LVwG-600266/5/Kof/CG/KR LVwG-600267/5/Sch/CG/KR

Linz, 12.05.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat über die Beschwerde des
Herrn X, X, vertreten
durch Herrn Rechtsanwalt Dr. X, gegen
das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 14. Februar 2014, VerkR96-586-2014, wegen Übertretungen des KFG

·      betreffend Punkt 1. durch seinen Richter  Mag. Josef Kofler  und

·      betreffend Punkt 2. durch seinen Richter Dr. Gustav Schön,

nach der am 06. Mai 2014 durchgeführten mündlichen Verhandlung einschließlich Verkündung des Erkenntnisses, zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.

Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das behördliche Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach
§ 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Der Beschwerdeführer hat weder Geldstrafen, noch Verfahrenskosten
zu bezahlen.

 

 

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4 B-VG nicht zulässig.

 

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Beschwerdeführer (Bf) das

in der Präambel zitierte Straferkenntnis – auszugsweise – wie folgt erlassen:

 

 

 

 

Tatort:

Gemeinde Sierning, Landesstraße Freiland, Nr. 122 bei km 40.500, FR Steyr

Tatzeit: 25.01.2012, 11:20 Uhr

Fahrzeuge:  Kennzeichen FR-...., Sattelzugfahrzeug

                  Kennzeichen FR-...., Sattelanhänger

 

„1) Sie haben als Fahrer des angeführten KFZ, welches zur Güterbeförderung
im innerstaatlichen Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht einschließlich Sattelanhänger 3,5 t übersteigt, folgende Übertretung begangen.

Es wurde festgestellt, dass Sie das eingebaute Kontrollgerät nicht richtig verwendet haben, da Sie die Fahrerkarte nicht im Kontrollgerät verwendet haben.

Dies stellt anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG, in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG, ABl. Nr. L29, einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 134 Abs.1 iVm 1b KFG  iVm Artikel 15 Abs.2 EG-VO 3821/85

 

2) Sie haben das KFZ, Type MAN, WMA06XZZ48M511016, welches mit dem angeführten Probefahrtkennzeichen versehen war, zum Tatzeitpunkt am Tatort verwendet, obwohl Probefahrtkennzeichen nur bei Probefahrten im Sinne des
§ 45 Abs. 1 KFG verwendet werden dürfen.

Im gegenständlichen Fall hat es sich um keine Probefahrt gehandelt,

da ein gewerblicher Gütertransport durchgeführt wurde.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 45 Abs.4 zweiter Satz KFG

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

 

Geldstrafe von        falls diese uneinbringlich ist,

      Ersatzfreiheitsstrafe von       gemäß

1.   300 Euro             60 Stunden        § 134 Abs.1 iVm. 1b KFG

2.   110 Euro             22 Stunden    § 134 Abs.1 KFG

 

 

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG zu zahlen:

41 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, mindestens jedoch 10 Euro

(je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 100 Euro angerechnet);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher ...... 451 Euro.“

 

Gegen dieses Straferkenntnis – zugestellt am 21. Februar 2014 – hat der Bf innerhalb offener Frist die begründete Beschwerde vom 20. März 2014 erhoben und vorgebracht, bei der verfahrensgegenständlichen Fahrt habe es sich um
eine Probefahrt zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Sattelzugfahrzeuges gehandelt.

 

Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter (Art. 135 Abs. 1 1. Satz B-VG) erwogen:

 

Die EG-VO 561/2006 gilt gemäß Art.3 lit.g leg.cit. nicht für Fahrzeuge, mit denen im Rahmen von Reparaturarbeiten Probefahrten auf der Straße durchgeführt werden.

 

Gemäß § 45 Abs.1 zweiter Satz KFG sind Probefahrten Fahrten zur Feststellung der Gebrauchsfähigkeit oder der Leistungsfähigkeit von Fahrzeugen.

 

Entscheidungswesentlich ist im vorliegenden Fall einzig und allein, ob es sich bei der verfahrensgegenständlichen Fahrt um eine Probefahrt

·      iSd Art.3 lit.g EG-VO 561/2006 (betreffend Punkt 1.) bzw.

·      iSd § 45 Abs.1 KFG (betreffend Punkt 2.)

gehandelt hat oder nicht.

 

Am 6. Mai 2014 wurde beim LVwG OÖ. eine öffentliche mündliche Verhandlung (mVh) durchgeführt, an welcher der Bf und dessen Rechtsvertreter teilgenommen haben.

 

Der Bf hat bei der mVh – im Ergebnis – vorgebracht, im Rahmen seines Transportgewerbes werden von ihm auch beschädigte Fahrzeuge gekauft und anschließend repariert. Nach der Reparatur werden Probefahrten durchgeführt, wofür der Bf auch ein Probefahrtkennzeichen besitzt.

In weiterer Folge werden diese Fahrzeuge einem ermächtigten Unternehmen zur Begutachtung nach § 57a KFG vorgeführt.

Der Bf selbst verfügt über keine derartige Ermächtigung.

Zuletzt werden diese Fahrzeuge entweder weiterverkauft, oder – sofern im eigenen Betrieb entsprechender Bedarf besteht – zum Verkehr zugelassen und vom Bf selbst verwendet.

 

Bei der verfahrensgegenständlichen Fahrt habe es sich – nach Durchführung
einer Reparatur – um eine derartige Probefahrt gehandelt, mit dem Zweck,
die Leistungsfähigkeit des Sattelzugfahrzeuges zu testen.

 

Fahrtstrecke der Fahrzeuge

-      Sattelzugfahrzeug, mit dem Probefahrtkennzeichen sowie

-      Sattelanhänger, welcher zum Verkehr zugelassen  war

von Ansfelden nach Bad Hall – im unbeladenen Zustand und

von Bad Hall nach Ansfelden – mit einer Teilbeladung.

Bei der Fahrt von Bad Hall nach Ansfelden wurde die gegenständliche Verkehrs-kontrolle vorgenommen.

 

In Ansfelden wurde dann das Sattelzugfahrzeug ausgewechselt und erfolgte
die Weiterfahrt mit einem zum Verkehr zugelassen Sattelzugfahrzeug sowie
dem oa. Sattelanhänger nach Burghausen.

 

Mit dem Hauptzweck der Probefahrt können auch Nebenzwecke – hier: Transport von Gütern – verbunden werden, wenn dadurch der Hauptzweck der Probefahrt nicht verlorengeht;  siehe die in Grundtner/Pürstl, KFG, 9. Auflage,

E1 zu § 45 KFG (Seite 135) zitierte Judikatur.

Hauptzweck war die Fahrt von Ansfelden nach Bad Hall und zurück;

Nebenzweck die Mitnahme von Gütern für den Weitertransport von Ansfelden nach Burghausen.

 

Der Bf hat somit bei der mVh glaubwürdig dargelegt, dass es sich bei
der gegenständlichen Fahrt um eine Probefahrt iSd Art.3 lit.g EG-VO 561/2006 bzw. iSd § 45 Abs.1 zweiter Satz KFG gehandelt hat.

 

 

Es war daher

·                    der Beschwerde stattzugeben,

·                    das behördliche Straferkenntnis aufzuheben,

·                    das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen und

·                    auszusprechen, dass der Bf weder Geldstrafen,

     noch Verfahrenskosten zu bezahlen hat.

 

 

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof.

Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen.

Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Richter Mag. Josef Kofler                                                                   Richter Dr. Gustav Schön