LVwG-650081/11/Zo/CG

Linz, 24.04.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Gottfried Zöbl über die Beschwerde des Herrn F G, geb. 1946, vom 16.02.2014 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 21.01.2014, Zl. VerkR21-451-2013, wegen der Feststellung der Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit,  

 

zu Recht  e r k a n n t :

 

 

I.          Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

II.         Gegen diese Entscheidung ist keine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof  zulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

Zu I:

1.           Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit dem angefochtenen Bescheid festgestellt, dass der Beschwerdeführer auf die Dauer von 8 Monaten, gerechnet vom 18.09.2013 bis einschließlich 18.05.2014 verkehrsunzuverlässig ist. Für diese Zeit wurde ihm verboten, eine Lenkberechtigung zu erwerben und eine allfällige ausländische Nicht-EWR-Lenkberechtigung sowie ein allfälliger ausländischer EWR-Führerschein wurde entzogen. Einer allenfalls einzubringenden Beschwerde wurde im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Diesen Bescheid begründete die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn zusammengefasst damit, dass der Beschwerdeführer am 20.08.2013 um 17.05 Uhr sowie am 26.08.2013 um 16.08 Uhr jeweils den PKW mit dem Kennzeichen X auf Straßen mit öffentlichem Verkehr gelenkt habe, obwohl ihm die Lenkberechtigung mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 13.05.2013 entzogen worden sei.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde führte der Beschwerdeführer zusammengefasst aus, dass bei ihm niemals eine Verkehrsuntüchtigkeit festgestellt worden sei. Laut Gutachten sei alles in Ordnung. Die Lenkberechtigung hätte niemals aufgehoben werden dürfen. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau habe jedoch einfach die Lügen der Sachwalterin übernommen und ein Fahrverbot verhängt.

 

Zum Vorfall vom 26.08.2013 führte der Beschwerdeführer aus, dass nicht er sondern die Polizisten gewalttätig gewesen seien. Er selbst sei verletzt worden und er habe lediglich sein Eigentum schützen wollen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat die Beschwerde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergab sich dessen Zuständigkeit, wobei es durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden hat (§ 2 VwGVG).

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10.04.2014. An dieser haben der Beschwerdeführer und ein Vertreter der Verwaltungsbehörde teilgenommen und es wurden die Polizeibeamten GI. H und GI. S zum Sachverhalt befragt.

 

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Im Zuge eines Verfahrens zur Bestellung eines Sachwalters wurde über den Beschwerdeführer ein neuropsychiatrisches Gutachten erstellt, worin der Gutachter anführte, dass es zum damaligen Zeitpunkt in Folge der starken Einschränkung der Dispositionsfähigkeit des Beschwerdeführers einer Überprüfung seiner Fahrtauglichkeit bedürfe. Von der BH Braunau wurde der Beschwerdeführer daher gemäß § 24 Abs.4 FSG aufgefordert, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen. Dieser Bescheid wurde nach Abweisung einer Berufung durch den UVS im Februar 2013 rechtskräftig.

 

Der Beschwerdeführer ist dieser Verpflichtung nicht nachgekommen, weshalb ihm von der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn die Lenkberechtigung für Klassen A und B mangels gesundheitlicher Eignung entzogen wurde (Bescheid vom 13.5.2013, VerkR21-559-2012). Aufgrund seiner Berufung wurde dieser Bescheid vom UVS dahingehend abgeändert, dass dem damaligen Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klassen A und B bis zur Erfüllung seiner Verpflichtung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, entzogen wurde (vgl. das Erkenntnis des UVS OÖ. vom 11.07.2013,  VwSen-523487).

 

Trotz dieses rechtskräftigen Bescheides lenkte der Beschwerdeführer sowohl am 20.08. als auch am 26.08.2013 jeweils seinen PKW. Er wurde wegen dieser Vorfälle rechtskräftig bestraft (vgl. LVwG-600188 und LVwG-600189). am 26.08.2013 eskalierte die damalige Verkehrskontrolle, wobei der Beschwerdeführer letztlich wegen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 7 Monaten verurteilt wurde (Urteil des LG Ried vom 4.12.2013, 9 Hv 82/13f). Der Berufung gegen dieses Urteil wurde vom OLG Linz nicht Folge gegeben.

 

5. Darüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht folgendes erwogen:

5.1. Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1.    die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2.    die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs. 5 ein neuer Führerschein auszustellen.

Für den Zeitraum einer Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A, B oder F ist auch das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen unzulässig, es sei denn es handelt sich

1. um eine Entziehung gemäß § 24 Abs. 3 achter Satz oder

2. um eine Entziehung der Klasse A wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung, die ausschließlich mit dem Lenken von einspurigen Kraftfahrzeugen zusammenhängt.

 

Eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung der Lenkberechtigung bildet gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG die Verkehrszuverlässigkeit.

 

Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1.      die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2.      sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z6 lit.a FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug trotz entzogener Lenkberechtigung oder bestehenden Lenkverbotes oder trotz vorläufig abgenommen Führerscheines lenkt.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.1 genannten und in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei in den in Abs. 3 Z. 14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen sind.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Diese ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. Endet die Gültigkeit der Lenkberechtigung vor dem Ende der von der Behörde prognostizierten Entziehungsdauer, so hat die Behörde auch auszusprechen, für welche Zeit nach Ablauf der Gültigkeit der Lenkberechtigung keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf.

 

5.2. Der Beschwerdeführer hat im August 2013 zwei bestimmte Tatsachen im Sinne des § 7 Abs.3 Z.6 FSG begangen, wobei er beim zweiten Vorfall aufgrund seines Verhaltens sogar wegen versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt verurteilt wurde. Die Einschätzung der Behörde, dass der Beschwerdeführer aufgrund dieser Vorfälle nicht verkehrszuverlässig war, ist daher zutreffend. Allerdings darf nicht übersehen werden, dass der Beschwerdeführer derzeit nicht im Besitz einer Lenkberechtigung ist, weil er der rechtskräftig angeordneten Verpflichtung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, noch immer nicht nachgekommen ist. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn konnte dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung daher nicht entziehen. Dies hat sie auch erkannt und ihren Spruch so formuliert, dass – anstelle eines Entzuges - die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit festgestellt wurde.

 

Ein derartiger Feststellungsbescheid ist jedoch im System des FSG nicht vorgesehen. Besitzt jemand eine Lenkberechtigung, so hat die Behörde ihm diese für die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit zu entziehen (§ 24 Abs.1 FSG). Besitzt der Betroffene nur eine befristete Lenkberechtigung und endet seine Verkehrsunzuverlässigkeit erst nach Ablauf der Gültigkeit seiner Lenkberechtigung, so hat die Behörde im Entzugsbescheid auch auszusprechen, für welchen Zeitraum keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf (§ 25 Abs.1 FSG). Das FSG sieht jedoch keine Möglichkeit vor, die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit für jene Personen festzustellen, welche gar nicht im Besitz einer Lenkberechtigung sind.

 

An einer derartigen Feststellung besteht auch kein Interesse der betroffenen Partei. Sollte diese eine Lenkberechtigung beantragen, so hat die Behörde die Frage der Verkehrszuverlässigkeit im Rahmen des Erteilungsverfahrens zu prüfen. Sollte – was im gegenständlichen Fall möglich ist – die momentane Entziehung der Lenkberechtigung aufgrund des Verhaltens des Betroffenen enden (weil er sich amtsärztlich untersuchen lässt), so hat die Behörde zu diesem Zeitpunkt die Möglichkeit, die Frage der Verkehrszuverlässigkeit zu beurteilen und erforderlichenfalls einen Entzugsbescheid zu erlassen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 20.01.1998, 97/11/0001 zu den damals geltenden – mit der heutigen Rechtslage vergleichbaren – Bestimmungen der §§ 64 Abs.1 und 73 Abs.2 KFG ausgeführt, dass ein Ausspruch der Behörde, wonach dem Beschwerdeführer für eine bestimmte Dauer keine neue Lenkberechtigung erteilt werden dürfe, im Gesetz keine Deckung findet. Ein derartiger Ausspruch war nach der damaligen Rechtslage gemäß § 73 Abs.2 KFG nur bei der Entziehung der Lenkberechtigung vorgesehen, dies entspricht dem heutigen § 25 Abs.1 3. Satz FSG. Für eine analoge Anwendung dieser Bestimmung sah der Verwaltungsgerichtshof bereits in der angeführten Entscheidung keinen Grund, weshalb es auch im gegenständlichen Fall nicht erforderlich war, die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit festzustellen. Der Beschwerdeführer ist derzeit nicht im Besitz einer Lenkberechtigung, weshalb sich die Frage seiner Verkehrszuverlässigkeit zum jetzigen Zeitpunkt nicht stellt. Der angefochtene Bescheid war daher aufzuheben, was jedoch nichts daran ändert, dass der Beschwerdeführer solange nicht im Besitz einer Lenkberechtigung ist, bis er seiner Verpflichtung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, nachkommt.

 

Zu II.:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs-gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Beschwerde bzw. Revision ist durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

 

Hinweis:

Der Beschwerdeführer wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er derzeit nicht im Besitz einer Lenkberechtigung ist, weil ihm diese mit rechtskräftigem Bescheid entzogen wurde, bis er seiner Verpflichtung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, nachgekommen ist. Er ist daher – obwohl im konkreten Fall seiner Beschwerde stattgegeben wurde – derzeit nicht zum Lenken von Kraftfahrzeugen berechtigt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l