LVwG-350057/2/KLi/TK

Linz, 02.06.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Karin Lidauer über die Beschwerde vom 13.5.2014 der Frau x, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 15.4.2014, GZ. 3.01 – ASJF, wegen Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs (bedarfsorientierte Mindestsicherung),

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 15.4.2014, GZ. 3.01 – ASJF, bestätigt.

 

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 15.4.2014, GZ 3.01 – ASJF, wurde dem Antrag der Beschwerdeführerin vom 1.4.2014 auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs keine Folge gegeben. Die abweisende Entscheidung wurde damit begründet, dass die Beschwerdeführerin die Staatsbürgerschaft von Armenien besitze und nur eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis 10.2.2015 habe; der Aufenthaltstitel sei eine „Niederlassungsbewilligung“. Nach Auskunft der Fremdenrechtsabteilung des Magistrates Linz liege keine Aufenthaltsverfestigung vor, weshalb der Aufenthaltstitel befristet ausgestellt worden sei. Von der Fremdenrechtsbehörde sei die befristete Niederlassungsbewilligung unter der Berücksichtigung, dass die Familienangehörigen für den Wohn- und Lebensbedarf der Beschwerdeführerin aufkommen würden, erteilt worden, sodass ein Härtefall nach Privatrecht nicht gegeben sei. Demnach sei der Antrag auf bedarfsorientierte Mindestsicherung abgewiesen worden.

 

I.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom 13.5.2014. Die Beschwerdeführerin bringt zusammengefasst vor, dass ihre Tochter zwar angegeben habe, für sie zu sorgen und bislang auch gut für sie gesorgt habe, es ihr aber aufgrund geänderter Verhältnisse (die Tochter stehe in keinem Dienstverhältnis mehr und erhalte nunmehr Arbeitslosengeld in Höhe von 24,55 Euro täglich) nicht mehr möglich sei, eine weitere Versorgung durch die Tochter (welche ursprünglich vorhanden war) zu gewähren. Die Tochter würde derzeit sowohl für sich selbst als auch für die Beschwerdeführerin Miete bezahlen, sodass kaum finanzielle Mittel für die Versorgung mit den täglichen Bedürfnissen (Nahrung, Hygieneartikel, etc.) vorhanden seien.

 

Ferner bringt die Beschwerdeführerin vor, dass sie zwar nur im Besitz eines befristeten Aufenthaltstitels sei; sollte die Fremdenbehörde allerdings nochmals mit ihrem Fall beschäftigt werden, wäre aus heutiger Sicht festzustellen, dass eine Ausweisung/Rückkehrentscheidung aus Österreich auf Dauer unzulässig sein würde. Die gesamte Familie sei bereits in Österreich aufhältig; sowohl die Kinder als auch die Enkelkinder dürften auf Dauer nicht aus Österreich ausgewiesen werden. Somit wäre sie die einzige Person, welche nach Armenien zurückgewiesen werden würde. Ihr Aufenthalt sei deswegen begrenzt, weil sie keine Deutschkenntnisse auf B1-Niveau der europäischen Sprachrahmen nachweisen könne. Es sei für sie alters- und krankheitsbedingt unmöglich, dieses Kriterium zu erfüllen. Eine Ausweisung ihrer Person würde gegen Art. 8 EMRK verstoßen. Die Beschwerdeführerin würde daher die Kriterien für einen dauerhaften Verbleib in Österreich erfüllen. Bei der Verlängerung ihres Aufenthaltstitels im Jahr 2015 werde höchstwahrscheinlich die Fremdenbehörde sich mit diesen Kriterien auseinanderzusetzen haben und werde wohl im Endeffekt erkannt werden, dass in ihrem Fall eine dauerhafte Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung vorliege. Insofern würden die Voraussetzungen für die Gewährung von Mindestsicherung (Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes) im Sinne des Oö. BMSG vorliegen.

 

Die Beschwerdeführerin stellt daher die Anträge, das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge erkennen, dass ihr Mindestsicherung in voller Höhe zusteht, abzüglich eines Betrages in der Höhe, den ihr ihre Tochter leisten könnte, ohne selbst in eine Notlage zu geraten – derzeit aufgrund ihrer Einkommensverhältnisse auf 0 Euro gesetzt; in eventu das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge feststellen, dass es unerlässlich sei, ihr eine Mindestsicherung auf privatrechtlicher Basis zu gewähren, zur Vermeidung besonderer Härten.

 

 

II. Nachfolgender Sachverhalt steht fest:

II.1. Die Beschwerdeführerin ist am x geboren und armenische Staatsbürgerin. Sie ist in x, wohnhaft. Bei der Einreise nach Österreich hat die Tochter der Beschwerdeführerin, Frau x, angegeben, für ihre Mutter zu sorgen. Anders als die Mutter ist die Tochter aber nicht in x wohnhaft, sondern in x; also mehrere 100 km von der Mutter entfernt. Die Tochter ist derzeit nicht in der Lage, für ihre Mutter zu sorgen, zumal sie selbst Arbeitslosenunterstützung des AMS bezieht. Die Zahlungen des AMS belaufen sich auf täglich 24,55 Euro.

 

II.2. Die Beschwerdeführerin erfüllt die Voraussetzungen für eine dauerhafte Niederlassungsbewilligung in Folge mangelnder Deutschkenntnisse nicht. Die Beschwerdeführerin geht keiner Beschäftigung nach. Die Niederlassungsbewilligung der Beschwerdeführerin ist begrenzt bis zum 10.2.2015.

 

 

III. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich schlüssig und widerspruchsfrei aus dem Akt der belangten Behörde, GZ. 3.01 – ASJF. Außerdem gesteht die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde vom 13.5.2014 selbst zu, lediglich über eine befristete Aufenthaltsbewilligung bis zum 10.2.2015 zu verfügen; ferner keine entsprechenden Deutschkenntnisse nachweisen zu können, weshalb eine unbefristete Niederlassungsbewilligung nicht erteilt worden sei. Die Beschwerdeführerin räumt auch ein, dass ihre Tochter mittlerweile nicht mehr dazu in der Lage ist, für sie zu sorgen. Nachdem somit keine bestrittenen oder offenen Sachverhaltselemente bestehen, waren weitere Erhebungen nicht erforderlich.

 

IV. Rechtslage:

§ 4 Oö. BMSG regelt die persönlichen Voraussetzungen für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung:

(1)        Bedarfsorientierte Mindestsicherung kann, sofern dieses Landesgesetz nicht anderes bestimmt, nur Personen geleistet werden, die

1.  ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Oberösterreich haben und die Voraussetzungen des § 19 oder des § 19 a Meldegesetz, BGBl. Nr. 9/1992, idF des Bundesgesetzes BGBl. I. Nr. 135/2009 erfüllen und

2.  a) österreichische Staatsbürgerinnen und –bürger oder deren Familienangehörige,

b) Asylberechtigte oder subsidiär Schutzberechtigte,

c) EU-/EWR-Bürgerinnen oder –bürger, Schweizer Staatsangehörige oder deren Familienangehörige, jeweils soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,

d) Personen mit einem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EG“ oder „Daueraufenthalt-Familienangehörige“ oder mit einem Niederlassungsnachweis oder einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung,

e) Personen mit einem sonstigen dauernden Aufenthaltsrecht im Inland, soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,

        sind.

(2)        Bedarfsorientierte Mindestsicherung kann im Einzelfall – abweichend von Abs. 1 – auf der Grundlage des Privatrechts geleistet werden, soweit

1.   der Lebensunterhalt nicht anderwärtig gesichert ist oder gesichert werden kann und

2.   dies zur Vermeidung besonderer Härten unerlässlich ist.

 

 

V. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat hiezu erwogen:

 

V.1. Die Beschwerdeführerin geht in ihrer Beschwerde umfassend darauf ein, dass ihr grundsätzlich nicht nur ein befristetes Aufenthaltsrecht bis zum 10.2.2015 zustehen würde, sondern dass ihr ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht zukommen würde bzw. dass ihre Ausweisung oder eine Rückkehrverpflichtung jedenfalls dauerhaft unzulässig sei. Bei einer neuerlichen Befassung ihres Falles hätte die Fremdenbehörde zu dem Ergebnis zu kommen, dass sie nicht ausgewiesen werden könne und als aufenthaltsverfestigt gelte, dies insbesondere unter den Maßgaben des Art. 8 EMRK.

 

Allerdings steht auch fest, dass zumindest derzeit ein entsprechender Aufenthaltstitel nicht besteht und in Folge fehlender Deutschkenntnisse nur eine befristete Niederlassungsbewilligung erteilt wurde. Die Gewährung bedarfsorientierter Mindestsicherung ist allerdings immer vom tatsächlich bestehenden Aufenthaltstitel abhängig und nicht von „hypothetischen“ Möglichkeiten, dass eine dauernde Niederlassungsbewilligung erteilt werden könnte oder zumindest die Ausweisung unzulässig ist. Die Gewährung von Unterstützungen nach dem Oö. BMSG ist immer davon abhängig, ob ein entsprechender Aufenthaltstitel vorliegt oder eben nicht.

 

Die Beschwerdeführerin zielt mit ihrem Vorbringen offensichtlich darauf ab, dass das  Landesverwaltungsgericht  Oberösterreich  im  Sinne einer Vorfrage gemäß § 38 AVG beurteilt, ob eine Ausweisung der Beschwerdeführerin zulässig ist oder nicht. Eine derartige Vorfragenbeantwortung hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich allerdings nicht vorzunehmen.

 

Aus der Beilage 434/2011 zu den Wortprotokollen des Oö. Landtags XXVII. Gesetzgebungsperiode ergibt sich dazu Folgendes:

Für EU-/EWR-Bürgerinnen oder –bürger, Schweizer Staatsangehörige oder deren Familienangehörige räumt § 4 – in Übereinstimmung mit den Vorgaben des Art. 4 Abs. 3 Z 3 der Vereinbarung gemäß Art. 15 a B-VG über eine bundesweite bedarfsorientierte Mindestsicherung – dem gegenüber im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts keine absolute, sondern eine durch fremdenrechtliche Bestimmungen (vgl. insbesondere §§ 51 bis 57 NAG sowie Art. 7 und 24 Richtlinie 2004/38/EG) bedingte Position ein, die bisher erforderlichenfalls im Sinn des § 38 AVG zu beurteilen ist. Dabei handelt es sich insbesondere um Personen, die ihr Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen haben. Bei den Familienangehörigen von EU/EWR- und Schweizer-Bürgern ist das Vorhandensein eines abgeleiteten Freizügigkeitsrecht erforderlich (lit. c).

Eine derartige Vorfragenbeurteilung entfällt hinsichtlich der Personen mit einem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EG“, „Daueraufenthalt – EG“ eines anderen Mitgliedstaates oder „Daueraufenthalt – Familienangehörige“ (§§ 45, 48 und 49 NAG) sowie bei Personen mit einem Niederlassungsnachweis oder einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung (im Sinn der Rechtslage vor dem NAG, vgl. § 81 NAG). Bei diesen Tatbestandsalternativen ist lediglich entscheidend, ob ein entsprechender Aufenthaltstitel vorliegt – oder eben nicht.

 

Nachdem für die Beschwerdeführerin ein derartiger Aufenthaltstitel eben nicht vorliegt, waren weitergehende Prüfungen durch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich – insbesondere im Hinblick auf die Zulässigkeit einer Ausweisung – nicht vorzunehmen.

 

V.2. Zur Frage einer privatrechtlichen Vereinbarung dahingehend, dass der Beschwerdeführerin bedarfsorientierte Mindestsicherung im Einzelfall – abweichend von Abs. 1 – auf der Grundlage des Privatrechts gewährleistet werden könnte, ist festzuhalten, dass sich deren Tochter im Rahmen des fremdenrechtlichen Verfahrens dazu verpflichtet hat, für die Beschwerdeführerin zu sorgen.

 

Zum Beschwerdevorbringen, es möge aufgrund der besonderen Notlage die Zuerkennung bedarfsorientierter Mindestsicherung auf Grundlage des § 4 Abs. 2 Oö. BMSG erfolgen, ist anzuführen, dass darüber das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zuständigkeitshalber nicht absprechen kann, sondern derartige Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung im Rahmen des Privatrechts im Wege der belangten Behörde zu beantragen sind. Ein entsprechender Zuspruch durch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich kann aufgrund der Gesetzeslage nicht erfolgen.

 

V.3. Zusammengefasst war insofern spruchgemäß zu entscheiden, der Beschwerde keine Folge zu geben und der Bescheid der belangten Behörde zu bestätigen.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Karin Lidauer