LVwG-410095/3/WEI/Ba

Linz, 28.01.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 3. Oktober 2013, Zl. S-2540/ST/13, betreffend Aufhebung der vorläufigen Beschlagnahme des Gerätes „afric2go“ mit der Seriennummer 207 (mitbeteiligte Partei X LTD)

 

zu Recht  e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 VwGVG  wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die Aufhebung der vorläufigen Beschlagnahme bestätigt.

 

II.       Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a VwGG eine Revision nach Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit dem angefochtenen Bescheid, der der mitbeteiligten Partei zu Händen ihres Rechtsvertreters sowie dem beschwerdeführenden Finanzamt jeweils am 7. Oktober 2013 zugestellt worden ist, hat die belangte Behörde wie folgt abgesprochen:

 

„BESCHLAGNAHMEBESCHEID

 

 

Über die am 04.04.2013 in X, von Organen des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr durchgeführte vorläufige Beschlagnahme eines Giücksspielgerätes ergeht von der Landespolizeidirektion OÖ. Polizeikommissariat Steyr als gemäß § 50 Abs. 1 Glücksspielgesetz zuständige Verwaltungsstrafbehörde I. Instanz folgender

 

 

Spruch:

 

 

Gemäß § 53 Abs. 3 Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 112/2012, wird von der Landespolizeidirektion OÖ. Polizeikommissariat Steyr die vorläu­fige Beschlagnahme des Gerätes 1)afric2go", mit der Seriennummer 207 aufgehoben.

 

 

BEGRÜNDUNG

 

 

Gemäß § 53 Abs. 1 Glücksspielgesetz kann die Behörde die Beschlagnahme von Glücks­spielautomaten, der sonstigen Eingriffsgegenstände und der technische Hilfsmittel anordnen und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn

1.            der Verdacht besteht, dass

a)  mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 Glücksspielgesetz verstoßen wird oder

b)  durch die Verwendung technischer Hilfsmittel gegen § 52 Abs. 1 Zi. 7 verstoßen wird oder

 

2.  fortgesetzt oder wiederholt mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegen­ständen gemäß Zi. 1 lit. a gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wird oder

3.  fortgesetzt oder wiederholt durch die Verwendung technischer Hilfsmittel gegen § 52 Abs. 1 Zi. 7 verstoßen wird.

 

Gemäß § 53 Abs. 2 Glücksspielgesetz können die Organe der öffentlichen Aufsicht die in Abs. 1 genannten Gegenstände auch aus eigener Macht vorläufig in Beschlag nehmen, um unverzüglich sicherzustellen, dass die Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehre­rer Bestimmungen des § 52 Abs. 1 Glücksspielgesetz nicht fortgesetzt begangen oder wie­derholt werden.

Gemäß § 53 Abs. 3 Glückspielgesetz hat die Behörde in den Fällen des Abs. 2 unverzüglich das Verfahren zur Erlassung des Beschlagnahmebescheides einzuleiten und Ermittlungen zur Feststellung von Identität und Aufenthalt des Eigentümers der Gegenstände, des Veran­stalters und des Inhabers zu führen.

Soweit nach der vorläufigen Beschlagnahme keine dieser Personen binnen 4 Wochen ermit­telt werden kann, so kann auf die Beschlagnahme selbstständig erkannt werden, wenn im Übrigen die Voraussetzungen dafür vorliegen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 20. Juli 2011, Zl. 2011/17/0097, bereits ausgesprochen, dass die Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz auch dann zulässig ist, wenn eine Strafbarkeit nach § 168 StGB vorliegen sollte. Es ist daher nicht entscheidungswesentlich, ob im Beschwerdefall das Tatbild des § 168 StGB verwirklicht wurde.

 

Nach der Judikatur des VwGH ergibt sich aus § 53 Abs. 3 GSpG, dass der Beschlagnahmebescheid jedenfalls einer der genannten Personen, also dem Eigentümer, dem Veranstalter oder dem Inhaber zuzustellen ist, wobei das Gesetz offen lässt, ob der Bescheid im Falle, dass diese Personen nicht identisch sind, aber alle der Behörde bekannt sind, jeder dieser Personen zuzustellen ist (VwGH 24.6.1997, 94/17/0388).

 

Weiters genügt nach der Rechtsprechung des VwGH (2009/17/0202 v. 10.5.2010) für die Beschlagnahme gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 GSpG in Verbindung mit § 53 Abs. 1 Z 1. lit. a GSpG, dass der hinreichend substantiierte Verdacht besteht, dass mit den gegenständ­lichen Geräten in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde, und entgegen den Vorschriften des Glücksspielgesetzes Glücksspiele zur Teilnahme vom Inland aus un­ternehmerisch zugänglich gemacht wurden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 26. Jänner 2009, ZI. 2005/17/0223, und 2008/17/0009). Diese Voraussetzung ist im Beschwerdefall erfüllt, ohne dass es darauf ankommt, ob ein Glücksspielapparat im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG, oder aber "sonstige Eingriffsgegenstände" im Sinne des § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG vorliegen. In beiden Fällen ist die Beschlagnahme nach dem Gesetz vorgesehen.

 

Gemäß § 1 Abs. 1 Glücksspielgesetz ist ein Glücksspiel im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt.

Bei einer von Organen der Abgabenbehörde am 04.04.2013, in X durchgeführten Kontrolle wurde das Gerät mit der im Spruch angeführten Gehäusebezeichnung betriebsbereit und voll funktionsfähig vorgefunden. Nach den Angaben der Finanzpolizei wurde das Gerät vorläufig beschlagnahmt, weil aufgrund der beim Testspiel getätigten Einsätze (1 Euro), dem dabei erzielten Gewinn von EUR 20,-- und dem in Aussicht gestell­ten Höchstgewinn von EUR 40,-- der Eingriff in das Glückspielmonopol des Bundes gegeben und somit der hinreichend begründete Verdacht eines fortgesetzten Verstoßes gegen § 52 Abs. 1 Zi. 1 Glückspielgesetz gerechtfertigt war.

 

Laut Anzeige der Finanzpolizei vom 19.04.2013 konnte folgender Spielablauf festgestellt werden:

Nach Eingabe von Banknoten, beim Testspiel in der Höhe von 1 € wurde entsprechend dem gewählten Vervielfachungsfaktor, nämlich 1, ein Betrag in Form von Euro-Münzen in der Hö­he von vier, drei, zwei oder einem Euro in die am Gehäuse unten angebrachte Geldlade ausgeworfen. Eine erneute Betätigung der grünen Gerätetaste („Rückgabe") bewirkte die Ausfolgung des zurückbehaltenen Betrages. Betätigte man hingegen die rote Gerätetaste („Kaufen" oder „Musik abspielen") dann wurde in Abhängigkeit vom gewählten Vervielfachungsfaktor, je nach dem im Symbolkranz des Glücksrades an der Gerätefrontseite be­leuchteten Feldes, entweder ein, zwei, drei oder vier Musiktitel abgespielt, oder der entspre­chende Geldbetrag in Münzen ausgefolgt. Unmittelbar nach diesem Vorgang erfolgte auto­matisch ein Beleuchtungsumlauf am Glücksrad, welcher mit dem zufälligen Stillstand auf einem der zahlreichen Felder am Glücksrad endete, welches beleuchtet blieb./ Das Abspie­len der Musiktitel konnte durch erneute Betätigung der roten Taste sofort abgebrochen wer­den, wodurch auch der Beleuchtungsumlauf sofort aktiviert wurde./Blieb nach dem Beleuchtungsumlauf ein Betragsfeld markiert, wurde der Wert nach neuerlicher Geldeingabe in der Höhe des gewählten Faktors ausgefolgt.

 

Die durchgeführten Spiele waren deshalb Glückspiele im Sinne des § 1 Abs. 1 des GSpG, weil nach Ansicht der Finanzpolizei, weil den Spielern keine Möglichkeiten geboten wurde, bewusst Einfluss auf den Ausgang der Spiele zu nehmen, sondern die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich vom Zufall abhing. Die Spieler konnten bei dem elektroni­schen Glücksrad nur den Mindesteinsatz oder den mit der Vervielfachungsfunktion verbun­denen Einsatz auswählen und die Kaufen / Musik-abspielen-Taste bestätigen.

 

Mit Eingabe vom 10.04.2013 wurde von der rechtsfreundlichen Vertretung des Eigentümers des gegenständlichen Gerätes die Aufhebung der vorläufigen Beschlagnahme beantragt und begründend dazu ausgeführt, dass es sich laut Typengutachten eines gerichtlich beeideten Sachverständigen für Spielautomaten und Glücksspiel, im gegenständlichen Fall um einen Geldwechselautomaten mit Musikbox und somit lediglich um ein Unterhaltungsgerät handelt.

 

Mit Schreiben des Amts der Oö. Landesregierung, Direktion Inneres und Kommunales, vom 25.03.2013 wurden die Erstbehörden darüber in Kenntnis gesetzt, dass in Einklang mit dem Bundesministerium für Finanzen aufgrund des zuvor angeführten Sachverständigengutach­ten vom 11.02.2013 der Apparat „afric2go" als Musikautomat einzustufen ist und somit ein Unterhaltungsgerät darstellt.

 

Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens wurde wegen der genannten Einstufung die Finanzpolizei zu einer Stellungnahme bezüglich der vorläufigen Beschlagnahme aufgefordert. Diesbezüglich ist der Stellungnahme im Wesentlichen zu entnehmen, dass aufgrund des durchgeführten Testspieles (Beleuchtungsumlauf am Glücksrad, welcher mit dem zufälligen Stillstand auf einem der zahlreichen Felder am Glücksrad endet, welches beleuchtet bleibt. Bleibt nach dem Beleuchtungsumlauf ein Betragsfeld markiert, wird der Wert nach neuerli­cher Geldeingabe in der Höhe des gewählten Faktors ausgefolgt. Der Ausgang dieses Spiels kann vom Spieler nicht beeinflusst werden womit die Entscheidung über das Ergebnis vom Zufall abhängt. Die Abgabebehörde beantragte somit die Beschlagnahme des Gerätes.

 

Mit Schreiben vom 27.05.2013 an das Amt der OÖ. Landesregierung wurde aufgrund der genannten Stellungnahme um abschließende Klärung der Rechtslage ersucht, um eine ein­heitliche Vorgangsweise zu erreichen. Seitens der Direktion Inneres und Kommunales wur­de die gegenständliche Problematik an das BMF, Finanzpolizei herangetragen, wobei bis dato trotz mehrerer Urgenzen eine weitere Stellungnahme unterblieb.

 

Seitens der Erstbehörde ist nunmehr der Stellungnahme der Finanzpolizei Kirchdorf Perg Steyr vom 22.05.2013 entgegenzuhalten, dass es sich beim gegenständlichen Automaten laut Sachverständigengutachten zweifelsfrei um einen mehrstufigen Dienstleistungsautomaten handelt, welcher sowohl für Geldwechselzwecke, als auch zur entgeltliche Musikunterhaltung bzw. für entgeltlichen Musikdownload verwendet werden kann. Im Modus Musikunterhaltung befindet sich im Hintergrund ein zufallsartiges Bonussystem, welcher beim Erwerben von Musik durch Drücke einer Taste automatisch und ohne Zutun des Users aktiviert wird. Es liegt ein integriertes, zufallsabhängiges Gewinnspiel vor, welches für den Kunden keine vermögensrechtliche Leistung bedingt, bzw. wovon vom Unternehmer kein Einsatz abgezogen wird. Es kann keine Verlustsituation eintreten, zumal der Kunde für je 1,-- EURO die Gegenleistung von je einem Musikstück erhält. Es handelt sich somit um keine Ausspielung im Sinne des Glückspielgesetzes.

 

Ergänzend dazu wird festgestellt, dass laut Kurzgutachten des allgemein beeideten und ge­richtlich zertifizierten Sachverständigen für Audioaufzeichnung, Studiotechnik, digitale und analoge Signaldarstellung, Urheberfragen für Musik, Musikalienverlag Mag. x vom 08.08.2013 der Preis für den Verkauf eines Musiktitels in digitaler Form an einen Endkonsumenten in der Höhe von EUR 1,-- marktüblich ist.

 

Aufgrund der genannten Erwägungen ist im gegenständlichen Fall davon auszugehen, dass es sich bei dem von der Finanzpolizei vorläufig beschlagnahmten Gerät um keinen Glücks-spielautomaten im Sinne des Glücksspielgesetzes handelt, weshalb spruchgemäß zu ent­scheiden war.“

 

I.2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die rechtzeitige Amtsberufung vom 11. Oktober 2013, die wie folgt lautet:

 

„Berufung

 

 

Die Finanzpolizei erhebt gegen den Bescheid zu GZ S-2540/ST/13 vom 03.10.2013, welcher hieramts am 07.10.2013 eingelangt ist, sohin innerhalb offener Frist, das Rechtsmittel der Berufung.

 

 

Begründung:

Als Berufungsgründe werden Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtige Beweiswürdigung und unrichtige rechtliche Beurteilung namhaft gemacht.

 

Aus Sicht der Finanzpolizei ist gegen die Aufhebung der vorläufigen Beschlagnahme Berufung einzubringen, weil:

*       gem. § 50 Abs 6 GSpG die Behörde verpflichtet ist, eine beabsichtigte Aufhebung der Beschlagnahme, im Falle des Vorliegens einer Anzeige der Abgabenbehörde, dieser zuvor unverzüglich zur Stellungnahme zu übermitteln. Die Behörde hat jedoch nur zu einer „Stellungnahme zur vorläufigen Beschlagnahme" aufgefordert. Die Behörde hat aber -nach der ständigen Judikatur des VwGH - nicht die Rechtmäßigkeit der vorläufigen Beschlagnahem zu beurteilen! Die Abgabenbehörde hatte zudem in ihrer Stellungnahme -unter Hinweis auf das mit dem Gerät durchführbare Glücksspiel - die behördliche Beschlagnahme gefordert;

*       die Auskunft der Landesregierung sich - naturgemäß - bloß auf das Typengutachten bezogen haben konnte, nicht aber auf das konkret beschlagnahmte Gerät;

*       der Behörde selbst bloß ein Typengutachten vorlag, welches von der Behörde zumindest auf Übereinstimmung der beschriebenen Funktionsweise mit der tatsächlichen Gerätefunktionsweise zu prüfen gewesen wäre, was aber zweifelsfrei unterblieben ist;

*       die Behörde schlicht nicht erkannt hat, dass das Geräte jedenfalls nur, dann dem Gutachten und der Auskunft der Landesregierung entsprechend, als „Geldwechsler mit Musikboxfunktion" betrachtet werden konnte, wenn es in der im Gutachten beschriebenen Funktionsweise vorgefunden worden war. Demnach müsste, z.B., der im Glücksspiel erzielte Betrag für weitere Musikstücke Verwendung finden und nicht als Auszahlungsbetrag zur Verfügung stehen, und dürfte nur das eingegebene Spielguthaben, bzw. der noch vorhandene Rest zurück gegeben, also ausgefolgt werden (arg.: „Rückgabe"); ferner müsste eine ausreichende Anzahl von Speichermedien (USB-Sticks) im Lokal vorrätig gewesen sein;

*       die Behörde aufgrund der von der Finanzpolizei abgegebenen Beschreibung nicht erkannt hat, dass auf das Gerät das Erkenntnis des VwGH vom 28.06.2011, 2011/17/0068, anzuwenden war, worin der Fun Wechsler als Glücksspielgerät qualifiziert wurde, dessen Funktionsweise sich nicht verfahrenswesentlich von jener des gegenständlichen Gerätes unterscheidet;

*       gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 2005/17/0223 v. 26,01.2009) „...die Behörde bei der Erlassung des Bescheids gemäß § 53 Abs. 3 GSpG nicht zu beurteilen hat, ob die Kontrollorgane die Beschlagnahme zu Recht vorgenommen haben, sondern hat die Behörde zu entscheiden, ob die vom Organ der öffentlichen Aufsicht vorgenommene Beschlagnahme aufrecht erhalten wird." Die Behörde hatte also bloß zu entscheiden, ob der der vorläufigen Beschlagnahme zugrunde liegende Verdacht noch immer aufrecht ist, welcher sich aufgrund der Feststellungen der Kontrollorgane und der Tatsache, dass das Gerät versiegelt wurde, zweifellos nicht verändert haben konnte.

 

In der Stellungnahme vom 22. Mai 2013 wurde der Behörde nochmals der Ablauf des Probespiels dargestellt und auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen. Diese Stellungnahme liegt der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Steyr vor und wird auch im Bescheid einmal (Seite 3, letzter Absatz) erwähnt.

 

Nach Ansicht der Finanzpolizei handelt es sich um ein elektronisches Glücksrad, welches nach den Bestimmungen des Glücksspielgesetzes zu beschlagnahmen ist!

 

 

Antrag:

Die Finanzpolizei für das Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr beantragt aus den angeführten Gründen die Beschlagnahme gem. § 53 GSpG.

 

Für den Vorstand:

X“

 

 

II.1. Gemäß Art 151 Abs 51 Z 8 B-VG iVm § 50 Abs 1 Glücksspielgesetz – GSpG idF BGBl I Nr. 70/2013 ist die Zuständigkeit zur Weiterführung des gegenständlichen Verfahrens auf das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich übergegangen.

 

Gemäß § 3 Abs 1 letzter Satz Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz- VwGbk-ÜG (BGBl I Nr. 33/2013 idF BGBl I Nr. 122/2013) gilt diese Berufung als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG und kann das Verfahren gemäß § 3 Abs 7 Z 2 VwGbk-ÜG vom zuständigen Richter des Oö. Landesverwaltungsgerichts weitergeführt werden, da das Verfahren vor dem 31. Dezember 2013 bereits zur Zuständigkeit dieses Einzelmitglieds des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich gehört hat.

 

II.2. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt, insbesondere den Aktenvermerk der Finanzpolizei über die Glücksspielkontrolle vom 4. April 2013 samt Gsp26b-Formular sowie die vom Rechtsvertreter der mitbeteiligten Partei vorgelegten Urkunden zur Einstufungsbeurteilung des Gerätes „afric2go“ [vgl Rundschreiben des Amtes der . Landesregierung vom 25.03.2013, Zl. IKD(Pol)-070.283/3-2013-0, und Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen Franz Marton vom 11.02.2013 und vom 03.03.2013], den E-Mailverkehr des Amtes der Oö. Landesregierung, Direktion Inneres und Kommunales (Verwaltungspolizei), mit der Stabsstelle Finanzpolizei im Finanzministerium, von dem auch Ablichtungen aus VwSen-360344 als ON 2 zum Akt des Landesverwaltungsgerichtes genommen wurden.

 

Da die Entscheidung über eine Beschlagnahme einen verfahrensrechtlichen Bescheid darstellt, konnte unter Zugrundelegung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0171; ebenso VwGH 27.4.2012, Zl. 2011/17/0313 sowie VwGH 27.4.2012, Zl. 2011/17/0315) gemäß § 51e Abs 4 VStG von einer Verhandlung abgesehen werden, zumal eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Verfahrensangelegenheit "Beschlagnahme" auch nicht erwarten lässt und dem auch nicht Art 6 EMRK entgegensteht. Mit anderen Worten: Es waren ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen; der dafür entscheidungswesentliche Sachverhalt war aufgrund der Aktenlage eindeutig geklärt. Die Beurteilung der Glücksspielnatur des in Rede stehenden Spieltyps und der vorliegenden Verdachtslage iSd § 53 Abs 1 Z 1 lit a) GSpG war unzweifelhaft möglich, weshalb auch die beantragten Zeugeneinvernahmen entbehrlich waren.

 

II.3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht zum Sachverhalt grundsätzlich von der unbedenklichen Darstellung der belangten Behörde aus und hält den sich aus der Aktenlage ergebenden wesentlichen Sachverhalt wie folgt fest:

 

Bei einer Kontrolle am 4. April 2013 in der X, X, wurde das Gerät FA-Nr. 01 mit der Bezeichnung „afric2go“ und Seriennummer 207 von der Finanzpolizei nach einem Testspiel vorläufig beschlagnahmt (Bescheinigung, Aktenvermerk der Finanzpolizei vom 04.04.2013, GSp26b-Formular). Die Finanzpolizei ging ohne nähere Beschreibung des Spielablaufes von einem „Funwechsler“ in der Version 1- und 2-fach nutzbar mit der Funktion eines Glücksrades im Sinne der bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes aus (Hinweis auf VwGH 28.6.2011, Zl. 2011/17/0068).

 

Das Amt der Oö. Landesregierung, Direktion Inneres und Kommunales, hat mit Rundschreiben vom 25. März 2013, Zl. IKD(Pol)-070.283/3-2013-0, eine Einstufungsbeurteilung des sog. Unterhaltungsgerätes mit der Bezeichnung „Afric2go“- Musikautomat kundgemacht. Danach habe der Leiter der Stabsstelle Finanzpolizei im Finanzministerium mit Schreiben vom 28. Februar 2013 mitgeteilt, dass dieses Gerät als Musikautomat einzustufen sei, wenn es so wie im aktenkundigen Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen x vom 11. Februar 2013 (Basisgutachten) betrieben wird. Letzteres ist im gegenständlichen Verfahren nach der Aktenlage unstrittig.

 

Nach diesem Basisgutachten liegt beim „afric2go“ ein mehrstufiger Dienstleistungsautomat vor. Er kann als Geldwechsler oder als Musikautomat verwendet werden. Im Gerät sind 121 nummerierte Titel afrikanischer Musik gespeichert, an denen die afric2go GmbH die Rechte zur Veröffentlichung hat und die periodisch erneuert werden, um laufend ein attraktives Musikprogramm zu bieten. Die Musiktitel werden in akzeptabler Qualität abgespielt, dauern drei bis fünf Minuten und können nicht unterbrochen oder abgebrochen werden. Folgender Ablauf der wesentlichen Funktionen wird im Gutachten beschrieben:

 

Durch die Betätigung der grünen „Rückgabe/Wählen“ Taste kann die Stufe 1 (ein Lied) oder Stufe 2 (zwei Lieder) gewählt werden. Mittels Münzeingabe oder des Banknoteneinzuges muss ein Guthaben auf dem Kreditdisplay hergestellt werden. Durch Drücken der roten „Musik kopieren/hören“ Taste können die Musiktitel gespielt werden. Der Preis für ein Musikstück beträgt je 1 Euro. Zur Auswahl können die im Gerät gespeicherten Musiktitel, die im linken Display am Gerät angezeigt werden, durch kurzes Drücken der roten „Musik hören/kopieren“ Taste hintereinander aufgerufen werden und danach ist die Wahl durch langes Drücken dieser Taste zu bestätigen. Bei Stufe 2 erfolgt die Auswahl der Musiktitel analog in zwei Stufen. Dies stellt auch die Auswahl des Einsatzes von 1 Euro oder 2 Euro dar.

 

Abhängig von der gewählten Stufe (Multiplikator) können in weiterer Folge 1 oder 2 Lieder angehört werden. Alternativ besteht die Möglichkeit zum Download der Musikstücke (als mp3-Datei) mit einem gratis zur Verfügung gestellten USB-Stick, der zu Beginn am USB 2.0 Steckplatz unter dem Display zur Liederanzeige angesteckt werden muss. In diesem Fall erfolgt ein Download auf den USB-Stick durch Drücken der roten „Musik hören/kopieren“ –Taste.

 

Mit dem jeweiligen Drücken der roten Taste zum Abspielen oder Kopieren eines Musiktitels wird ein Zufallsgenerator aktiviert, der zu einem vom Spieler nicht beeinflussbaren Beleuchtungsumlauf führt, wobei ein allfällig erlangter Bonus durch Aufleuchten eines entsprechenden Zahlensymbolfeldes (2/4/6/8/20) sowie der Displayanzeige „Rabatt“ mit Angabe der Zahl im Anzeigedisplay für Musiktitel ersichtlich ist. Durch Drücken einer beliebigen Taste wird der angezeigte „Rabatt“ dem Kredit zugezählt.

 

Ein Kreditguthaben inklusive eines allfällig erzielten „Rabatts“ kann jederzeit durch Drücken der grünen „Rückgabe/Wählen“-Taste in Münzen und durch Drücken der orangen Wechseltaste in 10-Euro Banknoten ausgeworfen werden.

 

Nach der schlüssigen Ansicht des Gutachters handelt es sich um einen Dienstleistungsautomat für Geldwechselzwecke und zur Musikunterhaltung bzw für den Musikdownload gegen Entgelt. Das im Modus Musikunterhaltung integrierte zufallsabhängige Gewinnspiel erfordert keine zusätzliche vermögenswerte Leistung, weshalb keine Verlustsituation beim Kunden eintreten kann, der für einen Euro jeweils ein Musikstück erhält.

 

Für das gegenständliche Gerät „afric2go Nr. 207“ gilt nach dem ergänzenden Geräteprüfbefund des Sachverständigen vom 3. März 2013 die gleiche Beschreibung wie im Basisgutachten.

 

Dem E-Mailverkehr der IKD (Verwaltungspolizei) mit der Stabsstelle Finanzpolizei ist eine weiteres Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen Mag. x vom 8. August 2013 zu entnehmen. Darin wird die Frage behandelt, ob der Verkauf eines Musikstückes in digitaler Form (mp3-Dateien) zum Preis von 1 Euro an Endkonsumenten als marktüblich anzusehen ist. Nach Auswertung der Angebote von fünf Musikhändlern im Internet ergaben sich meist Preise von 0,99 oder 1,29 Euro pro Musiktitel. Die Preise verschiedener Musikgenres unterscheiden sich dabei im Allgemeinen nicht. Kürzlich erschienene und populäre Musiktitel seien tendenziell etwas teurer. Im Ergebnis hielt der Gutachter den Verkauf eines Musiktitels in digitaler Form an den Endkonsumenten um 1 Euro für marktüblich, was plausibel erscheint.

 

 

III. Rechtslage

 

Mit der Novelle BGBl I Nr. 73/2010 wurde das Glücksspielwesen einem grundsätzlich neuen System unterstellt, und zwar derart, dass neben den dem Monopol des Bundes unterliegenden Ausspielungen in Form von Lotterien und Spielbanken nunmehr auch das für vergleichsweise geringere Einsätze und Gewinne konzipierte sog. "kleine Glücksspiel" mittels Automaten explizit einer Konzessionspflicht unterstellt und damit für zulässig erklärt ist, wobei die darauf bezüglichen Vorschriften vom Landesgesetzgeber zu erlassen sind; hinsichtlich derartiger "Landesausspielungen" besteht sohin (mangels eines entsprechenden Kompetenztatbestandes in Art 12 B-VG) eine ergänzende, inhaltlich allerdings auf jener des Bundes notwendig aufbauende Regelungszuständigkeit der Länder (die jedoch – im Gegensatz zum Verhältnis zwischen Grundsatz- und Ausführungsgesetz gemäß Art 12 B-VG – von Letzteren nicht in Anspruch genommen werden muss, also auch ungenutzt bleiben kann).

 

Im Besonderen gilt nunmehr Folgendes:

 

III.1. Gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lit a) GSpG kann die Behörde die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, sonstigen Eingriffsgegenständen und technischen Hilfsmitteln anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn der Verdacht besteht, dass mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wird.

 

Gemäß § 54 Abs 1 GSpG sind Gegenstände, mit denen gegen Bestimmungen des § 52 Abs 1 leg.cit. verstoßen wird, zur Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen nach den Bestimmungen des § 52 Abs 1 leg.cit. einzuziehen, es sei denn, der Verstoß war geringfügig.

 

Gemäß § 52 Abs 3 letzter Satz GSpG unterliegen Gegenstände, mit deren Hilfe eine verbotene Ausspielung iSd § 2 Abs 4 GSpG durchgeführt oder auf andere Weise in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, sofern sie nicht gemäß § 54 leg.cit. einzuziehen sind, dem Verfall.

 

Nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 40.000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen iSd § 2 Abs 4 GSpG veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer iSd § 2 Abs 2 GSpG daran beteiligt.

 

Gemäß § 52 Abs 1 Z 6 GSpG begeht ebenso eine Verwaltungsübertretung, wer die Teilnahme an verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs 4 GSpG – insbesondere durch die Vermittlung der Spielteilnahme, das Bereithalten von anderen Eingriffsgegenständen als Glücksspielautomaten oder die unternehmerische Schaltung von Internet-Links – fördert oder ermöglicht.

 

Gemäß § 2 Abs 1 GSpG sind Ausspielungen Glücksspiele (vgl § 1 Abs 1 GSpG: Spiele, bei denen die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt),

1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusam- menhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermö- genswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

 

Gemäß § 2 Abs 2 Satz 1 GSpG ist Unternehmer, wer selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein. Der Unternehmerbegriff wird im 2. Satz noch wie folgt erweitert:

 

"Wenn von unterschiedlichen Personen in Absprache miteinander Teilleistungen zur Durchführung von Glücksspielen mit vermögenswerten Leistungen im Sinne der Z 2 und 3 des Abs 1 an einem Ort angeboten werden, so liegt auch dann Unternehmereigenschaft aller an der Durchführung des Glücksspiel unmittelbar beteiligten Personen vor, wenn bei einzelnen von Ihnen die Einnahmenerzielungsabsicht fehlt oder sie an der Veranstaltung, Organisation oder dem Angebot des Glücksspiels nur beteiligt sind."

 

Gemäß § 2 Abs 3 Satz 1 GSpG liegt eine Ausspielung mit Glücksspielautomaten vor, wenn die Entscheidung über das Spielergebnis nicht zentralseitig, sondern durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung im Glücksspielautomaten selbst erfolgt.

 

Gemäß § 2 Abs 4 GSpG sind solche Ausspielungen verboten, für die einerseits eine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG nicht erteilt wurde und die andererseits auch nicht iSd § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen sind.

III.2. Nach § 4 Abs 2 GSpG unterliegen Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten gemäß § 5 GSpG (unter Einhaltung ordnungspolitischer Mindestanforderungen an Bewilligungswerber sowie besonderer Begleitmaßnahmen) nicht dem Glücksspielmonopol des Bundes. Dies trifft – soweit im vorliegenden Fall von Interesse – insbesondere dann zu, wenn im Zuge einer Ausspielung in einem Automatensalon (mit mindestens 10 und höchstens 50 Glücksspielautomaten) als ordnungspolitische Mindestvoraussetzung eine Spielsuchtvorbeugung derart, dass die vermögenswerte Leistung des Spielers höchstens 10 Euro pro Spiel beträgt und der Gewinn 10.000 Euro pro Spiel nicht überschreitet, bzw im Zuge einer Ausspielung im Wege einer Einzelaufstellung als ordnungspolitische Mindestvoraussetzung eine Spielsuchtvorbeugung derart, dass die vermögenswerte Leistung des Spielers höchstens 1 Euro pro Spiel beträgt und der Gewinn 1.000 Euro pro Spiel nicht überschreitet, eingehalten wird (§ 5 Abs 1 Z 1 iVm § 5 Abs 5 lit a Z 1 und 2 bzw § 5 Abs 5 lit b Z 1 und 2 GSpG).

 

Insgesamt folgt daraus für den vorliegenden Fall, dass Landesausspielungen mittels Glücksspielautomaten in Automatensalons bzw im Wege der Einzelaufstellung dann schon von vornherein nicht dem Glücksspielmonopol des Bundes unterliegen, wenn der Höchsteinsatz von 10 Euro bzw 1 Euro pro Spiel bzw der Höchstgewinn von 10.000 Euro bzw 1.000 Euro pro Spiel nicht überschritten wird.

 

III.3. Gemäß § 12a Abs 1 GSpG sind elektronische Lotterien Ausspielungen, bei denen die Spielteilnahme unmittelbar durch den Spieler über elektronische Medien erfolgt und die Entscheidung über das Spielergebnis zentralseitig herbeigeführt sowie über elektronische Medien zur Verfügung gestellt wird.

 

Elektronische Lotterien bzw über Internet betriebene Terminals (Video Lotterie Terminals - VLT) werden im § 12a GSpG näher geregelt. Sie unterliegen dem Glücksspielmonopol und der Konzessionspflicht nach § 14 GSpG und sind nicht von der Ausnahme nach § 4 Abs 2 GSpG für Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten erfasst. Für Ausspielungen mit solchen zentralseitig vernetzten Video Lotterie Terminals an ortsfesten öffentlich zugänglichen Betriebsstätten ist überdies nach § 12a Abs 2 GSpG eine Standortbewilligung des Bundesministers für Finanzen (BMF) erforderlich.

 

III.4. Das GSpG geht ersichtlich davon aus, dass der Betrieb eines Automatensalons ebenso wie eine Landesausspielung in Form der Einzelaufstellung einer Konzession bzw Bewilligung bedarf (vgl zBsp § 5 Abs 1 und 8 sowie die §§ 31a und 31b GSpG); es normiert das Verfahren zur Konzessions- bzw Bewilligungserteilung jedoch nicht unmittelbar selbst, sondern überlässt dessen Regelung den Landesgesetzgebern.

 

Soweit es das Land Oberösterreich betrifft, besteht eine an § 5 GSpG anknüpfende Regelung der Landesausspielungen erst durch das am 4. Mai 2011 kundgemachte Oö. Glücksspielautomatengesetz (LGBl Nr. 35/2011), welches in den §§ 3 ff für die Ausspielung mit Glücksspielautomaten eine Bewilligung durch die Landesregierung vorsieht.

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

Auch wenn am beschlagnahmten Gerät „afric2go“ das Ergebnis des glücksradähnliche Beleuchtungsumlaufs, der mit jeder Wahl eines Musiktitels verbunden ist, vom Zufall abhängt, muss noch nicht zwingend ein Glücksspielgerät vorliegen. Denn Glücksspiele iSd § 1 Abs 1 GSpG liegen nicht vor, wenn im Unterschied zu den Fun Wechslern in der bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs angenommen werden kann, dass mit der Zahlung eines Euros nicht gleichzeitig auch ein Einsatz für eine Gewinnchance geleistet wird.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu Geräten vom Typ Fun Wechsler in seiner Judikatur (vgl nur VwGH 28.6.2011, Zl. 2011/17/0068) ausgeführt, dass nach den Feststellungen zum Spielverlauf das Gerät für einen Einsatz von 1 Euro eine Gewinnchance bot. Durch den Einwurf (bzw das Belassen im Gerät nach Gebrauch der Geldwechselfunktion) von einer bzw mehreren Euro-Münzen und Abspielen eines Musikstückes, was zum Verlust eines Euros führte, und durch den damit verbundenen automatischen Start des Beleuchtungsumlaufes bzw Lichtkranzlaufes erwarb der Spieler die Chance, beim Aufleuchten eines Zahlen- oder Betragssymbols nach neuerlicher Einsatzleistung durch Betätigen der roten Taste den angezeigten Betrag und damit einen Gewinn zu realisieren.

 

Während bei den bisher bekannt gewordenen Fun Wechslern die Musiktitelauswahl – soweit sie überhaupt möglich war - nur im Rahmen von 12 meist schlecht hörbaren Musikstücken erfolgen konnte und daher von untergeordneter Bedeutung erschien, steht für Interessenten beim Gerät „afric2go“ mit 121 gespeicherten Musikstücken afrikanischer Herkunft die Musikauswahl (Wahlmöglichkeit mit Displayanzeige) und der optionale Erwerb eines Titels in digitaler Form im Vordergrund. Ein „afric2go“ mit Wiedergabe der gewählten Musiktitel in akzeptabler Qualität kann daher durchaus mit einer früheren Musikbox in Gastlokalen verglichen werden. Im Unterschied zu Geräten vom Typ Fun Wechsler wird das Entgelt von 1 Euro beim „afric2go“ tatsächlich für den Musiktitel entrichtet, der als adäquate Gegenleistung anzusehen ist. Der mit dem Erwerb eines Musiktitels verbundene zufallsabhängige Beleuchtungsumlauf ist daher als Gewinnspiel anzusehen, für das der Kunde keinen Einsatz leisten muss, weshalb auch keine Verlustsituation eintreten kann.

 

Insgesamt ist in Bezug auf das Gerät FA-Nr. 1 „afric2go“ mit der Seriennummer 207 davon auszugehen, dass besonders durch die Möglichkeit des Herunterladens von Musikstücken auf einen noch dazu gratis zur Verfügung gestellten USB-Stick ein angemessenes Wertäquivalent für die Leistung von 1 Euro vorhanden ist, und daher keine Einsatzleistung für ein Glücksspiel vorliegt. Denn der Kunde kann vergleichbar mit gängigen sonstigen „Downloadportalen“ (iTunes, Amazon, etc) Musik erwerben und diese auch für private Zwecke weiter verwenden. Für den automatischen Beleuchtungsumlauf bzw Lichtkranzlauf wird vom Kunden kein Einsatz mehr geleistet. Insofern ist in Anlehnung an die Rechtsansicht der dem Finanzministerium zurechenbaren Stabstelle der Finanzpolizei davon auszugehen, dass keine Ausspielungen iSd § 2 GSpG stattgefunden haben (vgl aktenkundige Schriftstücke in ON 2: E-mail vom 25. Februar 2013; Emailverkehr zwischen IKD und Stabstelle Finanzpolizei vom 26. August 2013; Gutachten von Herrn Mag. X, Gutachten von Herrn X).

 

 

Im Ergebnis war daher die Beschwerde des Finanzamtes als unbegründet abzuweisen und die Aufhebung der vorläufigen Beschlagnahme zu bestätigen.

 

 

V. Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil es zur Frage der Einstufung des sog. Unterhaltungsgeräts mit der Bezeichnung „Afric2go“ – Musikautomat (vgl Rundschreiben der IKD vom 25.03.2013) in glücksspielrechtlicher Hinsicht noch keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs gibt.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. W e i ß