund einer telefonischen Anzeige der Nachbarin des Bf zu dessen Liegenschaft. Laut Anzeige hatte der Bf ein stark rauchendes Feuer mit halbtrockenen Fichtenzweigen entfacht.

 

Schon beim Eintreffen des Beamten forderte der Bf diesen lautstark und unter Beschimpfungen auf, sich zu entfernen, wobei er unter entsprechender Gestik auf den Beamten zukam. Die Beruhigungsversuche des Beamten blieben erfolglos. Der Bf war nicht bereit das Feuer zu löschen, sondern beharrte darauf, dass er laut Auskunft der Gemeinde ein Lagerfeuer unterhalten dürfe. Schließlich verließ der Beamte den Ort unter der nochmaligen Aufforderung, dass der Bf das Feuer löschen sollte und kündigte an bei Zuwiderhandeln die Feuerwehr zu alarmieren.

 

 

II.             

 

1. Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung stellte der Bf – in subjektiv selektiver Wahrnehmung – sein Verhalten völlig verharmlosend dar. Angesichts seines – im Rahmen der Verhandlung – noch immer erregten Gemütszustandes, scheint diese Darstellung jedoch nicht als glaubhaft objektivierbar.

 

2. Es besteht kein Zweifel daran, dass der Bf – entsprechend der Darstellungen des zeugenschaftlich einvernommenen Polizeibeamten – in völlig überzogener Weise auf die Annäherung des Beamten und dessen Auftrag das Feuer zu löschen reagierte, was sowohl für die behaupteten Äußerungen als auch für die diese unterstreichende intensive Gestik gilt. Auch der Beruhigungsversuch durch den Beamten, gegen den der Bf auch aktuell noch eine massive Aversion äußert, wurde von GI A glaubhaft geschildert; wie auch der Umstand, dass er die Amtshandlung abbrach, um keine bis zu einer allfälligen Festnahme führende Eskalation der Situation zu provozieren. Klar scheint, dass der Bf sein Verhalten dem Beamten gegenüber bis zum Abbruch der Amtshandlung nicht mäßigte.

 

3. Darüber hinaus schilderte GI A glaubhaft, dass er nach Verlassen des Bf die Anzeigerin aufgesucht hatte, die ihn, falls der Bf dem Auftrag des Löschens nicht nachkommen würde, informieren sollte, worauf er die Feuerwehr eingeschaltet hätte. 

 

 

III.

 

1. Gemäß § 82 Abs.1 des Sicherheitspolizeigesetzes – SPG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 350 Euro zu bestrafen, wer sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht oder gegenüber einem militärischen Organ im Wachdienst, während diese ihre gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen, aggressiv verhält und dadurch eine Amtshandlung behindert. Anstelle einer Geldstrafe kann bei Vorliegen erschwerender Umstände eine Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Wiederholungsfall bis zu zwei Wochen verhängt werden.

 

2.1. Tatbildlich im Sinn des § 82 Abs. 1 SPG ist sohin ein aggressives Verhalten einer Person gegenüber Organen (wie hier) der öffentlichen Aufsicht, während diese eine Amtshandlung durchführen. Dieses Verhalten muss zudem trotz vorangegangener Abmahnung fortgesetzt werden und darüber hinaus die Durchführung der Amtshandlung behindern.

 

2.2. Unbestritten ist nun zunächst, dass es sich bei dem einschreitenden Beamten um ein Organ der öffentlichen Aufsicht handelte. Weiters steht außer Zweifel, dass dieses aufgrund eines Anrufes von Seiten einer Nachbarin des Bf wegen eines vom Bf entfachten „Lagerfeuers“ zum Einsatzort kam, also um eine mutmaßliche Verwaltungsübertretung zu ahnden und damit eine Amtshandlung durchzuführen.

 

Zu den gesetzlichen Aufgaben eines Organs zählt insbesondere auch der schlichte Streifen- und Überwachungsdienst und jedenfalls auch das Einschreiten nach einem Notruf wegen einer gemeldeten Verwaltungsübertretung. Ob die Amtshandlung auf öffentlichem Gut oder auf einem Privatgrundstück stattfindet, spielt keine Rolle.

 

2.3. Weiters erfordert § 82 Abs. 1 SPG das Vorliegen eines aggressiven Verhaltens.

 

"Aggressiv" bedeutet so viel wie "angreifend" oder "angriffslustig". "Aggression" meint einen Überfall, einen Angriff oder feindseliges Verhalten. Unter aggressivem Verhalten ist ein sowohl in der Sprache als auch in der Bewegung der gebotenen Ruhe entbehrendes, mit ungewöhnlicher Heftigkeit verbundenes Verhalten anzusehen. Das Vertreten eines Rechtsstandpunktes, mag dies auch in entschiedener Weise geschehen, stellt eine angemessene Reaktion, nicht aber ein ungestümes Benehmen dar (vgl. Hauer/Keplinger, Kommentar zum Sicherheitspolizeigesetz3, A.5.1. f zu § 82).

 

Weiters ist unter einem aggressiven Verhalten ein solches zu verstehen, durch das die jedem Staatsbürger gegen das Einschreiten eines obrigkeitlichen Organs zuzubilligende Abwehr vermeintlichen Unrechts derart überschritten wird, dass diese Abwehr zufolge des Tones des Vorbringens, der zur Schau gestellten Gestik oder durch beides zusammen als "aggressives Verhalten" gewertet werden muss. Solches liegt etwa vor, bei "Gebrauch lautstarker Worte verbunden mit heftiger Gestik gegenüber einem Sicherheitswachebeamten". 

 

So kann unter aggressivem Verhalten auch ein "sowohl in der Sprache als auch in der Bewegung der gebotenen Ruhe entbehrendes, mit ungewöhnlicher Heftigkeit verbundenes Verhalten" angesehen werden. In diesem Sinne reicht nach ständiger Rechtsprechung bereits allein das "Schreien mit einem Aufsichtsorgan" auch noch nach erfolgter Abmahnung zur Erfüllung des Tatbestandes aus (VwGH vom 20.12.1990, 90/10/0056; siehe auch Hauer/Keplinger, Kommentar zum Sicherheitspolizeigesetz3, Fn. 14 zu § 82  mit weiteren Verweisen). Da das Gesetz lediglich "aggressives Verhalten" verlangt, bedarf es keiner "besonderen" Aggressivität um den Tatbestand zu erfüllen.

 

Dabei ist der Inhalt der schreiend vorgebrachten Äußerungen prinzipiell gleichgültig. Tatbildlich ist sohin Schreien und / oder heftiges Gestikulieren beides als Ausdruck der Aggressivität. Das Vertreten eines Rechtstandpunktes, mag dies auch in entschiedener Weise geschehen, stellt durchaus eine angemessene Reaktion dar und würde den zur Last gelegten Tatbestand nicht verwirklichen. Es sei denn dies geschieht in aggressiver Weise, denn auch das Vorbringen eines Rechtsstandpunktes berechtigt nicht, durch schreiendes und gestikulierendes Verhalten gegenüber einem Amtsorgan, das gesetzliche Aufgaben wahrnimmt, die in § 82 SPG gesetzten Grenzen zu überschreiten. Die Strafbarkeit ist auch dann nicht ausgeschlossen, wenn sich ein Verhalten als Reaktion auf die Art des Einschreitens eines behördlichen Organs darstellt, selbst wenn ein Organ ungesetzliche Anordnungen, zu deren Erlassung das Organ nur abstrakt berechtigt ist, trifft.

 

Im vorliegenden Fall ist zunächst anzumerken, dass Ausrücke wie „Schleich di scheiß Kivara“ auch in den südöstlichen Bergregionen Oberösterreichs nicht als sozialadäquat und dem Lokalkolorit angepasst anzusehen sein werden, sondern vielmehr einen aggressionsgeladenen Duktus beinhalten. Unterstützt durch entsprechende Gestik und lautstarke Äußerungen muss hier fraglos die Aggressivität des Verhaltens des Bf dem Beamten gegenüber bejaht werden. Die Unverhältnismäßigkeit gründet zudem auch darauf, dass der Anlass, das Einschreiten des Beamten, für das Verhalten als völlig harmlos bezeichnet werden muss.

 

Im Ergebnis ist das Verhalten des Bf demnach klar als ungerechtfertigt aggressiv zu bezeichnen.

 

2.4. Hinsichtlich der ebenfalls in § 82 Abs. 1 SPG geforderten vorausgegangenen Abmahnung ist zunächst anzumerken, dass für eine solche keine exakte wörtliche Determinierung besteht. Dem Adressaten muss jedenfalls klar gemacht werden, dass er sein strafbares Verhalten einzustellen und damit die Behinderung der Amtshandlung aufzugeben hat. Diese Abmahnung muss grundsätzlich so vorgetragen werden, dass der Adressat sie auch wahrnehmen kann. Der Erfüllung dieser Verpflichtung steht jedoch nicht entgegen, wenn der Adressat zwar akustisch und sprachlich in der Lage ist die "Botschaft" zu erhalten, jedoch dem aussprechenden Organ keinerlei diesbezügliche Aufmerksamkeit schenken will und somit nicht aufnahmebereit ist.

 

Im vorliegenden Fall hat das Amtsorgan – wie im Sachverhalt festgestellt – zwar mehrfach eine Ermahnung ausgesprochen, wobei diese Ermahnungen vom Bf jedoch nicht zur Kenntnis genommen wurden. Grundsätzlich wäre der Bf jedoch nicht akzeptiert wurden. Er wäre aber grundsätzlich sowohl akustisch als auch sprachlich in der Lage gewesen, die Abmahnung entgegenzunehmen, weshalb dieses Tatbestandselement des § 82 Abs. 1 SPG als erfüllt anzusehen ist.

 

2.5. Es ist nach dem Wortlaut des § 82 Abs. 1 SPG nicht erforderlich, dass die Amtshandlung durch das aggressive Verhalten tatsächlich gänzlich verhindert wird. Tatbildmäßig ist hier zweifelsfrei schon, dass ein geordneter Ablauf bzw. Verlauf einer Amtshandlung merklich gestört und verzögert wird.

 

Wie sich aus dem Sachverhalt ergibt, nahm der Beamte von der Fortführung der Amtshandlung Abstand, da das Verhalten des Bf derart erregt ausfiel, dass ansonsten mit einer Festnahme dagegen hätte vorgegangen werden müssen. Es bleibt aber der Umstand, dass die Amtshandlung gänzlich verunmöglicht wurde.

 

Die verbalen und gestikulativen Äußerungen des Bf haben fraglos das Maß erreicht, das eine Qualifikation als die Amtshandlung behindernd zwingend nach sich führt.

 

2.6. Da somit alle Tatbestandselemente des § 82 Abs. 1 SPG als erfüllt zu betrachten sind, war die objektive Tatseite gegeben.

 

3.1. Das SPG sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Es ist nun zu prüfen, ob sich der Bf entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

3.2. Der Bf ließ jedenfalls die auch ihm gebotene Besonnenheit vermissen. Er hätte sich dessen bewusst sein müssen, dass er durch sein Verhalten dem Beamten gegenüber völlig überzogen reagierte.

 

Es ist zwar einsichtig, dass eigentlicher Grund für die unverhältnismäßige Erregung des Bf ein lange währender Nachbarschaftsstreit mit seiner Schwester ist; allein kann dadurch sein Verhalten gegenüber dem Beamten nicht entschuldigt werden.

 

3.3. Im Ergebnis bedeutet dies, dass der Bf auch die subjektive Tatseite erfüllt.

 

4.1. Gemäß § 19 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.

 

Auch auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen ebenso zu berücksichtigen.

 

4.2. Im vorliegenden Fall wendet sich der Bf nicht gegen die Höhe der verhängten Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe. Es sei angemerkt, dass auch das LVwG Oberösterreich keinen Anlass gefunden haben würde, diese zu bemängeln.

 

5. Es war daher im Ergebnis die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden.

 

6.1. Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

 

Gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG ist dieser Beitrag für das Beschwerdeverfahren mit 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10 Euro zu bemessen; bei Freiheitsstrafen ist zur Berechnung der Kosten ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro anzurechnen. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand des Verwaltungsgerichtes zu tragen hat.

 

6.2. In diesem Sinn war dem Bf ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem LVwG in Höhe von 10 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) aufzuerlegen.

 

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei:

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde / der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Bernhard Pree