LVwG-450017/10/Zo/JW

Linz, 20.05.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Gottfried Zöbl  über die Beschwerde der x, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde St. Ulrich bei Steyr vom 15.10.2013,
Zl. 911-21-1-2013 wegen Vorschreibung der Abfallabfuhr-Grundgebühr für das 1. Quartal 2013 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 30.4.2014

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 279 Abs. 1 BAO wird die Beschwerde abgewiesen.

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist keine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Der Gemeinderat der Gemeinde St. Ulrich bei Steyr hat mit dem angefochtenen Bescheid die Berufung der x vom 2. 5. 2013 gegen den Bescheid der Bürgermeisterin vom 2. 4. 2013, Z. 911-21-2013 abgewiesen und den angeführten Bescheid bestätigt. Mit diesem Bescheid der Bürgermeisterin der Gemeinde Sankt Ulrich bei Steyr wurde die Abfallabfuhr-Grundgebühr für die x, für das 1. Quartal 2013 mit € 18 festgesetzt.

 

I.2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Vorstellung machte die Beschwerdeführerin geltend, dass in der x kein Müll anfällt und die Verhältnismäßigkeit nicht gegeben sei. Sie betreibe ein Ein-Personen-Unternehmen und nutze ein Büro in ihrem Privathaus. Dieses Unternehmen produziere keinen Müll und sie benötige dafür auch keine Müll-  oder Biotonne. Ihre Hauptaufgabe bestehe in Vermittlungstätigkeiten, sie sitze hauptsächlich vor dem Computer und habe keinen Kundenverkehr.

 

Weiters bezahle sie pünktlich für ihren Privathaushalt (eine Mülltonne die in
5 Wochen meistens nur halb voll ist) ihre Abfallgebühr und sei mit ihrem Unternehmen ordnungsgemäß ARA-entpflichtet. Die zusätzliche Vorschreibung nur aus dem Grund, dass sie einen Gewerbeschein besitze, stelle eine dreifache Versteuerung dar.

 

I.3. Mit Schreiben der Oö. Landesregierung vom 16.12.2013, IKD(BauR)-080000/1, wurde diese Vorstellung im Hinblick auf die am 1. Jänner 2014 in Kraft getretene Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle BGBl.Nr. I 51/2012 dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt.

 

Nach der Übergangsbestimmung des Art 151 Abs 51 Z 8 B-VG, BGBl I
Nr. 51/2012, ging die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des
31. Dezember 2013 bei den Aufsichtsbehörden anhängigen Verfahren über Vorstellungen auf die Verwaltungsgerichte über. Dieses entscheidet gemäß § 272 Abs 1 BAO durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

I.4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt, Stellungnahmen der Beschwerdeführerin und der belangten Behörde sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 30.4.2014. An dieser haben die Beschwerdeführerin sowie zwei Vertreter der belangten Behörde teilgenommen.

 

 

 

I.5. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche S a c h v e r h a l t:

 

Frau x betreibt als Geschäftsführerin der x im Standort x, ein Handelsgewerbe. Die Abfallentsorgung erfolgt durch die Gemeinde St. Ulrich bei Steyr. Dafür hat sie in ihrem Privathaus einen Raum als Büro eingerichtet. Sie handelt im Wesentlichen mit Arbeitskleidung und Werbeartikeln, wobei sie diese Produkte auf Ihrer Homepage anbietet und die Kunden in der Regel über die Homepage mit ihr Kontakt aufnehmen. Die Aufträge ihrer Kunden erhält sie ebenso wie die Rechnungen der Produzenten online, sie selbst stellt Papierrechnungen aus. Die Rechnungen und die entsprechenden Aufträge für Ihre Buchhaltung druckt sie aus, diese muss sie 7 Jahre für allfällige Überprüfungen durch das Finanzamt aufbewahren. Sie hat nicht vor, diese in weiterer Folge zum Altpapier zu werfen.

 

Die Auslieferung an die Kunden erfolgt meistens durch die jeweiligen Hersteller, wenn es gewünscht wird, übernimmt sie die Auslieferung auch selbst. In diesen Fällen werden die Produkte zu ihr geliefert und sie bringt diese dann zu ihren Kunden. Dabei kommt es vor, dass Verpackungsmaterial, insbesondere Schachteln, entweder beschädigt sind oder von den Kunden an Sie zurückgegeben werden. Diese Kartons entsorgt sie dann in der Altstoffsammelinsel der Gemeinde. Bezüglich des Verpackungsmaterials ist sie ARA-entpflichtet.

 

In Ihrem Betrieb fallen auch in geringem Umfang Druckerpatronen an, diesbezüglich hat sie eine Vereinbarung mit dem Hersteller, sie sammelt die Druckerpatronen in einem Karton und schickt sie portofrei an den Hersteller zurück.

 

Nach ihren Angaben erhält sie Post fast ausschließlich elektronisch. Ansonsten schickt sie Werbematerial, das sie nicht bestellt hat, an den jeweiligen Absender zurück. Auch von Behörden erhält sie wenig schriftliche Post, vom Finanzamt die Buchungsbestätigung betreffend die Umsatzsteuer. Derartige Schriftstücke legt sie in einem Ordner ab.

 

Kataloge werden üblicherweise direkt mit den Waren angeliefert, manchmal kommen diese auch gesondert, wobei sie die Kataloge an ihre Kunden weitergibt. Sie hat auch die Möglichkeit, abgelaufene Kataloge an den Hersteller zurückzuschicken. Nach ihren Angaben hat sie noch nie einen derartigen abgelaufenen Katalog als Abfall entsorgt.

 

Nach den Angaben der Beschwerdeführerin gibt es nur selten Fehldrucke bei Rechnungen, diese wenigen Zettel verwendet sie zum Anheizen des Kachelofens. Zur Büroeinrichtung (Möbel, EDV-Ausstattung, Glühbirnen und Ähnliches) gab die Beschwerdeführerin an, dass Sie Ihr Büro mit gebrauchten Möbeln eingerichtet hat und die Einrichtung seit der Eröffnung ihres Gewerbes nicht verändert hat. Sie hat bisher keinerlei Möbelstücke entsorgt. Eine alte EDV-Ausstattung habe sie auf den Dachboden gebracht. Wenn Sie eine neue Ausstattung anschaffe, habe sie vor, die alte über das Internet zu verkaufen. Die im Büro befindliche Leuchtstoffröhre sei seit Betriebseröffnung nicht kaputtgegangen, sollte dies der Fall sein, so werde sie die alte Leuchtstoffröhre in jenem Geschäft zurückgeben, in welchem sie die neue kaufe.

 

III.        Gemäß § 15 Abs. 3 Ziffer 4 Finanzausgleichsgesetze 2008 werden die Gemeinden ermächtigt, durch Beschluss der Gemeindevertretung folgende Abgaben vorbehaltlich weitergehender Ermächtigung durch die Landesgesetz­gebung auszuschreiben:

4. Gebühren für die Benutzung von Gemeindeeinrichtungen und Anlagen, die für Zwecke der öffentlichen Verwaltung betrieben werden, mit Ausnahme von Weg- und Brückenmauten, bis zu einem Ausmaß, bei dem der mutmaßliche Jahresertrag der Gebühren das doppelte Jahreserfordernis für die Erhaltung und den Betrieb der Einrichtung oder Anlagen sowie für die Verzinsung und Tilgung der Errichtungskosten unter Berücksichtigung einer der Art der Einrichtung oder Anlage entsprechenden Lebensdauer nicht übersteigt;

….

 

Gemäß § 18 Abs. 1 O.ö. AWG werden die Gemeinden berechtigt - und mit Ausnahme der Städte mit eigenem Statut - verpflichtet, von den Eigentümern oder Eigentümerinnen jener Liegenschaften, auf denen Siedlungsabfälle anfallen und die im Gemeindegebiet liegen, eine Abfallgebühr einzuheben. Die Abfallgebühr setzt sich zusammen aus

1. dem Abfallsammlungsbeitrag

2. dem Abfallwirtschaftsbeitrag und

3. dem Abfallbehandlungsbeitrag.

 

Gemäß § 18 Abs. 2 O.ö. AWG ist der Abfallsammlungsbeitrag ein Beitrag zu den Kosten, die der Gemeinde durch die Erfüllung der ihr durch dieses Landesgesetz zukommenden Aufgaben entstehen. Diese Aufgaben sind:

1. Sammlung der im Gemeindegebiet anfallenden Hausabfälle

2. Sammlung der Biotonnenabfälle

3. Sammlung der Grünabfälle

4. Sammlung der haushaltsähnlichen Gewerbeabfälle

5. Sammlung der sperrigen Abfälle

6. Errichtung, Betrieb und Erhaltung von Einrichtungen zur Behandlung von biogenen Abfällen

7. sonstige von der Gemeinde zu erbringende Leistungen, wie zum Beispiel Abfallsammlung auf öffentlichen Plätzen, Bereitstellung der Abfallbehälter.

 

Gemäß § 18 Abs. 8 O.ö. AWG ist zur Berechnung des Abfallsammlungsbeitrages für die Abholung der haushaltsähnlichen Gewerbeabfälle der Pauschalbetrag gem. Abs. 6 anzuwenden.

 

Gemäß § 18 Abs. 9 O.ö. AWG haben die Gemeinden die Abfallgebühr in der Abfallgebührenverordnung gemäß § 15 Finanzausgleichsgesetz festzusetzen.

 

Gemäß § 2 Abs. 4 Z.10 O.ö. AWG bedeutet haushaltsähnliche Gewerbeabfälle: feste Abfälle aus Gewerbe, Land- und Forstwirtschaft sowie aus vergleichbaren Einrichtungen im öffentlichen Bereich, die in ihrer Zusammensetzung oder Beschaffenheit Hausabfällen ähnlich sind.

 

Gemäß § 2 Z.3 der Abfallgebührenordnung des Gemeinderates der Gemeinde
St. Ulrich bei Steyr vom 13. 12. 2012 haben Betriebe, in denen haushalts­ähnliche Gewerbeabfälle anfallen (wie z.B. Ordinationen, Büros, Gewerbe­betriebe, land- und forstwirtschaftliche Betriebe, Handels- und Handelsagenten­gewerbe, Warenpräsentationen, gewerbliche Vermögensberatung, Organisation für Durchführung von Veranstaltungen, Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnologie, Hilfestellung zur Erreichung einer körperlichen Ausgewogenheit, usw.) jährlich eine Grundgebühr zu entrichten.

Diese beträgt für eine Abfalltonne für 1 - 20 Personen € 65,45 (exklusive 10 % Umsatzsteuer).

 

IV. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

Gemäß § 18 O.ö. AWG gehört zu den Aufgaben der Gemeinde auch die Sammlung von haushaltsähnlichen Gewerbeabfällen. Die Gemeinden sind gemäß § 18 Abs. 1 O.ö. AWG verpflichtet, von den Liegenschaftseigentümern eine Abfallgebühr einzuheben. Diese Gebühr soll die Kosten der Abfallsammlung und Entsorgung abdecken. Entsprechend diesen Bestimmungen hat die Gemeinde
St. Ulrich bei Steyr die o.a. Abfallgebührenordnung erlassen. Diese legt unter anderem fest, dass Betriebe, in denen haushaltsähnliche Gewerbeabfälle anfallen, eine jährliche Grundgebühr zu entrichten haben. Wie die Gemeinde in ihrem Schreiben vom 28.3.2014 nachvollziehbar ausgeführt hat, dient die Abfallgrundgebühr der Finanzierung der für die Abfallwirtschaft erforderlichen Infrastruktur (z.B. dezentrale Containerstandplätze, die kostenlos benützt werden können bzw. die Altstoffsammelinsel).

 

Als wesentliche Frage ist im gegenständlichen Verfahren daher zu klären, ob in der x überhaupt Abfälle anfallen. Sollten tatsächlich keinerlei haushaltsähnliche Gewerbeabfälle anfallen, so bestünde gem. § 2 Z. 3 der Abfallgebührenordnung auch keine Pflicht zur Zahlung der Abfallgrundgebühr. Es ist durchaus glaubhaft, dass sich Fr. x bemüht, wenig Abfall zu produzieren. Dennoch ist es nicht vorstellbar, dass tatsächlich überhaupt keine Abfälle anfallen sollen: Auch wenn die Beschwerdeführerin die für die Buchhaltung erforderlichen Unterlagen länger als sieben Jahre aufbewahren wird, werden diese dennoch irgendwann (möglicherweise auch erst von den Rechtsnachfolgern) entsorgt werden. Dasselbe gilt für die Büromöbel und EDV-Ausstattung. Auch wenn Fr. x noch die ursprüngliche Einrichtung verwendet, so wird diese dennoch irgendwann nicht mehr funktionsfähig sein und dann letztlich als Abfall entsorgt werden müssen. Dies zeigt sich deutlich an der von der Beschwerdeführerin selbst erwähnten EDV-Ausstattung, die sie auf den Dachboden gebracht hat. Auch von dort wird dieser veraltete, nicht mehr sinnvoll einsetzbare Computer – welcher damit Abfall darstellt – irgendwann tatsächlich entsorgt werden müssen. Es fallen im Betrieb daher jedenfalls, wenn auch nur in großen Zeitabständen, Abfälle an, die ordnungsgemäß entsorgt werden müssen. Die jährliche Abfallgrundgebühr, welche zur Finanzierung der dauernden Einrichtungen der Abfallwirtschaft dient, ist nicht nur in jenem Quartal oder Jahr zu bezahlen, in dem diese Abfälle tatsächlich entsorgt werden, sondern regelmäßig.

 

Unabhängig davon ist nach allgemeiner Lebenserfahrung davon auszugehen, dass Fr. x gelegentlich während ihrer Arbeit im Büro ein Glas Saft oder eine Tasse Kaffee trinkt. Die dabei anfallenden Abfälle (Fruchtsaftverpackung, Kaffeetabs udgl.) können von den sonst im Haushalt anfallenden Abfällen faktisch nicht unterschieden werden, bei genauer rechtlicher Betrachtung sind diese aber dem Gewerbebetrieb zuzurechnen. Dass diese – durchaus zweckmäßigerweise – gemeinsam mit dem Hausmüll entsorgt werden, ändert nichts daran, dass sie bei streng formaler Betrachtung bei der Ausübung des Gewerbes angefallen sind.

 

Eine Ausnahme von der Abfallgebührenpflicht wegen der geringen Menge der anfallenden Abfälle ist weder in § 18 O.ö. AWG noch in der Abfallgebührenordnung der Gemeinde St. Ulrich bei Steyr vorgesehen. Die Abfallgrundgebühr ist daher trotz der geringen Menge der anfallenden Abfälle zu bezahlen. Die Höhe des vorgeschriebenen Beitrages entspricht der Abfallgebührenordnung der Gemeinde St. Ulrich bei Steyr, wobei die Umsatzsteuer in Höhe von 10 % zu berücksichtigen ist.

 

Da im Betrieb der x jedenfalls Abfälle anfallen, ist es rechtlich nicht von Bedeutung, ob die anfallenden Verpackungen auf Basis der „ARA-Entpflichtung“ kostenlos in der Altstoffsammelinsel entsorgt werden dürfen oder nicht. Welche Vereinbarungen diesbezüglich zwischen der ARA-AG, deren Vertragspartnern und der Gemeinde St. Ulrich bei Steyr bestehen, braucht daher nicht weiter geprüft werden.

 

V. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Entsorgungsgebühren ab, noch fehlt es an einer solchen. Ebenfalls liegen – insbesondere im Hinblick auf den geringen Betrag - keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Die Abfassung und Einbringung der Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder durch einen bevollmächtigten Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer bzw. eine bevollmächtigte Steuerberaterin oder Wirtschaftsprüferin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Gottfried Zöbl