LVwG-400024/7/ER/HUE

Linz, 23.04.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Elisabeth Reitter über die Beschwerde des x, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 27. Jänner 2014, Zl VerkR96-39042-2013, wegen einer Übertretung des Bundestraßen-Mautgesetzes 2002

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern stattgegeben, als die Ersatzfreiheitsstrafe mit 17 Stunden festgesetzt wird. Ansonsten wird die Beschwerde abgewiesen und der bekämpfte Bescheid bestätigt.

 

II.       Gemäß § 52 Abs 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land  (im Folgenden: belangte Behörde) vom 27. Jänner 2014, Zl VerkR96-39042-2013, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs 1 BStMG, welche mit Strafverfügung vom 21. Oktober 2013 eingeleitet wurde, eine Geldstrafe von 150 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt, weil er als Lenker des Kfz mit dem behördlichen Kennzeichen x am 18. Juli 2013, 18.25 Uhr, die A1 Westautobahn bei km 172.060 benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliege, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten sei. Die Vignette am Fahrzeug habe nicht die erforderlichen Sicherheitsmerkmale aufgewiesen (Schriftzug "ungültig" bzw. beschädigte/fehlende Elemente der Sicherheitsstanzung).

 

Begründend führte die belangte Behörde dazu Folgendes aus:

"Aufgrund der Anzeige der Asfinag vom 15.10.2013 wurde Ihnen mit Strafverfügung vom 21.10.2013 die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung zur Last gelegt.

 

Mit E-Mail vom 24.10.2013 haben Sie Einspruch erhoben, in welchem Sie angeben betreffend die Vignette bereits in Kontakt mit der Asfinag zu sein und um Aufklärung ersuchten.

 

In der Folge wurde die Asfinag am 11.11.2013 ersucht eine Stellungnahme zu Ihren Einspruchangaben zu übermitteln.

 

Diesbezüglich teilte die Asfinag am 02.12.2013 Folgendes mit:

 

'Der Beschuldigte war über die Absage seiner Reklamation bzgl. des Tatbestandes der Mautprellerei, informiert worden. Die Vignette wies ausgelöste Sicherheitsmerkmale auf. Ein Vignettenersatz (Handhabungsfehler, Scheibenbruch) hat nichts mit dem Fahren ohne gültiger Vignette zu tun. Der Tatbestand der Mautprellerei wurde erfüllt. Der Kunde wurde über die Weitergabe der Unterlagen informiert und ihm wurde zusätzlich das Formular für Vignettenersatz aufgrund falscher Handhabung zugeschickt. Es erfolgte ein weiteres Schreiben vom Kunden an das Backoffice mit der Zusendung der Originalvignette, welche an den Vignettenersatz erneut weiter gegeben wurde. Der Kunde erhielt eine erneute Absage und wurde zusätzlich noch aufgefordert uns/dem Vignettenersatz eine Kopie der Kaufrechnung zukommen zu lassen.'

 

Diese Stellungnahme samt Lichtbilder wurde Ihnen am 12.12.2013 übermittelt, sowie gleichzeitig die Möglichkeit zur Abgabe einer weiteren Stellungnahme eingeräumt.

 

Am 08.01.2014 sprachen Sie bei der hs. Verwaltungsbehörde vor und machten folgende Angaben:

 

'Tatsache ist, dass an meinem PKW eine gültige Jahresvignette geklebt war, mit der ich von Jänner 2013 bis Juni 2013 ohne Probleme fahren konnte. Am 18.07.2013 wurde anhand der Vignettenkontrolle festgestellt, dass die Vignette nicht richtig aufgeklebt war. Die ASFINAG verlangte von mir, dass ich ein Foto von meiner gültigen Vignette mache, die abgelöste Vignette und den Zulassungsschein zuschicke, um eine Ersatzvignette zu bekommen. Weiters verlangte die ASFINAG von mir die Rechnung der Vignette. Also musste ich weiters von Juli 2013 bis Dezember 2013 Monatsvignetten kaufen. Ich war sehr überrascht, als ich plötzlich eine Strafverfügung in der Höhe von 300,00 Euro bekam. Die Rechnung der Vignette lege ich bei. Ich ersuche um Einstellung des Strafverfahrens.'

 

Die Behörde hat wie folgt erwogen:

[…]

 

Wie der Behörde im Zuge einer Anzeige mitgeteilt wurde, benützten Sie das Kraftfahrzeug (Personenkraftwagen mit dem polizeilichen Kennzeichen x) am 18.07.2013 um 18.25 Uhr auf der A1 (Autobahn-Freiland) im Gemeindegebiet von Ansfelden, bei Strkm. 172.060. Es handelt sich beim gegenständlichen Personenkraftwagen um ein mehrspuriges Kraftfahrzeug, dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt. Am Fahrzeug war eine Vignette angebracht, welche nicht die erforderlichen Sicherheitsmerkmale aufwies. Deshalb wurde die zeitabhängige Maut nicht entrichtet. Dies wurde von der Asfinag unter der GZ: 770152013071818251571 angezeigt.

 

[…]

 

Der Zulassungsbesitzer wurde am 07.08.2013 schriftlich zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert. Dieser Aufforderung wurde jedoch nicht entsprochen.

 

Da die vorgeschriebene Maut weder durch ordnungsgemäße Anbringung einer der Fahrzeugkategorie entsprechenden Vignette vor der Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes, noch im Wege der Zahlung der Ersatzmaut erfolgte, haben Sie den objektiven Tatbestand zweifelsfrei verwirklicht.

[…]

 

Bezüglich Ihres Verschuldens haben Sie im Ermittlungsverfahren keine konkrete Rechtfertigung vorgebracht, sondern lediglich geäußert, dass an Ihrem PKW eine gültige Jahresvignette geklebt war.

 

Tatsache ist jedoch, dass an dem von Ihnen gelenkten Fahrzeug eine Jahresvignette geklebt war, die keine Sicherheitsmerkmale aufwies und daher keine Gültigkeit hatte.

 

Zwar haben Sie bei der Asfinag eine Ersatzvignette beantragt, da Sie die gekaufte Vignette falsch angebracht hätten, jedoch erfolgte dies erst im August 2013 (eingelangt bei der Asfinag am 30.08.2013) und wurde darüber hinaus von der Asfinag eine Absage betreffend die Reklamation bzgl. des Tatbestandes der Mautprellerei erteilt.

Ein sorgfältiger und pflichtbewusster Kraftfahrzeuglenker hätte vor der Benützung einer mautpflichtigen Strecke die Vignette an der Windschutzscheibe ordnungsgemäß aufgeklebt, wozu er nach dem BStMG und der Mautordnung auch verpflichtet ist. Im Falle einer falsch aufgeklebten Mautvignette müssen Sie vor der Benützung einer mautpflichtigen Strecke eine Ersatzvignette beantragen und dürfen die mautpflichte Strecke auch nur mit einer gültigen und ordnungsgemäß angebrachten (Ersatz)Vignette befahren.

 

Aufgrund Ihres Verhaltens ist von (zumindest) fahrlässigem Handeln auszugehen.

 

Die Tat ist Ihnen daher in objektiver und - da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind - auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Im Zweifel ist zu Ihren Gunsten von Fahrlässigkeit auszugehen, nämlich in dem Sinne, dass Sie über die bestehende Pflicht zur Beschaffung einer Ersatzvignette, nicht ausreichend informiert waren.

 

[…]

 

Bezüglich Ihrer Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse geht die Behörde von einem Einkommen in Höhe von € 700,00, keinem Vermögen und keinen Unterhaltspflichten aus.

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen.

 

Strafmildernd war die Tatsache, dass Sie nachweislich im Besitz einer Jahresvignette waren, zu werten, weshalb die Behörde der Ansicht ist, dass im gegenständlichen Fall die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe überwiegen und daher eine Herabsetzung der gesetzlichen Mindeststrafe von 300 Euro auf die Hälfte gerechtfertigt ist. Strafmildernd wurde weiters Ihre Unbescholtenheit im hs. Verwaltungsbezirk gewertet.

 

Aufgrund dieser Tatsachen und deren Wertung gelangt die Behörde zu der Auffassung, die Strafe auf das im Spruch angeführte Ausmaß herabzusetzen, zumal auch keine straferschwerenden Umstände bekannt waren.

 

Die gegen Sie verhängte Strafe erscheint als tat- und schuldangemessen und geeignet, Sie in Hinkunft von gleichartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten."

 

 

I.2. Gegen diesen, am 28. Februar 2014 durch Hinterlegung zugestellten Bescheid, richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Bf vom 8. März 2014, in welcher die Einstellung des Verfahrens beantragt und im Wesentlichen vorgebracht wird, dass die Jahresvignette ordnungsgemäß aufgeklebt worden sei und es bis zum 18. Juli 2013 keine Beanstandungen gegeben hätte, obwohl der Bf viermal wöchentlich auf der Autobahn zur Arbeit gefahren sei. Zudem seien der ASFINAG alle geforderten Unterlagen übermittelt worden. Weshalb die Vignette nicht die erforderlichen Merkmale aufgewiesen habe, sei nicht bekannt. Dem Bf sei bewusst, dass ein Lenker auf die Gültigkeit der Vignette achten müsse und stellt die Frage: "Wie oft schaut man auf die Vignette ob alles passt?".  

 

I.3. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den mit Schreiben vom 11. März 2014 unter gleichzeitiger Vorlage der Beschwerde übermittelten Verfahrensakt.

 

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs 3 Z 3 VwGVG abgesehen werden, zumal im angefochtenen Bescheid keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat.

 

Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter, soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch einen Senat vorsehen.

 

I.4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht von folgendem   S a c h v e r h a l t   aus:

 

Der Bf hat am 18. Juli 2013 um 18:25 Uhr auf dem mautpflichtigen Straßennetz, nämlich der A1 in Fahrtrichtung Wien, bei Straßenkilometer 172.060 das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen X gelenkt, wobei am verfahrensgegenständlichen Fahrzeug eine beschädigte Mautvignette angebracht war.

 

Die angebrachte Mautvignette wies an den Längsseiten teilweise den Schriftzug „ungültig“ auf, und der Buchstabe „B“ des Schriftzugs „B 13“ war teilweise abgelöst.

 

Die Beschädigungen der Vignette sind mit einem automatischen Überwachungssystem festgestellt worden. Der Zulassungsbesitzer wurde am 7. August 2013 schriftlich zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert. Dieser Aufforderung ist nicht entsprochen worden.

 

 

II. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und wird vom Bf nicht bestritten. Vielmehr räumt der Bf in der Beschwerde selbst ein, dass die Vignette die erforderlichen Merkmale nicht korrekt angezeigt habe, ihm jedoch die Ursache dafür unbekannt sei.

 

Als Beilagen wurden zwei ASFINAG-Beweisfotos sowie in Kopie das Ersatzmautangebot an den Bf und der Schriftverkehr bezüglich des Antrages auf Vignettenersatz samt einem vom Bf angefertigten Foto der gegenständlichen Vignette auf der Windschutzscheibe des Kfz angeschlossen.

 

Der Antrag des Bf auf eine "Ersatzvignette wegen falscher Handhabung" enthält die Begründung, dass die Jahresvignette leider verklebt und schlecht sichtbar sei.

Auf den ASFINAG-Beweisfotos ist die Beschädigung des Schriftzugs „B 13“ deutlich erkennbar.

 

Ferner sind auf dem im Verwaltungsakt einliegenden Foto, das der Bf selbst von der verfahrensgegenständlichen Vignette angefertigt und der ASFINAG übermittelt hat, deutlich die unter I.4. beschriebenen Beschädigungen ersichtlich.

 

 

III. Gemäß § 10 Abs 1 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG) unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette zu entrichten.

 

Punkt 7.1 der Mautordnung besagt u.a., dass auf jedem mautpflichtigen Kraftfahrzeug vor Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes eine gültige der jeweiligen Fahrzeugkategorie entsprechende Vignette ordnungsgemäß (unter Verwendung des originären Vignettenklebers) anzubringen ist. Jede andere Art der Anbringung [z.B. durch (zusätzliche) Klebestreifen, andere Arten von Fixierungen oder ein Überkleben der Vignette mit einer zusätzlichen Schutzfolie] ist nicht gestattet, verwirkt den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung und verwirklicht den Tatbestand der Mautprellerei.

 

Die Vignette für mehrspurige Fahrzeuge ist – nach vollständigem Ablösen von der Trägerfolie – unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar ist (z.B. kein Ankleben hinter einem dunklen Tönungsstreifen). Bei Nichtbeachtung der Anbringungsvorschriften (z.B. nicht vollständiges Ablösen von der Trägerfolie oder nicht vollständige Anbringung der Vignette) wird der Tatbestand der Mautprellerei verwirklicht. Das Ablösen und Umkleben einer bereits geklebten gültigen Vignette, jede andere als in der Mautordnung zugelassene Mehrfachverwendung der Vignette oder eine chemische oder auch technische Manipulation des originären Vignettenklebers derart, dass bei Ablösen der Vignette deren Selbstzerstörungseffekt verhindert wird, ist unzulässig und verwirkt den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung.

 

Gemäß § 20 Abs 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 zu keiner Betretung, so ist die ASFINAG ermächtigt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs 1 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen vier Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs 4).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs 6).

 

 

IV. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

IV.1. Zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt war eine Jahresvignette auf der Windschutzscheibe des Kfz des Bf angebracht, welche – entgegen den Anbringungsvorschriften von Punkt 7.1 der Mautordnung – Beschädigungen aufgewiesen hat: So ist auf dem ASFINAG-Beweisfoto zur Tatzeit klar erkennbar, dass der auf der Vignette aufgedruckte Buchstabe "B" durchbrochen ist. Dies wird durch die vom Bf bei der ASFINAG vorgelegte Fotoaufnahme der gegenständlichen Vignette zusätzlich belegt, auf der darüber hinaus sowohl am linken als auch am rechten Rand der Vignette Teile des Schriftzugs "ungültig" deutlich sichtbar sind.

 

Ferner hat der Bf in seinem Antrag bei der ASFINAG auf Ausstellung einer "Ersatzvignette wegen falscher Handhabung" selbst auf ein – in den Anbringungsvorschriften des Punktes 7.1 der Mautordnung ausdrücklich untersagtes – "Umkleben" der Vignette (und damit ihre Beschädigung) hingewiesen (vgl. dazu die Formulierung im Antrag, dass die Vignette leider verklebt worden sei).      

 

Der schriftlichen Aufforderung vom 7. August 2013 zur Zahlung der Ersatzmaut hat der Bf nicht entsprochen.

 

Der Bf hat somit das ihm vorgeworfene Delikt in objektiver Hinsicht verwirklicht.

 

IV.2.1. Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

§ 5 Abs 1 S 2 VStG ordnet der Sache nach an, dass bei fahrlässigen Ungehorsamsdelikten der Verstoß gegen den entsprechenden verwaltungsstrafrechtlichen Rechtsbefehl grundsätzlich Fahrlässigkeit indiziert; der Täter muss diesfalls glaubhaft machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift „kein Verschulden trifft“ (Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 5 Rz 5).

 

Bei der Bestimmung des § 20 Abs 1 BStMG handelt es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG.

 

Zur Entkräftung der gesetzlichen Vermutung seines fahrlässigen Handelns hätte der Bf im Sinne der stRsp des Verwaltungsgerichtshofs initiativ alles darzulegen gehabt, was für seine Entlastung spricht. Der Bf gab in seiner Beschwerde an, zwar zu wissen, dass ein Lenker die Gültigkeit der Vignette vor Befahren einer Mautstrecke zu kontrollieren hat, gleichzeitig hat er aber eingestanden, dieser Verpflichtung nicht nachgekommen zu sein (vgl. die Formulierung: "…aber wie oft schaut man auf die Vignette ob alles passt?"). Damit ist dem Bf nicht gelungen, iSd § 5 Abs 1 VStG glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Da es der Bf verbsäumt hat, die Gültigkeit der aufgeklebten Vignette vor Befahren einer Mautstrecke zu überprüfen, ist von Fahrlässigkeit auszugehen.

 

Einen relevanten Rechtsirrtum iSd § 5 Abs 2 VStG hat der Bf nicht geltend gemacht. Vielmehr räumt der Bf in seiner Beschwerde selbst ein, dass ein Fahrer verpflichtet ist, die Vignette zu kontrollieren.

 

Darüber hinaus ist aus dieser Aussage zu schließen, dass dem Bf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens bewusst war. In Hinblick auf die Fahrlässigkeit bedeutet dies, dass dem Bf sogar bewusst fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen ist, weshalb das Verschulden nicht als gering zu werten ist.

 

Da keine Entschuldigungsgründe vorliegen, ist dem Bf die Tat auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

 

IV.2.2. Die Anwendung der Bestimmung des § 45 Abs 1 Z 4 VStG (Absehen von der Fortführung des Strafverfahrens/Erteilung einer Ermahnung) setzt voraus, dass die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Identität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Diese Voraussetzungen haben kumulativ vorzulegen. Da jedoch das Verschulden des Bf nicht als gering anzusehen ist, war eine Anwendung des § 45 Abs 1 Z 4 VStG ausgeschlossen.

 

IV.3. Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis die gesetzliche Mindestgeldstrafe um die Hälfte unterschritten wurde. Bei Unterschreiten der Mindestgeldstrafe gem. § 20 VStG ist jedoch auch die Ersatzfreiheitsstrafe um dasselbe Ausmaß zu reduzieren.

 

 

V. Im Ergebnis war daher der Beschwerde insofern stattzugeben, als die Ersatzfreiheitsstrafe mit 17 Stunden festzusetzen war. Der bekämpfte Bescheid war ansonsten jedoch zu bestätigen, da dem Bf die Tat sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen und die Anwendung des § 45 Abs 1 Z 4 VStG ausgeschlossen war. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bf zusätzlich zu den vorgeschriebenen Verfahrenskosten (§ 64 VStG) der Erstbehörde gem.   52 Abs 8 VwGVG kein weiterer Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht vorzuschreiben.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der aktuellen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. R e i t t e r